

Was ist eigentlich aus der Wave Race-Serie geworden?
Nintendo hat viele Ikonen geschaffen – doch manche ließ es einfach im Wasser treiben. Im Fall von Wave Race fast wortwörtlich. In den 90ern galt die Serie als Referenz für Wasserphysik, Spielgefühl und Stil. Heute ist sie verschwunden, ein Relikt auf der Retro-Welle. Warum hat niemand versucht, sie zurückzuholen?
Die Anfänge auf dem Game Boy
Der Ursprung von Wave Race liegt nicht, wie viele glauben, auf dem Nintendo 64, sondern auf dem Game Boy. 1992 erschien dort der erste Teil: ein Top-Down-Rennspiel mit Jetskis, einfacher Grafik und Multiplayer via Link-Kabel. Kein Hit, aber auch kein Reinfall – eher ein frühes Experiment mit viel Potenzial. Von Wellenphysik war hier noch nichts zu spüren, wohl aber vom Arcade-Instinkt, der später die Serie prägen sollte.
Der große Durchbruch mit Wave Race 64
1996 kam die Wende: Wave Race 64 erschien und setzte neue Maßstäbe. Die dynamische Wasserphysik war revolutionär. Das Meer war kein Hintergrund, sondern ein Gegner, ein Spielpartner, ein physikalisches Element, das jede Runde veränderte.
Ob spiegelglatte Buchten oder stürmische Küsten, jede Strecke forderte präzises Timing und echtes Feingefühl auf dem Jet-Ski. Hinzu kamen akkurate Steuerung, fordernde Slalomkurse, ein überraschend motivierender Stunt-Modus und Nintendo-typischer Feinschliff. Für viele wurde das Spiel zum Genre-Maßstab und für manche zum Klassiker.
Wave Race: Blue Storm – größer, schöner, schwerer
2001 folgte Wave Race: Blue Storm auf dem GameCube, ein Launch-Titel, der die Messlatte technisch noch höher legte: realistischere Wellen, dynamisches Wetter, neue Strecken und Charaktere. Der Titel sah fantastisch aus, keine Frage. Doch spielerisch war er umstritten.
Die Steuerung wirkte unnachgiebiger, das Fahrgefühl deutlich anspruchsvoller. Während Wave Race 64 eine harmonische Balance zwischen Zugänglichkeit und Tiefe fand, geriet Blue Storm für viele Spieler zur Herausforderung mit Frustpotenzial. Kritiker lobten die Technik, doch der Charme des Vorgängers blieb für viele auf der Strecke.
Und dann? Nichts mehr.
Nach Blue Storm – Funkstille. Keine Fortsetzung auf der Wii, keine Umsetzung für die Wii U, kein Revival auf der Switch. Dabei wäre gerade die Wii mit Bewegungssteuerung und Balance Board wie gemacht gewesen für ein neues Wave Race.
Tatsächlich existierte 2009 ein internes Pitch-Konzept für ein Wii-Sequel. Geplant war ein realistisches Fahrerlebnis mit neuem Steuerungskonzept. Doch Nintendo sagte ab und versenkte die Idee im Datenmeer. Seitdem liegt die Serie auf Eis.
Kleine Comebacks auf anderen Plattformen
Ganz verschwunden ist Wave Race dennoch nicht. Wave Race 64 wurde mehrfach neu aufgelegt, über die Virtual Console auf Wii und Wii U und seit 2022 im Nintendo Switch Online-Katalog. Auch Cameos tauchen gelegentlich auf: etwa als Sammelobjekt in Pikmin 4 oder als Spirit in Super Smash Bros. Ultimate. Zeichen der Erinnerung – aber kein echter Neustart.
Wird die Serie jemals zurückkehren?
Die Zeit wäre reif. Moderne Hardware könnte mit realistischer Wassersimulation, neuen Steuerungsmethoden und frischem Kursdesign ein Wave Race schaffen, das dem Klassiker gerecht wird und vielleicht sogar neue Maßstäbe setzt. Der Markt für Arcade-Racer ist zwar kleiner geworden, aber leer ist er nicht. Und Nostalgie verkauft sich heute besser denn je.
Ob Nintendo diesen Schritt wagt? Ungewiss. Aber die Hoffnung treibt weiter, genau wie einst die Gischt unter dem Jet-Ski.
Dominik Probst
Webentwickler, Technik-Nerd und Gamer aus Leidenschaft seit der Kindheit, mit einem Faible für die komplette The Legend of Zelda- und Halo-Reihe. Dazu fast keine Konsolengeneration ausgelassen und auch sehr interessiert an Indie-Games.