

Mafia: The Old Country im Test: Zurück in der Familie
Mit Mafia: The Old Country erhält die legendäre Mafiosi-Trilogie einen neuen Ableger, für den das gleiche Studio verantwortlich ist, wie für das Remake des ersten Teils. Ob uns Hangar 13 mit dem neuen Spiel genauso überzeugen konnte, wie damals mit der Neuauflage, verraten wir euch im Test.
Von der Mine in die Fänge der Mafia
Unsere Geschichte beginnt auf Sizilien im Jahr 1904, wo wir uns in einem unterirdischen Bergwerk wiederfinden. Wir schlüpfen in die Rolle von Enzo Favara, der als Kind von seinem verschuldeten Vater an die Minenbetreiber verkauft wurde, um dessen Schulden abzuarbeiten. Zwölf Jahre später steht er kurz davor, sich seine Freiheit zurückzukaufen. Nach einem Unfall in der Mine, der ihn um sein Erspartes bringt, steht Enzo allerdings wieder mit Nichts da. Als er sich dann noch mit seinem Vorarbeiter anlegt, der ihn auf die waghalsige Mission geschickt hat, bleibt ihm nichts anderes übrig, als zu fliehen. Seine Flucht führt ihn bis auf das Land von Don Torrisi, der Enzo unter seinen Schutz stellt und seine Verfolger damit vertreibt. Dafür wird er allerdings auf dem wunderschönen Anwesen des Dons zum Arbeiten abgestellt, wo ihm sogar ein eigenes Quartier mit Bett zur Verfügung gestellt wird. Hier bedient er sich auch erstmals am eigenen Kleiderschrank, um die Mine auch optisch hinter sich zu lassen und die zerrissenen Lumpen gegen die deutlich stilvollere Arbeiterkleidung des Weinguts zu tauschen. Dies markiert den Anfang seines Aufstiegs, den er im Dienst der Mafiafamilie vollziehen wird. Was zunächst mit Kistenschleppen, Stall ausmisten oder der Beförderung eines toten Schweins beginnt, wird uns später noch sehr viel tiefer in die Machenschaften der Mafia eintauchen lassen. Dabei muss sich Enzo nicht nur vor brutalen Schlägern und Schutzgeldprellern beweisen, sondern sich auch vor den gefährlichen Flirtversuchen der hübschen Tochter des Dons in Acht nehmen.
Sizilien zeigt seine schönste Seite
Grafisch macht Mafia: The Old Country von Beginn an eine sehr gute Figur. Egal, ob es um die gestochen scharfen Texturen an Hauswänden, auf dem Boden oder auch in der Ferne geht - jeder Stein, jede Maserung auf Ästen und Brettern oder auch die strukturierte Oberfläche von Textilien wirken unfassbar realistisch und verleihen der Umgebung eine wunderschöne und natürliche Ausstrahlung. Hinzu kommen beeindruckende Lichteinfälle sowie die authentische Darstellung von Rauch, Nebel und Staub. Und auch die Schattenwürfe oder die Spiegelungen auf Metall oder der Wasseroberfläche sehen richtig toll aus, sodass wir uns auf eine sehenswerte Umgebung freuen dürfen. Ein besonderes Highlight waren die blauen Flammen bei spektakulären Gasexplosionen in der Mine, die wir aus nächster Nähe bestaunen durften. Während die Bewegungen der Figuren ebenfalls sehr gut getroffen sind, wirken die Gesichtszüge bei der Ingame-Darstellung immer wieder etwas hölzern und nicht ganz frisch. In den Sequenzen wurde die Mimik dagegen sehr schön umgesetzt und selbst kleinste Bewegungen im Gesicht sind hier richtig gut zu erkennen und wirken auch glaubhaft und echt. Außerdem hat es uns bei dem ansonsten extrem hohen Detailgrad bei der grafischen Darstellung dann doch ein wenig gestört, dass wir keinerlei Fußspuren auf Oberflächen wie Sand hinterlassen, sondern quasi über den Boden schweben. Insgesamt überwiegt bei der Optik aber in jedem Fall das Positive, denn Mafia: The Old Country ist wirklich ein wunderschön anzuschauendes Spiel!
Authentische Soundkulisse unterstreicht die grafische Präsentation
Die akustische Umsetzung des neusten Mafia-Teils hat uns ebenfalls überzeugt. Hier sind es dezente Instrumentalklänge, die sowohl den Beginn des 20. Jahrhunderts als auch die Lokalisierung in Italien passend einfangen. Meistens hält sich die Musik stimmungsvoll im Hintergrund, zum Beispiel mit Streichern oder perkussiven Elementen. Wenn es spannend wird, wird dann aber auch die musikalische Untermalung vordergründiger und unterstreicht die Atmosphäre der entsprechenden Szenen stimmig. Hier spielen sich dann zum Beispiel Gitarren oder Mandolinen in den Vordergrund. Neben der Musik sind es auch die Hintergrundgeräusche, die das Spiel sehr gut umgesetzt hat - egal, ob es um Stimmengewirr bei größeren Personengruppen, um glaubhafte Naturgeräusche oder um die Synchronisation geht. Letztere macht auf Deutsch eine sehr gute Figur und lässt die Charaktere individuell und natürlich klingen, wobei gerade die Emotionen und jeweiligen Stimmungen gut getroffen sind.
