Halo Infinite im Test: Ein Halo sie alle zu knechten
Nach sieben Jahren können wir uns endlich wieder in unseren Spartan-Suit werfen und Aliens freundlich darauf hinweisen, dass wir nicht vorhaben, ihren Plänen zu entsprechen. Seit dem 8. Dezember dürfen wir in Halo Infinite auf Windows und der last und current Gen Xbox wieder den Weltraum und den Halo-Ring Zeta bereisen und es dabei ordentlich krachen lassen.
Neu und doch vertraut
Die Story knüpft, wie auch schon in den Vorgängern, relativ nahtlos an Halo 5: Guardians an. Allerdings beginnt es mit einer für den Master Chief eher unüblichen Szene, denn dieser wird erst mal von einem neuen Bösewicht ziemlich auseinandergenommen und in den offenen Weltraum geworfen. Der neue Antagonist ist Escharum, der Anführer eines Stamms von Brutes, die sich selbst die Verbannten schimpfen und von der Allianz ausgestoßen wurden. Der Master Chief treibt also im Stromsparmodus so lange durchs All, bis er von einem ebenfalls nur umhertreibenden Schiff aufgelesen wird. Bald wieder funktionstüchtig gemacht bemerkt der Chief, dass er ganz in der Nähe eines Halo-Rings ist, dieser hat den Namen Zeta. Nachdem wir in die Haut (oder eher Rüstung) des Master Chiefs geschlüpft sind, finden wir recht schnell heraus, dass sowohl unsere langjährige Begleiterin Cortana als auch alle Menschen im näheren Umkreis ausgelöscht wurden und das die Verstoßenen beabsichtigen, den Ring zu aktivieren. Wer schon einen der Halo-Teile gespielt hat, weiß, dass das nicht gut ist, denn die Ringe (von denen es erstaunlich viele gibt) sind eine uralte Waffe, erbaut von der mysteriösen Rasse der Blutsväter. Bei der Aktivierung löschen diese gigantischen Waffen ausnahmslos jedes Leben in einem riesigen Umkreis aus. Also begeben wir uns prompt auf die Oberfläche des Rings, um ebendies zu verhindern. Recht bald wird aber klar, dass Zeta irgendwie anders ist als die bis jetzt bekannten Halo-Ringe und ein großes Geheimnis birgt. Das bestätigt uns auch die neue KI namens „Waffe“, die wir dort finden. Also mit einer neuen Mission ausgestattet, bereisen wir den Ring und versuchen die neue Bedrohung einzudämmen.
Der Master Chief ist eine Ein-Mann-Armee mit komplett regenerativem Leben und Schild. Mit zwei beliebig auswechselbaren Waffen und einem Haufen Granaten gestalten wir uns in der Rüstung sehr wehrhaft. Es kann die Bewaffnung jedes besiegten Gegners aufgenommen werden, wodurch uns ein sehr breites Arsenal zur Verfügung steht. Darunter nicht nur Fernkampf-, sondern auch Nahkampfwaffen wie Hämmer oder Energieschwerter. Da wir aber immer nur begrenzte Munition mit uns führen, sind wir ab und zu gezwungen, unsere Schusseisen auszuwechseln, die Munition von Waffen gleichen Typs vom Boden zu sammeln oder eine der Munitionskisten, die nur eine bestimmte Art an Munition liefert, zu benutzen. In den aber mitunter längeren Schießereien tritt der erste Fall aber häufiger auf. Dadurch entsteht eine angenehme Abwechslung und immer wieder die Notwendigkeit, den eigenen Spielstil etwas anzupassen.
Gameplaytechnisch bekommen wir einige Neuerungen und Modernisierungen geboten. Der Kern und auch der meiste Spielablauf bleiben aber gleich. Dadurch weiß jeder Halo-Fan sofort, woran er ist. Das Waffenhandling und Trefferfeedback fühlen sich besser denn je an und jede Waffe besitzt jetzt eine leichte Zoomstufe, die dem Iron Sight aus anderen Shootern recht nahekommt. Die begrenzt einsetzbaren Fähigkeiten, die zum Beispiel aus Halo 4 bekannt sind, sind nun permanenten Aktionen mit einem Cooldown gewichen. Diese werden im Laufe der Story freigeschaltet und können beliebig durchgewechselt werden. Viele sind bereits bekannt, wie zum Beispiel ein aufstellbarer Schild oder ein Sonar, neu ist aber der direkt am Anfang verfügbare Greifhaken. Dieser ermöglicht es uns nicht nur auf höhere Ebenen zu gelangen, sondern auch uns an Gegner heranzuziehen, Waffen einzusammeln oder Fahrzeuge relativ einfach zu entern. Uns wird dadurch ermöglicht, schnell an die Grenzen (und manchmal sogar darüber hinaus) des Leveldesigns zu gelangen oder ganze Scharmützel nur mit einer Kombination aus „an Gegner ziehen und ihnen einen Nahkampfangriff verpassen“ zu bestreiten. Kurz gesagt hatten wir schon mit der ersten Fähigkeit so viel Spaß, dass wir diese die meiste Zeit des Spieles benutzt haben.
Wo geht’s hier auf dem Ring lang?
