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Review

Lords of the Fallen im Test: Mit Licht und Schwert gegen die Schatten

Von Tjark am 6. November 2023. Getestet auf PC. Zum Spiel hier klicken.

Das von Hexworks neu veröffentlichte Lords of the Fallen ist der Soft-Reboot des bereits 2013 erschienenen gleichnamigen Titels von Deck13. Bis auf das World-Setting und Game-Genre haben die beiden aber erstaunlich wenig miteinander zu tun.

Ein Vergleich mit dem aktuellen Platzhirsch der Soulslike-Spiele Dark Souls lässt sich bei Lords of the Fallen quasi eh nicht vermeiden, also können wir auch gleich damit starten. Die Spielwelt ähnelt sich vom Setting, der Atmosphäre, dem Kampf als auch von der verfügbaren Rüstung und dem Levelsystem, und doch ist Lords of the Fallen nicht einfach nur ein weiterer Klon des Erfolges von FromSoftware, sondern geht auch seine eigenen Wege.

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Die Legenden von Mournstead

Die Geschichte ist zwar nicht weniger mystisch und mit genauso vielen unverständlichen Namen gespickt, wird aber wenigstens in Dialogen und Cutscenes weitestgehend erzählt und muss sich nicht durch Item-Beschreibungen selbst angeeignet werden. Zwar können manche dieser Beschreibungen unserem Verständnis der Geschichte helfen, sie bieten aber meist nur das i-Tüpfelchen als signifikante Details der Geschichte zu erzählen. Je nachdem, wie hoch unsere Inferno- und Strahlenwerte sind – sozusagen unsere Intelligenz und unser Glaube – können wir mehr oder weniger viele Texte lesen. Insgesamt ist durch die direktere Präsentation der Geschichte und die dadurch tiefer geschriebenen Charaktere eine immersivere Welt, in der der Konflikt zwischen Gut und Böse gut spürbar ist, erschaffen worden. Das bedeutet aber nicht, dass wir nicht auch selbst etwas interpretieren können, um die wahren Beweggründe der Charaktere zu verstehen.

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Einmal Weltenwechsel bitte

Lords of the Fallen spielt in einer düsteren High-Dark-Fantasy-Welt, die von dunklen Prophezeiungen, Verrat und Katastrophen geplagt ist. Zudem findet sich hinter der eh schon düsteren Fassade eine weitere Ebene, nämlich eine Schattenwelt namens Umbral. Mithilfe unserer Laterne ist es uns möglich, einen Blick in diese zu werfen oder sogar komplett hinüberzuwechseln. Diese zweite Welt ist der eigentlichen zwar zu 95 % identisch, aber bietet immer wieder Öffnungen und Wege, wo in Mournstead nur Wände oder Abgründe sind. Dadurch sind wir immer wieder gezwungen, in diese Alternativwelt zu wechseln oder zumindest einen Blick hineinzuwerfen. Durch das Heben der Laterne wird nur das ins Licht gehüllte Gebiet umgewandelt und ermöglicht uns zum Beispiel durch Türen (die sonst Wände wären) zu gehen, ohne komplett die Welt zu wechseln.

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Hin und wieder müssen wir auch nach Umbral reisen, da bestimmte Spielelemente nur mit der Laterne aktiviert werden können, was aber nicht funktioniert, wenn wir damit gerade einen Blick in die Schattenwelt werfen. Da wir von überall aus in Mournstead nach Umbral gelangen können, aber nur an bestimmten Stellen in die andere Richtung, gibt uns das Spiel immer wieder Hinweise in Form von Motten, wann ein Wechsel sinnvoll ist. Je länger wir uns im Schattenreich aufhalten, desto aufmerksamer werden die Bewohner auf uns und locken immer stärkere Exemplare an. Aus den anfangs langsamen und unbeholfenen Ghoulen werden es über Magier, Todesritter bis zu sprichwörtlichen Sensenmännern immer mehr und stärkere Gegner. Als Lampenträger haben wir zusätzlich den Luxus, dass wir bei einem Ableben außerhalb Umbrals zunächst noch einmal an derselben Stelle dort wiederbelebt werden und nicht gleich zum letzten Ruheort zurückgeschickt werden. Erst bei diesem „zweiten Tod“ (in Umbral) verlieren wir unsere gesammelte Währung. Schaffen wir es also zunächst wieder nach Mournstead zurückzukehren, haben wir wieder einen entsprechenden Sicherheitsanker Genretypisch haben wir einmalig die Chance, unsere verlorene Kraft (äquivalent zu Seelen oder Runen) wieder einzusammeln. Ein interessantes Detail ist, dass hier auch Gegner die Chance haben, unsere liegengelassene Kraft einzusammeln. Diese rücken sie nur heraus, wenn wir der entsprechenden Entität den Garaus machen.

