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Review

Tour de France 2024 im Test: Wir schwingen uns aufs Rennrad

Von Daniel Walter am 14. Juni 2024. Getestet auf PS5. Zum Spiel hier klicken.

Auch im Jahr 2024 bringen die Entwickler von Cyanide Studios das offizielle Rennspiel zur Tour de France auf den Markt. Was die diesjährige Ausgabe kann und welche Neuerungen uns erwarten, klären wir im Test.

Bewährte Spielmodi und neue Highlights

Im Menü von Tour de France 2024 erwarten uns zahlreiche altbekannte Spielvarianten, die Fans der Serie auch aus den letzten Jahren kennen. So führt uns das umfangreiche Training in alle Aspekte des Rennens ein, von der Grundsteuerung, über das Energiemanagement mit Windschatten, Verpflegung und Tempomat-Funktion oder den Teamfunk mitsamt Vorspulfunktion, Teambefehlen und Fahrerwechsel bis hin zur Steuerung während des Zeitfahrens. Hier hat sich im Vergleich zu den letzten Jahren quasi nichts verändert, sodass man sich als Veteran schnell zurechtfindet, aber auch Neueinsteiger sollten keine Probleme mit der griffigen und übersichtlichen Steuerung haben. Schön ist hier, dass sich die erklärenden Kommentare inzwischen überspringen lassen, wodurch wir nicht mehr warten müssen, bis die Stimme aus dem Off die Erklärung vorgelesen hat. Stattdessen können wir einfach die Textbox lesen und direkt mit der Trainingssession fortfahren, was immens Zeit spart. Auch auffällig ist, dass immer dann, wenn wir einen Befehl an ein Teammitglied übermitteln, unser Fahrer nun eine Handbewegung zum Mikrofon am Trikot ausführt, was das Ganze nochmal realistischer erscheinen lässt.

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Nach Abschluss des Trainings können wir über den "Rennen"-Reiter im Hauptmenü ohne Umschweife eines der vorgefertigten Etappenrennen oder einen Klassiker unserer Wahl bestreiten - ohne weitere Verpflichtungen. Neben der originalen Strecke der Tour de France 2024, des Critérium du Dauphiné und von Paris-Nizza warten mit Lüttich-Bastogne-Lüttich, Paris-Roubaix und dem Vlaanderen Classic drei typische Frühjahrsklassiker mit echter Lizenz auf uns. Aufgefüllt wird der Rennkalender wie gehabt durch Fantasierundfahrten wie die Euro Tour oder die Open Tour sowie durch von echten Rennen inspirierte Eintagesherausforderungen wie die Primavera Classica, die unverkennbar Mailand-San Remo darstellen soll. Mit San Sebastian, Honley, Como und Vejle warten außerdem mehrere ehemalige WM-Strecken auf unsere virtuellen Fahrer. Bei den offiziellen Lizenzen hat sich mit Blick auf die Strecken also mal wieder nichts getan, Vuelta und Giro bleiben also leider weiterhin Wunschdenken, ebenso wie kleinere Original-Rundfahrten wie zum Beispiel die UAE Tour oder die Tour Down Under. Des Weiteren ist es auch wieder möglich, eine individuelle Tour aus allen verfügbaren Etappen der anderen Rennen zusammenzustellen. Hier legen wir im Vorfeld alle wichtigen Details fest, von Schwierigkeit, über Regelwerk und Trikotsatz, bis hin zum Umgang mit Stürzen oder der Teamgröße der teilnehmenden Mannschaften. Über einen übersichtlichen Kalender fügen wir im nächsten Schritt alle gewünschten Strecken ein und ergänzen bei Bedarf außerdem noch bis zu drei Ruhetage, bevor wir entscheiden, welche Teams am Rennen teilnehmen sollen. Auf diese Weise entstehen schnell und einfach personalisierte Eintagesherausforderungen, kurze Rundfahrten oder auch dreiwöchige Grand Tours, die wir mit unserem favorisierten Team in Angriff nehmen können.

