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S.T.A.L.K.E.R.: Legends of the Zone Trilogy im Test: Jetzt geht's auch auf der Konsole in die Sperrzone

Von Daniel Walter am 14. März 2024. Getestet auf Xbox Series S/X. Zum Spiel hier klicken.

Mit der S.T.A.L.K.E.R.: Legends of the Zone Trilogy erscheinen die bisher ausschließlich für PC erhältlichen Shooter-Legenden, die im verseuchten Tschernobyl angesiedelt sind, nun auch für Konsolen. Wie sich Shadow of Chornobyl, Clear Sky und Call of Prypiat auf der Xbox präsentieren, zeigen wir euch im Test.

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Shadow of Chornobyl

Bei Shadow of Chornobyl handelt es sich eigentlich um den ältesten und damit ersten Teil der Reihe, der später um das Prequel Clear Sky und die Fortsetzung Call of Prypiat ergänzt wurde. Aus den Überresten des sogenannten Totenlasters, der nach einem Unfall brennend im Graben liegt, werden wir von einem Unbekannten aufgesammelt und direkt zum Händler Sidorowitsch gebracht, der uns fortan als Auftraggeber durch die ersten Missionen führt. Später folgen viele weitere Questgeber, die uns mit verschiedenen Jobs versorgen. Sidorowitsch erklärt uns, dass wir einige Aufträge in der sogenannten Zone, dem verseuchten Teil Tschernobyls, erledigen müssen, um uns für unsere Rettung zu revanchieren, wie dem Aufspüren bestimmter Personen, dem Zerlegen feindlicher Lager oder auch dem Beschaffen benötigter Informationen. Dort erwarten uns nicht nur gefährliche Mutanten und radioaktive Strahlung, sondern auch andere S.T.A.L.K.E.R., also Scavenger, Trespasser, Adventurer, Loner, Killer, Explorer and Robber, die wie auch wir die kontaminierte Zone nach wertvollen Artefakten oder auch nach Antworten durchforsten. Wir selbst leiden zu Spielbeginn unter Gedächtnisverlust und werden zunächst nur als Gezeichneter angesprochen, bis wir selbst mehr über unsere Vergangenheit und unsere Herkunft erfahren. Die anderen S.T.A.L.K.E.R. stehen uns, abhängig von unserem Verhalten und unseren erledigten Jobs, freundlich, neutral oder feindlich gegenüber und sind entweder als Einzelkämpfer oder auch als Teil einer Fraktion unterwegs. Ein weiterer gefährlicher Gegner sind Verletzungen, die wir uns in den Gefechten zuziehen, denn eine unbehandelte Blutung kann uns ebenso dahinraffen, wie eine Bleikugel zwischen die Augen. 

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Shadow of Chornobyl überzeugt dabei, auch aus heutiger Sicht noch, von Beginn an mit einer äußerst dichten Atmosphäre, sowohl im beschaulichen Lager als auch in der düsteren Zone, die uns das verwüstete Tschernobyl zeigt, in dem die Zeit stillzustehen scheint. Nicht nur Umgebungsdetails, wie zum Beispiel eine mit Akustikgitarre um ein brennendes Feuer sitzende Gruppe S.T.A.L.K.E.R., die im Anfangsgebiet traurige Lieder spielt, regelmäßige Lautsprecherdurchsagen, die uns immer wieder zusammenzucken lassen oder auch eine penetrant schreiende Krähe, die uns zu verfolgen scheint, kreieren ein durch und durch unbehagliches Grundgefühl. Auch die Natur um uns herum, die mit jedem Schritt, den wir uns auf die Zone zu bewegen, düsterer, bedrohlicher und uneinladender wird, ist großartig umgesetzt - ganz gleich, ob wir den immer dichter werdenden Nebel, die zunehmend kahler und kränker aussehenden Bäume oder auch die stark beschädigten unbewohnbaren Überreste zahlreicher Gebäude betrachten. Richtig atmosphärisch sind natürlich auch die Industrieanlagen rund um das Atomkraftwerk, wo die Katastrophe ihren Anfang nahm. 