Überrestehopping

Wir bewegen uns für dieses Genre klassisch, immer in kurzen Abschnitten zwischen Überresten (so heißen hier die Ruheorte, äquivalent zu Bonfires in Dark Souls). Diese Abschnitte, also an sich die ganze Spielwelt, sind sehr detailliert und meist auch sehr verwinkelt. Eine Erkundungstour lohnt sich häufig, da sich viele versteckte Items und Truhen an abgelegenen Stellen verstecken. Das Leveldesign ist zwar an sich linear, dennoch sorgen die vielen kleinen begehbaren Wege, die freigeschalteten Abkürzungen als auch vertikale Abschnitte immer wieder für Verwirrung und das klassische „im Kreis laufen“. Auch wenn man noch unbedingt die „andere Abzweigung“ ausprobieren möchte, landet man am Ende oft wieder da, wo man bereits schon war. Das hat aber den positiven Effekt, dass man häufig Kisten oder Items findet, welche durch einen neuen Blickwinkel auf die bereits bekannten Orte ermöglicht werden.

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Kampf bis zum Umfallen

Das Kampfgeschehen ist einer der Hauptaspekte des Soulslike-Genres. In Lords of the Fallen sind die Elemente nicht komplett neu oder überraschend, aber ein paar Kniffe gibt es hier schon. Die Steuerung im Kampf verläuft sehr reibungslos und Animationen fühlen sich etwas flüssiger an als in anderen Vertretern des Genres. Wichtig sind auch hier Ausweichen, Blocken/Parieren und das Erlernen von gegnerischen Angriffsmustern. In der Offensive unterscheiden sich unsere Möglichkeiten sehr stark durch die verwendeten Waffen.

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Zusätzlich gibt es ähnlich zu Sekiro: Shadows Die Twice einen Standhaftigkeitswert, der bestimmt, wann wir die Chance auf einen kritischen Angriff haben. Schwere oder dauerhafte leichte Angriffe und Tritte senken diesen Wert und lassen unsere Widersacher irgendwann wanken, was die Möglichkeit für großen Schaden eröffnet. Auch unsere Geisterlaterne können wir im Kampf nutzen, um die sprichwörtliche Seele aus unseren Gegnern zu reißen, was genau dieselbe Möglichkeit für Schaden bietet. Allerdings braucht die Lampe dafür Aufladungen, die sich mit der Zeit und durch Austeilen von Schaden langsam wieder aufladen. Zusätzlich gibt es noch Magie und Fernkampfwaffen.

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Die Magie muss über einen Katalysator gewirkt werden und ist aufgrund der meist langen Cast-Zeit inmitten des Kampfgetümmels nur bedingt nützlich und verhindert einen Einsatz der Lampe. Für den Fernkampf können wir unterschiedliche Munition und Waffen anlegen, dabei ist der Schaden aber sehr begrenzt und diese Kampfart dient mehr dazu, Gegner wieder in Nahkampfreichweite zu bringen oder mit gezielten Schüssen Items von erhöhten Positionen zu holen. Der Kampf fühlt sich angenehm flüssig und angemessen wuchtig an.

Gut gemeinte Hilfe

Lords of the Fallen versucht vor allem am Anfang die Mechaniken mithilfe von Tutorial Pop-ups (die sich auch deaktivieren lassen) näherzubringen. Leider sind diese sehr selektiv in dem, was sie erklären, und komplette Neulinge müssen sich trotzdem einiges erarbeiten. Und auf der anderen Seite werden sie sehr prominent eingeblendet und enthalten viel Text, sodass manchmal ein Teil des Bildschirms verdeckt wird, was die Ausführung der entsprechenden Mechanik erschwert.

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So schön kann eine Apokalypse sein

Punkte, in denen Lords of the Fallen aber strahlen kann (Pun intended) sind definitiv die Grafik, Atmosphäre und Lichtstimmung. Die Szenerien, die Hexworks hier geschaffen hat, sind durchaus beeindruckend und lassen einen immer wieder innehalten, um die Gebäude und die gesamte Spielwelt auf sich wirken zu lassen. Der Detailgrad ist dabei enorm hoch und lässt sich ebenfalls nur außerhalb des Kampfes wertschätzen, da man im Gemenge gar nicht alles erfassen kann. Es gibt dynamische Schatten, die lauernde Gegner verraten können, und schöne Reflexionen, was für eine sehr dichte Atmosphäre sorgt. Insgesamt ist das Bild sehr stimmig und zeigt das von Krieg zerklüftete Land.

