Komm schnapp sie dir! – Pokémon Strahlender Diamant und Leuchtende Perle im Test
Aus Alt wird Neu im alten Stil
Ein gelungenes Remake ist Spieleentwicklern in der nahen Vergangenheit nur noch selten gelungen. Doch Pokémon Strahlender Diamant und Leuchtende Perle scheint das shiny Wolly (ein Schaf-Pokémon) unter den Remakes zu sein und somit der erfolgreichen Pokémon-Remake-Geschichte zu folgen. Mit einer Nähe zu den Originalspielen, charmanter Chibi-Grafik und sinnvollen Verbesserungen überzeugen Strahlender Diamant und Leuchtende Perle sowohl Fans der alten Spiele als auch Neueinsteiger, die nicht zurück zu grafikschwächeren Editionen wollen.
Die Geschichte des Erfolges wird weitererzählt
Neue Hauptspiele der Pokémon-Reihe finden nicht immer Begeisterung bei allen und vor allem bei alteingesessenen Fans. Die Remakes von Pokémon-Spielen sind dafür konstant beliebt. Strahlender Diamant und Leuchtende Perle sind fast eine 1zu1 Neuauflage des Originals mit einer Grafikpolitur und ein paar technischen Veränderungen. Das Leveldesign der Spielwelt wurde, wenn überhaupt, nur minimal in ein paar Details verändert. Der Grafikunterschied ist dagegen in etwa wie von Porygon zu Porygon2. Es ist allerdings kein PorygonZ, wie man es zu Pokémon-Legenden: Arceus vergleichen könnte. Warum wir nicht in den Genuss eines wirklichen 3-D-Abenteuers in dem Remake kommen, lässt sich nur vermuten. Es ist aber wahrscheinlich damit begründet, dass es der alten Top-Down-Sicht treu bleiben will und ein klassisches Spielerlebnis bieten soll. Im Gegensatz dazu ist Pokémon-Legenden: Arceus´s neuer Ansatz als ein Fortschritt in die nächste Generation des Pokémon-Spielerlebnis zu verstehen. Genauso wird es bisher auch bei Mario gehandhabt, bei dem sowohl klassische Side-Scroller-Spiele als auch Spiele aus 3rd-Person-Sicht erscheinen.
Die Legende des täglich grüßenden Kukmarda:
Das Spielprinzip ist wie immer dasselbe: „Komm schnapp sie dir!“ und „Ich will der aller Beste sein!“ Oder in verständlich: Fange alle Pokémon und werde der Champ der Pokémon-Liga. Als vielleicht gerade mal Halbwüchsiger zieht der Spieler mit seinem neuen Pokémon-Partner in die Region Sinnoh und bringt auch noch nebenbei eine größenwahnsinnige Verbrecherbande zur Strecke. Was die Erwachsenen und die Polizei in der Zwischenzeit machen, weiß bestimmt nur Arceus. Dadurch kann aber wieder einmal ein Jungspund unbehelligt seine Ausreißtour quer durch einen Kontinent unternehmen, ohne dass er oder seine Mutter in Schwierigkeiten geraten.
Bei der Spielcharakterwahl kann zu Anfang des Spiels neben dem Geschlecht auch wie in anderen neueren Pokémon-Spielen zwischen vier Haut- und Haarfarbenkombinationen gewählt werden. Später kann mit verschiedenen Kleidungsstücken und Frisuren der Individualitätswunsch weiter erfüllt werden.
Gleich und ungleich zugleich – Die Nachahmerin wäre stolz
Was hat sich zwischen dem Original und dem Remastered geändert? Was ist gleichgeblieben? Das Fang- und EP-System ist dasselbe wie in anderen Hauptspielen und nicht wie in Pokémon: Let’s Go, Pikachu! und Let’s Go, Evoli! die sich an Pokémon Go orientiert haben. Das Fehlen des zweiten Bildschirms des Nintendo DS ist nicht weiter schlimm. Die vormals im unteren Bildschirm platzierte Pokétch (in etwa eine Smartwatch) wird nun oben rechts auf dem Bildschirm der Nintendo Switch eingeblendet und kann bei Bedarf vergrößert oder ausgeblendet werden. Allerdings kann man nur die verschiedenen Module der Pokétch in der kleinen Ansicht durchschalten. Will man diese mittels Berührung oder Tasten bedienen, muss diese vergrößert werden, was besonders beim Itemradar lästig ist. Auch die Steuerung hat sich leicht geändert und spricht nun über den linken Joystick in acht Richtungen an, während die Steuerbuttons immer noch nur vier Richtungen ansteuern können. Wie bis zur vierten Pokémon-Generation sind TMs (Technische Maschinen) wieder nur einmalig anwendbar. VMs (Versteckte Maschinen) können zwar immer noch beliebig häufig zum Attacken lernen eingesetzt werden, doch müssen keine Pokémon speziell als VM-Opfer oder -Sklaven im Team gehalten werden. Stattdessen kann man nun mit der Pokétch jederzeit wilde Pokémon, wie zum Beispiel das verehrte Bidiza, zur Hilfe rufen, um die VMs einzusetzen, was das Leben eines Pokémon-Trainers deutlich erleichtert. Noch angenehmer wird das Spielgeschehen durch neue Funktionen wie die Möglichkeit, die Spitznamen-Frage nach dem Fangen auszuschalten, automatisches Speichern umzuschalten oder Lautstärkeregler für Musik, Soundeffekte und Pokémon-Rufe individuell zu ändern. Die Bedienungsfreundlichkeit hat sich seit der vierten Generation in allen bis auf ein paar wenige Punkte deutlich verbessert.
