

TRON: Catalyst im Test: Willkommen zurück auf dem Raster, Programm
In TRON: Catalyst verschlägt es uns Spieler einmal mehr in die digitale Welt innerhalb eines Computers. Disneys TRON-Franchise kann dabei auf eine sehr lange Geschichte zurückblicken, beginnend mit dem Kultfilm aus dem Jahr 1982, der Fortsetzung TRON: Legacy von 2010 und dem kommenden Spielfilm TRON: Ares, der den dritten Teil der Reihe darstellt. Und natürlich bietet sich die Welt der Programme, in der TRON spielt, doch hervorragend für Videospiele an.
Als bisher letzten Streich ist die Visual Novel TRON: Identity zu nennen, welche 2023 erschien. Das nun veröffentlichte TRON: Catalyst ist dabei eine direkte Fortsetzung aus dem gleichen Haus, soll aber auch für sich allein gut funktionieren und setzt auf einen Mix aus Storytelling und Actioneinlagen. Wir haben für euch die Lichtrenner abgestaubt, den Diskus poliert und uns für unseren umfangreichen Test direkt in die gefährliche Arena gestürzt. Also: Ladet euren Diskus, Programme!
Immer diese Politik
Das grundlegende Szenario von TRON beschäftigt sich seit jeher mit der spannenden Frage, wie es innerhalb der digitalen Welt eines Computersystems aussieht. Hierbei bedient man sich einem sehr düsteren Cyberlook, in dem die Datenströme wie Autobahnen gestaltet sind. Die zahlreichen Programme werden als humanoide Wesen dargestellt, die allesamt einen bestimmten Daseinszweck erfüllen, aber eben auch ein eigenes Bewusstsein haben.
Bereits seit dem ersten Film von 1982 sowie den folgenden Werken wurden dabei immer wieder Themen wie Kontrolle, Unterdrückung in einem totalitären System und sogar Rassismus aufgegriffen. Gegenspieler wie das Master-Kontroll-Programm oder Flynn-Klon CLU schrecken auf ihrer Mission, das scheinbar perfekte System zu erschaffen, vor nichts zurück.
Gewohnt politisch geht es also auch in TRON: Catalyst zu. Unsere Hauptfigur, das Kurierprogramm Exo, beschäftigt sich gerade mit einigen Auslieferungen, als eines ihrer Pakete immer stärker anfängt zu blinken. Überraschenderweise handelt es sich dabei um einen Sprengsatz, welcher prompt detoniert und Exo direkt beschädigt. Kaum wieder auf den Beinen, wird sie bereits vom zwielichtigen Conn in die Mangel genommen. Conn ist ein Untergebener der aktuell herrschenden Fraktion Core, die das Raster, so der Name der Spielwelt in TRON, weitestgehend unter ihrer Kontrolle hat.
Für die maximal verwirrte Exo, die wohl völlig ohne eigenes Zutun in diese Situation geraten ist, steht recht schnell fest, dass sie aus der Gefangenschaft ausbrechen muss, um zu überleben. Denn unerwünschte Programme, die offensichtlich in der Gesellschaft fehl am Platz sind, finden nur allzu gerne ein brutales Ende in den tödlichen Kämpfen innerhalb einer Arena, natürlich zur allgemeinen Belustigung der Zuschauer.
Wie gut, dass Exo über eine besondere Gabe verfügt, nämlich die des Glitches. Mit dieser Hilfe kann Exo die Zeit zurückdrehen und so bereits begangene Fehler vermeiden. Dabei behält sie sowohl ihre eigenen Erinnerungen als auch alle Daten, die auf ihrem Diskus hinterlegt sind, quasi das Speichermedium der Programme. Einmal erhaltene Zugangscodes bleiben somit nach der Rückreise für Exo gültig, wodurch sich recht schnell neue Wege und vor allem Abkürzungen eröffnen. Nun gilt es also für Exo, der Gefangenschaft und der Arena zu entkommen und in einer Welt voller verfeindeter Fraktionen ihren Weg zu finden.
Zurück in die Vergangenheit
TRON: Catalyst bietet eine durchaus spannende Ausgangslage, zumal durch die Funktion des Glitches ein interessantes Element hinzukommt. Dank eines nützlichen Ingame-Verzeichnisses lassen sich die wichtigsten Begriffe wie die Namen und Motive der Fraktionen oder die Hintergrundgeschichte einzelner Charaktere nachlesen, so dass sich in Summe ein rundes Bild ergibt und man als Spieler an der Stelle gut abgeholt wird.