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In Umbral ist die Umgebung deutlich trostloser und mit vielen organischen „Dingen“ durchsetzt, was die Welt wenig willkommen heißend macht. Also auch hier komplett stimmig und authentisch. Ein Manko der Grafik ist, dass man ein gewisses Faible oder zumindest Toleranz für flache Farbpaletten haben muss, denn die Gebiete haben eine dominante Farbe und nur wenige Akzente. Ein Problem ist die Performance in größeren Gebieten oder wenn man mit beiden Welten interagiert, also beim Weltenwechsel oder beim „hinüber schauen“ in die Schattenwelt, kommt es zu deutlichen Framedrops und Stotterern. Alle Dialoge sind gut vertont und die häufigen Cutscenes gut und episch umgesetzt. Hier kommen allerdings selten vorgerenderte Szenen zum Einsatz, was teilweise seltsame Artefakte hervorruft.

Wenn es allein langweilig wird

In Lords of the Fallen ist ebenfalls ein Multiplayer-Feature vorhanden. Anders als wir es aber gewohnt sind, gibt es hier keine wirklichen Beschränkungen, was die Verfügbarkeit angeht. An jedem Ruheort hat man die Möglichkeit, einen Spieler einzuladen, Hilfe anzubieten oder in eine andere Instanz einzudringen. Ebenfalls neu ist, dass Coop-Unterstützung nicht bei einem Game-Over endet, sondern der Helfer zusammen mit dem Host zum letzten Ruheort zurückkehrt. Als Helfer wird man nicht wie im Singleplayer (oder als Host) beim ersten Ableben nach Umbral geschickt, sondern wechselt in eine Beobachter Perspektive und kann einmalig vom Host wiederbelebt werden. Sollte man dann noch einmal ausscheiden, kann nur noch dem Host beim Spielen zugesehen werden, bis dieser das nächste Mal rastet und uns so wiederbelebt.

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Fazit

In dem inzwischen etwas überschwemmten Markt der Soulslikes sticht Lords of the Fallen angenehm heraus. Die etablierten Bestandteile des Genres, also begrenzte Heilung, Checkpoint-System, Shortcuts und Verlust von Währung beim Ableben, sind gut umgesetzt. Ein Vergleich mit dem Genre namensgebenden Dark Souls besteht es ganz gut, auch wenn es in der Summe noch etwas roher beziehungsweise unbeholfener wirkt. Allerdings hatte Dark Souls auch schon mehrere Teile als auch mehr Zeit, um seine Mechaniken zu polieren und zu verfeinern. Gegen die anderen Spiele in diesem Genre macht das Werk von Hexworks auf jeden Fall eine gute Figur.

Der geringe Zusammenhang mit dem „Vorgänger“ kann zunächst etwas verwirren, da bis auf das Setting wenig gleichgeblieben ist. Die Cutscenes und Dialoge sind aber sehr stimmig und transportieren die Welt gut. Eine Erweiterung der eigentlichen Spielwelt durch eine zusätzliche Schattenversion stellt ein interessantes neues Element dar. Die Farbpaletten hätten in beiden Versionen aber gerne etwas ausgefallener sein dürfen.

Im Multiplayer/Coop ist die Internetverbindung anscheinend sehr wichtig und so kam es vor, dass ich als Helfer antizipieren musste, wo sich ein Gegner beim Host wirklich befindet, anstatt sich auf das bei mir dargestellte Bild zu verlassen. Hier ist noch etwas Nachbesserungsbedarf.

Wenn sich die Frage stellt, welches der zig Soulslikes als nächstes gespielt werden sollte, dann ist Lords of the Fallen auf jeden Fall ein guter Kandidat. Und auch Neulinge sollten aufgrund des einfacheren Schwierigkeitsgrades hier gut in das Genre eintauchen können.

Pro:
  • Dichte Atmosphäre
  • Atemberaubende Optik
  • Viele Rüstungen und Waffen
  • Doppelte Welt bietet mehr Möglichkeiten
  • Flüssiger Kampf
Contra:
  • Performance-Einbrüche
  • Multiplayer laggt etwas
  • Teilweise noch etwas roh im Spielgefühl
Story:
4 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Gameplay:
4 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Grafik:
5 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Sound:
3 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Atmosphäre:
4 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Unsere Wertung: 8.5 / 10
Spiel getestet auf: PC
Tjark

Tjark

Hat seit dem Gameboy jede Handheld-Generation ausgiebig genutzt. Es stehen vorallem Coop- und Multiplayer-Spiele hoch im Kurs.

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