Tom Clancy's Rainbow Six Extraction - Ubisofts neuer Taktikshooter im Test
Da Rainbow Six Siege inzwischen auch schon fast sieben Jahre auf dem Buckel hat, ist es wenig verwunderlich, dass Ubisoft nun einen neuen Multiplayer-Shooter aus dem Tom-Clancy-Universum auf den Markt gebracht hat. In Extraction stehen neben außerirdischen Kreaturen vor allem das durchdachte Koop-Spiel und ein überzeugend taktisches Gameplay im Mittelpunkt. Wie uns der Stealth-Shooter auf der PS5 gefallen hat, verraten wir euch in unserem Test.
Wir retten (mal wieder) die Welt
Die Geschichte von Rainbow Six Extraction ist schnell erzählt und wird in Form einer imposant inszenierten Introsequenz kurz umrissen. Als in New York plötzlich riesige schwarze Tentakel aus dem Boden sprießen und alles um sich herum verschlingen, sieht sich die Menschheit wie aus dem Nichts mit einer Bedrohung durch einen unbekannten Parasiten konfrontiert. Um diesen zu bekämpfen, wird eine Spezialeinheit namens REACT ins Leben gerufen, die Informationen über die bedrohliche Lebensform sammeln, einen Schwachpunkt finden und diese dadurch letztlich auslöschen soll. Mit dem Parasiten haben es allerdings auch noch weitere aggressive Kreaturen, genannt Archaeen, auf die Erde geschafft, die den Soldaten bei ihrer Mission im Wege stehen. Bevor wir ins Spiel einsteigen, lernen wir die Grundlagen im Rahmen eines VR-Kampftrainings kennen, das die Mitglieder der Einheit auf ihre bevorstehenden Einsätze im Krisengebiet vorbereiten soll. Hierbei sorgen kleinere Videosequenzen für einen gewissen Storybackground, bleiben dabei aber nicht mehr als Füllmaterial, das verhindern soll, dass die Kämpfe völlig “nackt” stattfinden. Gerade in Anbetracht dessen, dass die Filmchen weder sonderlich lang noch besonders aufwendig ausgefallen sind, wäre eine etwas bessere Lippensynchronität durchaus wünschenswert gewesen. Insgesamt ist der Handlungsrahmen so austauschbar und ohne jeglichen Tiefgang, dass man ihn auch ohne Probleme anhand von Textblöcken während des Ladens hätte erzählen können, ohne dass dem Spiel etwas gefehlt hätte.
Ein Einstieg in sicherer Umgebung
In den kurzen Kampftrainings machen wir uns auf mehreren kompakt gehaltenen Arealen mit den Gegnern, dem Waffenhandling und den spielerischen Möglichkeiten von Extraction vertraut. Wir lernen, wie Bereiche mithilfe unserer Drohne ausgekundschaftet werden können, wie wir die Archaeen per Takedown mit der REACT-Klinge lautlos ausschalten, um keine Aufmerksamkeit zu erregen, oder, wie wir Hilfsmittel wie eine Rauchgranate nutzen, um aus brenzligen Situation zu entkommen. Auch können wir uns und unsere Teamkollegen mit Gesundheitskugeln heilen oder Barrikaden errichten, um Fenster oder Löcher in der Wand zu schließen, durch die wir potenziell angegriffen werden können. Für das Erledigen von Missionszielen, die vom Retten von Verbündeten, über das Beschaffen von Informationen und Sichern von Bereichen, bis hin zum schlichten Töten von (Elite-)Gegnern oder dem Eliminieren von feindlichen Nestern reichen, sammeln wir Erfahrungspunkte, die wir an sogenannten Evakuierungspunkten sichern können. Tun wir dies, endet unser Einsatz allerdings sofort. Jedes Level besteht aus mehreren Arealen (Subzonen), die durch Luftschleusen miteinander verbunden sind. Da wir nie wissen, was uns hinter den Luftschleusen erwartet, muss das Team immer abwägen, ob ein zweites Areal betreten werden soll oder nicht. Sterben wir im Einsatz, sind unsere bis zu diesem Zeitpunkt gesammelten EP verloren, sodass je nach Situation auch ein Missionsabbruch durchaus eine Alternative darstellt, gerade aufgrund der Tatsache, dass die Herausforderung mit jeder weiteren Subzone größer wird. Dies gilt aber natürlich auch für die Belohnung, die wir für ein erfolgreiches Absolvieren der jeweiligen Zone erhalten. Auf diese Weise schafft es Extraction auf gelungene Art und Weise, uns bei der Stange zu halten und immer wieder für Motivation zu sorgen. War in einer Runde das gewählte Risiko zu hoch, geht man in der nächsten vielleicht den sichereren Weg und verzichtet auf weitere EP. Kommt man hingegen mehrfach unbeschadet durch die Areale, wird man nach einigen Durchgängen womöglich etwas zu leichtsinnig und verliert mühsam erspielten Fortschritt.
