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Review

Biomutant im Test: Das etwas andere Open-World-Spiel

Von Daniel Walter am 10. Juni 2021. Getestet auf Xbox Series S/X. Zum Spiel hier klicken.

Mit Biomutant hält das schwedische Studio Experiment 101 eine Open-World der etwas anderen Art für uns bereit. Ob das Kung-Fu-Abenteuer mit tierischer Hauptrolle im Test überzeugen konnte, verraten wir euch hier.

Der Weltuntergang steht bevor

Biomutant wählt ein postapokalyptisches Setting, bei dem ein gigantischer Konzern mit gefährlichen Experimenten erheblichen Schaden an der Natur angerichtet hat, was allerlei Mutationen zur Folge hatte. Der Weltenbaum wird von vier gefährlichen Weltenfressern bedroht, denen wir in Gestalt eines niedlichen Waschbärs den Kampf ansagen. Bevor es soweit ist, passen wir den tapferen Fellhelden aber erst einmal an unsere Bedürfnisse an. Neben der Musterung und Fellfarbe bestimmen wir außerdem die Klasse und die Spezies des ungewöhnlichen Helden. Die Klassen reichen vom flinken Saboteur über den Psi-Freak mit psionischen Kräften bis hin zum Scharfschützen.  Darüber hinaus verfügt der Vierbeiner über Resistenzen gegenüber äußeren Einflüssen wie Hitze, Kälte oder Radioaktivität, die ihm in den unterschiedlichen Biomen der Spielwelt einen Vorteil bescheren. Im letzten Schritt vor dem Start verteilen wir einige Fähigkeitspunkte des Helden auf die verfügbaren Kategorien, die von Stärke, über Ausdauer bis hin zu Schnelligkeit oder Intelligenz reichen. Diese helfen uns beim Kämpfen und Fortbewegen, bieten aber auch zusätzliche Optionen in den Dialogen.

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Die Reise beginnt

Sieht unser Protagonist endlich so aus, wie wir es uns vorgestellt haben, beginnt die Reise in der grünen überwucherten Spielwelt, indem uns direkt die Grundlagen des gelungenen Kampfsystems vermittelt werden. Dieses setzt sich aus unterschiedlichen Komponenten zusammen und ist dadurch überraschend abwechslungsreich und individuell. Neben klassischen Nahkampfangriffen und einem Block- und Kontersystem im Stile der Arkham-Reihe stehen uns auch Fernwaffen wie experimentelle Pistolen, Boomerangs oder andere ungewöhnliche Schießeisen zur Verfügung, die wir mithilfe des dauerhaft sichtbaren, aber insgesamt sehr dezenten Zielpunktes in der Mitte des Bildschirms ausrichten. Das schnelle Kombinieren von Nah- und Fernangriffen, sowie der Einsatz von Ausweich-, Sprung- und Blockbewegungen sorgen für ein flinkes und rundum unterhaltsames Kampfsystem, das zu den größten Stärken des Titels zählt. Weiterhin kann unser Kämpfer aktive und passive Fähigkeiten nutzen. Hierzu gehören neben passiven Talenten, die beispielsweise die Trefferchance erhöhen, auch aktive Fähigkeiten. Hier gibt es einerseits biogenetische Fähigkeiten, die sich im klassischen RPG-Stil einsetzen lassen, sowie Wung-Fu-Spezialangriffe, die durch spezielle Tastenkombos ausgeführt werden.

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Eine bunte, einladende und äußerst liebevoll gestaltete Welt