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Wo Shadow of Chornobyl in Sachen Atmosphäre noch immer richtig punkten kann, sei es mit den stimmungsvollen Schauplätzen, den gelungenen Umgebungsdetails oder der großartigen getragenen orchestralen Hintergrundmusik, muss man bei Gameplay und Grafik aus heutiger Sicht schon deutliche Abstriche machen. So wirken die Texturen verwaschen und pixelig, die Bewegungs- und Gesichtsanimationen steif und puppenhaft und die offene Umgebung an vielen Stellen leer und austauschbar. Das Shooter-Gameplay und auch der Messer-Nahkampf stammen offensichtlich ebenfalls aus einer anderen Zeit und sind insgesamt recht hakelig und unpräzise und im Vergleich zu modernen Titeln auch wenig immersiv, zum Beispiel im Hinblick auf die Controllervibrationen. Die Gegner-KI ist ebenfalls merklich begrenzt, dies wird in vielen Fällen allerdings durch eine hohe Anzahl an Feinden kompensiert, was die Kämpfe wiederum häufig richtig schwer macht. Der wuchtige Sound der Schusswaffen, Pistolen wie Schrotflinten, ist hingegen auch heute noch eine echte Offenbarung. Trotz der aus heutiger Sicht offensichtlichen Schwächen muss man allerdings anmerken, dass das gänzlich ungeschönte Kampfsystem auch wieder recht gut zum Setting passt und wirklich jeglichen inzwischen lieb gewonnenen Komfort vermissen lässt. Dadurch fügt es sich aber auch wieder sehr gut in die raue Umgebung ein und lässt uns mit unserem ebenfalls ins kalte Wasser geworfenen Protagonisten mitfühlen. Auch der Schwierigkeitsgrad, der selbst auf der niedrigsten von vier Stufen noch richtig knackig ist, ist definitiv ein Relikt seiner Zeit, denn auf der einfachsten Stufe erwarten einen heutzutage in der Regel deutlich leichtere Spielerfahrungen. Da wir nach Belieben manuell speichern dürfen, können wir hier aber auch gut gegensteuern. 

Clear Sky

Clear Sky ist wie bereits erwähnt vor den Geschehnissen von Shadow of Chornobyl angesiedelt. Im Introvideo begleiten wir einen S.T.A.L.K.E.R. auf einer Mission in der Zone, bevor er und seine Truppe von einer gewaltigen Emission, die in einer riesigen blutroten Wolke über sie hinweg fegt, überrascht werden. Wie durch ein Wunder überlebt unser Protagonist, genannt Narbe, den Vorfall und kommt im beschaulichen Dorf der Fraktion Clear Sky wieder zu sich. Wenig später lernen wir den Anführer der Gruppe kennen, der auf den Namen Lebedew hört. Wir erfahren, dass es das Ziel der Fraktion ist, die Zone besser zu erforschen und dadurch neue Erkenntnisse für die gesamte Menschheit zu gewinnen. Im Gegensatz zu anderen Fraktionen fokussiert sich Clear Sky darauf, Wissen über die Natur und die Zone selbst zu sammeln und ist laut Lebedew nicht auf Artefakte, Revierkämpfe oder Geld aus. Nun geht es Clear Sky zunächst vorrangig darum, die immense Emission zu untersuchen, die unseren Protagonisten zu Beginn erwischt hat, denn diese hat wohl sämtliche ähnlichen Ereignisse der Vergangenheit in Sachen Intensität bei Weitem übertroffen. Da er uns aus Angst davor, dass wir den geheimen Standort von Clear Sky preisgeben, nicht einfach gehen lassen will, haben wir keine andere Wahl, als uns vorerst vor Ort nützlich zu machen, um das Vertrauen der Fraktion zu gewinnen. Hierbei starten wir direkt mit der Verteiding eines Außenpostens, der von feindlich gesinnten Gruppierungen angegriffen wird. 