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Richtig etwas getan hat sich im in der jüngeren Vergangenheit etwas vernachlässigten Mehrspieler-Modus. Nachdem dieser vor zwei Jahren quasi gänzlich gestrichen wurde und im letzten Jahr zumindest als Ranglisten-Herausforderung zurückkehrte, die im Übrigen auch dieses Jahr wieder mit dabei ist, dürfen wir im Rahmen des neuen Online-Modus' "Kriterium" endlich wieder live gegen bis zu fünf andere Mitspieler antreten - PS Plus vorausgesetzt. Hier erwarten uns kürzere Rennen von unter 50 Kilometern Länge, die wir mit unserem aus maximal zwei Fahrern bestehenden Team bestreiten. Insgesamt dürfen wir uns vier verschiedene Zweierteams aus den verfügbaren Fahrern zusammenstellen, und zwar mit den Schwerpunkten Flach, Hügel, Berg und Vielseitig. Um für faire Bedingungen zu sorgen, werden die jeweiligen Fahrer von ihren Werten her auf der Strecke gleichgeschaltet, sodass im Prinzip alle Bergfahrer, Sprinter oder Puncheure gleich stark sind und es letztlich auf unsere Taktik im Rennen ankommt. Schön ist, dass vor dem Start jedes Rennens zufällig eines unserer vier Zweierteams ausgewählt wird, sodass es passieren kann, dass wir beispielsweise mit einem Sprinterteam einen großen Anstieg bewältigen müssen. Dadurch werden wir immer wieder vor neue Herausforderungen gestellt, ebenso wie durch die Tatsache, dass sich die Rahmenbedingungen dank verschiedener zufälliger Ereignisse ändern können. So ist es beispielsweise möglich, dass für ein Rennen keine Verpflegung vorhanden ist oder wir nur einen statt zwei Fahrern zur Verfügung haben. Wer die ganz großen Namen in seinem Team haben oder in den schicken Trikots der Top-Mannschaften unterwegs sein möchte, muss durch gefahrene Kilometer und erreichte Platzierungen, die miteinander multipliziert werden, Punkte sammeln, wodurch hier auch für eine gute Motivation gesorgt ist.

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Zusammen mit den bereits erwähnten Ranglisten-Herausforderungen, die übrigens auch ohne PS-Plus-Abo gespielt werden können, liefert Tour de France 2024 endlich einen Multiplayer-Modus, der den Namen verdient. Bei den Ranglisten-Challenges geht es wiederum darum, in vorgegebenen Rennen bestmögliche Platzierungen zu erreichen oder auf Abfahrten möglichst gute Zeiten einzufahren, um Punkte für die aktuelle Bestenliste des entsprechenden zeitlich begrenzten Rennens oder auch für die Monats- und Jahreswertungen zu sammeln. Hier fahren wir also, im Gegensatz zum Kriterium-Modus, nur indirekt gegen andere Spieler und können uns anhand der erlangten Highscores miteinander vergleichen. Beide Mehrspieler-Varianten werden im Hauptmenü unter der Kategorie "Club Tour" zusammengefasst, wo wir anhand eines übersichtlichen Zeitplans auch über künftige Herausforderungen und Events informiert werden.

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Zwei Karrieren mit einer wichtigen Neuerung

Ein Hauptelement der "Tour de France"-Reihe ist der Karrieremodus, der sowohl mit einem kompletten Team (Profiteam-Modus) als auch mit einem einzelnen Fahrer (Pro-Kapitän-Modus) angegangen werden kann. Bei beiden Varianten gibt es in diesem Jahr eine signifikante Änderung, denn bisher war es nur möglich, mit einem selbst erstellten Team gegen die Großen anzutreten und sich dabei Schritt für Schritt nach oben zu arbeiten. In diesem Jahr ist es hingegen endlich möglich, die Kontrolle über eines der Profi-Teams und dessen Fahrer zu übernehmen, was bisher lediglich im "Rennen"-Spielmodus realisierbar war. So dürfen wir nun endlich mit einem offiziell lizenzierten Team an den Start gehen und uns durch die Saison arbeiten. Bevor es soweit ist, legen wir aber in beiden Modi noch die Rahmenbedingungen fest, zum Beispiel, ob Stürze auch Verletzungen verursachen können, ob es kurze oder lange Erkrankungen und Aufgaben während des Rennens gibt oder auch, ob Vorbereitungen simuliert werden sollen, die Einfluss auf Leistung und Kondition der Fahrer vor dem jeweiligen Rennen haben. Bei den Teams stehen uns insgesamt 35 Original-Mannschaften zur Auswahl, darunter das deutsche Bora-hansgrohe-Team mit dem neuen Kapitän Primoz Roglic, UAE Team Emirates um Superstar Tadej Pogacar, das Team Visma - Lease a Bike des zweimalige Tour-Siegers Jonas Vingegaard oder auch die britische Traditionsmannschaft INEOS Grenadiers mit Geraint Thomas und Egan Bernal.

