Alone in the Dark im Test: Wiedergeburt einer Reihe?
Alone in the Dark möchte der Survival-Horror-Serie, die ihre Anfänge in den 90ern fand, neues Leben einhauchen. Dafür hat man sich für Story, Soundtrack und Verkörperung der Protagonisten namhafte Unterstützung geholt und viel Liebe ins Detail gesteckt. Was dabei unterm Strich herausgekommen ist, wie sich die Neuauflage technisch schlägt und natürlich, ob das Spiel Spaß macht, erfahrt ihr hier im Test.
Willkommen in Derceto Manor
Willkommen an einem Ort, an dem die Grenze zwischen Realität und Albtraum verschwimmt und jeder Schatten ein Geheimnis birgt. In dieser Neuinterpretation des Kult-Horrorspiels Alone in the Dark wird der Spieler in eine Welt des gotischen Horrors versetzt, die im Amerikanischen Süden der 1920er Jahre spielt.
Die Geschichte beginnt mit dem Verschwinden von Jeremy Hartwood, was seine Nichte Emily dazu veranlasst, die Hilfe des erfahrenen Detektivs Edward Carnby zu suchen. Gemeinsam wagen sie sich in die düsteren Tiefen von Derceto Manor, einem einst prächtigen Anwesen, das nun von Schatten umhüllt ist und von denen bewohnt wird, die von ihren eigenen Qualen heimgesucht werden.
Als Spieler hat man die Wahl, entweder Emily oder Edward zu verkörpern, wobei jeder eine eigene Perspektive auf die sich entfaltende Handlung bietet. Diese Entscheidung bestimmt nicht nur den Hauptcharakter, sondern beeinflusst auch die Reaktionen der NPCs, denen man auf dem Weg begegnet. Weiterhin formt sie auch den Verlauf der Reise mit einzigartigen Zwischensequenzen und Dialogen. Besonders spannend: Im späteren Spielverlauf gibt es Areale, die jeweils nur einem der beiden Charaktere zugänglich ist.
Sieht man beim ersten Durchspielen noch für beide Spielfiguren das selbe Ende, steht bei einem weiteren Durchlauf dann jeweils ein eigenes Finale für jeden Hauptcharakter bereit. Auch gefundene Sammelgegenstände im Spiel können das Ende beeinflussen. Es lohnt also, Alone in the Dark mehrfach durchzuspielen.
Unabhängig von der Charakterwahl ist die Erkundung von Derceto Manor von Gefahr und Intrigen geprägt. Räume verschieben und verändern sich, enthüllen verborgene Passagen und verbergen tödliche Fallen. Seltsame Anomalien durchbrechen die Umgebung und deuten auf die bösartigen Kräfte hin, die innerhalb der Mauern des Anwesens wirken. Mit der Entdeckung von Schlüsselgegenständen öffnen sich dann auch Portale zu albtraumhaften Arealen, die sehr von Lovecraft inspiriert sind. Dabei geht es von den trüben Sümpfen Louisianas bis hin zu den rätselhaften Sanden des alten Ägyptens, wobei jeder Ort die tiefsten Ängste und Traumata der Protagonisten widerspiegelt.
Wie für Survival-Horror-Spiele typisch, warten Kreaturen der Dunkelheit in den Schatten und dürsten nach dem Leben der Hauptcharaktere. Bewaffnet mit einem klassischen Arsenal an Waffen, von Pistolen bis Schrotflinten, kann man diesen standhalten, obwohl die Munition knapp ist und Waffen bei Gebrauch brechen. Der Großteil des Spiels besteht aber daraus, rätselhafte Puzzles zu lösen, die Dercetos Geheimnisse offenbaren.
Atmosphäre ist Trumpf
Dieses Spiel trifft den Nerv der 20er Jahre mit seiner mitreißenden Jazzmusik, die durch die düsteren Korridore hallt und das Flair der Ära perfekt einfängt. Die Liebe zum Detail zeigt sich auch in der Vertonung der Briefe, die man auf dem Weg findet.
Die Kombination aus Lovecraft'schen Schrecken und Film-Noir-Elementen verschmilzt nahtlos und schafft eine einzigartige Atmosphäre. Doch anders als bei den ganz großen Horror-Titeln wie Resident Evil oder Dead Space liegt der Schwerpunkt weniger auf dem reinen Grusel, sondern vielmehr auf der Erforschung der menschlichen Psyche und des Wahnsinns.
In Alone in the Dark stehen die Kämpfe nie im Vordergrund und dienen eher als notwendiges Übel, um die Spannung aufrechtzuerhalten. Leider sind diese Momente oft enttäuschend und wirken eher hektisch als wirklich angsteinflößend. Der Fokus des Spiels liegt stattdessen auf den Rätseln, die die Spieler herausfordern und sie tiefer in die Geheimnisse von Derceto Manor ziehen.
