Starfield im Test: Eine echte Space Odyssey
Mit Starfield liefert Bethesda das nächste ganz große Rollenspiel-Epos ab und möchte damit in die Fußstapfen der Fallout- und Elder-Scrolls-Reihe treten. Ob das Studio mit dem frischen Sci-Fi-Setting an alte Erfolge anzuknüpfen vermag, beleuchten wir im Test.
Wir beginnen untertage
Ohne größere Umschweife wirft uns Starfield direkt in die Handlung, wo wir uns auf einem fremden Planeten namens Vectera wiederfinden und unsere Schicht als Minenarbeiter antreten. Gemeinsam mit unserer Vorarbeiterin und einem Kollegen steigen wir per Aufzug in einen düsteren Felstunnel hinab, um dort unserer schweißtreibenden Arbeit nachzugehen. Wir schnappen uns also unseren Laser-Cutter und beginnen damit, die kahlen Wände der Felshöhle damit zu bearbeiten, auf der Suche nach wertvollen Mineralien. Im Vergleich zu den epischen Introsequenzen eines Skyrim oder Fallout 4 wirkt Starfield in seinen Anfangsminuten sehr ruhig und unaufgeregt – was einerseits fast schon etwas unspektakulär ist, andererseits aber den tristen Alltag eines Minenarbeiters stimmungsmäßig sehr gut einfängt. Etwas Leben in die anfängliche Bude kommt dann aber doch, als wir bei unserer Arbeit ein nicht identifiziertes Objekt aus unbekanntem Material finden, es berühren und danach direkt in Ohnmacht fallen, nachdem wir seltsame Visionen gesehen haben. Wenig später erwachen wir dann auf der Krankenstation von Argos Extractors, unserem Arbeitgeber, und haben im Anschluss auch endlich die Chance, unserer Figur ein individuelles Antlitz und diverse Charaktermerkmale zu verpassen.
Ein Raumfahrer nach unseren Vorstellungen
Der Charakterdesigner kommt dabei erwartungsgemäß sehr umfangreich und detailliert rüber und bietet uns zahlreiche Individualisierungsoptionen. Zunächst dürfen wir uns für eines von vierzig vorgefertigten Avataren als Vorlage entscheiden, die wir dann später im Genlabor noch detaillierter anpassen können. Bei den Vorlagen sind sämtliche Altersklassen, ethnische Herkünfte sowie eine Vielzahl an männlichen und weiblichen Gesichtszügen mit dabei, passend für jeden Geschmack, allerdings nur menschliche Figuren. Wir entscheiden uns weiterhin für einen passenden Körperbau, legen die männliche oder weibliche Physiognomie unabhängig vom Aussehen fest und wählen außerdem aus einer von zwei Gangarten. Auch Hautfarbe, Kopfform, Haarfarbe, Frisur und Bartstil können vielseitig variiert werden, ebenso wie das Aussehen von Augen, Nase, Mund oder Stirn bis hin zum Kiefer, Kinn oder Hals. Körperschmuck wie Piercings, Ohrringe oder Tattoos stehen ebenso als Gestaltungselemente zur Verfügung, wie auch Make-up wie Lippenstift, Lidschatten oder Lidstrich. Des Weiteren können wir unseren Charakter auf Wunsch auch noch mit Schmutz, Narben oder Hautunreinheiten dekorieren und somit also ganz schön ins Detail gehen. Im nächsten Schritt bestimmen wir außerdem einen passenden Background für unseren Raumfahrer.