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Im Gegensatz zum klassischen Spielmodus mit einem selbst erstellten Team, was im Übrigen auch weiterhin möglich ist, sind wir mit einem Profiteam sofort für alle großen Rennen qualifiziert und müssen uns nicht erst mühsam in der Rangliste nach oben arbeiten. Anders als im Profiteam-Modus, wo wir alle vorhandenen Profis gleichermaßen steuern dürfen, übernehmen wir im Pro-Kapitän-Modus weiterhin die Kontrolle über einen selbst erstellten Fahrer, der nun aber, anders als früher, auch einem Profiteam zugeordnet werden kann. Mit ihm konzentrieren wir uns, wie auch in den vergangenen Jahren, darauf, die gestellten Herausforderungen zu erfüllen, um ihn in den unterschiedlichen Fähigkeitsbereichen wie Antritt, Berg, Ausdauer, Beweglichkeit oder Regeneration Schritt für Schritt zu verbessern. Die gestellten Aufgaben reichen hierbei vom schlichten Beenden bestimmter Etappentypen, über Siege in vorgegebenen Rennen oder Wertungen bis hin zu Ausreißversuchen, die eine bestimmte Dauer haben müssen, um entsprechend gewertet zu werden. So lässt sich sagen, dass bei den Karrieren im Prinzip alles beim Alten bleibt bis auf eben diesen einen großen neuen Aspekt - und der ändert nunmal schlichtweg alles, denn eine Karriere mit einem Profiteam bestreiten zu können, war längst überfällig und lässt uns die beiden Hauptmodi der Sportsimulation noch einmal ganz anders erleben.

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Stimmungsvolle Rennen mit kleineren Optimierungen

Die Präsentation auf der Strecke kann sich, wie auch in den letzten Ausgaben, wirklich sehen lassen. Egal, ob es um die abwechslungsreichen Landschaften, um tolle Lichteinfälle oder um den inzwischen sehr detailliert ausgearbeiteten Hintergrund geht, der mit beweglichen Objekten wie Windrädern noch etwas realer wird - stimmungsmäßig macht Tour de France 2024 eine sehr gute Figur. Auch die Zuschauer am Streckenrand, die eine gute Palette an Bewegungsmustern erkennen lassen und in den Ballungsgebieten zu Beginn oder am Ende der Rennen auch akustisch sehr präsent sind, sind gut getroffen und sorgen für eine lebendige Kulisse. Eine Sache, die wir bereits seit Jahren bemängeln, ist auch im aktuellen Ableger wieder mit dabei, nämlich die komplett identischen Fahrergesichter, was gerade beim Start einer Etappe massiv auffällt, wenn einen hunderte komplett gleich aussehende Visagen anstarren. Warum dieses aus unserer Sicht wirklich störende Detail nicht endlich aus dem Spiel verbannt wird, wird wohl auf ewig ein Geheimnis der Entwickler bleiben - bei den Zuschauern klappt es mit den unterschiedlichen Gesichtern ja schließlich auch. Ebenfalls etwas schade ist die noch immer kaum genutzte Vibration, was gerade auf der PS5 mit den zahlreichen Möglichkeiten des DualSense verschenktes Potenzial ist. Wie cool wäre es, wenn man anhand der Vibrationen selbst feine Veränderungen auf der Straße spüren könnte? Dies würde dem Spiel gerade aus der optionalen Egoperspektive heraus eine ganz neue Tiefe verleihen. Immerhin kommt die Vibration inzwischen überhaupt an einigen sehr unwegen Stellen zum Einsatz. Im Spielverlauf selbst hat sich auf der Straße hingegen wenig verändert, zwei kleinen Dinge möchten wir dennoch herausstellen: So bleiben gestürzte Fahrer nun länger am Boden, wenn es sich um einen schweren Sturz gehandelt hat. Außerdem senden die Leader der Teams im Rennverlauf nun auch Teamkollegen nach vorne, damit diese später als Relaisstation agieren und in der finalen Phase des Rennens den Kapitän beschützen können. Diese beiden kleinen Optimierungen helfen in jedem Fall dabei, das Renngeschehen noch ein wenig echter zu gestalten.

