Chivalry 2 im Test: Mit Gebrüll ins Getümmel
Der Nachfolger des 2012 erschienenen Chivalry nimmt uns erneut mit auf die Schlachtfelder des Mittelalters. Ob sich dieser Trip lohnt, erfahrt ihr im Test.
Wie der Name Chivalry (englisch für Rittertum) schon vermuten lässt, handelt es sich um ein im Mittelalter angesiedeltes Spiel. Eine Story ist, wie von einem reinen Multiplayerspiel zu erwarten, quasi nicht vorhanden. Wir können uns lediglich einer der beiden Fraktionen anschließen. Aber auch dann ist nicht gewährleistet, dass wir in den Schlachten als ein Ritter dieser Fraktion kämpfen. Es gibt die Ritter von Agatha und das Mason Order. Die beiden Teams kennen wir auch schon aus dem ersten Chivalry nur, dass sich ihre Hintergrundgeschichte (die im Spiel höchstens in den Kriegsschreien Relevanz hat) etwas weitergesponnen hat. Eine Seite steht für Ordnung und Dominanz, die andere für Freiheit und Ehre.
Ein mittelalterlicher Shooter?
Wir werden in einem von zwei Teams, bestehend aus bis zu 64 Rittern pro Fraktion, auf einem Schlachtfeld ausgesetzt. Auf diesem gibt es dann verschiedene Ziele zu erfüllen. Dabei reicht die Spanne der Objectives von einem einfachen Team-Deathmatch über „Verteidige/Erobere Stellung X“ bis zu „Stoppe/Schiebe einen Wagen“. Diese Spielmodi kennt man eigentlich aus dem Genre der Shooter und zu weiten Teilen spielt sich Chivalry genau wie einer. An sich also Shooter im Mittelalter-Gewand, natürlich dementsprechend ohne Gewehre, dafür mit Schwertern. Die Maps und Teamkompositionen sind ebenfalls klassisch shootermäßig aufgebaut. Also gleiche Teamgrößen und meist symmetrische Level. Beziehungsweise bei Karten mit einem Angriffs- und einem Verteidigungsteam eben nicht symmetrisch. Die Maps werden meist in mehreren Etappen erschlossen. Wer keine Freunde hat oder nicht auf Teamkämpfe scharf ist, der kann auch im Singleplayer-Deathmatch allein um die meisten Kills kämpfen. Weiterhin aus Shootern entlehnt ist das Klassensystem, wobei jede Klasse Zugriff auf unterschiedliche Waffen und Spezialfähigkeiten hat. Sowohl die Waffen als auch die Klassen lassen sich leveln, um weitere Fähigkeiten oder Waffen freizuschalten.
Kämpfen will gelernt (und getimt) sein
Den Hauptverkaufspunkt in Chivalry stellt ohne Frage das Kampfsystem dar, denn dieses ist einzigartig und ausgefeilt. Das Kampfsystem teilt sich in die Offensive und Defensive. In der Offensive stehen uns an sich nur drei Attacken zur Verfügung. Diese lassen sich aber beliebig kombinieren. Dadurch, dass jede Attacke ebenfalls nur angetäuscht werden kann und ein Drehen des Körpers (oder eben des Sichtfelds) den Angriff schneller werden lässt, entsteht auch mit nur drei Angriffskommandos schnell ein komplexes, aber sehr flüssiges System. Abgerundet wird das Ganze durch einen blockbrechenden Tritt und eine klassen- beziehungsweise waffenspezifische Spezialfähigkeit. In der Defensive herrscht eine ähnliche Komplexität vor. Es gibt an sich nur einen Block, aber durch das Timing beim Ausführen lassen sich hier auch verschiedene Effekte erzielen. Ein normaler Block wird durch das Halten der Taste ausgeführt. Wenn man aber beim Blocken auf die exakte Trefferstelle zielt, kann man eine Riposte ausführen, diese bringt den Gegner kurz aus dem Gleichgewicht und lässt Raum für einen schnellen Angriff. Wenn wir ganz mutig sind, so können wir einen Konter versuchen, in dem wir einen Angriff derselben Art initiieren, bevor wir überhaupt getroffen werden, dadurch wehren wir den Angriff ab und verursachen sogar selbst noch schaden. Beim Blocken kann man sagen, je größer das Risiko desto größer auch der Nutzen. Allgemein muss dauerhaft auf die Dynamik und den Rhythmus der Kampfaktionen geachtet werden. Da wir auf dem chaotischen Schlachtfeld meist nicht nur einem Gegner gegenüberstehen, wird das ganze System in der Schlacht noch um einiges komplexer. Zum Glück bereitet uns das Tutorial auch auf diese häufig auftretenden Situationen vor. Da der Kampf sehr blutig abläuft und nicht immer alle Gliedmaßen da bleiben, wo sie sein sollten, haben wir die Möglichkeit, in den Einstellungen das Gore-Level zu beeinflussen.