Die offene Welt von Biomutant, die sich nach einer recht ausführlichen Einleitung von uns erkunden lässt, ist der zweite große Pluspunkt des Spiels. Hier warten unterschiedliche Biome auf uns, die mit individuellen Herausforderungen daherkommen. Hierzu zählen Kälte und Hitze oder auch eine tödliche Radioaktivität, die uns die sogenannte Todeszone nur Schritt für Schritt erkunden lässt, indem wir uns zwischendurch in geschlossenen Räumen erholen. Auch wenn die offene Welt jetzt nicht gerade mit immenser Größe auffällt, kann sie in Sachen Atmosphäre wirklich punkten. Egal, ob es um die beschaulichen Dörfer, um überwucherte Bunker oder saftig-grüne Graslandschaften geht, es macht schlicht und einfach Spaß sich in der detailliert gestalteten Welt zu bewegen. Dies ist entweder zu Fuß oder auch auf dem Rücken eines zuvor gezähmten Reittiers möglich. Für Loot-Sammler gibt es ebenfalls einiges zu entdecken, von Heilmitteln bis zu Erweiterungen für die eigene Waffe. Ja, es sind vielleicht hier und da ein paar Hochzeiten zu viel, auf denen Biomutant tanzen möchte, sodass einige Elemente ein bisschen blass ausfallen. Hierzu zählt zum Beispiel das Zähmen erwähnter Reittiere, was durch das Einsammeln eines bestimmten Nahrungsmittels mit einem simplen Knopfdruck möglich ist. Hier wäre ein kleines Quicktime-Event vielleicht die bessere Wahl gewesen, um eine gewisse Herausforderung zu schaffen. Auch das Balancieren über Seile und Balken, das etwas uninspiriert wirkt, oder das Lösen von Rätseln, das sich weitestgehend auf einfache Schaltkreiskombinationen beschränkt, hätten etwas mehr Feingefühl vertragen können. Gerade die Rätsel sind wirklich so einfach, dass man sie quasi überhaupt nicht vergeigen kann, außer, man dreht den Schalter versehentlich einmal in die falsche Richtung und benötigt dadurch mehr als die zur Verfügung stehenden Versuche.

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Der Alltag eines Waschbärs

Unser Vierbeiner sieht sich im Spielverlauf zahlreichen Aufgaben und Herausforderungen gegenüber, die hier und da schon etwas skurril ausfallen. So entscheiden wir durch unsere Dialogoptionen und Taten zum Beispiel jederzeit, ob wir eher auf der hellen oder der dunklen Seite stehen. Je nachdem, wie unsere aktuelle Gesinnung ist, können wir auch unterschiedliche Fähigkeiten nutzen. Gut und Böse werden dabei übrigens von kleinen Engels- und Teufelsfigürchen verkörpert, die sich regelmäßig prügeln, wenn wir unsere Entscheidungen getroffen haben. Ein weiteres Feature ist der Kampf unterschiedlicher Stämme, die über die gesamte Karte verteilt sind. Hier können wir uns beteiligen, indem wir Außenposten einnehmen und damit für die Interessen einzelner Stämme eintreten. Tun wir dies, erhalten wir beispielsweise stammesspezifische Waffen. Im Spielverlauf bekommen wir es außerdem mit vier mächtigen Weltenfressern zu tun, die als Endboss in vier unterschiedlichen Regionen der Spielwelt fungieren. Um sie besiegen zu können, müssen wir zunächst eine entsprechende Waffe freischalten, um für den Kampf gerüstet zu sein. Vor dem ersten Weltenfresser, der auf den prägnanten Namen Jumboknäuel hört, wartet beispielsweise eine Sammelaufgabe auf uns, in der wir die Einzelteile eines Mech-Anzugs aufspüren müssen, mit dem wir dir Todeszone durchdringen und den Bosskampf bewältigen können. Der erste Bossgegner ist auch gleich ein gutes Beispiel für den speziellen aber durchaus unterhaltsamen Humor, den Biomutant an den Tag legt. Während wir im ersten Teil des Kampfes einfach mit dem Mech auf das Jumboknäuel schießen sowie seinen Angriffen ausweichen müssen, werden wir früher oder später von ihm gefressen. Was dann folgt, hätten wir nicht unbedingt erwartet, (KLEINER SPOILER) denn wir schwimmen anschließend durch die Magensäfte und klettern durch die Gedärme des Monsters, um es letztlich auszuschalten.

Das Freischalten der Wegpunkte für die Schnellreise geht übrigens in eine ähnliche Richtung. Hier lässt unser Waschbär nämlich jedes Mal die Hose runter und pinkelt an die Holzpfosten, um dieses künftig als Schnellreiseziel nutzen zu können. Eine gelungene Abwechslung zum gewöhnlichen Waschbär-Alltag sind zudem die kleinen Ausflüge in die Vergangenheit unseres Helden, die uns Einblicke in seine Kindheit bieten und verraten, warum er eigentlich überall auf der Straße erkannt wird.

