Expeditions: A MudRunner Game im Test: Wer suchet, der findet
Expeditions: A MudRunner Game ist der nun vierte Teil der MudRunner- und Snowrunner-Serie, in der wir mit schweren Trucks Güter durch unwegsames Gelände transportieren und teils zerstörte Infrastruktur wieder aufbauen. Anders als in den Vorgängern liegt jedoch der Fokus des neuesten Titels von Saber Interactive dieses Mal aber nicht auf dem Herumkarren von Stahlträgern oder Holzplanken, sondern dem Erforschen und Entdecken inmitten unberührter Natur. Gemein haben aber alle Titel das Bezwingen schroffer Felsen und verschlammter Wege mithilfe von kleinen und großen Fahrzeugen. Ob der neue Teil in die großen Reifenspuren der Vorgänger passt oder doch eher im Schlamm stecken bleibt, klären wir im Test.
Ruf der Wildnis
Kern des Titels sind die namensgebenden Expeditionen, die wir auf zwei großen Hauptkarten durchführen. In Arizona werden wir mit schroffen Felsen und extremen Steilwänden konfrontiert. Die hohen Canyons müssen erst einmal erklommen werden und es braucht viel Zeit, sich einen geeigneten Weg rund um das Gebirge zu ebnen. Die wenigen verdorrten Bäume erhöhen den Schwierigkeitsgrad, da sich kaum die Winde einsetzen lässt, um das unwegsame Gelände zu bezwingen. Auf der zweiten Karte, den Karpaten, verhält es sich ähnlich. Diese Map wird allerdings von Bäumen und reißenden Flüsse dominiert. Zwar können wir hier auf mehr Fixpunkte für unseren Rettungsanker zugreifen, dafür versperrt uns das dichte Gehölz aber allzu häufig den Weg zum nächsten Ziel. Dabei schafft es Expeditions: A MudRunner Game, die bewährte Formel „Nur ich und mein Truck gegen die Natur“ gekonnt umzusetzen. Es ist ein tolles Gefühl, nach stundenlangem Suchen einer passenden Route und dem Bezwingen der unwirtlichen Gegend endlich am Ziel angekommen zu sein und die Lorbeeren zu ernten. Allerdings gibt es im aktuellen Titel im direkten Vergleich weniger zu ernten.
Im Vorgänger Snowrunner wurden wir mit dem Bau von Brücken, Lagerhäusern oder ganzen Raketen belohnt und wir hatten wirklich das Gefühl, etwas geschafft zu haben. Dazu kam noch, dass uns große Ziele auch erlaubten, unsere eigene Infrastruktur zu verbessern zum Beispiel durch das Wegräumen von Schutt auf den Wegen oder durch die Reparatur von Brücken. In Expeditions: A MudRunner Game ist dieses Belohnungssystem zwar noch grundlegend vorhanden so können wir alte Flugzeugwracks oder Gebäude aus längst vergangenen Tagen entdecken aber einen Wiederaufbau von Straßen, um uns das Leben zu erleichtern, gibt es nicht. Mit einer Ausnahme: Dieses Mal ist es möglich, dass wir über kleine Flüsse Behelfsbrücken spannen können, um zumindest dieses Hindernis aus dem Weg zu räumen. Expeditions: A MudRunner Game kann genau wie die Vorgänger mit einer glaubhaften und dichten Atmosphäre aufwarten. Dazu tragen auch die schön inszenierten Regionen bei, die mit vielen kleinen Details wie versteckten Oasen oder beeindruckenden Wasserfällen ausgestattet wurden und mit einer vielseitigen Flora und Fauna auftrumpfen können.
Öfter mal was Neues
Die bereits erwähnten Expeditionen teilen sich mit jeweils 37 Stück gleichmäßig auf beide Karten auf, die sich nochmals in vier Einzelkarten unterteilen. Diese Aufgaben sind meist etwas größer und umfangreicher und benötigen als Voraussetzung eine Fahrzeugauswahl, das geforderte Equipment und gegebenenfalls einen Spezialisten. Diese können uns auf unseren Abenteuern durch Boni unterstützen, wie etwa einem verbesserten Spritverbrauch oder weniger Schaden. Anders als noch in Snowrunner ist es dieses Mal so, dass ein einfaches Zurückkehren in die Garage erst am Ende einer Expedition sinnvoll ist, da ein vorheriger Abbruch einen finanziellen Schaden nach sich zieht. Auch ist nur eine bestimmte Menge an Fahrzeugen für die Maps zugelassen und wir können nicht wie früher Rettungsfahrzeuge an jeder Ecke platzieren.
Die Missionen sind am Anfang noch recht abwechslungsreich, werden mit der Zeit aber leider etwas repetitiv und nach 15 Abstechern in die Natur hat man eigentlich alles gesehen. Dazu gesellen sich aber wieder viele kleine Nebenaufgaben, die über die Karten verstreut sind. Diese reichen vom Abschleppen eines liegengebliebenen LKWs bis hin zu Erkundungstouren quer durch das Gebiet oder dem Erforschen unbekannter Spuren.