Was in Pokémon Strahlender Diamant und Leuchtende Perle nicht fehlen darf, sind zwei Besonderheiten, die zuvor nur in der vierten Generation auftauchten. Zum einen kann man mit den Ballkapseln erneut den Auftritt seiner Pokémon mit Effekten gestalten. Zum anderen gibt es den Untergrund, die nur in den Hauptspielen der dieser Generation verfügbar sind, haben ein Upgrade bezüglich des Leveldesigns bekommen. In den Bergstollen unter Sinnoh sucht man wieder nach Edelsteinen, Fossilien und mehr, die man in einem Minispiel aus einer Steinwand klopfen muss. Neu sind größere Höhlen, die immer wieder das Stollennetz unterbrechen, in denen seltene wilde Pokémon und Items gefunden werden können. Außerdem kann man jetzt auch Kisten, die wie Sammelkartenbooster oder Lootboxen zu sein scheinen, in dem Minispiel erlangen, in denen eine zufällige Pokémon-Statue enthalten ist. Diese kann man in Geheimbasen im Stollensystem aufstellen, was die Wahrscheinlichkeit erhöht Pokémon des Pokémon-Typs der Statuen im Untergrund zu finden. Diese ersetzen allerdings leider jegliche andere Dekoration, die es in den Originalspielen gab. Eine weitere, lang ersehnte Option, die es zwar nicht in Diamant und Perle selbst, sondern in den Remakes SoulSilver und HeartGold der gleichen vierten Generation gab, wurde nun auch in den neuen Remakes eingefügt, wodurch man in späteren Spielverlauf seine Lieblings-Pokémon durch Sinnoh spazieren führen kann.
Ein (Klett-)Dorn im Auge ist seit Pokémon Schwert und Schild der EP-Teiler, welcher nun kein anlegbares Item mehr ist, sondern als abschaltbarer Effekt permanent alle Pokémon im Team Erfahrung sammeln lässt. Dadurch kann das eigene Pokémon-Team schnell überlevelen. Andererseits gab es in den Originalspielen teilweise Level-grind-lastige Stellen und neue Pokémon brauchten auch erst einmal eine Spezialtrainingseinheit. Es wäre schön gewesen, den Spielern die Wahl zu überlassen, ob und wann sie den EP-Teiler benutzen und es ist nicht verständlich, warum diese Option, die es bereits in der sechsten und siebten Generation gab, entfernt wurde.
Grafische Evolution und klangvoller Urgesang
Die grafische Evolution von den Originalspielen der vierten Generation zu den Remakes ist deutlich. Die Modelle der Spielwelt und der Charaktere sind zwar wegen des Chibi-Stils weniger detailliert als in den bereits für die Nintendo Switch erschienenen Pokémon-Spielen, aber wegen dieser Designentscheidung bleiben die Remakes sehr nahe an dem Aussehen der Originalspiele. Dennoch sind Strahlender Diamant und Leuchtende Perle ein Hingucker, der mit bewegten Modellen und stimmungsvoller Lichtgestaltung eine lebhafte Spielwelt erschafft. Außerdem wird dem Spieler immer wieder durch flüssige Zoom-Fahrten und verschiedene Perspektiven, zum Beispiel beim Betreten von Häusern und bei Gesprächen an die schön gestaltete Spielwelt und die gelungene 3-D-Modelierung erinnert. Der Unterschied zwischen Handheld- und Fernsehmodus ist kaum merklich und nur an wenigen geradlinigen Texturen, die dann leicht stufig werden, bemerkbar.
Zum Sound der Remakes gibt es nicht viel und nur Positives zu schreiben: Die alte Musik und Soundeffekte wurden aufpoliert und klingen voll und stimmig, während in jeder Note die Nostalgie mitschwingt. Dabei ist es egal, ob das Audio von den Lautsprechern der Konsole oder des Fernsehers wiedergegeben wird.
Multiplayer – Wer wird der aller Beste sein?
Der Multiplayer besteht wie in den Originalspielen aus dem Konnex-Klub, einem Mehrspielerraum, der lokal oder online eröffnet werden kann. Diesem können andere Spieler beitreten, mit denen dann getauscht oder gekämpft werden kann. Wundertausch ist (noch) nicht verfügbar, genauso wie Pokémon Home. Ein Tauschen von Pokémon zwischen den Remakes und Schwert und Schild ist nicht möglich.
Fazit
Pokémon Strahlender Diamant und Leuchtende Perle sind sehr gut gelungene Remakes, die den Spieler das klassische Pokémon-Spielerlebnis in Top-down-Sicht wiedererleben lässt und mit bezaubernder Chibi-Grafik betört. Als Pokémon-Fan seit der ersten Generation hat mich dieses Remake trotz kleinerer Schwächen mit dem Wuchtschlag-mäßigen, genialen Gesamtpaket wieder zurück in meine Kindheit katapultiert. So bin ich nostalgisch trotz meiner alten Knochen wieder auf Pokémon-Hatz gegangen und hab den Sternenfanatikern gezeigt, wo der Wurm die Löcher hat.
- Klassisches Pokémon-Spielerlebnis
- Sehr nahe an dem Original mit größtenteils sinnvollen Verbesserungen
- Gute Grafik, die für Wohlfühlstimmung sorgt
- Nostalgie auch für Pokémon-Veteranen
- Pokémon können dem Spieler folgen
- EP-Teiler fürs ganze Team nicht abschaltbar
- Geheimbasendekoration besteht nur noch aus Statuen
- Online-Multiplayer nur mit kostenpflichtiger Nintendo Switch Online Mitgliedschaft
Spieleentusiast der sich für keine Herausforderung zu schade ist. Zu den Lieblingsspielen gehören TES: Oblivion, Dark Souls, Subnautica, Phasmophobia, Control und Pokémon Emerald.