Dabei stehen uns 21 mögliche Varianten zur Wahl, die jeweils über spezielle Startskills verfügen. Während der Cyberrunner beispielsweise auf Schleichen und Hacken spezialisiert ist, kann der Diplomat in Gesprächen und beim Handel seine Stärken ausspielen. Der Entdecker wiederum ist mit dem Umgang mit Laserwaffen und der Analyse von Daten aus fremden Welten vertraut, während der Koch nicht nur beim Zubereiten von Nahrung, sondern auch beim Plündern und im Nahkampf punkten kann. Jeder Lebenslauf weist dabei drei spezielle Startfertigkeiten auf, die sich innerhalb der verfügbaren Optionen aber auch hier und da überschneiden. Durch unseren Fortschritt sammeln wir dann auch nach und nach Skillpunkte, die wir auf Attribute wie Kampf, Forschung, Technologie oder Sozial verteilen dürfen, um unserem Protagonisten im Laufe seiner Reise neue Fähigkeiten und Skills beizubringen, die uns im Kampf, in Dialogen oder auch beim Erforschen der Welten helfen. Zu guter Letzt verpassen wir unserer Figur noch drei besondere Merkmale aus siebzehn wählbaren Möglichkeiten. Hierzu gehören unter anderem der Empath, der stark auf positive oder negative Reaktionen seiner Begleiter regiert, oder auch die Neon-Straßenratte, die in Neon-Gebieten zusätzliche Dialogoptionen und bessere Belohnungen erhält, aber bei Vergehen auch stärker gejagt wird. Weitere interessante Variationen sind die Alien-DNA, die eine erhöhte Gesundheit und gleichzeitig eine geringere Wirksamkeit von Heilitems mit sich bringt, oder auch das Traumhaus, das uns auf der einen Seite ein schickes Haus an einem friedvollen Ort beschert, uns dafür aber wöchentlich eine ordentliche Stange Geld kostet. Es können bis zu drei Merkmale ausgewählt werden, die allerdings alle optional sind. Bei der Wahl bestimmter Optionen, sind andere wiederum sofort gesperrt, sodass nicht beliebig kombiniert werden kann. Im allerletzten Schritt geben wir unserem Protagonisten auch noch einen Namen und haben zudem die Chance, das geschlechtsanzeigende Pronomen zu verändern.
Bis zur Unendlichkeit…
Nach der Charaktererstellung geht es zum ersten Mal an die Oberfläche des kargen Planeten, um uns mit einem langjährigen Kunden des Unternehmens zu treffen. Hier dürfen wir dann auch das erste Raumschiff des Sternenabenteuers bestaunen und spüren sofort, wie uns die Reiselust packt. Im Gespräch mit dem Fremden geht es dann ohne Umschweife um unsere jüngste Entdeckung in der Mine, die uns vor wenigen Augenblicken einen heftigen Ohnmachtsanfall beschert hat. Doch bevor wir tatsächlich ins Geschäft kommen, gilt es zunächst, einen Piratenangriff abzuwehren, in dessen Rahmen wir auch gleich das Kampfsystem kennenlernen. Dieses präsentiert sich als äußerst vertraut und erinnert stark an die Umsetzung der Schusswechsel in Fallout 4 und Fallout 76. Das Zielen ist daher, wie wir es von den anderen Bethesda-Titeln kennen, etwas schwerfälliger, was aber mit einiger Routine gut zu meistern ist. Auch die Deckungsmechanik, wenn wir uns in geduckter Haltung zwischen Kisten, Felsen und anderen schützenden Gegenständen hin und her bewegen, trägt eindeutig die Handschrift des Studios. Weiterhin bietet Starfield eine Fülle an Waffen zur Auswahl, von Laserwaffen, über Pistolen, Schrotflinten oder Sprengstoff bis hin zu (Scharfschützen-) Gewehren, Teilchenstrahlwaffen oder unterschiedlichen Nahkampfoptionen.
Ist der Angriff der Piraten schließlich abgewehrt, wenden wir uns erneut dem mysteriösen Artefakt zu und erfahren von dem Kunden, dass er uns auf eine Mission schicken möchte, um mehr über das seltsame Objekt herauszufinden, während er hier in der Mine bleibt, um weitere mögliche Piratenangriffe abzuwehren. So beschert uns der Zufall schneller als erwartet unsere eigene Raumfahrtmission, die wir zusammen mit dem Droiden Vasco auf dem Schiff des Kunden, der Frontier, antreten. Ausgestattet mit einer schicken neuen Uhr, die als Schlüssel für bestimmte Türen funktioniert, einem hilfreichen Scanner zum Untersuchen der Umgebung, der Tierwelt und auch der Ressourcen um uns herum – also ganz im Stile eines No man’s sky – sowie mit einer ersten schlichten Pistole starten wir dann ohne jegliche Vorkenntnisse in das große Unbekannte und dürfen uns auf zahlreiche Stunden in fernen Galaxien freuen. Die Geschichte von Starfield hat uns insgesamt richtig gut gefallen, nicht nur, weil Bethesda wieder sehr viel Wert auf die Charakterisierung der Figuren gelegt hat, sondern auch, weil eben einmal nicht der große Held mit übernatürlichen Fähigkeiten im Zentrum steht, sondern ein unbedeutender Niemand, der nur zufällig in ein ganz großes Abenteuer gerutscht ist und dabei auch nur selten selbst die Zügel in der Hand hält.