Immer wieder geraten wir als Exo in Situationen, in denen wir mit einzelnen Gruppierungen wie Core, Automata oder Reset in Kontakt treten und beispielsweise Aufgaben lösen müssen, um voranzukommen. Definitiv wichtig ist hierbei die Rückspulfunktion. So erhalten wir etwa die Information, dass sich ein bestimmter Charakter, der uns weiterhelfen kann, auf der Tribüne der Arena befindet. Treffen wir dort ein, ist der gute Knabe jedoch bereits weitergezogen. Also spulen wir die Zeit einfach zurück, sparen uns einige Dialoge und nutzen im Vorfeld entdeckte Abkürzungen, um schneller unseren Weg auf die Tribüne zu finden, so dass der Kontakt doch noch ermöglicht wird.
Diese Art der Spielgestaltung findet sich immer wieder im Laufe der Geschichte, sei es, um Personen abzufangen oder aber unseren Fahndungslevel zu senken und somit Zugang zu neuen Bereichen zu erhalten. Dabei gibt uns das Spiel dankenswerterweise den Hinweis, dass wir mit unserem aktuellen Storyfortschritt so nicht mehr weiterkommen und nun den Glitch nutzen müssen. Außerhalb dieser Hinweise hilft uns ein obligatorischer Wegweiser, unser nächstes Missionsziel nicht aus den Augen zu verlieren. Die Wegfindung funktioniert dabei sehr gut, so dass wir uns selbst in den etwas größeren, offenen Gebieten nicht verlaufen. Praktisch unterstützt werden wir dabei noch von der Ingame-Karte, die uns stets sehr gute Dienste leistet und eine gelungene Übersicht über den aktuellen Level bietet.
Utopie und Neonglanz
Den mittlerweile geradezu ikonischen TRON-Look fängt TRON: Catalyst in Summe sehr gut ein. Das komplette Spiel wird dabei aus einer isometrischen Kameraperspektive präsentiert, die recht weit von unserer Spielfigur entfernt ist. Dadurch haben wir stets den Überblick über unsere Umgebung und genießen die toll gestaltete Cyberwelt mit all ihren farbigen Akzenten, die in Neonoptik erstrahlen. Oftmals ergeben sich aufgrund des recht hohen Kamerawinkels wirklich schöne Panoramen, die sehr gut zur Atmosphäre beitragen.
Beschäftigen wir uns einmal etwas näher mit der Umgebung, so fallen jedoch viele sich wiederholende Elemente auf. Prinzipiell ist die Welt von TRON natürlich aufgeräumt, kühl und leer, und kein Saustall voller unterschiedlicher, wirr platzierter Objekte am Wegesrand. Ein wenig mehr Abwechslung hätte der Spielwelt aber definitiv gutgetan, um nicht zu gleichförmig zu wirken. Exemplarisch seien hier die zahlreichen gegnerischen Panzer an den Straßensperren genannt, die ihren Turm immer auf exakt die gleiche Art gedreht halten.
Recht gleichförmig präsentiert sich der Soundtrack, der mit tollen Cyberpunk-Klängen gut zur Atmosphäre beiträgt, ohne sich zu sehr in den Vordergrund zu drängen. Die Musikuntermalung passt wirklich einwandfrei und steigert die Stimmung in der Spielwelt. Die englischen Sprecher, die während der zahlreichen Standbild-Zwischensequenzen den Figuren ihre Stimme leihen, machen ihre Sache soweit ordentlich. Sämtliche Ingame-Dialoge abseits der Cutscenes sind jedoch nicht vertont, so dass wir um geduldiges Lesen nicht herumkommen. Da gefühlt jeder Charakter in TRON: Catalyst etwas zu sagen hat, verbringen wir also einen nicht unerheblichen Teil des Spiels mit Lesen.
Die Dialoge an sich bringen uns manchmal nützliche Informationen für den Spielfortschritt, dienen oft aber auch nur der Immersion, da uns die Sorgen und Probleme der unterschiedlichen Programme nähergebracht werden. Oftmals haben wir zudem verschiedene Dialogoptionen, um die Gespräche anders zu gestalten.