Stealth, Schießereien und Messerstechereien - das volle Programm der Mafia
Ebenfalls gut gefallen hat uns, dass das klassische Mafia-Gameplay durch gelungene Stealth-Passagen aufgelockert wird. Das Schleichsystem, bei dem wir uns hinter Kisten ducken, unter Hindernissen hindurch zwängen oder auch schmale Durchgänge für uns nutzen, hat sich ein wenig nach Plague Tale angefühlt und uns vom Feeling her voll überzeugt. Hierbei steht uns auch unser Instinkt als Hilfsmittel zur Verfügung, mit dem wir die in der Nähe befindlichen Gegner im Auge behalten. Mit Münzen, die wir werfen können, sorgen wir bei Bedarf zudem für Ablenkung. Unachtsame Feinde lassen sich lautlos von hinten erwürgen, was mit einem kurzen QuickTime-Event umgesetzt ist. Ihre Leichen dürfen wir dann auch nach nützlichen Items durchsuchen, wie zum Beispiel Geld, Verbänden oder auch einem Wetzstein zum Schärfen unseres Messers. Im Anschluss können wir sie dann in Hitman-Manier verstecken, um unentdeckt zu bleiben.
Mit Messern lassen sich Türen und Truhen öffnen, allerdings ohne Minigame, sondern nur per Tastendruck. Dafür nutzen sich die Werkzeuge nach mehreren geöffneten Türen ab, was den Einsatz eines Wetzsteins erfordert. Die Messer spielen außerdem beim Nahkampfsystem eine wichtige Rolle, denn hier können wir uns auf großartig inszenierte Messerstechereien freuen. Hierbei stehen uns mit dem Schlitzen und dem Stechen unterschiedliche Angriffsarten zur Verfügung, außerdem können wir gegnerischen Attacken ausweichen und sie mit perfektem Timing parieren und zum Gegenangriff ansetzen. Weiterhin ist es möglich, die Messerangriffe mit Schlägen zu kombinieren, um die gegnerische Verteidigung zu durchbrechen. Die perfekt gewählte Kameraperspektive, die uns sehr nah ans Geschehen heran bringt, sorgt dabei für actionreiche Szenen, die den Nahkampf rundum sehenswert machen. Lediglich die Vibrationen hätten hier für unseren Geschmack etwas besser genutzt werden können. Schön ist auch, dass es unterschiedliche Messertypen für verschiedene Einsätze gibt. So sind einige für den direkten Kampf gedacht, wohingegen andere für heimliche Kills oder zum Werfen gemacht sind. Andere wiederum bringen spezielle Vorteile mit, wie dass Enzo nach einem erfolgreichen Kill geheilt wird oder dass mehr Beute aus den verschlossenen Kisten gewonnen werden kann. Neue Messertypen können in hiesigen Geschäften erworben werden.
Die Schießereien konnten uns ebenfalls überzeugen, da sie das Waffenhandling der damaligen Zeit sehr gut einfangen. Die Pistolen und Gewehre sind nicht wirklich genau, haben einen ordentlichen Rückstoß und lassen sich auch nur mit Mühe ruhig halten. Die Vibrationen unterstreichen die Wucht der Schüsse sehr schön, auf adaptive Trigger für den Abzug wurde leider verzichtet. Ein Wechsel zwischen den Waffen ist dann jederzeit bequem über das Waffenrad möglich. Insgesamt kam uns beim Spielen immer wieder der Red Dead Redemption-Vergleich in den Sinn, dessen Schießereien sich ähnlich angefühlt haben.