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Ab der ersten Spielminute sieht man Clear Sky das etwas geringere Alter sofort an. Die Texturen wirken schärfer, die Schauplätze deutlich detaillierter und belebter und auch die Bewegungen und Gesichtsanimationen sehen einfach frischer und lebendiger aus. Hinzu kommen teilweise wirklich wunderschöne Lichteinfälle sowie eine klarere und räumlichere Vertonung, die den allgemeinen Zugang zum Prequel spürbar erleichtern. In Sachen Atmosphäre spielt die Vorgeschichte in der gleichen Liga, wie der direkte Vorgänger und hält eine bedrückende Stimmung, weitläufige bedrohlich wirkende Landstriche mit gefährlichen Anomalien und auch wieder einen erstklassigen Orchestersoundtrack mit einer allgegenwärtigen Schwere für uns bereit. Insgesamt lässt sich das Feeling von Clear Sky sehr gut mit Metro vergleichen, auch wenn wir hier deutlich mehr an der Oberfläche unterwegs sind. Dennoch zeichnen beide Spiele eine ähnliche Kulisse und sie besitzen auch eine vergleichbare osteuropäische Attitüde. Ein weiterer deutlicher Fortschritt im Vergleich zu Shadow of Chornobyl ist die Umgebungsgestaltung, denn hier punktet Clear Sky mit sichtbar dichterer Vegetation, abwechslungsreicherem Terrain und einer merklich verbesserten Darstellung von Wasser, Rauch oder Himmel. Hinzu kommt ein spürbar zugänglicheres Waffenhandling, das dem moderner Shooter sehr viel näher ist als im Ur-S.T.A.L.K.E.R. Das Waffenfeedback, das Zielen und auch die Bewegungen der Knarren in der Hand hinterlassen hier schon einen sehr ordentlichen Eindruck. Das grundlegende Spielprinzip knüpft dabei nahtlos an das des Vorgängers an, führt aber auch einige Neuerungen ein, wie zum Beispiel die Tatsache, dass wir nicht länger auf den Hunger unseres Protagonisten achten müssen. 

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Call of Prypiat

Im neusten Teil der S.T.A.L.K.E.R.-Trilogie schlüpfen wir in die Rolle eines Majors des ukrainischen Geheimdienstes. Dieser soll die innere Sperrzone rund um das Atomkraftwerk Tschernobyl untersuchen, um Hinweise auf den Verbleib mehrerer Militärhubschrauber zu sammeln, die zum verseuchten Kern der Sperrzone aufgebrochen und auf dem Weg dorthin verschollen sind. Unser Hauptcharakter gibt sich dabei als gewöhnlicher S.T.A.L.K.E.R. aus, um in dem rauen Umland des Kernkraftwerks ungehindert seinen Nachforschungen nachgehen zu können. Daher sind wir hier, anders als in den anderen beiden Ablegern, erst mal gänzlich auf uns allein gestellt und nicht sofort im Auftrag einer bestimmten Fraktion unterwegs. 

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Schon die ansprechend in Szene gesetzte Introsequenz lässt uns erahnen, dass der dritte Teil der Trilogie noch einmal einen weiteren Schritt nach vorne macht und das zeitlose Gameplay der Serie in noch besserer Form präsentiert als die ersten beiden Ableger. Heftig prasselnder Regen, dunkle Wolkenformationen am Himmel und düstere Synthesizerklänge kreieren direkt wieder eine spektakuläre und durch und durch bedrückende Atmosphäre, während wir alleine mit unserem Protagonisten über die spärlich bewachsenen weiten Felder der Zone rennen. Alte Industrieanlagen, verlassene Fahrzeuge, Pipelines und Strommasten säumen als bedrohliche Silhouetten unseren Weg und schaffen eine intensive und wuchtige Kulisse, die der Szenerie mehr als gerecht wird. In der offenen weitläufigen Welt warten wie gewohnt unzählige Gefahren auf uns, wie mutierte Tiere und Menschen, Mitglieder feindlich gesinnter Fraktionen, die Radioaktivität oder auch pulsierende Anomalien, die uns erheblichen Schaden zufügen können. Aber auch Verletzungen und der Hunger, der nach dem Prequel wieder Einzug gehalten hat, machen uns das Leben zusätzlich schwer und sorgen damit für dezentes Survival-Feeling. Hinzu gesellen sich natürlich auch wieder, wie für die Reihe üblich, knappe Munitionsvorräte, ein alles andere als vernachlässigbarer Schwierigkeitsgrad - und zwar auf allen vier Stufen - und regelmäßig auftretende Emissionen. Diese zwingen uns dazu, unsere Aufträge kurz beiseite zu schieben und schnellstmöglich Deckung zu suchen, um nicht von dem tödlichen Naturschauspiel mitgerissen zu werden. Das Waffenhandling ist eher mit dem von Clear Sky zu vergleichen, kann hier aber gerade bei der akustischen Gestaltung der Schusswaffen nicht ganz mithalten, da diese in Call of Prypiat deutlich blecherner und unnatürlicher klingen. 

