Rally Arcade ClassicsRally Arcade Classics
Review

Rally Arcade Classics im Test: Das nächste Indie-Rallyespiel biegt um die Ecke

Von Alex Jung am 2. Oktober 2025. Getestet auf Xbox Series S/X. Zum Spiel hier klicken.

Rally Arcade Classics: Selten hat der Name eines Spiels unmissverständlicher darauf hingewiesen, was uns in einem Racing-Game erwartet. Denn im Erstlingswerk von Entwickler NETK2GAMES aus Spanien dreht sich alles um arcadige Rally-Action, die dank des Grafikstils sowie den verfügbaren Fahrzeugen einen deutlichen Classic-Anstrich erfährt. Natürlich kommen bei so einem Projekt zwangsläufig die Vergleiche zu einem art of rally oder einem Super Woden GP II auf, die sich auf ähnlichen Pfaden bewegen. Und da sich die beiden genannten Titel bereits in unserem Testlabor wiedergefunden haben, nehmen wir sehr gerne auch Rally Arcade Classics für euch unter die Lupe. Startet die Motoren, nehmt das Gebetbuch in die Hand und macht euch bereit auf eine rasante Reise in die Vergangenheit.

Rally: Viel zu tun im Kampf gegen die Uhr

Starten wir Rally Arcade Classics, so sticht uns direkt die Vielzahl an Menüpunkten ins Auge. Das Spiel bietet hierbei mit zig unterschiedlichen Optionen bereits auf den ersten Blick einen ordentlichen Umfang. Doch bevor es losgeht, heißt es erstmal, die Schulbank zu drücken. Denn Rally Arcade Classics baut auf ein Lizenz-System, wie man es beispielsweise in der Gran-Turismo-Reihe findet. Konkret gilt es, insgesamt sechs Lizenzen, von der C bis zur S2, zu erwerben. Dafür bestreiten wir einige kurze Etappen mit wechselnden Fahrzeugen, um uns generell mit dem Spiel vertraut zu machen.

Besonders die C-Lizenz besticht dabei durch die extreme Kürze der Prüfungen, denn selten sind wir mehr als 20 Sekunden unterwegs. Verschiedene Zielvorgaben laden dazu ein, mehrere Versuche zu starten, um irgendwann die Bestzeit für Gold zu knacken. Für jeden Rang erhalten wir eine Sternewertung, von eins bis maximal drei. Die Sterne sind dabei ein Gradmesser für unseren Spielfortschritt, der uns auch in den anderen Spielmodi noch begegnen wird.

Alles ist vernetzt

Haben wir die C-Lizenz absolviert, öffnen sich die anderen Optionen. Hier wäre zunächst einmal die Tour zu nennen. Rally Arcade Classics unterteilt seinen Fortschritt dabei grob in sechs unterschiedliche Kategorien / Kapitel. Wir beginnen also zunächst mit einfach zu fahrenden, aber schwach motorisierten, frontangetriebenen Fahrzeugen. Weiter geht es zu den giftigen Hecktrieblern, bis wir schließlich im Allrad-Bereich die Königsklasse erreichen. Für jede der drei Kategorien stehen uns zudem Straßen- und Rennversionen der Boliden zur Verfügung, wobei die Rennwagen deutlich schneller unterwegs sind und viel besser klingen als ihre serienmäßigen Pendants.

In der Tour werden wir in jedem Kapitel mit vier unterschiedlichen Rennarten konfrontiert. Time Attack ist dabei die simple Jagd nach einer Bestzeit. Im VS-Modus versuchen wir vor der Ziellinie ein vor uns gestartetes Fahrzeug ein- und im Idealfall zu überholen. Bei Drift wiederum erhalten wir für jeden Rutscher Punkte, es gilt also bis zum Finish möglichst viel quer zu fahren. Und dann gibt es noch die Kategorie Race, in der wir ähnlich zu VS unterwegs sind, aber statt einen nun vier andere Wagen überholen müssen. Die vier Modi in der Tour erweisen sich als abwechslungsreich und unterhaltsam, allerdings werden sie sehr inflationär eingesetzt. Pro Kapitel müssen wir je dreimal alle vier Spielmodi durchleben, um alles absolviert zu haben. Da es insgesamt sechs Kapitel gibt, kommt einiges an Arbeit auf uns zu.