Einen unerwarteten und gewagten Schritt geht Halo Infinite in seinem Worlddesign. Denn wir bekommen eine komplette Open-World-Erfahrung geboten. Also die zugegebener Maßen schon sehr ausladenden Level wurden zu einer durchgehenden Weltkarte zusammengefügt. Wir können jetzt selbstständig entscheiden, wo wir uns hinbewegen und welchen Task wir abarbeiten wollen. Denn wie es für so ein Modell üblich ist, haben wir eine ganze Reihe von Nebenaktivitäten auf der Karte. Vom Erobern von Kontrollpunkten, über Sprengen von feindlichen Versorgungszentren bis zum Retten von zukünftigen NPC-Kanonenfutter-Verbündeten wird alles mit kleinen Icons markiert. Die Aufgaben sind unterschiedlich lange und beinhalten meistens ein Aliennest auszuräuchern und anschließend irgendetwas zu aktivieren oder zu holen. Meist wird dabei unsere Karte in der Umgebung etwas weiter aufgedeckt, was uns noch mehr Nebenaktivitäten sichtbar macht. Wenn wir in die Nähe eines menschlichen Marines kommen, so unterstützt uns dieser automatisch im Kampf und folgt uns über die Map, selbst in ein Fahrzeug steigen unsere neuen Begleiter mit ein. Ihre Kampffertigkeiten sind dabei leider eher übersichtlich, einen wirklichen Unterschied merken wir dadurch nicht wirklich. Die Ignoranz jeglicher Deckung führt dazu, dass wir meist nicht lange dieselben Verbündeten um uns herumhaben. Die einzige Aktivität, für die wir kein Alienblut vergießen müssen, ist das Aufnehmen von Spartan-Kernen mit denen wir unsere Fähigkeiten verbessern können. Die Erkundung des nun „offenen Rings“ lohnt sich also.
Der schönste aller Ringe
Natürlich müssen wir auch die neue Grafik erwähnen, denn diese präsentiert sich für ein Spiel des Jahres 2021 wahrlich würdig. Dies ist wahrscheinlich maßgeblich der besseren Hardware geschuldet, für die Halo Infinite verfügbar ist, aber auch die Umstrukturierung der Weltkarte hat hier einen Einfluss. Nicht selten standen wir an einer Schlucht oder auf einem Berg und bestaunten die schönsten Sonnenaufgänge aller Halos. In den dennoch auftretenden Gebäude-Abschnitten sind die Texturen und Designs aber weiterhin sehr generisch und eintönig, dass man auch mal die Orientierung verliert. Zum Glück gibt es hier eine Art Ping-Aktion, die uns dann wieder den Weg in die richtige Richtung weißt. Das komplette HUD wurde entschlackt und gibt uns jetzt relevantere Infos, leider ist die Tastenbelegung dadurch aufgrund der Größe unleserlich geworden. Die Musik ist weiterhin sehr gut und hat ihren ikonischen Charakter behalten. Die Stimmen unserer Verbündeten und Gegner sind ebenfalls grandios und der ein oder andere Grunt-Kommentar entlockte uns ein Schmunzeln.
Nicht nur auf Aliens schießen
Aber was wäre Halo ohne seinen ikonischen Multiplayer. Hier hat sich, und das dürfte Veteranen freuen, recht wenig verändert. In 3-vs-3- bis 12-vs-12-Gefechten gibt es verschiedene Modi und Karten. Die Spielmodi sind dabei in Playlisten organisiert und nicht gezielt anwählbar. Die Matchvarianten reichen von recht klassischen wie „Slayer“ (ein Deathmatch-Modus) und „Capture-the-Flag“, über das eher chaotische „Fiesta“, bei dem man mit zufälligen Waffen ein Deathmatch absolviert bis zu taktischen King-of-the-Hill-Varianten wie „Stronghold“. Es gibt zunächst weniger Auswahl als in vorherigen Teilen, aber weitere Spiel-Modi sollen demnächst noch erscheinen. Eine Überraschung hat uns 343 Studios aber auch hier beschert, denn der Multiplayer ist komplett kostenlos in einem Free-2-Play-Modell spielbar. Finanziert wird das ganze durch einen optionalen Battle-Pass, der uns kosmetische Items freischaltet. Alternativ sind auch einzelne Items gezielt kaufbar, leider zu den für dieses Geschäftsmodell üblichen, überteuerten Preisen. Daher rührt auch die sukzessive Erweiterung und Weiterentwicklung des Multiplayer-Modus.
Fazit
Halo Infinite ist ein Spiel, auf das es sich gelohnt hat zu warten. Es bietet ein gutes Maß an Neuerungen, bleibt aber seinen Wurzeln treu. Dadurch fühlen sich Veteranen und Neulinge sofort abgeholt. Es wurden einige unerwartete Neuerungen, wie die Open-World oder der Free2play Multiplayer eingeführt. Der kostenlose Multiplayer ist eine wohlgelungene Überraschung. Der Schritt zur Open-World funktioniert erstaunlich gut, aber ob die Abkehr von den Schlauchleveln und vereinzelten offenen Außenarealen die richtige war, können wir für uns nicht eindeutig beantworten. Grafisch und Gunplay-mäßig wird hier alles übertroffen, was wir aus der eh schon immer innovativen Spielereihe kennen. Und auch die Story kann einen für einige Zeit unterhalten. Wir können hier auf jeden Fall eine klare Empfehlung abgeben, egal ob für Neulinge oder Rückkehrer.
- Neue Ansätze, die gut umgesetzt sind
- Freier Multiplayer
- Deutlich besseres Gunplay
- Lokaler Koop wird erst nachgeliefert
- Icons im HUD sehr klein
Hat seit dem Gameboy jede Handheld-Generation ausgiebig genutzt. Es stehen vorallem Coop- und Multiplayer-Spiele hoch im Kurs.