Crime Boss: Rockay City im Test: räuberisch gut?
In Crime Boss: Rockay City sollen wir alleine oder mit bis zu vier Mitspielern die Oberhand in der Unterwelt der Stadt gewinnen. Ob der digitale First-Person-Raubzug dabei auch Spaß macht, klären wir im Test.
Trash Trash Baby
Als in Rockay City der Obergangsteroberboss einem Attentat zum Opfer fällt, wittern wir unsere Chance und versuchen die Macht an uns zu reißen. Vorbei sollen die Zeiten als zweitklassiger Gangster ohne Rang und Namen sein. Blöd nur, dass die gesamte Stadt schon zwischen den rivalisierenden Banden aufgeteilt ist und auch die Behörden ein Wörtchen mitzureden haben. Der Cast von Crime Boss ist dabei ziemlich beeindruckend: Chuck Norris (Walker, Texas Ranger) als Sheriff der Stadt, Danny Trejo (From Dusk Till Dawn, Breaking Bad), Kim Basinger (L.A. Confidental), Vanilla Ice (Ice Ice Baby) und schlussendlich Michael Madsen (Reservoir Dogs, Kill Bill) alias Travis Baker wurden für das Spiel als Schauspieler verpflichtet. Dass aber auch Filmlegenden einen schlechten Tag haben können, beweist Crime Boss: Rockay City eindrucksvoll. Nicht nur scheinen die Darsteller größtenteils unmotiviert zu sein, auch die Story wirkt extrem klischeebehaftet und zusammenhanglos. Und spätestens nach dem zehnten “Bitch” oder “Let`s kick some asses” kringeln wir uns vor Fremdscham im Gamingstuhl zusammen.
Abseits der Story versucht der Gangsterepos uns mit seiner Rouge-Lite-Mechanik bei Laune zu halten. Dabei müssen wir versuchen, unseren Hauptprotagonisten (aka Travis Baker oder auch Candyman) am Leben zu lassen, da ansonsten das Spiel vorbei ist. Zum Glück können wir aber vor den Missionen auch andere Charaktere aussuchen und uns ein Team aus bis zu vier Mitstreitern zusammenstellen. Da aber auch unsere wackeren Teilzeitgangster sterben können und besser ausgerüstete Banditen viel Geld kosten, müssen wir unsere sauer verdienten Moneten gut einteilen. Um uns finanziell über Wasser zu halten, können wir zwischen den Hauptmissionen Kaufhäuser, Lager und Banken ausrauben und unser Budget aufstocken. Auch hilft uns Casey (Kim Basinger) als Büromanagerin dabei, Kredite für uns aufzutreiben. Mit neuen Rekruten und mehr Geld können wir dann auch immer mehr Gebiete in der Stadt angreifen und übernehmen. Das macht die ersten Male Spaß, aufgrund der sich wiederholenden Level und Missionen tritt aber keine allzu große Langzeitmotivation ein.
Lass knacken
Das Gameplay von Crime Boss: Rockay City findet man fast identisch in einem anderen Titel, nämlich im von Overkill entwickelten und bereits 2013 erschienenen PAYDAY 2. Im groben bedeutet das, wir stürzen uns mit vier Charakteren in einen Überfall, stehlen eine bestimmte Sache und machen uns aus dem Staub, wahlweise möglichst lautlos oder sofort mit gezogener Waffe. Es gibt verschiedene Szenarien, vom klassischen Banküberfall über das Bestehlen einer feindlichen Gang bis zur offenen Auseinandersetzung beim Ausrauben eines Geldtransporters. In den meisten Settings können wir zunächst inkognito die Gegend auskundschaften und wenn wir gut sind, das ganze sogar abschließen, ohne überhaupt entdeckt zu werden. Hierzu muss vorsichtig vorgegangen werden. Einzelne Gegner werden systematisch per Stealth Kill ausgeschaltet, Zivilisten eingeschüchtert und mit Kabelbindern festgesetzt sowie Sicherheitssysteme nacheinander deaktiviert. Unseren Kumpanen können wir dabei mit bestimmten Tasten Befehle erteilen. Sollten wir uns einmal nicht komplett unauffällig verhalten, dann kriegen wir zunächst Verwarnungen. Das sorgt dafür, dass Wachen schneller aufmerksam werden, löst aber nicht sofort einen Alarm aus.
Für den eigentlichen Raub müssen wir uns meist Zugang zu einem gesicherten Bereich verschaffen. Es gibt aber nicht immer nur einen Weg zum Ziel, sondern mehrere, die sowohl zeitlich als auch in ihrer Komplexität stark variieren. Bei einem Bankraub können wir uns zum Beispiel durch die Rechner der Angestellten hacken, um ein Passwort zum Büro des Filialleiters zu erhalten. Im Büro dann die Zugangskarte zum Tresor einsacken und, sofern uns patrouillierende Wachen nicht bemerken, komplett lautlos in die „Schatzkammer“ gelangen. Oder wir setzen von Anfang an einen Bohrer an der Tresortür an, das ist aber mit einiger Wartezeit verbunden und die Chancen, dabei entdeckt zu werden, sind deutlich höher.
