

Little Nightmares 3 im Test: Zu zweit durch die Alptraumwelt
Mit Little Nightmares 3 geht die Reihe einen Schritt, der gleichermaßen logisch wie riskant ist: Zum ersten Mal steht Koop im Zentrum. Statt als einsame kleine Gestalt durch surreale, widerliche Traumlandschaften zu schleichen, stapft, klettert und scheitert man nun im Duo durch die Albtraumwelt. Das klingt auf dem Papier nach einer perfekten Idee, schließlich lebt die Serie von bedrückender Atmosphäre, Überraschungsmomenten und instinktivem Zusammenspiel aus Flucht, Verstecken und Knobeln. Die Frage ist: Verträgt sich das mit Koop oder verliert die Reihe damit ihren unverwechselbaren Nerv?

Zwei Figuren, ein Weg
Im Kern bleibt Little Nightmares 3 dem bekannten Konzept treu: Auch hier arbeitet man sich durch in sich abgeschlossene, aber thematisch zusammenhängende Kapitel, die wie groteske Schaukästen funktionieren. Man schiebt Kisten, erklimmt Regale, hangelt sich über Abgründe, versteckt sich vor übergroßen Monstern und löst Rätsel, die meist elegant in die Umgebung integriert sind.
Der entscheidende Unterschied: Statt eine einzelne Figur zu steuern, ist man jetzt mit zwei Protagonisten unterwegs und das entweder gemeinsam mit einer zweiten Person oder solo mit KI-Unterstützung. Beide Figuren bringen eigene Spezialfertigkeiten mit.
Die eine Figur verfügt über einen Bogen, mit dem sich entfernte Schalter auslösen, Seile durchtrennen oder bestimmte Elemente in der Umgebung aktivieren lassen. Die andere trägt einen schweren Schraubenschlüssel, mit dem sich Mechanismen drehen, rostige Ventile lösen oder morsche Bretter und andere Hindernisse zerschlagen lassen.
Das Spiel baut viele Situationen konsequent um dieses Zusammenspiel herum. Nur wenn beide Fähigkeiten klug miteinander kombiniert werden, öffnet sich der Weg.
Der Schwierigkeitsgrad der Rätsel ist angenehm. Man sitzt selten komplett fest, wird aber immer wieder zum Nachdenken gezwungen. Das Spiel traut dem Spielern durchaus zu, Lösungen selbst zu entdecken, ohne alles penetrant einzublenden. Genau das sorgt für einen schönen Flow, wenn man die Logik der Spielwelt erst einmal verinnerlicht hat.
Weniger gelungen sind allerdings die Rücksetzpunkte. Immer wieder kommt es vor, dass man (vor allem in Passagen mit Sprung- oder Timing-Elementen) einige Minuten Spielzeit erneut absolvieren muss, weil ein Sprung misslingt oder die Perspektive täuscht. In Kombination mit den eher behäbigen Figuren kann das frustrieren. Man weiß, was zu tun ist, scheitert aber an der Ausführung und muss denselben Abschnitt zum dritten oder vierten Mal durchlaufen, nur um wieder an derselben Stelle abzustürzen.
Besonders bitter: Der Koop-Modus existiert zwar, aber ein Couch-Koop fehlt. Ausgerechnet bei einem Spiel, das so stark von gemeinsamer Interaktion lebt, gemeinsam auf dem Sofa zu sitzen, wäre eine naheliegende und perfekte Option gewesen. Dass diese Möglichkeit fehlt, fühlt sich wie eine verpasste Chance an.

Atmosphäre: Ekel und Gänsehaut garantiert
Wenn Little Nightmares 3 eine Sache nach wie vor perfekt beherrscht, dann ist es Atmosphäre. Die Level sind stimmungsvoll, detailverliebt und sofort als Teil dieser seltsamen, verdrehten Welt erkennbar, die irgendwo zwischen Kinderalbtraum und düsterem Märchen verortet ist.
Jedes Kapitel hat einen eigenen visuellen und thematischen Schwerpunkt. Man streift gemeinsam von klaustrophobischen Innenräumen über verlassene, verregnete Straßenzüge bis hin zu grotesk überzeichneten Schauplätzen, in denen man sich nur klein, ausgeliefert und fehl am Platz fühlt.
Die Rätsel fügen sich sehr organisch in diese Welt ein. Hebel, Plattformen und Mechanismen wirken selten wie aufgesetzte “Spielelemente”, sondern wie natürliche Bestandteile der Umgebung.
Auch was das emotionale Spektrum angeht, liefert Little Nightmares 3 ab. Oft ekelt man sich regelrecht vor dem, was da im Hintergrund krabbelt oder sich im Halbdunkel bewegt. Dann wieder ist es die pure Anspannung, wenn man sich unter einem Tisch versteckt, während ein übergroßer Gegner langsam durch den Raum stapft. Der Wechsel zwischen ruhigen, bedrückenden Erkundungsmomenten und plötzlichen Fluchtszenen sorgt dafür, dass man nie wirklich zur Ruhe kommt. Die Reihe bleibt ihrem Markenkern damit treu und schafft es erneut, eine dichte, unangenehm faszinierende Atmosphäre aufzubauen.