Einige der Rätsel sind spannend gestaltet und erfordern etwas Nachdenken und kreative Lösungsansätze. Doch leider gibt es auch einige, die trivial erscheinen und den Spielfluss eher bremsen als bereichern. Besonders ärgerlich ist es, wenn ein benötigter Gegenstand direkt neben dem Ort liegt, an dem er benötigt wird. Dies wirkt etwas einfallslos und hätte durchaus kreativer gelöst werden können (vor allem, weil dieser Fall doch sehr häufig eintritt). Trotz dieser kleinen Mängel ist die Atmosphäre von Alone in the Dark beachtlich und das Hauptargument für das Spiel.
Der technische Zustand
Leider trüben technische Mängel das Gesamtbild und mindern den Spielspaß erheblich. Die Entwickler haben bereits eine Liste von Bugs veröffentlicht, die mit dem Day One Patch behoben werden sollen, darunter Einbrüche der Framerate und kleinere Grafik- und Soundfehler. Doch leider reichen diese Optimierungen nicht aus, um das Spielerlebnis vollständig zu stabilisieren.
Einige Bugs führen zu Abstürzen des Spiels, die nicht nur frustrierend sind, sondern auch den Fortschritt behindern. So kann es vorkommen, dass der Sound plötzlich komplett verschwindet, was einen Neustart erfordert, um das Problem zu beheben. Ebenso ärgerlich ist es, wenn man plötzlich nicht mehr in der Lage ist, Türen zu öffnen oder Gegenstände zu nutzen, was ebenfalls nur durch einen Neustart gelöst werden kann.
Oft entstehen auch Situationen, in denen Gegner in der Spielwelt stecken bleiben und sich nicht mehr bewegen können. Dies stört die Immersion an einigen Stellen gewaltig.
Die genannten technischen Mängel trüben das ansonsten tolle Spielerlebnis von Alone in the Dark erheblich und zeigen, dass trotz aller Bemühungen der Entwickler noch viel Arbeit nötig ist, um das Spiel auf den Stand zu bringen, den die Spieler verdienen. Hoffentlich werden die versprochenen Patches und Updates dazu beitragen, die vorhandenen Probleme zu beheben und das Potenzial des Spiels vollständig zu entfalten.
Fazit
Alone in the Dark erweist sich insgesamt als ein erfrischender Neuanfang für die Serie, der es schafft, das Erbe der früheren Spiele zu würdigen, während er gleichzeitig neue Wege einschlägt. Die Präsentation, die Geschichte, das Setting und der Stil des Spiels verleihen ihm eine einzigartige Identität, die mich stellenweise in den Bann gezogen hat, und es schafft, das Spiel von anderen Genrevertretern abzuheben.
Trotzdem können die technischen Mängel und die eher enttäuschenden Kämpfe nicht übersehen werden. Die Bugs und Abstürze trüben das Spielerlebnis erheblich und stehen dem vollen Genuss des Spiels im Weg. Die Kämpfe könnten spannender gestaltet sein und mehr Herausforderungen bieten, um den Spielern ein intensiveres Erlebnis zu bieten.
Verglichen mit den Remakes von Resident Evil und Dead Space ist Alone in the Dark noch meilenweit entfernt von einer perfekten Darbietung. Dennoch kann das Spiel mit seiner einzigartigen Atmosphäre und seinem eigenen Ansatz überzeugen und sorgt stellenweise für großen Spaß.
Trotz der Mängel hoffe ich, dass die Serie in Zukunft weiterhin die Survival-Horror-Ecke bereichert und dass die Entwickler die notwendigen Verbesserungen vornehmen, um das volle Potenzial des Spiels auszuschöpfen. Mit etwas Feinschliff und Aufmerksamkeit für Details könnte Alone in the Dark zu einem willkommenen Vertreter des Genres werden und auch bei mehrmaligem Durchspielen begeistern. Das Potenzial ist definitiv vorhanden!
- Sehr dichte Atmosphäre
- Liebe zum Detail im Storytelling
- Toller Soundtrack
- Technisch aktuell in einem schlechten Zustand
- Dialoge und Animationen wirken teils zu hölzern
- Die Kämpfe bieten keinerlei Spannung
Leidenschaftlicher Zocker, der irgendwo zwischen Shootern, Plattformern, Action-Adventures und arcadigen Sportspielen zuhause ist. Zu den Lieblingsreihen gehören Resident Evil, The Last Of Us, Call Of Duty und GTA.