Schier grenzenlose Freiheit
Sobald wir über unser eigenes Schiff verfügen, steht uns die riesige Welt von Starfield offen. Wir begeben uns zum Cockpit, um auf dem Pilotensessel Platz zu nehmen und steuern unser Schiff fortan wahlweise über die Innen- oder die Außenansicht. Nach dem Abheben und einer kurzen Sequenz finden wir uns im Weltall über dem jeweiligen Planeten wieder und können nun die Kontrolle über das Raumschiff übernehmen, einen nahtlosen Übergang zwischen Boden und All gibt es also nicht. Die Ausrichtung unseres Schiffs regeln wir über den rechten Stick, wohingegen der Schub über den linken Stick reguliert wird. Außerdem verfügt unser Fluggerät über unterschiedliche Waffentypen wie Laser, Raketen oder ballistische Kanonen. Ein Boost ermöglicht uns zudem eine kurzzeitige Tempoerhöhung, die aber wiederum negative Auswirkungen auf die Wendigkeit des Raumschiffs hat. Schön ist auch, dass unser Schiff nur über begrenzte Energie verfügt, die wir, je nach aktueller Priorität, auf die unterschiedlichen Bereiche des Gefährts verteilen müssen, wie die verschiedenen Waffenarten, den Schildgenerator, den regulären Antrieb oder den Grav-Antrieb für Sprünge in andere Sternensysteme. Wenn wir nicht entdeckt werden wollen, können wir bei Bedarf auch alle verräterischen Systeme wie Schilde und Waffen auf ein Minimum herunterfahren und uns nahezu lautlos durch das All bewegen. Sowohl das Reisen als auch die Raumkämpfe, bei denen wir in der Regel erst die Hülle des Gegners ausschalten müssen, um ihm tiefer gehenderen Schaden zuzufügen, machen richtig Spaß und vermitteln auch ein sehr glaubhaftes Gefühl eines Sci-Fi-Abenteuers. Bei der Steuerung des Schiffs wählt Bethesda insgesamt den perfekten Mittelweg zwischen “Den Spieler mehr als nur zwei Knöpfe drücken lassen” und “Die Steuerung nicht zu umständlich gestalten” und vereint damit Anspruch und Griffigkeit in einem.
Richtig gut gefallen hat uns auch die Tatsache, dass man nicht nur auf unzähligen Planeten landen kann, sondern auch im All herum fliegende Trümmer und verlassene Schiffe ansteuern und plündern kann, sobald man nahe genug heran geflogen ist. Weiter entfernte Ziele steuern wir dagegen über die Sternenkarte an – hierbei geht der Flug im Rahmen einer Sequenz automatisch über die Bühne. Im Verlauf einer Mission ist es zudem möglich, direkt aus dem Missionslogbuch zum nächsten Ort der aktiven Quest zu springen, was das Ganze nochmal deutlich vereinfacht und eine sehr lineare Vorgehensweise innerhalb der Questreihen erlaubt. Am Zielplaneten angekommen wählen wir nun über die Karte eine passende Landezone – hier stehen in der Regel unterschiedliche Orte auf der Planetenoberfläche zur Verfügung. Auch sehen wir hier, bei bereits besuchten und gescannten Himmelskörpern, gleich eine Übersicht über die dort verfügbaren Ressourcen sowie Details zu Flora, Fauna oder Beschaffenheit der Welt an sich. Vor Ort können wir mit unserem Scanner dann noch weitere Informationen über den jeweiligen Planeten sammeln und auf diese Weise auch interessante Orte oder wertvolle Güter aufspüren. Gut gelöst ist hierbei auch die Tatsache, dass wir uns mithilfe unseres Scanners oder der Karte jederzeit zurück zu unserem Schiff teleportieren können und nach Abschluss unserer Mission oder unserer Erkundung nicht den gesamten Weg wieder zu Fuß zurück gehen müssen – Fahrzeuge oder ähnliches suchen wir nämlich vergebens. Bestimmte Orte, wie zum Beispiel New Atlantis, besitzen allerdings ein eigenes Schnellreise-System, das es uns ermöglicht, einzelne Distrikte vor Ort mittels öffentlichen Verkehrsmitteln wie einem Transit anzusteuern.