Mehr leise als laut
Im Einsatz wird übrigens schnell klar, dass bei Extraction die Worte Taktik und Stealth eine deutlich größere Rolle spielen als das klassische Ballern. Aufgrund der Tatsache, dass die Archaeen äußerst geräuschempfindlich sind, ist ein unvorsichtiges Vorgehen in den allermeisten Fällen ohnehin eine schlechte Idee. Die bereits erwähnten Nester, die in großer Zahl in den Arealen vorhanden sind, dienen den Biestern nämlich als Spawnpunkt, wodurch wir schon nach wenigen Augenblicken die Kontrolle über die Situation verlieren können. Da die Nester darüber hinaus auch eine Art Sekret absondern, das uns bei Berührung langsamer und unsere Feinde gleichzeitig stärker macht, lauern überall kleine Fallen, die bei hektischen Fluchtaktionen nur auf uns warten. Dadurch ist aber auch in jeder Sekunde für Spannung und unvorhersehbare Ereignisse gesorgt, was eine der ganz großen Stärken des Spiels ist. Keine Runde lässt sich wirklich im Vorhinein planen und wir müssen uns ständig an die gegebenen Umstände anpassen, um den Einsatz erfolgreich abzuschließen. Ein behutsames Vorgehen sowie ein genaues Beobachten der Aktionen unserer Mitspieler ist für unser Überleben daher unerlässlich. Im Spiel stehen uns zu Beginn neun Operatoren zur Auswahl, mit denen wir die Einsätze bestreiten können. Jeder Operator besitzt individuelle Fähigkeiten, die wir bei der Zusammenstellung eines Teams berücksichtigen sollten. So ist der Doc beispielsweise in der Lage, Verbündete aus der Distanz zu heilen, wohingegen Ela mit Betäubungsminen ausgestattet ist, mit denen Feinde kurzzeitig außer Gefecht gesetzt werden können. Aber auch ferngesteuerter Sprengstoff, Köder zum Anlocken von Gegnern oder Störsender, die für eine kurze Zeit unsichtbar machen, gehören zu den Fertigkeiten der unterschiedlichen Charaktere. Durch unseren Fortschritt schalten wir neben weiteren Operatoren auch zusätzliche Ausrüstung frei, wie spezielle Granatentypen, Gesundheitsbooster oder größere Munitionstaschen. Schön ist auch, dass ein Operator, der im Einsatz stirbt, erst dann wieder von uns genutzt werden kann, wenn wir ihn mit einem anderen Charakter am besagten Ort einsammeln, sodass nicht jeder Soldat nach Belieben an die Front geschickt werden kann, ohne dass dies auch Konsequenzen hat.
Abwechslungsreiche Gegner und gesperrte Schauplätze
Im Spiel selbst macht Extraction durchaus eine gute Figur. So warten viele verschiedene Gegnertypen auf uns, die uns mit unterschiedlichen Angriffsarten das Leben schwer machen. Während uns einige Archaeen mit Nahkampfangriffen in Schach halten, setzen andere auf Explosionen, Giftwolken oder Blendattacken, um Schaden anzurichten. Neben regulären Feinden stehen auch regelmäßig Elitegegner auf dem Programm, die häufig auch als Missionsziel dienen. Während die Abwechslung im Bereich der Feinde rundum überzeugen kann, machen die Schusswaffen eher einen durchwachsenen Eindruck. Sowohl die Haptik als auch der Sound der teils futuristisch anmutenden Pistolen, Sturmgewehre und Schrotflinten lassen diese oftmals wie Spielzeug wirken, da die Wucht der Schüsse einfach nicht richtig ankommt. Dies wirkt gerade auf der PS5, wo der DualSense Controller ja förmlich nach einem intensiven haptischen Erlebnis schreit, umso drastischer. Ein weiteres großes Manko liegt im Bereich der Schauplätze. Insgesamt bietet Extraction mit New York, San Francisco, Alaska und Truth or Consequences vier Regionen an, die über je drei Karten verfügen. Diese wurden auch durchaus stimmungsvoll und mit der nötigen Liebe zum Detail umgesetzt, unterscheiden sich aufgrund der allgegenwärtigen Militärtechnik, der futuristischen Türen und Controllpanels oder der Hinterlassenschaften der Archaeen dann aber doch nicht genug, um vollends zu überzeugen. Dies wäre aber durchaus verschmerzbar, wenn uns die zwölf Schauplätze denn auch wirklich zur Auswahl stehen würden, und zwar von Beginn an. Stattdessen hat sich Ubisoft entschieden, nur New York sofort spielbar zu machen und alle anderen Orte an den Spielfortschritt zu knüpfen. Dies mag vielleicht auf den ersten Blick wie ein sinnvoller Anreiz wirken, der zum Weiterspielen animiert. Wenn man dann aber am Ende ganze vier Meilensteine auf drei räumlich doch stark begrenzten Karten erklimmen muss, um sich endlich zum ersehnten zweiten Schauplatz durchzukämpfen, braucht man schon einiges an Durchhaltevermögen, um nicht frühzeitig das Handtuch zu werfen. Spielerisch bietet Extraction in jedem Fall die Abwechslung, die man sich von einem taktischen Shooter erhofft. Mit dieser unglücklich gewählten Fortschrittspolitik steht sich das Spiel aber leider ein wenig selbst im Weg.
