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Review

Bomb Rush Cyberfunk im Test: Der langersehnte Nachfolger von Jet Set Radio

Von Nicolas Große am 5. Oktober 2023. Getestet auf PC. Zum Spiel hier klicken.

Sega’s Jet Set Radio ist ein sonderbarer Fall eines Kultklassikers, da es seit seinem Release im Jahre 2000 von einer breiten Masse aus einer Vielzahl von Gründen verehrt wird, die aber nie mit einem bestimmten Aspekt des Spiels zu tun haben: nämlich seinem Gameplay. Das wird Team Reptile, den Entwicklern hinter Lethal League, nicht entgangen sein, denn diese haben mit Bomb Rush Cyberfunk kurzerhand ihren eigenen geistigen Nachfolger zu Jet Set Radio veröffentlicht. Ob der Titel etwas für euch ist, erfahrt ihr in unserem Test.

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Träumen DJ’s von elektrischen Skatern?

Zu Beginn des Spiels finden wir uns in einer Einzelzelle der Polizeistation von New Amsterdam wieder. Wir spielen Faux, einen legendären Writer, der aus unbekannten Gründen festgenommen wurde. Darüber müssen wir uns aber nicht zu lange den Kopf zerbrechen, da wir von einem anderen Writer namens Tryce aus unserer Zelle unter dem Vorwand befreit werden, uns seiner Gang, der “Bombrush Crew” anzuschließen und “All City” zu werden.

Bei unserem Ausbruch aus der Station werden die ersten Rails gegrindet, Wände getaggt und Schellen verteilt, bis Faux und Tryce auf den enigmatischen DJ Cyber treffen, der Faux bei seinem Fluchtversuch einen Kopf kürzer macht.

Sobald wir wieder zu uns kommen, finden wir uns nicht im großen Skater-Himmel, sondern in Tryce’s Hideout wieder. Der hat Faux’ Körper mithilfe seines Crewmitglieds Bell einen neuen Cyberhead organisiert, jedoch sind mit seinem eigenen Kopf auch Faux’ Erinnerungen verloren gegangen. Auf die Vermutung hin, dass sich DJ Cyber diesen Kopf geschnappt hat, beschließt die Bombrush Crew, sich den großen Crews von New Amsterdam zu stellen und sich Faux’ Kopf von DJ Cyber zurückzuholen.

Was wir gleich schonmal sagen können, ist, dass Bomb Rush Cyberfunks Handlung einen nicht unerheblichen Teil des Spiels einnimmt und dabei keine schlechte Figur macht. Und auch, wenn die Handlung dabei nie sonderlich komplex wird, haben uns die Figuren, ihre Motivationen und Plot-Entwicklungen stets gut unterhalten. Dass wir das von einem Arcade-Extreme-Sports-Game über Graffiti sprühende, Jetpack boostende Street Dancer sagen würden, hätten wir nicht wirklich erwartet, heißen diese Entwicklung aber mehr als willkommen.

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Grinds, Graffiti und Gameplay

Mit dem Ziel, “All City” zu werden, müssen wir uns den fünf großen Crews in den jeweiligen Bezirken von New Amsterdam stellen. Unsere Aufgabe ist es, diese Bezirke zu erkunden, gute Spots für unsere Tags zu finden und die Graffitis verfeindeter Crews zu übersprühen. Wenn wir das für eine kleine Weile machen, bauen wir unseren REP-Level genug auf, um eine Möglichkeit zu erhalten, die amtierende Crew und ihre Mitglieder herauszufordern. Diese Herausforderungen können ein Rennen, ein S.K.A.T.E.-artiges Imitieren einer vorgegebenen Kombo-Kette oder das Erreichen einer Punktzahl sein.

Wo wir gerade beim Thema Kombo-Ketten sind: Bomb Rush ist nicht nachtragend, wenn es darum geht, wie sauber wir unsere Tricks landen. Viel wichtiger ist, wie lange wir eine Kombo aufrechterhalten können. Tricks während eines Sprungs, Grinds oder Manuals verschaffen uns Punkte, während Wall Runs und sich bei einem Grind in die Kurve legen für höhere Kombo-Multiplikatoren sorgen. Manuals sind das Bindeglied, um von einer Rail zur nächsten zu gelangen, ohne unsere Kombo zu unterbrechen. So entsteht eine Art von Flow, in dem man sich ein Level Stück für Stück erschließt, Routen für die perfekte Kombo entdeckt und diese mit dem richtigen Fingerspitzengefühl ausführt, was sich, sofern es einem gelingt, verdammt gut anfühlt.

Apropos Level: Die fünf Bezirke von New Amsterdam sind in ihrem Aufbau mal weitläufig, mal vertikal, sodass es in jedem Bezirk eine Menge zu entdecken und erforschen gibt. Während unserer Erkundungstouren finden wir neue Graffiti-Motive, um unser sprühbares Repertoire zu erweitern, neue Songs für den Soundtrack, weitere roll- und fahrbare Untersätze sowie zusätzliche Outfits für alle spielbaren Charaktere. Dadurch gibt uns Bomb Rush Cyberfunk während unserer Zeit in New Amsterdam einiges zu tun, wir können deshalb guten Gewissens sagen, vom Gameplay über die komplette Spielzeit hinweg gut unterhalten worden zu sein, obwohl hier leider auch nicht alles Gold ist, was glänzt.