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Fazit:

Bei jährlich erscheinenden Sportsimulationen stellt sich für Fans natürlich immer die Frage, ob sich eine Anschaffung lohnt, wenn man den Vorgänger besitzt. Im Falle von Tour de France 2024 kann ich diese Frage auf jeden Fall mit Ja beantworten, denn die Anpassungen in diesem Jahr sorgen an essenziellen Stellen für ein deutlich verbessertes Spielerlebnis. So ist es für mich vor allem die Möglichkeit, nun endlich eine Karriere mit Profiteams absolvieren zu können, bei der man sich nicht erst mühsam für alle großen Rennen qualifizieren muss und erst Schritt für Schritt bessere Fahrer verpflichten kann, ein immenser Schritt nach vorne. Ja, es gibt noch immer keinen wirklichen Rahmen für die mit Ausnahme der Ansagen des Teamchefs gänzlich menübasierte Karriere, dennoch ist die Chance, mit den großen Namen auf die Strecke zu gehen, für alle Radsportfans eine tolle Sache. Hinzu kommt der sehr schön umgesetzte, motivierende neue Multiplayer-Modus "Kriterium", der einmal mehr deutlich macht, wie sehr ein solcher kompetitiver Online-Modus in der Vergangenheit gefehlt hat. Alte Mankos wie die Einheitsgesichter, die wenigen Streckenlizenzen oder die sehr jungfräulich behandelte Controllervibration bleiben zwar im Spiel, da die Verbesserungen in diesem Jahr aber deutlich überwiegen, ist Tour de France 2024 für mich der beste Ableger seit langer Zeit.

Pro:
  • Solides Grundgerüst des letzten Jahres bleibt
  • Teamkarriere und Pro Kapitän Modus können nun mit Profirennställen bestritten werden
  • Neuer Online-Modus "Kriterium" bietet kompetitive Rennen und motivierendes Punktesystem
  • Stimmungsvolle Strecken, auch abseits des Asphalts
  • Mehr lizenzierte Teams mit dabei
Contra:
  • Kein Profifahrer in der Pro Kapitän Karriere nutzbar
  • Vibration noch immer sehr dezent eingesetzt
  • Einheitliche Gesichter auf der Strecke bleiben
  • Nach wie vor kein wirklicher Rahmen für die Karriere
Gameplay:
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Grafik:
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Sound:
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Atmosphäre:
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Unsere Wertung: 8.5 / 10
Spiel getestet auf: PS5
Daniel Walter

Daniel Walter

Ein begeisterter Konsolenspieler mit einem breit gefächerten Interessengebiet. Neben Shooter-Serien wie Battlefield oder Call of Duty gehören auch Action-Adventures wie klassische Assassin's Creeds, die Batman-Arkham-Reihe oder The Last of Us Part 1/2 zu den bevorzugten Titeln. Hinzu kommen Survival-Games wie ARK, Horror-Klassiker a la Resident Evil sowie Open-World-Abenteuer im Stile von Far Cry oder Red Dead Redemption. Sport-Franchises wie FIFA oder Tour de France erweitern das Interessenfeld, ebenso wie sämtliche Titel aus dem Star-Wars-Universum.

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