Fazit:
Während der Storyrahmen von Extraction eigentlich kaum der Rede Wert und so wenig vorhanden ist, dass er eigentlich nicht bewertet werden kann, gehört das durchdachte und innovative Gameplay, das immer wieder mit unserem Ehrgeiz spielt und uns auch regelmäßig falsche Entscheidungen treffen lässt, zu den ganz großen Stärken des Titels. Auch, wenn wir es im Solomodus allein mit den Archaeen aufnehmen dürfen, entfaltet das Spiel im Koop-Modus, bei dem die unterschiedlichen Fähigkeiten der Operatoren richtig gut zum Tragen kommen, sein ganzes Potenzial. Das taktische und weitestgehend leise Vorgehen hat mich von Beginn an gepackt und auch nach zahlreichen Runden noch echte Spannung erzeugt. Leider zeigt der Shooter hier und da aber auch Schwächen, die vermeidbar gewesen wären. So fühlen sich die Waffen oftmals eher nach Spielzeuggeschossen als nach tödlichen Schießeisen an, da das Feedback doch sehr bescheiden ausfällt. Die Schauplätze an sich können zwar mit dichter Atmosphäre sowie mit detailliert gestalteten Zonen überzeugen. Mit lediglich vier Regionen, von denen drei erst nach längerer Spielzeit freigeschaltet werden können, schneidet sich Extraction aber leider ins eigene Fleisch, da auf diese Weise Ermüdungserscheinungen auftreten, die es nicht gebraucht hätte, wenn einfach alle Gebiete sofort verfügbar gewesen wären. Alles in allem lassen sich bei Tom Clancy’s Rainbow Six Extraction jede Menge Licht, aber auch einige dunkle Wolken finden, die ein im Grunde wirklich innovatives Konzept ein wenig überschatten. Spaß macht der Shooter in jedem Fall, er könnte aber noch so viel besser sein, wenn man an der einen oder anderen Stelle bessere Entscheidungen getroffen hätte.
- Abwechslungsreiche Missionsziele
- Subzonen mit wachsender Herausforderung
- Ständiges Abwägen zwischen Punkte sichern und Risikospiel
- Große Auswahl an Operatoren eignet sich perfekt für Koop
- Zahlreiche Gegnertypen garantieren Abwechslung
- Fokus auf Taktik und Stealth-Elementen
- Stimmungsvolle Schauplätze
- Möglichkeit für Solospiel ist gegeben
- Überflüssige Hintergrundstory
- Deutlich sichtbare Schwächen bei der Lippensynchronität
- Maps nicht einzigartig genug
- Kartenauswahl gekoppelt an den Spielfortschritt
- Ausbaufähiges Waffenfeedback
Ein begeisterter Konsolenspieler mit einem breit gefächerten Interessengebiet. Neben Shooter-Serien wie Battlefield oder Call of Duty gehören auch Action-Adventures wie klassische Assassin's Creeds, die Batman-Arkham-Reihe oder The Last of Us Part 1/2 zu den bevorzugten Titeln. Hinzu kommen Survival-Games wie ARK, Horror-Klassiker a la Resident Evil sowie Open-World-Abenteuer im Stile von Far Cry oder Red Dead Redemption. Sport-Franchises wie FIFA oder Tour de France erweitern das Interessenfeld, ebenso wie sämtliche Titel aus dem Star-Wars-Universum.