Ordentlich Umfang mit einem Twist

Als nächste Option wäre die klassische Rally zu nennen. Auch hier finden wir eine Unterteilung in die verschiedenen Antriebsarten sowie in Straßen- und Rennfahrzeuge, während wir versuchen, nach einer fixen Anzahl an Etappen möglichst weit vorne in der Zeitenliste aufzutauchen. Im Arcade-Reiter wiederum stehen ebenfalls einige Etappen nacheinander auf dem Plan. Doch müssen wir insgesamt 14 andere Autos überholen, um siegreich zu sein, wobei wir zu jeder neuen Etappe an dem Platz starten, an dem wir die letzte Stage beendet haben.

Als letzte Optionen sind noch ein klassischer Zeitfahr- sowie ein Online-Modus mit wechselnden Herausforderungen zu nennen. Wie generell im Spiel können wir bei letzterem unsere Ergebnisse mit einer weltweiten Bestenliste vergleichen. Es fehlen jedoch ein lokaler sowie ein richtiger Online-Mehrspielermodus, bei dem wir parallel mit anderen Mitspielern antreten. Für alle Modi mit Ausnahme des Zeitfahrens gilt, dass wir eine fixe Garage haben und dementsprechend unsere Fahrzeuge erst freischalten müssen.

Sämtliche Spielmodi haben dabei ihre Daseinsberechtigung für den Spielfortschritt. Während wir in der Tour fleißig Sterne sammeln, erhalten wir bei den Rallyes ordentlich Bares. In Arcade wiederum gewinnen wir durch einen Sieg die Rennversion eines Wagens, mit dem wir im Umkehrschluss bei einer klassischen Rally starten können. Mit insgesamt 420 Rennen allein in der Tour ist zudem ein beachtlicher Umfang gegeben. Doch die enorme Anzahl an Events ist tatsächlich eher ein Nachteil. Denn obwohl man viel zwischen den einzelnen Spielmodi wechselt, fährt man doch zunächst immer in der gleichen Klasse. Zu Beginn sind wir also eine ganze Weile mit den langsamen Serien-Fronttrieblern unterwegs. Dadurch fühlt sich der Spielfortschritt mit zunehmender Spieldauer tatsächlich etwas langatmig und gestreckt an. An der Stelle wäre weniger wahrscheinlich mehr gewesen.

Das liebe, liebe Geld

Rally Arcade Classics bietet eine ordentliche Auswahl an Fahrzeugen, wobei uns wie gesagt zu jeder Straßen-Version noch eine Rennversion zur Verfügung gestellt wird. Namenstechnisch verzichtet man auf die Original-Lizenzen, so dass uns Fahrzeuge wie der Kooper S, der Startros oder der Sufoc begegnen, die aber auf den ersten Blick als Mini Cooper, Lancia Stratos oder Ford Focus erkennbar sind. Bei den Rennversionen finden wir die ikonischen Originallackierungen, bei denen die Texturen aber sowohl normal als auch spiegelverkehrt übereinandergelegt und daher verfremdet wurden. Insgesamt gibt es 22 unterschiedliche Typen. Durch die Rennwagen steigt der Umfang dann folgerichtig auf 44 verschiedene Boliden. Abgedeckt wird dabei ein Spektrum von den 60er Jahren über die mystische Gruppe B bis hin zu den WRC-Boliden der frühen 2000er, wobei der Ford Focus WRC und der Peugeot 206 WRC dann die neuesten Modelle darstellen.

Für nahezu alle Rennen im Spiel erhalten wir neben einer Sternewertung Geld, welches wir in neue Fahrzeuge investieren können. An der Stelle bot Rally Arcade Classics bis zu einem umfangreicheren Update Ende September 2025 einen durchaus beachtlichen Kritikpunkt, nämlich die Ingame-Economy. Während unsere Preisgelder sehr dürftig ausfielen, waren die Preise für neue Fahrzeuge exorbitant hoch. Somit mussten wir etwa eine ganze Weile sparen, um uns mit unseren 100 Credits Gewinn pro Sieg einen Toyota Corolla für 35.000 Credits leisten zu können.

