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Review

Lost Words: Beyond the Page im Test: Eine wortgewandte Reise

Von Alex Jung am 11. April 2021. Getestet auf PS4. Zum Spiel hier klicken.

Mit Lost Words: Beyond the Page legt das britische Entwicklerstudio Sketchbook Games sein Debüt hin. Unterstützt werden sie dabei von Drehbuchschreiberin Rhianna Pratchett, unter anderem bekannt für die Storys von Heavenly Sword und dem gelungenen Tomb Raider Reboot aus dem Jahr 2013.

Zunächst exklusiv für Google Stadia, erscheint das Erstlingswerk nun nach gut einem Jahr auch für Nintendo Switch, Xbox One und die PlayStation 4. Punkten will das Indie-Abenteuer dabei mit seiner frischen Inszenierung und seiner emotionalen Geschichte. Wir haben für euch die PlayStation 4 Version unter die Lupe genommen und uns auf eine außergewöhnliche Reise begeben.

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Eine Geschichte von Verlust und Trauer

Das Aushängeschild von Lost Words: Beyond the Page ist ganz klar die hochemotionale Geschichte, die es erzählt. Und dabei geht es nicht einmal um die Rettung der Welt oder den epischen Kampf Gut gegen Böse. Denn Hauptfigur Izzy, ein lebensfrohes und sympathisches junges Mädchen, wird schlagartig mit einem schweren Schicksalsschlag in der Familie konfrontiert. Dieser stellt ihr gesamtes, wohlbehütetes und frohes Leben von einem Tag auf den anderen auf den Kopf.

Wir erfahren davon über Izzys Tagebuch, in dem sie all ihre Gedanken niederschreibt. Dem Spiel gelingt es dabei, die berührende Geschichte absolut glaubhaft und emotional zu transportieren und Izzys Gedanken gut rüberzubringen.

Großen Anteil daran haben zum einen natürlich die sehr guten englischen Sprecher, aber auch die hervorragende Musikuntermalung.

Natürlich liegt es auch an der vermeintlichen Alltäglichkeit, damit die Geschichte den Spieler so mitnimmt. Denn jeder von uns hat früher oder später mit Schicksalsschlägen im näheren Umfeld zu kämpfen. So ist es natürlich deutlich einfacher, sich in Izzy wiederzufinden und sich von der Emotionalität der Story mitnehmen zu lassen.

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Kampf dem Drachen

Doch so ganz ohne Rettung der Welt geht es natürlich auch in Lost Words: Beyond the Page nicht. Izzy würde selbst gerne irgendwann einmal Schriftstellerin werden. Zu Beginn des Spiels hat sie dann auch die Idee für eine Fantasy-Geschichte, an der sie zu schreiben beginnt. Die Heldin darin ist eine junge Frau, die ebenfalls einen schweren Schicksalsschlag verkraften muss. Ein Drache zerstört nämlich ihr Dorf und entführt die magischen Glühwürmchen, die eigentlich für den Schutz des Dorfes sorgen sollen.

Es liegt nun an der Heldin und damit natürlich an uns, den Drachen zu finden und die Glühwürmchen zu retten.

Dabei gelingt es Lost Words: Beyond the Page meisterlich, die beiden Welten miteinander zu verweben. Fühlt sich Izzy gut, ist auch die Heldin ihrer Geschichte beschwingt. Weiß Izzy irgendwann nicht mehr weiter, so versinkt auch die Heldin in Trübsal und Verzweiflung. Und ist Izzy wütend, so muss sich auch die Heldin damit auseinandersetzen.

Im Laufe der rund fünf- bis siebenstündigen Kampagne wachsen uns sowohl Izzy als auch die zunächst noch namenlose Heldin der Geschichte ans Herz. Dabei gefielen uns die Abschnitte mit Izzy sogar noch etwas besser, da die Emotionen bei ihrer Story deutlich besser rüberkommen. Aber auch die Abschnitte mit unserer Heldin konnten uns fesseln, auch wenn die Story letztlich etwas vorhersehbar ist. Doch darum geht es dem Spiel auch gar nicht. Wichtig ist es, eine emotionale Geschichte zu erzählen und nicht mit zahllosen dramatischen Wendungen zu überraschen.

