Review

Daymare 1998 - wir folgen großen Fußstapfen

Von Daniel Walter am 4. Mai 2020. Getestet auf Xbox One. Zum Spiel hier klicken.

In Daymare 1998 kommen Fans der klassischen Resident Evil Teile auf ihre Kosten. Wie sich die Hommage an die frühen Horrorklassiker im Test geschlagen hat, verraten wir euch hier.

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Leck im Labor

Bevor wir starten, müssen wir uns für einen von drei Schwierigkeitsstufen entscheiden. Neben einem leichten Modus, bei dem die Story im Mittelpunkt steht, warten hier auch ein normaler sowie der Daymare Modus, der sich durch stark begrenzte Munition und hartnäckige Gegner auszeichnet. Bei den beiden leichteren Varianten können wir bei Bedarf zudem noch den Zielmodus in drei Stufen verändern und uns für manuelles, unterstütztes oder automatisches Zielen entscheiden, je nachdem, wie es um unsere Shooter-Kenntnisse bestellt ist.

Der Einführungstext verrät uns, dass es im Aegis-Forschungslabor zu Problemen gekommen ist. Seit einigen Stunden gibt es keine Verbindung mehr zu den Forschern vor Ort, sodass die HADES Organisation einige ihrer Agenten entsendet, um die Vermissten zu finden und geheime Aufzeichnungen der Regierung im Labor sicherzustellen. Als nach Ankunft der Agenten das gesamte Forschungslabor abgeriegelt wird, besteht kein Zweifel mehr, dass bei den gefährlichen Experimenten etwas schief gegangen ist. So wurde wohl ein Gas, eine neuartige chemische Waffe, freigesetzt, das alle Menschen, die ihm ausgesetzt waren, von Innen auffrisst und sie so zu blutrünstigen Zombies werden lässt. Ziel ist es nun, in das Hauptlabor einzudringen und das Gebäude von den Infizierten zu säubern, um anschließend das Gasleck zu schließen. Im Laufe der Story, die zugegebenermaßen nicht die innovativste und überraschendste, aber dennoch zweckdienlich ist, schlüpfen wir in die Rolle mehrerer Personen und dürfen uns so auf verschiedene Perspektiven freuen. Neben den Agents ist hier vor allem Sam interessant, der in der Brandwache arbeitet. Er leidet nämlich unter Halluzinationen, wodurch die Grenze zwischen Realität und Wahn immer wieder verschwimmt, wenn wir mit ihm unterwegs sind.

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Neue Wege und alte Stärken

Direkt zu Beginn fällt auf, dass Daymare auf eine moderne Darstellung des Inventars setzt. So handelt es sich dabei nicht um ein simples Menü, das abseits des Spielgeschehens aufgerufen werden kann. Stattdessen haben sich die Entwickler für eine Art Smartphone am Unterarm des Agenten entschieden, über das sich Verbrauchsgegenstände nutzen, der Gesundheitsstatus überprüfen sowie die Umgebungskarte öffnen lässt. Die Darstellung erinnert ein wenig an den Pipboy aus der Fallout Reihe und sorgt für ein besseres Mittendrin-Gefühl als ein separates Menü. Ebenfalls ungewöhnlich und mit etwas Eingewöhnung verbunden ist das Nachladen. Hier stehen uns zwei Varianten zur Wahl, nämlich das schnelle und das langsame Laden. Während bei ersterem das aktuelle Magazin mitsamt der restlichen Patronen auf den Boden geworfen wird, legt unser Agent das Magazin beim langsamen Laden zurück ins Inventar. Wer häufig typische moderne Shooter spielt, muss sich daher am Anfang immer wieder ins Gedächtnis rufen, aus Reflex nicht nur kurz auf die Laden-Taste zu drücken. Zwar können die Magazine vom Boden jederzeit wieder aufgehoben werden, im Eifer des Gefechts wird dies aber gut und gerne mal vergessen und Munition ist in Daymare ein kostbares Gut. Die nur teilweise gefüllten Magazine lassen sich im Inventar miteinander kombinieren und dadurch zu vollen zusammenfügen. Hier geraten wir im direkten Kampf gerne mal in zeitliche Schwierigkeiten, wenn ein Zombie auf uns zu stürmt und wir erst noch die Magazine auffüllen müssen. Ein interessanter neuer Aspekt ist das Munitionssystem aber allemal. Interessant ist auch, dass wir uns mit heilenden Mitteln, wenn wir eine zu große Menge davon zu uns nehmen, auch Schaden zufügen können. Eine entsprechende Anzeige verrät uns, ob wir Gefahr laufen, eine Überdosierung vorzunehmen.