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Fazit

Alle drei Spiele der S.T.A.L.K.E.R.: Legends of the Zone Trilogy sind auch heute noch absolut sehenswert, gerade im Hinblick auf die großartige Atmosphäre, den außergewöhnlichen Schauplatz und die allgegenwärtige spürbare Bedrohung, die von der Spielwelt, ihren Bewohnern und der omnipräsenten Radioaktivität ausgeht. Auch die hervorragende Soundkulisse, das noch immer überzeugende Fraktionen-Gameplay und die sich nach und nach zusammenfindenden Geschichten, die uns Stück für Stück durch die Spielwelt lotsen, gefallen noch immer. Gerade der erste Teil macht es uns heute dann aber doch nicht ganz so leicht, die Faszination von früher in Gänze wiederzuerwecken, denn das hakelige Shootergameplay, die recht dürftig ausgestaltete Welt und die oft nicht sehr natürlichen Bewegungen und Gesichtsanimationen der Figuren sind aus heutiger Sicht definitiv ein Stimmungskiller - Pre- und Sequel kommen da schon deutlich besser weg. Hinzu kommt ein selbst auf der niedrigsten Stufe richtig knackiger Schwierigkeitsgrad, der den Einstieg wahrlich nicht leicht macht. Wer diese drei Meilensteine, die übrigens sowohl einzeln als auch im Bundle erhältlich sind, schon immer auf Konsole oder auch überhaupt zum ersten Mal erleben möchte, hat jetzt die Gelegenheit dazu. Eine gewisse Frustresistenz und Toleranz gegenüber altersbedingter Schwächen sollte man dabei aber in jedem Fall mitbringen.

Pro:
  • Großartige Atmosphäre
  • Spektakuläres Setting rund um das AKW Tschernobyl
  • Weitläufige offene Welt
  • Durchweg bedrohliche und einschüchternde Stimmung
  • Zeitloses Shooter-Gameplay mit unterschiedlichen Fraktionen
Contra:
  • Vor allem in Teil 1: hakeliges Waffenhandling & wenige Umgebungsdetails
  • Gesichtsanimationen und Bewegungen der Figuren sichtbar antik
  • Teils richtig knackiger Schwierigkeitsgrad auf allen vier Stufen
  • KI der Gegner überschaubar, stattdessen setzt man oft auf Masse
  • Nicht mit einem Remaster/Remake vergleichbar
Story:
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Gameplay:
4 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Grafik:
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Sound:
3 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Atmosphäre:
5 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Unsere Wertung: 7.0 / 10
Spiel getestet auf: Xbox Series S/X
Daniel Walter

Daniel Walter

Ein begeisterter Konsolenspieler mit einem breit gefächerten Interessengebiet. Neben Shooter-Serien wie Battlefield oder Call of Duty gehören auch Action-Adventures wie klassische Assassin's Creeds, die Batman-Arkham-Reihe oder The Last of Us Part 1/2 zu den bevorzugten Titeln. Hinzu kommen Survival-Games wie ARK, Horror-Klassiker a la Resident Evil sowie Open-World-Abenteuer im Stile von Far Cry oder Red Dead Redemption. Sport-Franchises wie FIFA oder Tour de France erweitern das Interessenfeld, ebenso wie sämtliche Titel aus dem Star-Wars-Universum.

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