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Die Qual der Wahl

An einigen Stellen im Spiel können wir aus mehreren Antwortmöglichkeiten wählen. Und auch drei vorgefertigte Namen und Hintergrundgeschichten sowie drei verschiedene Farben für Mantel und Amulett der Heldin stehen uns zur Auswahl. Wirkliche Auswirkungen auf die Geschichte hat dies allerdings nicht. Es ändern sich lediglich einige Dialoge geringfügig, aber die Grundgeschichte bleibt immer gleich.

Neben dem Kampf gegen den Drachen suchen wir in der Spielwelt natürlich auch die abhanden gekommenen Glühwürmchen. In jedem Abschnitt der Fantasy-Geschichte befindet sich dabei eine vorgegebene Anzahl davon. Mal findet man sie direkt auf dem Weg, mal muss man etwas knobeln und kleinere Nebenrouten finden.

Sollten wir einmal eines der Glühwürmchen verpassen, so können wir in der Regel nicht mehr zurückgehen. Nach Abschluss des Spiels können wir aber die einzelnen Kapitel nochmals aufrufen, um dann unsere Glühwürmchen-Sammlung zu vervollständigen.

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Ein zweigeteiltes Spiel

Wie schon anhand der Story erkennbar, unterteilt sich Lost Words: Beyond the Page in zwei unterschiedliche Spielabschnitte, auch wenn das Grundprinzip bei beiden gleich bleibt. Im Kern ist Lost Words: Beyond the Page ein 2D-Plattformer. Wir springen munter durch die seitlich fortbewegende Welt und lösen kleinere Umgebungsrätsel. Einen genialen Kniff gibt es allerdings, der das Spiel einzigartig macht. So wird jedes gesprochene oder sogar gedachte Wort im Spiel auch abgebildet.

In Izzys Fall betrifft dies ihr Tagebuch. Jede zunächst leere Seite wird von ihr mit Sätzen gefüllt, die unserer Spielfigur dann als Plattform dienen. Manche Worte sind dabei Signalwörter, über die wir die nächste Aktion oder den nächsten Satz auslösen. Auch gibt es so manchen optionalen Eintrag.

Richtig dynamisch wird das Ganze dadurch, dass einige Wörter besonders hervorgehoben sind. Diese Worte können wir per Tastendruck und rechtem Analogstick beliebig im Tagebuch verschieben. Auf diese Art erschließen wir neue, vorher nicht als erreichbar geglaubte Abschnitte. Oder wir vollenden Sätze, die bereits mit Platzhalter niedergeschrieben sind.

Da wir mit dem linken Analogstick gleichzeitig unsere Spielfigur steuern, könnte man nun meinen, dass das Ganze irgendwann in Hektik ausartet. Aber glücklicherweise ist das Spieltempo hier sehr gemächlich. Die einzelnen Sprungabschnitte sind letztlich nur kleine Rätsel ohne Zeitdruck, in denen wir einfach nur den richtigen Weg finden müssen.

Fallen wir doch einmal an einem Satz vorbei und landen außerhalb des Buches, werden wir in Nullkommanichts wieder an den Anfang der Seite zurückgesetzt. Ein Game Over kann uns im Spiel nicht passieren. Haben wir eine Seite beendet, öffnet sich ein kleines Fenster zur nächsten, durch das wir hindurch gelangen müssen.

Verfeinert wird das Ganze durch das zeichnerische Talent von Izzy, die ihr Tagebuch stellenweise wunderschön illustriert. Auch hier müssen wir interagieren, in dem wir beispielsweise mit einem Schlüsselwort über leere Rahmen wischen und damit deren Inhalt aufdecken. Oder wir radieren ungeliebte Bilder damit aus. Teilweise sind diese Illustrationen sogar animiert. Das Artdesign der Tagebuch-Abschnitte ist absolut gelungen und eins der Aushängeschilder des Spiels.

Ähnlich funktionieren auch die Abschnitte innerhalb der Fantasy-Geschichte. Allerdings bereisen wir hier eine in stimmungsvoller Cartoon-Optik dargestellte Spielwelt mit verschiedenen Klimazonen. So müssen wir auf unserer Reise unter anderem einen dichten Wald durchqueren, uns durch eine sandige Wüste kämpfen oder den Meeresgrund erforschen. Die im Spiel gesprochenen Wörter tauchen auch hier in der Spielwelt auf, dienen dabei aber lediglich als hübsch in die Welt gesetzte Untertitel.