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Kein vorgekautes Essen

Bei der Hilfestellung orientiert sich Daymare hingegen an den guten alten Zeiten. So wird uns lediglich die übergeordnete Aufgabe angezeigt. Wegpunkte oder Markierungen, die uns in neueren Spielen direkt zum Ziel führen, sucht man hier vergebens. Daher sind wir angehalten, die Umgebung gründlich zu durchsuchen, um herauszufinden, welche Schalter betätigt werden müssen oder welche Türen uns weiter bringen. Auch warten einige gelungene Rätsel auf uns, die wir mit Hinweisen aus der Umgebung ohne größere Probleme lösen können. So ist es unter anderem an uns, die Stromversorgung durch die richtige Schaltung am Sicherungskasten wiederherzustellen oder auch die Temperatur von Virusbehältern manuell auf die richtige Temperatur einzustellen. Besonders gut gefallen hat uns hier ein Bilderrätsel mit griechischen Göttern, das ein wenig an das Adventure The Council erinnert. Hier schwelgt man schnell in Erinnerungen an frühere Zeiten, als wir als Gamer noch etwas mehr gefordert wurden und die Spielumgebungen Anreiz boten, um von uns untersucht zu werden. Unser Sammelwahn wird zudem durch Dokumente und Aufzeichnungen befriedigt, die uns mehr über die Hintergründe des Experiments und über die Geschehnisse im Labor verraten. Als Pendant zu den Dietrichen und Codekarten der Resident Evil Serie bietet uns Daymare Überbrückungskabel, mit denen wir die Sicherheitssysteme verschlossener Türen hacken können. Anders als beim Capcom Shooter gelingt dies allerdings nicht automatisch. Stattdessen müssen wir zwei bewegliche Balken auf dem Display unseres Smartphones in einem vorgegebenen Bereich zum Stillstand bringen, um einen erfolgreichen Hack durchzuführen. Dabei warten je nach Tür verschiedene Schwierigkeitsstufen auf uns. Dies ist definitiv eine gute Entscheidung, denn ein einfacher Tastendruck wie bei der Konkurrenz ist auf Dauer doch etwas langweilig.

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Die unheilvolle Stille

In Sachen Atmosphäre macht Daymare eigentlich alles richtig. So dürfen wir uns auf düstere Korridore, verlassene Hallen, schlechte Sichtverhältnisse aufgrund von mangelnder Elektrizität sowie auf jede Menge Blut und Leichen “freuen”, die Böden und Wände der Spielwelt “zieren”. Auch verschlägt es uns an Orte wie die vom Gas verseuchte Stadt oder einen nahe gelegenen Wald rund um die Feuerwache. Im schwachen Schein unserer Taschenlampe oder im flackernden Licht der Notbeleuchtung ist für gruselige Stimmung gesorgt. Weiterhin setzt das Spiel auch bei der Gestaltung der Akustik auf kleine aber feine Elemente, die das Gesamtbild abrunden. So reißen uns die rauschenden Klänge des Funkgeräts, über das wir mit anderen Agenten kommunizieren, immer wieder aus der Konzentration und lassen uns regelmäßig zusammenzucken. Darüber hinaus setzt Daymare weitestgehend nur ganz dezente percussive Elemente als Geräuschkulisse im Hintergrund ein und konfrontiert uns daher über weite Teile mit einer drückenden, musiklosen Stille, die uns die Einsamkeit des Agenten noch deutlicher spüren lässt. Beim Ton, gerade bei den Schießeinlagen, hatte wir hier und da leider mit kleineren Hängern und Verzögerungen zu kämpfen.

Der gute alte Frust

Das Waffenhandling des Shooters ist absolut in Ordnung und überzeugt mit einem weitestgehend geschmeidigen Zielen und einem gelungenen Feedback und Sound. Der Nahkampf, bei dem sich bei jedem Schlag ein Ausdauerbalken leert, ist dagegen etwas zu extrem, da wir nur wenige Schläge ausführen können, bevor wir quasi handlungsunfähig sind. An Gegnern warten unter anderem verschiedene Zombiearten auf uns, von regulären langsamen Infizierten bis hin zu schnelleren und stärkeren Zombies, die auf uns zu stürmen. Bei den Speicherpunkten setzt Daymare ausschließlich auf automatische Checkpoints. Diese sind recht großzügig gesetzt, sodass wir hier und da doch größere Abschnitte wiederholen müssen, wenn wir scheitern. Dies sollte Fans der Capcom Reihe aber nicht weiter schocken, denn auch hier sind rar gesäte Speicherpunkte an der Tagesordnung. Das Gleiche gilt für das recht überschaubare Inventar, das mit 12 Slots nur wenig Raum für Items bietet.