Stimmungsvolle Welten mit leichter Staubschicht
Optisch kommt uns Starfield schon in dieser frühen Phase sehr vertraut vor, was nicht zuletzt daran liegt, dass die Charaktermodelle und auch die Gesichtszüge und Bewegungsanimationen der Figuren denen eines Fallout 4 sehr stark ähneln, was im gleichen Atemzug aber auch bedeutet, dass wir hier grafisch nicht auf dem allerneusten Stand sind. Dies zeigt sich beispielsweise auch an den Haaren, die recht unnatürlich aussehen und eine fast wachsartige Struktur aufweisen. Besonders dann, wenn wir uns nicht für die Egoansicht, sondern für die Schulter- oder Third-Person-Perspektive entscheiden, fällt dieser Faktor natürlich ständig ins Auge. Auch die Texturen am Boden und an den Wänden, die Materialien der Kleidung oder auch die Darstellung von Rauch, Metall oder anderen spiegelnden Oberflächen wirken deutlich älter als das Spiel bekanntermaßen ist und wecken sofort Erinnerungen an frühere Bethesda-Titel. Die Präsentation bietet aber insgesamt nicht nur Raum für Kritik. Wenn man zum Beispiel die stimmungsvollen Lichteinfälle oder die Schattenwürfe betrachtet, versprüht das Sci-Fi-Abenteuer dann doch immer wieder echtes Next-Gen-Feeling und kreiert so den einen oder anderen optischen Wow-Moment. Auch die zahlreichen Schauplätze, die wir im Rahmen der Hauptstory besuchen und die sichtbar per Hand gestaltet wurden, können mit ihrer Atmosphäre, ihren detaillierten Gestaltungselementen und ihrer individuellen Ausstrahlung überzeugen.
Schon die Station des Mining-Außenpostens weiß mit ihren engen Gängen, ihren authentischen Geräten und Kontrollinstrumenten, den kargen Crew-Quartieren und seiner sterilen zweckmäßigen Aura zu begeistern. Auch unser erstes eigenes Schiff strotzt nur so vor Atmosphäre und wirkt mit Details wie herumstehenden Pflanzen und Bücherstapeln, einer chaotischen Küchenzeile oder mit jeder Menge Items und Dekorationen in den Regalen und Schränken wie ein echtes Zuhause. Besonders hervorzuheben sind aber natürlich die zahlreichen Welten, die wir im Laufe der Story besuchen dürfen und die, im Gegensatz zu den deutlich austauschbareren automatisch generierten Planeten, eine große Bandbreite an Szenarien und Kulissen abdecken. Von der verlassenen Forschungsstation auf einem felsigen Mond, über das äußerst spektakuläre New Atlantis, das mit seinen riesigen Glasbauten und futuristischen Wolkenkratzern wie die wahrhaftige Stadt der Zukunft aussieht, bis hin zum guten alten Mars, der sich dank riesiger Fabrikanlagen sowie weitläufiger unterirdischer Gebäudekomplexe als unerwartet bewohnt präsentiert. Weitere Highlights sind die beeindruckende Cyberpunk-City Neon oder auch die wild-west-artige Siedlung Akila City, die beide eine zentrale Rolle in Starfield spielen. Einen Besuch der Erde konnten wir uns natürlich auch nicht verkneifen, hier erwartet uns allerdings statt eines blühenden blauen Planeten ein verlassener sandiger Gesteinsklumpen ohne Atmosphäre, bei dem schon die zerstörten Satelliten in der Umlaufbahn nichts Gutes erahnen lassen. Auf dem Mond gibt es dagegen dank eines wissenschaftlichen Außenpostens mehr zu entdecken als auf unserem alten Heimatplaneten und der Trabant ist, im Gegensatz zur Erde, sogar bevölkert. Neben Planeten warten im All übrigens auch immer wieder Raumstationen und Forschungseinrichtungen unterschiedlicher Art, an die wir bei Bedarf auch andocken können, um uns dort umzusehen. Auch feindliche Schiffe, die wir besiegt haben, dürfen wir danach betreten, müssen uns dabei aber auf Gegenwehr der Besatzung einstellen. Egal, wo wir unterwegs sind, in Bethesdas Rollenspiel-Epos wimmelt es natürlich auch wieder, wie üblich, vor Loot, Sammelobjekten und abbaubauren Ressourcen, sodass unsere Taschen und der Frachtraum unseres Schiffes eigentlich nicht groß genug sein können. Verschiedene Arten von Werkbänken ermöglichen es uns zudem, gesammelte Materialien für die Herstellung von Komponenten für unsere Außenposten oder auch zur Waffen- und Anzugverbesserung einzusetzen.