Die schicken Ritter
Wie in den meisten modernen Spielen gibt es auch in Chivalry Skins, also rein optische Anpassungsmöglichkeiten. Diese lassen sich entweder durch Levelaufstiege in den Klassen oder Waffen erspielen oder mit einer speziellen Echtgeld-Währung kaufen. Man kann seinen Charakter auch außerhalb der Kleidung, zum Beispiel mit vorgefertigten Köpfen, noch weiter anpassen. Neben der Echtgeldwährung erhalten wir aber auch eine Ingame-Währung, mit der wir auch noch Teile der Ausrüstung kaufen können. Waffen werden beim Levelaufstieg nur freigeschaltet und müssen dann noch entsprechend gekauft werden.
Die Welt von Chivalry ist mit authentischen Gebäuden, Gefährten und Strukturen gefüllt. Zusammen mit dem kargen Bewuchs entsteht so ein sehr stimmiges Bild von Schlachtfeldern des Mittelalters. Die Rüstungen und Waffen sind sehr detailliert dargestellt, aber wirken trotzdem nicht fehl am Platz. Grafisch ist es definitiv kein Titel, der wie das reale Leben aussieht, was aber auch nicht negativ auffällt. Durch die ikonischen Formen der Waffengattungen ist es auch mitten im Gefecht möglich, diese schnell zu erkennen und entsprechend zu handeln. Der Soundtrack ist wie zu erwarten episch, wird aber meist durch die vielfältigen Kampfschreie und Schwertergeklirr übertönt.
Fazit
Chivalry 2 schafft es mit nur wenigen möglichen Aktionen ein recht komplexes Kampfsystem zu erschaffen. Dabei ist die Ausführung der gewünschten Befehle stets präzise und Timing ein Schlüsselelement. Es ist ein einfach zu lernendes System, das aber schwer zu meistern ist. Leider entsteht dadurch auch eines der Probleme, das vor allem Anfänger betrifft. Denn Chivalry 2 hat kein Matchmaking, dadurch kommen alle Spieler unabhängig von ihrem Skilllevel und Erfahrung in dasselbe Match. Und da viele Veteranen aus dem ersten Chivalry und dem spieltechnisch ähnlichen Mordhau in das neue Chivlary 2 strömen, muss man sich als Anfänger erst mal daran gewöhnen, die ersten Stunden eher schlecht abzuschneiden. Was übrigens nicht zwingend bedeutet, dass es kein einsteigerfreundliches Spiel ist, dieser Nachteil kann zum Beispiel durch gutes Teamplay behoben werden. Bei längerer Spielzeit wiederholen sich aufgrund der eher geringen Auswahl die Karten und Missionen, wodurch eine leichte Eintönigkeit entsteht. Aber durch passende Kampfschreie und eine Auswahl an Emotes können auch frische und soziale Momente entstehen. Wer ein immersives Mittelaltererlebnis mit einer ausgefeilten Kampfmechanik sucht, der ist bei Chivalry 2 genau richtig.
- Gutes Kampfsystem
- Überraschend komische Elemente
- Kein Matchmaking
- Wenige Maps
Hat seit dem Gameboy jede Handheld-Generation ausgiebig genutzt. Es stehen vorallem Coop- und Multiplayer-Spiele hoch im Kurs.