Wenn wir entdeckt werden, ist die Mission nicht unmittelbar gescheitert, wird aber durch zahlreiche Wellen von Gegnern deutlich erschwert. Selbst, wenn wir uns nicht initial mit der Polizei anlegen, kommt diese spätestens durch einen ausgelösten Alarm oder fallende Schüsse hinzu. Außerdem schickt dieses offizielle Organ in regelmäßigen Abständen Spezialeinheiten, die deutlich stärker sind. Aber nicht nur das Erfüllen unseres Missionsziels wird schwerer, sondern auch das am Leben bleiben. Und das sollten wir möglichst tun, denn wenn wir ableben, dann ist der jeweilige Charakter samt seinen Waffen verloren. Wir können vor der nächsten Mission zwar wieder aus den vier dauerhaften oder zwei zufälligen Charakteren auswählen, aber unsere Investitionen sind futsch. Gegen Bezahlung können weitere Söldner angeheuert werden. Die Charaktere unterscheiden sich nicht nur in Aussehen, sondern auch in ihrem Waffenarsenal und einer Reihe von Charaktereigenschaften, die ihre Widerstandskraft und ähnliche Attribute beeinflusst. Das Arsenal kann durch Investitionen erweitert und auf den eigenen Spielstil oder die Missionsumstände zugeschnitten werden. Alle Waffen spielen sich unterschiedlich, aber fühlen sich vom Waffenhandling allgemein sehr gut an.
Das ganze Gameplay ist in einen Rougelite-Zyklus verpackt, das heißt, wenn unser Team bei einer Mission komplett ausradiert wird, so müssen wir wieder von ganz vorne starten und behalten nur unser verdientes Geld. Upgrades und bessere Waffen beziehungsweise Charaktere können dadurch früher freigeschaltet werden, was ein Weiterkommen wahrscheinlicher macht. In jedem Zyklus werden Charakterattribute und auch der Levelaufbau neu ausgewürfelt, sodass wir nicht zweimal hintereinander dasselbe Erlebnis haben.
Zu Viert mehr erleben
Der Multiplayer ist eine Erweiterung der Einzelspielererfahrung. Hier werden die bis zu drei sonst durch den Computer gesteuerten Gegner durch menschliche Spieler ersetzt. Dabei kann jeder seinen eigenen Charakter wählen. Es ist möglich, gezielt einzelne Karten beziehungsweise Heist-Modi zu spielen oder sich in die Koop-Kampagne zu stürzen, die sich deutlich von der Einzelspielerkampagne unterscheidet. Bis auf den Host ist ein Dropin/-out der Spieler jederzeit möglich, dadurch ist der Übergang sehr nahtlos. Außer dem genannten Ersetzen der KI ergeben sich im Multiplayer keine Änderungen im Gameplay. Die Koop-Kampagne muss bei einem Versagen ebenfalls von Anfang an gespielt werden und Charaktere sind, sobald sie sterben, nicht mehr verfügbar. Dadurch, dass jetzt aber alle auf denselben Pool von Personen zugreifen, leert sich dieser gegebenenfalls schneller. Die menschlichen Verbündeten sind meist besser als ihre Einzelspieler Äquivalente, aber auch unberechenbarer. Standardmäßig werden alle Plätze mit zufälligen oder eingeladenen Spielern aufgefüllt. Zur einfachen Kommunikation und Absprache ist ein Sprach- und Textchat integriert. Ein Spiel nur mit Freunden ist natürlich auch möglich.
Schillernde City
Crime Boss: Rockay City sieht dank der Unreal Engine ganz ordentlich aus und weiß auch Rockay City hübsch in Szene zu setzen. Das Spiel sollte aber auf einem potenten Rechenknecht gespielt werden, denn performant ist der Titel erst mit stärkeren Grafikkarten oder CPUs. Einen bleibenden Eindruck haben die übertrieben dargestellten Lens Flares hinterlassen, die hauptsächlich bei Scheinwerfern oder Sirenen auftreten. Teilweise sind diese so stark ausgeprägt, dass bei Nachtszenen auch mal Gegner überblendet werden und sich so negativ auf das Gameplay auswirken und sich in den Grafikeinstellungen auch nicht abschalten ließen.
Back to the 90s
Der Spieletitel ist vollständig ins Deutsche vertont und auch mit Untertiteln spielbar, dabei machen die Synchronsprecher einen durchweg ordentlichen Job. Sehr gut gelungen ist auch der Soundtrack, der dem zum Beispiel mit “Freestyler” von Bumfunk MC eine ordentliche Portion 90er Jahre Feeling transportiert.
Fazit
Lange habe ich auf einen adäquaten Ersatz für Payday 2 gewartet und wurde mit Crime Boss: Rockay City zumindest im Multiplayer nicht gänzlich enttäuscht. Die Raubzüge sorgen gerade mit Freunden für kurzweiligen Spaß und mit zufälligen Online-Mitstreitern kommt auch eine gewisse Eigendynamik mit in das Spielgeschehen. Der Story Modus mit seiner C-Movie Charakteristik konnte mich aber nicht überzeugen und auch das repetitive Missionsdesign fühlt sich auf Dauer zu monoton an.
- Kurzweilige Heists mit Freunden
- Rundes Gunplay
- Guter Soundtrack
- Staraufgebot
- Klischeebehaftete Story
- Kaum Langzeitmotivation im Singelplayer
- Repetitives Missiondesign
- Performanceprobleme
Passionierter PC und Konsolenspieler. Fokus liegt auf Einzelspielererlebnissen