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Definitiv kein Next-Gen-Titel

Optisch muss man Biomutant etwas differenzierter betrachten. Zwar ist die Spielwelt wirklich sehr atmosphärisch und liebevoll gestaltet, die Grafik weist aber dennoch eine nicht zu leugnende Staubschicht auf. Selbst dann, wenn man berücksichtigt, dass das Open-World-Spiel kein Next-Gen-Titel sein möchte, sind die teils unscharfen Umrisse und groben Texturen auch für eine Xbox-One-Version grenzwertig. Allerdings muss man natürlich auch immer im Hinterkopf behalten, dass Biomutant keine AAA-Produktion ist und daher natürlich auch nicht mit einem Assassin’s Creed oder Horizon Zero Dawn verglichen werden sollte. Für die Größe des Studios wurde hier aber in jedem Fall eine mutige und äußerst stimmungsvolle offene Welt geschaffen, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch abliefern kann. Wenn man sich das großartige Intro anschaut, das mit gestochen scharfer Grafik und beeindruckenden Animationen in das Spiel einführt, ist es aber dennoch etwas schade, dass die Kluft zwischen Sequenz und Spielgrafik hier leider sehr tief ist. Bei der Vertonung wählt Biomutant eine besondere Herangehensweise, denn die unverständlichen Tierlaute werden stets von einem Sprecher aus dem Off übersetzt, der auch die eine oder andere humoristische Anmerkung für uns bereithält. Leider wurde der Einsatz des Sprechers auch auf die Kämpfe ausgeweitet, in denen die Kommentare, die sich zudem sehr oft wiederholen, recht schnell störend wirken.

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Fazit:

Die vernichtenden Kritiken, die Biomutant an vielen Stellen erhalten hat, sind in meinen Augen absolut übertrieben. Hier liefert ein kleines Studio eine ambitionierte, stimmungsvolle offene Welt ab, die liebevolle Charaktere, eine unterhaltsam in Szene gesetzte Geschichte sowie jede Menge Gameplay-Mechaniken für uns bereithält. Ja, nicht jedes Element wurde zu Ende gedacht, wie zum Beispiel das Zähmen der Reittiere oder die oberflächlichen Rätsel. An anderer Stelle, wie beim Kampfsystem, bei den Stammeskämpfen oder auch bei den Gut-/Böse-Optionen in den Dialogen macht das Spiel aber vieles richtig. Darüber hinaus kann man in den heutigen Zeiten gar nicht oft genug auf die Bedeutung von Umweltschutz hinweisen, was Biomutant an unzähligen Stellen tut und damit auch in das Bewusstsein des Spielers rückt. Dass teilweise etwas skurrile Wege eingeschlagen werden, zum Beispiel beim Markieren der Wegpunkte oder auch beim Durchkriechen der Innereien eines Bossgegners, mag nicht jeden Geschmack treffen, andererseits zeigt das Spiel hier aber auch Mut, indem die von zahlreichen AAA-Produktionen festgelegten Wege einfach einmal verlassen werden. Wer ein Open-World-Spiel sucht, bei dem man an allen Ecken und Enden spürt, wie viel Liebe in dem Projekt steckt, und dafür gerade bei Grafik, Spielzeit und Größe der Spielwelt bereit ist, einige Abstriche zu machen, wird mit Sicherheit viel Freude an Biomutant haben – so, wie ich es definitiv auch hatte.

Pro:
  • Liebenswerte Figuren
  • Stimmungsvolle Welt mit mehreren Biomen
  • Überraschend vielseitiges Kampfsystem
  • Viele verschiedene Gameplaymechaniken
  • Besitzt den Mut, bekannte Wege auch mal zu verlassen
  • Umweltschutz im Fokus
Contra:
  • Bei einige Gameplayelementen fehlt der Tiefgang
  • Grafisch nicht auf der Höhe der Zeit
  • Off-Sprecher wirkt in Kämpfen deplatziert
  • Teilweise vielleicht etwas zu skurril
Story:
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Gameplay:
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Grafik:
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Sound:
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Atmosphäre:
5 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Unsere Wertung: 8.0 / 10
Spiel getestet auf: Xbox Series S/X
Daniel Walter

Daniel Walter

Ein begeisterter Konsolenspieler mit einem breit gefächerten Interessengebiet. Neben Shooter-Serien wie Battlefield oder Call of Duty gehören auch Action-Adventures wie klassische Assassin's Creeds, die Batman-Arkham-Reihe oder The Last of Us Part 1/2 zu den bevorzugten Titeln. Hinzu kommen Survival-Games wie ARK, Horror-Klassiker a la Resident Evil sowie Open-World-Abenteuer im Stile von Far Cry oder Red Dead Redemption. Sport-Franchises wie FIFA oder Tour de France erweitern das Interessenfeld, ebenso wie sämtliche Titel aus dem Star-Wars-Universum.

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