Lebendige Orte vs automatisch generierte Gesteinsbrocken
Auf den verschiedenen Welten bekommen wir es natürlich auch mit einer Vielzahl an Gegnern zu tun, die von menschlichen Charakteren wie Söldnern und Piraten, mal als einfacher Nah- oder Fernkämpfer, mal als hartnäckiger gepanzerter Soldat, bis hin zu Kreaturen in sämtlichen Größenordnungen reichen. Diese sind mitunter schon auch mal eine größere Herausforderung, dank der praktischen Schnellspeicher-Funktion können wir uns aber in brenzligen Situationen bequem vortasten, ohne jedes Mal den kompletten Kampfabschnitt von vorne beginnen zu müssen. Die KI präsentiert sich dabei nicht immer von ihrer allerbesten Seite, sodass wir auch gerne mal mehrere Sekunden direkt vor einem Gegner in Deckung stehen können, bis dieser unsere Anwesenheit bemerkt. Während unseres Abenteuers auf fremden Welten müssen wir außerdem immer auf unsere Gesundheit achten und Krankheiten, die wir uns einfangen, zeitnah behandeln, um nicht durch Statuseffekte geschwächt zu werden. Aber auch abseits von potenziellen Gefahren ist auf den (händisch gestalteten) Planeten mitunter richtig viel los, sodass wir hier jede Menge NPCs bei ihrem vielseitigen täglichen Leben beobachten können – sei es beim Wandern durch die Stadt, beim Gespräch mit einem Bekannten, das wir auch belauschen können, wenn wir nah genug dran stehen, oder auch schlicht und einfach beim Entspannen auf einer Bank oder in einer Parkanlage. Das Leben an Orten wie New Atlantis fühlt sich in jedem Fall glaubhaft, organisch und echt an, sodass man diese Schauplätze natürlich auch besonders gern besucht, um die dortige Atmosphäre zu genießen. Hier dürfen wir uns auch auf viele kleine gestalterische Details freuen, ganz gleich, ob es um Videowalls und dekorative Terrarien, um Parks und Grünanlagen mit zahlreichen fremden Gewächsen, Skulpturen und Wasserspielen oder auch um edel eingerichtete Bibliotheken mit Holzverkleidung, Kronleuchtern und flackernden Kaminen geht.
Die zentralen Orte der Geschichte sind derart liebevoll umgesetzt, dass sie den perfekten Gegenpol zum großen Anteil an automatisch erstellten unspezifischeren Himmelskörpern bilden, die wir im Weltraum in Hülle und Fülle vorfinden. Denn natürlich bilden die bewohnten und vor Leben pulsierenden Orte die Ausnahme, so wie es eben in der Realität auch ist. Das meiste, was im All umherschwirrt, ist nunmal eine Ansammlung von totem Gestein, sodass wir natürlich auch in Starfield nur verhältnismäßig wenige Planeten mit Zivilisation entdecken können. Daher stimmt für uns auch das Verhältnis, das Bethesda hier gewählt hat, vollkommen, um ein in sich stimmiges Bild des Weltraums zu zeichnen. Was wir ebenfalls lobend herausstellen möchten, ist die Umsetzung der Tageszeiten sowie der Wechsel der Witterungsbedingungen auf unterschiedlichen Welten, wo uns von jetzt auf gleich auch gerne mal ein heftiges Gewitter mit Starkregen heimsuchen kann, nachdem wenige Augenblicke zuvor noch ein strahlend blauer Himmel über unseren Köpfen zu sehen war. Die Tageszeiten- und Wetterwechsel machen die Spielwelt nochmal lebendiger und lebensechter und tragen drüber hinaus auch zur dichten Atmosphäre des Spiels bei.