Ende der Kommunikation
Auch wenn die grundsätzliche Geschichte von TRON: Catalyst durchaus ihre Spannungsmomente hat, so ist sie doch gleichzeitig leider das größte Manko des Spiels. Zum einen bleiben die Charaktere, allen voran Hauptfigur Exo, letztlich sehr blass, so dass man sich kaum mit ihnen identifizieren kann. Obwohl die für die Story wichtigen Charaktere eigene Artworks spendiert bekommen haben, gestalten sie sich letztlich austauschbar und uninteressant. Typische Klischees wie der verschlagene Freigeist, der von Ehrgeiz zerfressene und zu allem fähige Kontrahent oder der geheimnisvolle, brummelnde Fremde, der uns abweist, um uns dann doch zu helfen, werden bedient und machen das Geschehen insgesamt austauschbar.
Zum anderen wird die Geschichte selbst sehr zähflüssig präsentiert. Dabei stechen die Dialoge in den Zwischensequenzen noch etwas heraus, doch auch hier stellt sich nicht so wirklich ein Spannungsbogen ein. Wichtige Teile wie beispielsweise der Verrat einer Figur nehmen wir somit nur mit einem Schulterzucken hin, da die emotionale Wucht völlig ausbleibt. Natürlich fehlen bei einem Spiel, welches seine Dialoge hauptsächlich über Standbilder präsentiert, die Elemente einer richtigen Action-Zwischensequenz. Dass spannendes Storytelling auf diese Weise dennoch funktioniert, zeigen allerdings diverse japanische Visual Novels zu Genüge.
Nicht wirklich gelungen ist der grundsätzliche Aufbau vieler Missionen. Prinzipiell laufen diese nämlich ebenfalls nach einem bestimmten, wohlbekannten Schema ab. Wir führen einen Dialog, werden zu einem anderen Ort oder Charakter geschickt, reden dort weiter, nehmen etwas auf, müssen vielleicht noch einen Umweg in Kauf nehmen, und dann geht es wieder zurück zum Auftraggeber. Wir erhalten zwar recht früh im Spiel unseren Lichtrenner, mit dem wir schnell größere Entfernungen überbrücken können. Dennoch werden wir das Gefühl nicht los, fast schon willkürlich von A nach B und wieder zurück geschickt zu werden.
Auch die Glitch-Mechanik ist an der Stelle nicht hilfreich, da wir hier oftmals nach einem Reset dieselben Wege noch einmal ablaufen müssen. Das passt zur grundsätzlichen Auslegung dieser Spielmechanik, wäre aber mit etwas Feinschliff vielleicht ein wenig eleganter zu lösen gewesen. Auf die im Spiel gewählte Art jedenfalls wird durch dieses unfreiwillige Backtracking der Effekt des zähen Spielfortschritts weiter verstärkt.
Disc Wars!
Glücklicherweise sind wir allerdings nicht nur einfach so in der Spielwelt unterwegs, um Gespräche zu führen. Wie es sich für TRON gehört, finden zahlreiche Kämpfe im Spiel statt. Dabei werden wir stets mit mehreren Gegnern gleichzeitig konfrontiert, die uns auf unterschiedliche Weise angreifen. Neben den obligatorischen Nahkämpfern und besonders schwer gepanzerten Genossen greifen uns Fernkämpfer durch das Schleudern ihres Diskus oder mit Granaten an.
Exo kann jedoch selbst ebenfalls auf ein Repertoire an Moves zurückgreifen. So attackieren wir Feinde mit einer Schlagkombo, parieren und kontern Angriffe oder werfen unseren Diskus gezielt auf die Gegner. Letztere Mechanik steuert sich dabei fast schon im Stile eines Twin-Stick-Shooters und ist sehr gelungen umgesetzt, zumal wir auch die Umgebung mit einbeziehen können, um den Diskus in den Rücken eines Kontrahenten zu schleudern.
Die Kämpfe gestalten sich spaßig, wurden allerdings sehr rudimentär umgesetzt. Auf den höheren Schwierigkeitsgraden erfordern sie ein klein wenig mehr taktisches Vorgehen, doch das Grundprinzip bleibt immer gleich und verändert sich im Spielverlauf nur unwesentlich. Weniger hilfreich ist zudem, dass aufgrund der recht hohen Kameraperspektive der Gegnertyp nicht immer klar zu erkennen ist. Im Zweifel hilft aber sowieso immer draufzuschlagen.