Schlitterpartie gen Abgrund
Einer der größten Pluspunkte des Vorgängers war das an sich recht realistische Fahrgefühl der Lastfahrzeuge und Scouts (kleine, geländegängige Fahrzeuge). Daher ist es umso verwunderlicher, dass Expeditions: A MudRunner Game diese Paradedisziplin der Spielreihe nicht ohne starke Dellen in der Karosserie weiter fortführen kann. Gerade die Jeeps hüpfen unrealistisch herum, wenn sie von Felsen abprallen oder rutschen von ebenen Steinen herunter, als wären diese mit Schmierseife behandelt worden. Auch der unruhige Geradeauslauf der Fahrzeuge und die gefühlt künstlich begrenzte Geschwindigkeit sorgen für Stirnrunzeln und frustrierte Ragequits. Hoffentlich wird seitens Saber Interactive zügig ein Patch nachgeliefert, der diesen groben Schnitzer bald wieder ausbessert.
Positiv hervorzuheben sind die neuen Gadgets, die dem geneigten Trucker das Leben in der unwirtlichen Umgebung stark erleichtern. Zum einen wäre da das Tool zum Anpassen des Reifendrucks, mit dessen Hilfe wir nun Hügel leichter hochkraxeln und schlammige Wege einfacher durchqueren können. Dazu gesellt sich eine Drohne, mit der versteckte Upgrades und Ersatzteile gefunden werden können, sowie ein Fernglas, um die Gegend nach Abkürzungen auszukundschaften.
Eine weitere Neuerung stellen die kleinen Minispiele dar, die immer mal wieder das Geschehen auflockern sollen. Diese bestehen aus einfachen Reaktionsaufgaben, um zum Beispiel eine Drohne richtig auszurichten oder einen Balken innerhalb eines Zeitfensters im festgelegten Bereich zu positionieren. Diese Auflockerungen sind zwar nett gemeint, gehen aber auf Kosten der immersiven Erfahrung und beeinträchtigen dadurch die sonst stimmige Atmosphäre.
Nebenbei bietet der Titel auch einen eigenen Modsupport und einen Modbrowser an, um das Spiel noch mit externem Inhalt füllen zu können. Ein Koop-Modus soll in einem späteren Patch nachgereicht werden.
Rasenmäherblues in the morning
Die klangliche Untermalung bietet leider auch Anlass zur Kritik, gerade wenn man den Vorgänger gewohnt ist. Damals waren die LKW brüllende Biester, die bei jedem Gangwechsel ordentlich Ruß aus den virtuellen Schornsteinen bliesen und auch die kleinen Geländewagen konnten mit zumindest realistischen Motorensounds überzeugen. In Expeditions: A MudRunner Game erklingen die großen Fahrzeuge auch dieses Mal wieder mit ordentlich Rumms, allerdings haben dafür die Scouts eher ein Downgrade erfahren. Sie klingen wie kleine Rasenmähermotoren, was schon nach kurzer Zeit sehr nervtötend sein kann. Die sonstige klangliche Untermalung ist gut umgesetzt und fängt das Spielgeschehen passend ein. Der Titel liegt mit deutschen Texten vor. Auf eine Sprachausgabe wird dagegen verzichtet.
Matsch kann auch schön sein
Grafisch kann Expeditions: A MudRunner Game durchaus mit vielen Details und stimmigen Lichteffekten überzeugen. Besonders die nachvollziehbare Physik der Geländefahrzeuge kann hierbei punkten, wenn sie denn richtig umgesetzt wird. Auch, dass wir in Schlamm und Matsch einsinken können und sich unser Arbeitspferd immer tiefer in den Morast einwühlt, unterstreicht den realistischen Anspruch des Titels und trägt maßgeblich zu dem herausfordernden Spielgefühl bei. Diese Bildpracht giert allerdings nach potenter Hardware und nicht selten kratzt das Spiel an der 60-FPS-Grenze und das trotz einer Nvidia Geforce RTX 4080 mit maximalen Details und auf WQHD.
Ein kurioser Bug hat sich auch noch mit eingeschlichen, der dafür sorgt, dass die Bodentexturen erst nach einer gefühlten Ewigkeit laden und wir erst einmal über eine Texturwüste fahren. Hierfür wird aber vermutlich noch ein Patch seitens des Entwicklers nachgereicht werden.
Fazit
Saber Interactive möchte mit Expeditions: A MudRunner Game mal etwas Neues außerhalb der ausgefahrenen Wege probieren und das kann man nur begrüßen. Dennoch fällt es einem als langer Snowrunner-Spieler teilweise schwer, das neue Konzept anzunehmen, zumal gerade die Stärken des Bruders im Geiste etwas vernachlässigt wurden. Auch prägen noch einige Kinderkrankheiten die Spielerfahrung und auch Bugs sind dem Spiel nicht unbekannt. Trotzdem macht Expeditions: A MudRunner Game auf seine Weise Spaß und ergänzt mit frischen Ideen und neuen Gadgets das Konzept von Snowrunner. Allerdings sollten nun aber auch die ersten Patches folgen, um die gröbsten Schnitzer auszumerzen. Der Umfang kann sich mit den zwei Karten durchaus sehen lassen, nur bei dem Fuhrpark ist man etwas knauserig geworden, da viele Fahrzeuge nur als DLC erhältlich sind.
- Tolle Atmosphäre
- Großer Umfang an Karten
- Sinnvolle neue Geräte und Funktionen
- Hübsche Grafik
- Merkwürdiges Fahrverhalten
- Abgespecktes Belohnungssystem
- Nervige Motorensounds
- Grafikbugs
- Repetitive Missionen
Passionierter PC und Konsolenspieler. Fokus liegt auf Einzelspielererlebnissen