Während unserer Reise sind wir im Übrigen nicht immer alleine unterwegs, sondern lernen im Verlauf der Geschichte unterschiedliche Begleiter kennen, die uns auf unserem Abenteuer unterstützen. Dabei unterscheiden wir zwischen Crewmitgliedern, denen wir Aufgabenbereiche auf unserem Schiff oder auch in Außenposten überlassen können, sowie unseren aktiven Begleitern, die hinter uns herlaufen und uns auch aktiv in den Kämpfen unterstützen. Weiterhin können sich unsere Mitstreiter auch in die Dialoge einklinken und statt uns selbst auf Fragen antworten, um den Konversationen eine neue Wendung zu geben, und natürlich bringen die Begleiter auch eigene Missionen mit, die wir im Gespräch mit ihnen annehmen können. Hier erfahren wir bei Bedarf im Übrigen auch mehr über die Vergangenheit, die Interessen oder auch die Ansichten unserer Crew und können dadurch auch unsere Beziehungen vertiefen. Darüber hinaus haben wir auch die Chance, für unterschiedliche Fraktionen zu arbeiten und beispielsweise Aufträge für die Constellation (nicht optionale Hauptquests), die Firma UC Vanguard oder auch die Piraten von Crimson Fleet zu erledigen. Dabei stehen sich die verschiedenen Arbeitgeber auch nicht im Wege, sodass wir uns im Prinzip nicht entscheiden müssen. Wir haben dabei natürlich zu jeder Zeit selbst die Wahl, ob wir der Story nachgehen, Nebenmissionen in Angriff nehmen oder einfach nur drauf los fliegen und die zahlreichen, mal mehr mal weniger sehenswerten, Orte genauer unter die Lupe nehmen und ihre Besonderheiten erkunden. Auf diese Weise schreiben wir in der Welt von Starfield unsere ganz eigene Geschichte und können uns auf unsere individuellen Vorlieben konzentrieren, zum Beispiel auch auf den Bau von Außenposten zur Ressourcengewinnung oder die individuelle Anpassung und den Ausbau unseres Raumschiffes.
Vielseitige Gespräche treffen auf ausbaufähige Lippen-Synchro
Soundtechnisch hinterlässt Starfield insgesamt einen sehr guten Eindruck, egal, ob es um die gelungenen Soundeffekte rund um unser Raumschiff, um das wuchtige akustische Feedback während der Schießereien oder um die sphärische Hintergrundmusik geht, die sich irgendwo zwischen klassischen Orchestersounds und Mass-Effect-artigen Synthesizerklangteppichen bewegt. Richtig erschrocken haben wir uns dann aber beim Blick auf die Lippensynchronität, die in vielen Fällen schlichtweg nicht vorhanden ist, was bedeutet, dass sich die, zugegebenermaßen auch nicht sehr schön animierten, Münder unserer Gesprächspartner auch dann noch bewegen, wenn die Tonspur schon lange zu Ende ist. Vertont wurde das Spiel im Übrigen auf Deutsch und Englisch und das alles in allem auch sehr ordentlich. Hier haben wir dann auch immer wieder die Gelegenheit, mit unseren Antworten die Gespräche zu lenken und haben uns zudem über kleine Details gefreut, die die Konversationen realistischer wirken lassen. Stehen wir nämlich einige Augenblicke stumm vor unserem Gegenüber, zum Beispiel, um beim Testen Notizen ins Tablet zu schreiben, werden wir dafür auch gleich gerügt und darauf hingewiesen, dass wir uns mitten im Gespräch befinden und gefälligst auf die gestellte Frage antworten sollen. Außerdem ist es möglich, unsere Dialogpartner mit geschickt gewählten Antworten im Rahmen von Überzeugungschallenges ein Stück weit zu lenken. Hierfür müssen wir in mehreren Gesprächsrunden die idealen Antwortmöglichkeiten kombinieren und ihn oder sie auf diese Weise von unserem Standpunkt überzeugen – so entgehen wir, wenn wir es möchten, unter Umständen auch dem einen oder anderen Kampf. Es gibt aber natürlich auch noch andere Möglichkeiten der Einflussnahme, von der guten alten Bestechung bis hin zur Androhung von Gewalt, sodass wir auch hier unseren ganz eigenen Weg gehen können.