Glücklicherweise hörten die Entwickler hierbei aber auf den Rat aus der Community. Dank eines Updates rund eineinhalb Wochen nach unserem Testbeginn wurden die abgerufenen Preise für sämtliche Straßenfahrzeuge teils um 80 % gesenkt, so dass wir mit ein wenig Grind durchaus schnell einen beachtlichen Fuhrpark zusammenstellen konnten. Auch entfiel die Pflicht, eine gewisse Sternewertung zu haben, um neue Challenges freischalten zu können. Nun steht uns also direkt eine deutlich größere Bandbreite im Spiel offen. Schön, wenn die Entwickler sich Kritik zum Herzen nehmen und zeitnahe, sinnvolle Verbesserungen bringen.

Nicht käuflich erwerbbar sind die Rennversionen. Diese erhalten wir nur über Erfolge, primär im Arcade-Modus. Das meiste Geld wiederum können wir in den Rallyes farmen, sofern wir eine der vorderen drei Positionen einnehmen. Da die Straßenautos nicht verbesserbar sind, ist dort also teilweise Durchhaltevermögen und Übung gefragt, um beispielsweise mit einem Mini oder einem Renault R5 den deutlich schnelleren Focus oder Peugeot 206 Paroli bieten zu können. Hierbei hilft auch ein manchmal leicht unsauberes Balancing nicht, wenn wir auf manchen Stages trotz Vollgas mehrere Sekunden verlieren, an anderer Stelle aber mühelos zwei Sekunden Vorsprung herausfahren.

Arcade: Eingängiges Fahrgefühl für Jedermann

Rally Arcade Classics bietet wie der Name schon sagt ein arcadiges Fahrgefühl. Somit steuern sich die Boliden zugänglich, wobei man deutlich einen Unterschied zwischen den einzelnen Antriebsarten ausmachen kann. Speziell die Heckschleudern oder die hochgezüchteten Allradler sind pfeilschnell und gar nicht so einfach zu bändigen, wenn man nicht in jeder Kurve in der Wand hängen möchte. Ein Schadensmodell suchen wir jedoch leider vergeblich. Abgesehen von Zeitverlust bleiben unsere Einschläge ohne weitere Konsequenzen. Einstellungsmöglichkeiten zumindest der Rennfahrzeuge werden ebenfalls nicht geboten. Dafür wird wenigstens eine Verschmutzung simuliert, die je nach Modell aber manchmal eher den Eindruck von Flugrost vermittelt.

Insgesamt bietet das Spiel vier unterschiedliche Locations. Auf der Asphalt-Seite erwartet uns neben dem Klassiker in Monte Carlo noch Spanien, während wir in Finnland oder Griechenland auf Schotter unterwegs sind. Insgesamt gibt es fünf Stages sowie eine Super Special Stage, bei der wir im Eins gegen Eins antreten. Sämtliche Kurse können auch rückwärts bestritten werden, so dass die Anzahl der Stages auf insgesamt zwölf pro Land anwächst. Zudem fahren wir oftmals nur Teilbereiche der vollen Etappen, was für weitere Abwechslung sorgt.

Beim Design der Strecken hat man sich sehr viel Mühe gegeben. So versprühen alle die jeweilige Rally-Atmosphäre des Landes, bieten typische Gebäude oder Objekte am Streckenrand und klassische Streckenführungen, wie enge Serpentinen in den Alpen oder weite Flat-out-Sprünge in den finnischen Wäldern. Die Etappen sind dabei selten länger als 2,5 Kilometer, von daher sind wir oft nur knapp zwei Minuten unterwegs. Dafür stellt sich hierrüber aber immerhin schnell ein „Eine Stage fahr ich noch“-Effekt ein.

Classics: Früher war alles besser

Auf der grafischen Seite reißt Rally Arcade Classics auf den ersten Blick sicherlich keine Bäume aus. So bewegen sich Umgebungen und Fahrzeuge prinzipiell auf maximal PS3-Niveau, was für den gewählten Ansatz aber absolut in Ordnung geht. Dafür läuft das Spiel jederzeit flüssig und kann mit schönen Beleuchtungseffekten, Lichtstimmungen und Staubbildung punkten. Auf Wunsch lässt sich sogar noch ein Retro-Filter aktivieren, durch den die Hintergründe etwas mehr flimmern, was das typische Bild eines Röhrenfernsehers simulieren soll.