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Das Buch der Wörter

Doch schließlich geht es in Lost Words: Beyond the Page ja um Worte. Und die spielen dann auch in der Fantasy-Geschichte eine wichtige Rolle. Unsere Heldin besitzt nämlich die magische Fähigkeit, mit Worten zu zaubern. Über ein mitgeführtes Buch, welches wir jederzeit aufklappen können, kann sie einzelne Schlagworte wie schweben oder brennen auswählen. Fährt man mit einem solch ausgewählten Wort über eine speziell markierte Stelle in der Spielwelt, können wir dort interagieren. So heben wir beispielsweise Plattformen an, um eine höher gelegene Stelle zu erreichen. Oder wir entzünden Fackeln in einer dunklen Tempelanlage.

Manche der magischen Worte sind dauerhaft verfügbar, andere nur für einen bestimmten Abschnitt. Die Auswahl bleibt dabei aber überschaubar, genauso wie die Rätsel an sich. Zwar verbringen wir den Hauptteil der Spielzeit mit dem Lösen der kleineren Umgebungsrätsel. Wirklich knifflig werden diese aber nicht. Auch gibt es immer nur eine Art, ein solches Rätsel zu lösen. Da der Fokus des Spiels auf der Geschichte liegt, geht das soweit natürlich in Ordnung. Rätselfreunde sollten sich aber darüber im Klaren sein, dass sie hier so gut wie kein spielerischer Anspruch erwartet.

Mit dem Fokus auf die Geschichte und dem nahezu kompletten Verzicht auf Kämpfe erinnert Lost Words: Beyond the Page dabei an Genre-Größen wie Journey oder Abzu.

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Buchstabensalat

Technisch gibt sich Lost Words: Beyond the Page wenig Blöße. In der Ursprungsfassung für Google Stadia tauchten hin und wieder noch unschöne Ruckler auf. Davon bleibt die PS4-Version glücklicherweise weitestgehend verschont, von ein paar kleineren Framerate-Drops zu Beginn eines neuen Abschnitts mal abgesehen.

Leider wurden aber andere Fehler der Stadia-Version mit übernommen. So sind zwar sämtliche Bildschirmtexte ins Deutsche übersetzt, aber dabei haben sich an ein paar Stellen Fehler eingeschlichen. So ergeben Sätze keinen Sinn oder die Formatierung der eingesetzten Worte stimmt nicht ganz überein.

Wirklich störend empfanden wir dies zwar nicht, da es nicht sehr häufig vorkommt. Es wäre aber schön gewesen, diese Fehler nach einem Jahr der Veröffentlichung ausgebügelt zu haben.

An einer Stelle hatten wir zudem einen Bug, nach dem wir das Spiel neu laden mussten. Da die Ladezeiten aber äußerst kurz sind und die Checkpoints mehr als nur fair gesetzt, hatte dies keine große Auswirkung.

Fazit

Der Test zu Lost Words: Beyond the Page war eine Spontanentscheidung meinerseits. Und ich habe es keine Sekunde bereut. Gerade die Tagebuch-Abschnitte und die hochemotionale Geschichte rund um Trauer und Verlust in Verbindung mit dem wirklich tollen Soundtrack haben mich gut abgeholt. An einigen Stellen hatte ich durchaus einen Kloß im Hals. Aber man muss sich darauf einlassen. Wer nur mit Fokus auf das innovative, aber auch wenig herausfordernde Gameplay an das Spiel herangeht, der wird wahrscheinlich enttäuscht sein. Allen Freunden einer emotionalen Story sei das Spiel aber nahegelegt. Euch erwartet eine tolle, wenn auch traurige Reise.

Pro:
  • Emotionale Geschichte
  • Gelungener Soundtrack
  • Quasi zwei Spiele in einem
  • Tolle Inszenierung der Tagebuch-Abschnitte
  • Innovatives Spielprinzip
Contra:
  • Kleine Übersetzungsfehler im Text
  • Extrem simple Rätselmechanik
  • Keinerlei spielerische Herausforderung
  • Kleinere Framerate-Drops und Bugs
Story:
5 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Gameplay:
3 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Grafik:
4 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Sound:
5 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Unsere Wertung: 7.5 / 10
Spiel getestet auf: PS4
Alex Jung

Alex Jung

Seit dem ersten Gameboy begeisterter Konsolenzocker. Neben Rennspielen, Action-Adventures und JRPGs sind auch Indie-Perlen gerne im Laufwerk gesehen. Zu den Lieblingsspielen gehören GTA Vice City, Metal Gear Solid, Overboard, Ys VIII, die Uncharted- und Forza-Horizon-Reihe sowie Gran Turismo 7.

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