Weitläufige Kulisse für perfektes Storytelling
Die Spielwelt fällt dieses Mal erfrischenderweise sehr natürlich aus, sodass wir uns vom bekannten Großstadt-Gameplay verabschieden müssen. Sizilien wurde mit seinen Bergen, Wiesen, Flüssen und Wäldern sowie den wunderschönen Häfen ist wirklich hervorragend eingefangen und bringt ein stimmungsvolles mediterranes Flair mit. Das gilt aber auch für die größeren Städtchen, die mit verwinkelten Straßen, typischen Steingebäuden, verzierten Brunnen, riesigen Fabriken oder imposanten Kirchen eine greifbare intensive Atmosphäre besitzen. Was linear anfängt, entwickelt sich später zu einer sehenswerten Open-World, die vom Aufbau her der aus dem Remake von Teil 1 ähnelt. So wurde die Umgebung äußerst atmosphärisch umgesetzt, sodass wir während unserer Ausflüge eine großartige Kulisse erleben dürfen. Dabei bleibt es aber auch weitestgehend, auch wenn es in der Welt beispielsweise auch diverse Dokumente, Statuen und ähnliches zu entdecken gibt. Einige der Dokumente helfen uns auch bei kleineren Rätseln wie dem Knacken eines Zahlenschlosses, wenn wir einen verschlossenen Safe öffnen müssen. Eine voll gepackte offene Spielwelt wie in Assassin's Creed sollte man aber keinesfalls erwarten - die braucht es aber auch gar nicht. Schön ist, dass die Architektur der Gebäude, der Look der Fahrzeuge oder auch der Züge und Schiffe sehr gut getroffen wurde. Dadurch werden wir direkt in die Zeit Anfang des 20. Jahrhunderts hinein versetzt. Um die Schönheit der Landschaft einfangen zu können, bietet Mafia: The Old Country auch einen gelungenen Fotomodus, bei dem wir mit einer alten Kamera hantieren und auch händisch die Linse und den Fokus einstellen müssen.
Durch die Spielwelt bewegen wir uns nicht nur zu Fuß oder per Oldtimer, sondern beispielsweise auch auf dem Rücken von Pferden. Diese Art der Fortbewegung wurde ebenfalls sehr überzeugend umgesetzt und muss sich vor Red Dead Redemption oder Assassin's Creed nicht verstecken. Uns stehen hier mit Schritt und Galopp zwei Gangarten zur Verfügung, außerdem haben wir die Chance, das Pferd zusätzlich anzutreiben für einen kurzzeitigen Temposchub. Dieser muss sich allerdings nach Benutzung aufladen. Gelungen ist außerdem, dass wir die Ritte durch die Spielwelt in vielen Fällen auch überspringen dürfen, wenn es mal schneller gehen soll. Unser Können auf dem Pferd wird im Übrigen auch in packenden Pferderennen auf die Probe gestellt. Diese sind außergewöhnlich gut inszeniert, zum Beispiel in den engen Gassen einer mittelalterlichen Stadt, und machen mehr Spaß als so manches Autorennen. Bei den Pferden stehen uns in den Ställen unterschiedliche Tiere zur Wahl, die individuelle Stärken aufweisen. Weiterhin haben wir die Chance, die Pferde mit bunter Reitausstattung zu verschönern.
Fazit
Mafia: The Old Country hat mich in nahezu allen Belangen rundum überzeugt. So ist es nicht nur das ländliche Setting des stimmungsvollen Siziliens, das mir richtig gut gefallen hat. Auch die Story rund um den Minenarbeiter, der sich nach und nach in der Mafia-Familie nach oben arbeitet und immer tiefer in die Machenschaften hinein gezogen wird, hat mich sehr gut unterhalten. Neben der beeindruckenden Grafik waren es außerdem das Nahkampfsystem mit Fokus auf Messern, die packenden Pferderennen oder auch die offene Welt, die sich voll und ganz der Story widmet, die mich am meisten begeistert haben. Wenn man dem Spiel etwas vorwerfen möchte, dann sind es die etwas hölzernen Gesichter der Ingame-Grafik, fehlende Fußspuren in einer sonst nahezu perfekten optischen Präsentation oder die geringe Spieldauer von deutlich unter 20 Stunden. Insgesamt ist Mafia: The Old Country aber ein Volltreffer und eine würdige Ergänzung der legendären Trilogie.
- Wunderschöne Spielwelt
- Atmosphäre des frühen 20. Jahrhunderts hervorragend eingefangen
- Sehr gelungene Mafia-Story
- Offene Welt widmet sich der Geschichte
- Stimmungsvoller Soundtrack und professionelle Vertonung
- Innovatives Nahkampfsystem
- Stimmiger Stealthansatz
- Pferderennen als coole Ergänzung
- Recht kurze Spieldauer
- Offene Welt überwiegend Kulisse
- Ingame-Gesichter etwas hölzern
- Keine Fußspuren im Sand
- Möglichkeiten des DualSense kaum genutzt


Ein begeisterter Konsolenspieler mit einem breit gefächerten Interessengebiet. Neben Shooter-Serien wie Battlefield oder Call of Duty gehören auch Action-Adventures wie klassische Assassin's Creeds, die Batman-Arkham-Reihe oder The Last of Us Part 1/2 zu den bevorzugten Titeln. Hinzu kommen Survival-Games wie ARK, Horror-Klassiker a la Resident Evil sowie Open-World-Abenteuer im Stile von Far Cry oder Red Dead Redemption. Sport-Franchises wie FIFA oder Tour de France erweitern das Interessenfeld, ebenso wie sämtliche Titel aus dem Star-Wars-Universum.