Fazit:
Wenn man jetzt einmal die offensichtlichsten Dinge außen vor lässt, nämlich die nicht mehr ganz taufrische Grafik im Bezug auf die Gesichts- und Bewegungsanimationen oder auch auf den Schärfegrad der Texturen und natürlich auch die wirklich erschreckend schlechte Lippensynchronität, dann ist Starfield für mich verdammt nah an der Perfektion. Die schier grenzenlose Freiheit, die das glaubhaft in Szene gesetzte Universum bietet, ist atemberaubend. Mit einer Kombination aus liebevoll von Hand gestalteten Schauplätzen und automatisch generierten Himmelskörpern, die zwar weitaus unspektakulärer, aber eben schlichtweg nötig sind, um das Szenario realistisch darzustellen, entsteht ein großartiger Weltraumspielplatz, den man sich als Kind nicht besser hätte erträumen können. Hinzu kommt ein äußerst gelungenes Spielgefühl, sowohl im Hinblick auf die Erkundung und die Kämpfe auf den Planeten, als auch in Bezug auf die Raumschiffsteuerung. Hier finden wir uns irgendwo zwischen Star Citizen und No man’s sky wieder, gepaart mit einer gut erzählten Geschichte im Bethesda-Stil mit glaubhaften Figuren und hochwertig vertonten Dialogen, die sich dank verschiedener Begleiter und Fraktionen um zahlreiche zusätzliche Quests erweitern lässt. Am Ende ist Starfield genau das Weltraum-Abenteuer geworden, das ich mir erträumt habe, und bietet weitaus mehr als das, was wir hier in unserem Test festhalten können. Wer sich auch nur im Entferntesten für Raumfahrt und ferne Welten oder für Spiele im Stil von Fallout oder The Elder Scrolls interessiert, kann mit diesem Meisterwerk eigentlich nichts falsch machen.
- Abwechslungsreiche von Hand gestaltete Welten
- Gut inszenierte Bethesda-Story
- Quasi grenzenlose Freiheit in der Spielgestaltung
- Hervorragende Umsetzung der Flugmechanik
- Zahlreiche Nebenquests, u.a. für Begleiter und Fraktionen
- Stimmungsvolle Atmosphäre mit Tageszeiten und dynamischem Wetter
- Gute Balance aus (Raum-) Kämpfen, Erkundung und Crafting
- Sehr ordentliche Vertonung und sphärische Hintergrundmusik
- Schärfe der Texturen sowie (Gesichts-) Bewegungen der Figuren wirken angestaubt
- Sehr schlechte Lippensynchronität
- Zielen mit Schusswaffen etwas schwerfällig
- Ladezeiten für einen Next-Gen-Titel recht lang
- KI in den Kämpfen nicht immer überzeugend
- Fehlende Fahrzeuge sorgen für lange Laufwege
Ein begeisterter Konsolenspieler mit einem breit gefächerten Interessengebiet. Neben Shooter-Serien wie Battlefield oder Call of Duty gehören auch Action-Adventures wie klassische Assassin's Creeds, die Batman-Arkham-Reihe oder The Last of Us Part 1/2 zu den bevorzugten Titeln. Hinzu kommen Survival-Games wie ARK, Horror-Klassiker a la Resident Evil sowie Open-World-Abenteuer im Stile von Far Cry oder Red Dead Redemption. Sport-Franchises wie FIFA oder Tour de France erweitern das Interessenfeld, ebenso wie sämtliche Titel aus dem Star-Wars-Universum.