Sowohl in den Menüs als auch während der Stages erwarten uns eingängige, teils rockigere Klänge, die das Spielgeschehen gut untermalen und nicht allzu repetitiv werden. Besonders das Thema bei Freischaltung eines Autos ist gut getroffen und fühlt sich belohnend an. Ebenfalls ordentlich sind die Motorenklänge der Autos. Hier gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Straßen- und den deutlich kerniger klingenden Rennversionen, wobei charakteristische Motorensounds wie beispielsweise der Fünfzylinder im Quattro nicht ganz so gut getroffen wurden. Dieser klingt tatsächlich eher danach, als würde der Motor jeden Moment sein virtuelles Leben aushauchen. In Summe erfüllen die Fahrzeuggeräusche aber ihren Zweck absolut ausreichend.

Bei den Perspektiven hat man die Wahl aus klassischen Ansichten wie zwei unterschiedlichen Verfolgerwinkeln sowie Stoßstange und Motorhaube. Auf eine Cockpitansicht verzichtet Rally Arcade Classics leider, dafür bietet es eine überhöhte Vogelperspektive, bei der man sich an art of rally orientiert hat. Die Kontrollen dürfen wir weitestgehend selbst frei konfigurieren, dies gilt auch für eine obligatorische Handschaltung, über die wir noch mehr Rennfeeling erhalten.

Fazit

Prinzipiell macht Rally Arcade Classics einiges richtig. Es bietet knackige Rally-Action auf kurzen Stages, die zudem sehr stimmungsvoll umgesetzt sind. Schnell stellt sich der „Eine Etappe fahr ich noch“-Effekt ein. Mit den zahlreichen Boliden aus diversen Jahrzehnten Rallye-Geschichte über die Etappen zu brettern, das macht schon ziemlich Laune. Auf dem Papier kann der Umfang des Spiels allein schon in Bezug auf die 420 einzelnen Tour-Rennevents in vier unterschiedlichen Locations überzeugen. Weitere Spielmodi wie Arcade und Rally sorgen ebenfalls für Kurzweil.

Nachdem per Patch die exorbitant hohen Preise für die Fahrzeuge im Spiel deutlich gesenkt wurden, gestaltet sich der Spielfortschritt sehr angenehm. Als größtes Manko entpuppt sich letztlich die Anzahl an Ländern, in denen wir unterwegs sind. Auch wenn alle vier Gebiete sehr schön gestaltet wurden, so wiederholen sie sich mit zunehmender Spieldauer doch relativ schnell. Hier würden wir uns noch ein wenig mehr Abwechslung wünschen, gerne in Form weiterer, nachgereichter Länder. Dennoch muss Rally Arcade Classics einen Vergleich mit art of rally oder dem Rally-Modus von Super Woden GP II definitiv nicht scheuen, im Gegenteil. Als Erstlingswerk des kleinen, spanischen Entwicklerteams NETK2GAMES kann ich nur sagen: Hut ab und weiter so!

Pro:
  • Großer Umfang mit über 420 Rennevents
  • Insgesamt 22 Fahrzeuge aus fünf Jahrzehnten in Straßen- und Rennversion
  • Vier sehr stimmungsvoll gestaltete Locations
  • Pro Land insgesamt zwölf kurze, aber spaßige Stages
  • Gute Beleuchtungseffekte
  • Retro-Charme dank zusätzlichem Filter
  • Vernetzung der unterschiedlichen Spielmodi
  • Online-Bestenlisten und Challenges
  • Gute Sounduntermalung
  • Ordentliche Motorensounds
Contra:
  • Vier Locations nutzen sich mit zunehmender Spieldauer ab
  • Tour-Modus wird irgendwann recht repetitiv
  • Balancing nicht 100 % ideal
Gameplay:
4 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Grafik:
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Sound:
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Atmosphäre:
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Umfang:
5 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Unsere Wertung: 9.0 / 10
TestingBuddies Award Silber
Spiel getestet auf: Xbox Series S/X
Alex Jung

Alex Jung

Seit dem ersten Gameboy begeisterter Konsolenzocker. Neben Rennspielen, Action-Adventures und JRPGs sind auch Indie-Perlen gerne im Laufwerk gesehen. Zu den Lieblingsspielen gehören GTA Vice City, Metal Gear Solid, Overboard, Ys VIII, die Uncharted- und Forza-Horizon-Reihe sowie Gran Turismo 7.

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