Ein sehr simpel umgesetztes Upgrade-System ergänzt den Spielfortschritt in TRON: Catalyst. Mit in der Umgebung gesammelten oder durch Spielfortschritt erhaltenen Punkten dürfen wir dabei einige wenige verschiedene Attribute verbessern, beispielsweise die Zeit, die uns zum Parieren eines Angriffs bleibt. Das System unterstützt das Gameplay sinnvoll, hätte jedoch durchaus noch etwas mehr Tiefgang vertragen können.
Letztlich gestalten sich die Kämpfe ähnlich zäh wie der Storyfortschritt. Das sehr simple Upgrade-System und die wenigen Attacken, die wir in den Auseinandersetzungen einsetzen dürfen, ändern sich im Spielverlauf kaum, so dass sich hier kein Gefühl einer Progression einstellt. Dadurch wird die grundsätzliche Spielerfahrung sehr gleichförmig, ohne mit richtigen Highlights glänzen zu können.
Zusätzlich zum langatmigen Spielverlauf gesellen sich auch noch ein paar Bugs hinzu, die wir so auf dem Raster nicht gern gesehen haben. Das konsequente Ignorieren des scharfen S (ß) in der deutschen Übersetzung ist dabei noch ein vermeidbarer Schönheitsfehler. Schlimmer wurden jedoch zwei Stellen. In der einen Passage setzte mit jeder unserer Bewegungen ein Dialog erneut ein, so dass wir hier bereits um unseren Spielfortschritt fürchteten. Deutlich schwerwiegender war dann ein Bug, der uns später in der Tat komplett am Weiterkommen hinderte. Aufgrund des automatischen Speichersystems war somit ein völliger Neustart angesagt, der uns gut zweieinhalb Spielstunden gekostet hat. Ein absolutes Ärgernis, das bitte nicht vorkommen sollte.
Fazit
Mit TRON: Catalyst erhält die kultige Disney-Lizenz endlich mal wieder einen Videospielableger, der sich beim Szenario ja schon förmlich aufdrängt. Das Spiel setzt die Welt dabei vor allem optisch und akustisch sehr gut um, so dass die Lizenz an der Stelle sehr gut verwendet wird. Doch abseits der schönen Fassade kann TRON: Catalyst leider nicht so ganz überzeugen. Da wäre zum einen die sehr zähe Erzählweise der Geschichte zu nennen, die einfach keine wirkliche Spannung aufkommen lässt. Generische Charaktere ohne wirkliche Alleinstellungsmerkmale tragen das ihre dazu bei, dass man sich mit der Story nicht so wirklich identifizieren kann.
Zum anderen weiß das grundsätzliche Gameplay nicht zu zünden. Der Mix aus Erkundung und Kämpfen macht zwar prinzipiell Spaß, doch fallen alle Komponenten letztlich sehr oberflächlich aus. Sowohl das Kampf- als auch das Upgrade-System bieten kaum Tiefgang, so dass sich die Passagen abseits der Dialoge ebenso zäh anfühlen wie der Storyfortschritt. Auf den ersten Blick kann TRON: Catalyst also durchaus mit der typischen TRON-Optik und Atmosphäre glänzen, scheitert aber an den eigentlich für ein Spiel dieses Genres wichtigen Stellen. Zudem trüben einige schwerwiegende Bugs das Geschehen. Als bekennender TRON-Fanboy kann ich also leider nur sagen: Schade, hier wäre sicherlich mehr drin gewesen.
- Stimmungsvoll gestaltete Spielwelt
- Isometrische Perspektive erlaubt schöne Panoramen
- Spannende Glitch-Mechanik
- Eingängiges Kampfsystem
- Teils Open-World-Anleihen
- Diverse Referenzen zum TRON-Universum
- Guter Soundtrack trägt zur Atmosphäre bei
- Viel Copy & Paste in der Spielwelt
- Geschichte wird recht trocken erzählt
- Sehr viele nicht vertonte Dialoge
- Kampf- und Upgrade-System letztlich zu simpel
- Spielfortschritt fühlt sich generell zäh an
- Einige Bugs, die das Vorankommen blockieren können

Seit dem ersten Gameboy begeisterter Konsolenzocker. Neben Rennspielen, Action-Adventures und JRPGs sind auch Indie-Perlen gerne im Laufwerk gesehen. Zu den Lieblingsspielen gehören GTA Vice City, Metal Gear Solid, Overboard, Ys VIII, die Uncharted- und Forza-Horizon-Reihe sowie Gran Turismo 7.