Schöne Kulissen mit kleinen Macken
Technisch macht Little Nightmares 3 vieles richtig, leistet sich aber auch ein paar Schwächen, die man in einem dritten Teil nur bedingt erwartet. Auf den ersten Blick überzeugt vor allem das Artdesign. Die Level sind sehr schön ausgestaltet, die Lichtstimmung sitzt, Texturen und Details sind liebevoll umgesetzt. Rein optisch reiht sich Teil 3 problemlos in die Reihe ein und führt deren Stil konsequent fort.
Schaut man genauer hin, zeigt sich jedoch, dass grafisch durchaus noch Luft nach oben ist. Auf der PlayStation 5 wirkt das Spiel nicht durchgehend so scharf, wie es könnte, und manche Hintergründe oder Oberflächen verraten, dass hier nicht das absolute Maximum der Hardware ausgereizt wird.
Deutlicher spürbar sind allerdings die Einbrüche bei der Bildrate. Gerade in Momenten, in denen viel in Bewegung ist oder komplexe Lichteffekte ins Spiel kommen, kann die Framerate merklich in die Knie gehen. In einem Titel, der zwar nicht primär auf schnelle Reflexe setzt, aber durchaus präzises Timing verlangt, ist das mehr als nur ein Schönheitsfehler. Wenn ein Sprung daneben geht, weil es kurz ruckelt, fügt sich das unschön in die ohnehin manchmal frustigen Rücksetzpunkte ein.
Abseits davon läuft das Spiel stabil. Abstürze oder gravierende Bugs sind im Test nicht aufgefallen. Die Soundgestaltung bewegt sich ebenfalls auf gutem Niveau. Die Geräuschkulisse trägt entscheidend zur bedrückenden Stimmung bei, sodass man oft allein über den Ton merkt, dass irgendwo in der Dunkelheit etwas nicht stimmt.
Musikalisch wäre allerdings noch mehr drin gewesen. Manche Passagen hätten durch gezieltere, intensivere Musik noch stärker unterstrichen werden können. Stattdessen bleibt die Untermalung manchmal etwas zurückhaltend, wo ein mutigerer Soundtrack Szenen noch stärker im Gedächtnis verankert hätte.
Ein echter Negativpunkt ist die Perspektive. Wie schon kurz angesprochen: In einigen Sprungpassagen macht einem die leicht isometrische Kameraführung das Leben unnötig schwer. Distanzen einzuschätzen, ob ein Vorsprung wirklich erreichbar ist oder wie weit man nach vorne oder hinten korrigieren muss, ist nicht immer eindeutig. Das führt dazu, dass Sprünge daneben gehen, obwohl man “eigentlich” alles richtig gemacht hat und das fühlt sich, gerade in Kombination mit den Rücksetzpunkten, wenig zufriedenstellend an.

Frischer Wind und Luft nach oben
Trotz der Kritikpunkte muss man klar sagen: Der Koop tut der Reihe gut. Little Nightmares 3 nutzt das Zusammenspiel der beiden Figuren nicht nur als Gimmick, sondern baut viele Situationen so, dass Kommunikation und Rollenverteilung wirklich wichtig werden. Im Idealfall entsteht dieses schöne Gefühl von gemeinsamer, stiller Absprache. Ein Spieler kümmert sich um die Mechanik, der andere bereitet schon den nächsten Schritt vor und wenn alles funktioniert, wirkt eine Passage wie eine kleine, sorgfältig einstudierte Szene.
Als Neustart für die Reihe funktioniert das Konzept damit grundsätzlich gut. Man spürt, dass hier eine neue Richtung ausprobiert wird, statt einfach nur mehr vom Gleichen zu liefern. Gleichzeitig bleibt genug vom alten Kern erhalten, um Fans der Vorgänger nicht vor den Kopf zu stoßen. Atmosphäre, Bildsprache, die Mischung aus Rätseln und Flucht – all das ist noch da.
Um wirklich ganz oben mitzuspielen, müsste ein möglicher vierter Teil aber bei den Schwächen von Little Nightmares 3 ansetzen: stabilere Technik, weniger frustige Perspektiven und die Option, gemeinsam auf dem Sofa zu spielen. Denn das Potenzial, ein Koop-Geheimtipp für Abende zu zweit zu werden, ist definitiv vorhanden.

Fazit
Little Nightmares 3 ist kein perfektes Spiel, aber ein spannender Schritt für die Reihe. Der Koop bringt frischen Wind in das bewährte Konzept und eröffnet neue Arten des Rätsellösens, ohne die Atmosphäre zu verwässern, für die die Serie steht. Die Level sind stimmungsvoll, die Rätsel gut in die Umgebung eingebettet, und immer wieder entstehen starke Momente, in denen man gemeinsam mit angehaltenem Atem durch die Albtraumwelt stolpert.
Auf der anderen Seite stehen technische Schwächen, eine teils nervige Perspektive und das Fehlen eines Couch-Koops. Das alles sind Punkte, die im Alltag mehr Gewicht haben, als man auf dem Papier vielleicht denkt. Wer aber bereit ist, diese Macken in Kauf zu nehmen, bekommt einen atmosphärischen, eigenständigen Koop-Titel, der Lust auf mehr macht und als Neustart der Reihe durchaus überzeugt.
- Dichte, beklemmende Atmosphäre im Stil der Vorgänger
- Starke Levelgestaltung mit vielen liebevollen Details
- Koop-Mechanik mit sinnvoll verzahnten Spezialfähigkeiten
- Rätsel mit angenehm balanciertem Schwierigkeitsgrad
- Soundkulisse unterstützt Stimmung und Unbehagen sehr gut
- Keine Couch-Koop-Option
- Perspektive erschwert teilweise Sprünge und Distanzeinschätzung
- Rücksetzpunkte können zu unnötigen Wiederholungen führen
- Framerate bricht in einigen Szenen merklich ein
- Musikalische Untermalung hätte stellenweise mehr Akzente setzen dürfen

Leidenschaftlicher Zocker, der irgendwo zwischen Shootern, Plattformern, Action-Adventures und arcadigen Sportspielen zuhause ist. Zu den Lieblingsreihen gehören Resident Evil, The Last Of Us, Call Of Duty und GTA.