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Grafisch (vielleicht etwas zu) Old-School

In Sachen Grafik spielt Daymare sicherlich nicht in der allerersten Liga. Der stimmungsvollen Gestaltung der Spielwelt und auch den überzeugenden Spiegelungen auf metallischen Oberflächen und Flüssigkeiten tut dies zwar keinen Abbruch, bei den Sequenzen merkt man aber vor allem im Bereich der Gesichter, dass es sich nicht um einen AAA-Titel handelt. Hier gibt es gerade bei den Mundbewegungen und auch beim Detailreichtum sichtbar Luft nach oben. Bei einer näheren Betrachtung wirken auch die übrigen Texturen leicht verwaschen und unscharf, sodass man hier schon deutliche Unterschiede zu den Ergebnissen aus Capcoms RE-Engine erkennt. Falls wir Zombies nicht schnell genug aus der Ferne ausschalten, befinden wir uns mit ihnen im Nahkampf. Hier zeigt sich leider auch, dass die Untoten aus der Nähe betrachtet keine wirklichen Schönheiten sind. Auch die Sprache in den Funksprüchen und Sequenzen ist oftmals nicht wirklich schön gewählt, da sie häufig etwas zu plakativ böse und voll von Schimpfwörtern ist.

Fazit:

Wer sich nach dem etwas enttäuschenden Remake von Resident Evil 3 nach neuem Input sehnt oder die Wartezeit bis zum nächsten Teil der Reihe überbrücken möchte, ohne das altbekannte Spielgefühl der Kultreihe zu vermissen, ist mit Daymare 1998 mehr als gut bedient. Der Horror Shooter bietet vieles von dem, was die Klassiker so gut gemacht hat und hält ein gelungenes Setting, gut platzierte Rätsel und jede Menge gruselige Stimmung bereit. Auch auf rar gesäte Speicherpunkte, ein knappes Inventar und ein geradliniges Leveldesign, bei dem sich die Areale nach und nach öffnen, muss man nicht verzichten. Teilweise fühlt sich Daymare so sehr nach Resident Evil an, und das ist definitiv als Kompliment zu verstehen, dass ich mich dabei erwischte, wie ich mit vollkommenem Unverständnis vor einer grünen Pflanze stand und versuchte, sie einzusammeln, was in dem eigenständigen Spiel natürlich nicht möglich ist. Trotz aller Ähnlichkeiten gelingt es Daymare auch eigene Akzente zu setzen. Sei es mit der modernen Inventar-Darstellung in Smartphone-Optik, mit der Hackingfunktion, die ein gutes Timing erfordert, oder auch mit Details wie der möglichen Überdosierung von Medikamenten oder dem schnellen Nachladen, bei dem das Magazin auf den Boden fällt. Wer über die nicht ganz überzeugende Grafik, die wenig überraschende Geschichte sowie den etwas frustrierenden Nahkampf hinweg sehen kann, erhält hier ein wirklich gutes Horror Abenteuer der alten Schule, das in vielen Belangen mit dem großen Vorbild mithalten kann.

Pro:
  • Hervorragendes Retro-Feeling
  • Gelungene Rätsel
  • Stimmungsvolle Schauplätze mit dichter Atmosphäre
  • Wenig Hilfestellung
  • Neuartiges Munitionsmanagement
Contra:
  • Etwas blasse Geschichte
  • Geringe Ausdauer beim Nahkampf frustriert
  • Grafik nicht auf ganz hohem Niveau (u.a. steife Gesichtszüge, unschöne Zombiemodelle, etwas unscharfe Texturen)
  • Sound mit Aussetzern
Story:
2 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Gameplay:
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Grafik:
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Sound:
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Atmosphäre:
4 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Unsere Wertung: 7.5 / 10
Spiel getestet auf: Xbox One
Daniel Walter

Daniel Walter

Ein begeisterter Konsolenspieler mit einem breit gefächerten Interessengebiet. Neben Shooter-Serien wie Battlefield oder Call of Duty gehören auch Action-Adventures wie klassische Assassin's Creeds, die Batman-Arkham-Reihe oder The Last of Us Part 1/2 zu den bevorzugten Titeln. Hinzu kommen Survival-Games wie ARK, Horror-Klassiker a la Resident Evil sowie Open-World-Abenteuer im Stile von Far Cry oder Red Dead Redemption. Sport-Franchises wie FIFA oder Tour de France erweitern das Interessenfeld, ebenso wie sämtliche Titel aus dem Star-Wars-Universum.

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