Im Vergleich zum geistigen Vorbild kann Team Reptile viele Probleme der Vorlage lösen und eine Erfahrung schaffen, die sie in einigen Punkten locker übertrifft, was aber leider beim Kampfsystem nicht geglückt ist. Zwar ist Bomb Rush Cyberfunk auch hier Jet Set Radio einen Schritt voraus, da es überhaupt ein Kampfsystem gibt, mit dem man sich gegen die örtlichen Gesetzeshüter zur Wehr setzen kann — nichtsdestotrotz fühlt es sich aufgrund der rollenden Natur des Spielcharakters “butteriger” an, als uns lieb ist. Den Attacken fehlt es an Wucht, was auch daran liegt, dass es sich bei unseren Angriffen um die gleichen Moves handelt, die auch während unserer Skate-Eskapaden zum Einsatz kommen, weshalb die meisten Kämpfe bei uns in unbedachtes Button-Mashing ausarten. Möglicherweise ist das die Absicht der Entwickler, um die Spieler eher zur Flucht vor den Kämpfen zu motivieren — diese Vermutung reibt sich aber mit Situationen, in denen Bomb Rush Cyberfunk vom Spieler verlangt, alle Gegner in einem Bereich zu besiegen, bevor es weitergeht. Diese Segmente machen nur einen kleinen Teil der Spielzeit aus, weswegen sie unsere durchaus positive Meinung zum Gameplay nicht zu negativ beeinflussen, etwas schade ist es trotzdem.

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Der Style der Straße

Nun zu einer der größten Stärken des Spiels: Seiner Präsentation. Bei der visuellen Sprache von Bomb Rush Cyberfunk geht es nicht um hochauflösende Texturen oder realitätsnahe Gesichtsanimationen, denn die Art und Weise, in der Bomb Rush einfache Formen und durchsetzungsfähige Farben nutzt, spielt in einer ganz eigenen Liga und sucht unter Indie-Titeln wie AAA-Blockbustern seinesgleichen. Die Mischung aus Streetart, illegalem Rollsport, Tanz und elektronischer Musik sorgt für einen unangepassten, geradezu rebellischen Style, den man, abgesehen von Jet Set Radio, in den letzten Jahren vergebens gesucht hat. Da verwundert es auch nicht, dass Hideki Naganuma, seines Zeichens Komponist für Jet Set Radio, seinen Teil zum Soundtrack von Bomb Rush Cyberfunk beigetragen hat. Besonders die Traumsequenzen, die die einzelnen Story-Segmente voneinander trennen und Teile der Level-Architektur von New Amsterdam auf surreale Weise neu anordnen, sind ein echter Augenschmaus. Ebenso positiv ist uns die stabile Performance aufgefallen. Wir können von keinen Abstürzen während unseres Test-Playthroughs berichten, des Weiteren sind die Bildraten auch auf leistungsschwächeren Endgeräten stets hoch geblieben.

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Fazit

Bomb Rush Cyberfunk ist eine Wucht von einem Videospiel. Team Reptile hat sich offensichtlich einige Gedanken darüber gemacht, wie man auf den Stärken der geistigen Vorlage weiter aufbauen kann und hat Lösungen für bestehende Schwächen gefunden, da, abgesehen vom etwas unsauberen Kampfsystem, alles wie aus einem Guss wirkt. Gameplay, Grafik, Musik und das Leveldesign schaffen ein einladendes Fundament, um Spielern alle Mechaniken beizubringen, sodass jeder Spaß beim Erforschen von New Amsterdam haben kann. Ich kann Bomb Rush Cyberfunk allen uneingeschränkt empfehlen, die gerade auf der Suche nach einem stylishen Arcade-Sports-Game sind und vielleicht auch noch ein wenig neues Futter für die Ohren brauchen. Dieses Spiel verdient definitiv eure Aufmerksamkeit.

Pro:
  • Sauberes Gameplay in der Bewegung
  • Unterhaltsame Handlung
  • Einzigartige Optik
  • Großartiger Soundtrack
Contra:
  • Schwammiges Kampfsystem
Story:
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Gameplay:
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Grafik:
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Sound:
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Atmosphäre:
5 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Unsere Wertung: 8.0 / 10
Spiel getestet auf: PC
Nicolas Große

Nicolas Große

Nic wurde in seiner frühen Jugend auf den Dopaminkick gefixt, den eine neue mediale Erfahrung mit sich bringt. Um diese Sucht zu befriedigen, sucht er im Bereich der Videospiele das Ungewöhnliche, Exzentrische und Abgehobene. Zu seinen Lieblingen zählen die Metal Gear Solid - Serie, Max Payne 3, Mirrors Edge, Hunt: Showdown und Hotline Miami.

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