Mega Man Battle Network Legacy Collection im Test: Mit Nostalgie durch das Netz

Mit der Mega Man Battle Network Legacy Collection sind die ehemaligen GameBoy-Advance-Spiele jetzt auf vielen Plattformen (Nintendo Switch, PlayStation 4 und Steam) zugänglich. Die Collection ist in zwei Volumes aufgesplittet, die zusammen alle sechs Battle Network Teile enthält (zehn, wenn man die Varianten mitzählt). Diese können entweder separat oder zusammen erworben werden. Ob sich das Abenteuer knapp 20 Jahre nach dem Initialrelease auf neuer Hardware lohnt, erfahrt ihr im Test.

An die neue Technik angepasst

Wie schon bei bisher erschienenen Rereleases von Capcom Games starten wir in ein universelles Hauptmenü, in dem wir dann das gewünschte Spiel dediziert starten können. Begrüßt werden wir hier von einer 3D-Version des namensgebenden Netnavi Mega Man, der immer den einen oder anderen flotten Spruch auf Lager hat. Je nach Volume können wir Teil 1-3 oder 4-6 und gegebenenfalls die Version (ab Teil drei gibt es immer zwei Versionen mit leichten Unterschieden, ähnlich zu Pokémon) auswählen. Zusätzlich finden wir hier noch eine Bildergalerie mit Konzeptzeichnungen oder ähnlichem und ein Soundstudio, in dem wir uns den Soundtrack anhören oder sogar neue Stücke entdecken können. Der Inhalt der jeweiligen Galerien wird mit dem Fortschritt in den Spielen immer weiter freigeschaltet. Auch können wir die Größe des ausgespielten Bildes anpassen. Da man davon ausgehen kann, dass wir auf einem Bildschirm spielen, der größer als der Originalbildschirm des GBA (240×160 Pixel) ist, können wir die Skalierung anpassen, Kantenglättung und einen bildschirmfüllenden Rand auswählen. In den Originalteilen wurden über Aktionen Zusatzchips und besondere Upgrades verteilt, auch auf diese muss man nicht verzichten, da man sie über ein Ingame-Menü abrufen kann. Auch der Versus-Modus ist nachgebildet worden und lässt sich mit moderner Hardware nutzen. Es handelt sich hier also um eine wirklich ganz und gar komplette Kollektion aller Inhalte und sogar einiger Boni. Auch gibt es mit dem „Megabuster Mode“, der den Schaden des Standardangriffes deutlich erhöht, quasi einen leichten Schwierigkeitsgrad in jedem Spiel.

Internet mal anders

Die Battle Network Reihe spielt im 21. Jahrhundert, in einer Welt, die maßgeblich vom Internet beherrscht wird. Menschen sind in der Lage, mit nahezu jedem elektronischen Gerät zu interagieren, dazu nutzen sie virtuelle Avatare, sogenannten Netnavis. In der Geschichte schlüpfen wir immer in die Rolle von Lan Hikari beziehungsweise seines Partners MegaMan.exe. Lan ist der Sohn eines führenden Wissenschaftlers und anfangs Fünftklässler in ACDC-Town. Jedes Spiel geht über die Länge eines Schuljahres, sodass wir die Protagonisten im Laufe ihrer Schullaufbahn begleiten. Die Lieblingsbeschäftigung der beiden ist das „NetBattle“, ein virtueller Kampf gegen andere Avatare oder Viren, und das Lösen von Kriminalfällen im Netz. Der Antagonist in nahezu allen Teilen ist die Organisation WWW (World Three), die mit verschiedenen Viren und Methoden versucht, das Internet und damit die ganze Welt zu zerstören oder zumindest in Chaos zu stürzen. Ihre Werkzeuge sind dabei mächtige Viren, legendäre Cyberbiester oder sogar eine Beta-Version des Internets. Das Mastermind hinter der Organisation wechselt zwar häufiger, aber die Vorgehensweise bleibt meist recht gleich. Die Namen, die uns hier begegnen, kennen wir teilweise aus den originalen Mega Man Spielen, aber es gibt außer gleichen Namen keinerlei Bezug auf oder Gemeinsamkeiten mit den Plattforming-Shooter-Titeln. An der Seite Lans und Mega Mans kämpfen immer die treuen Freunde Mayl (mit Netnavi Roll), Dex (mit Netnavi Gutsman) und Yai (mit Netnavi Glide). Zusammen schaffen sie es jedes Mal, WWW den Tag zu vermiesen. Mega Man wächst dabei stets an der Herausforderung und kann sich mit verschiedenen Freunden oder sogar Feinden fusionieren, um temporär neue Formen anzunehmen. Das macht ihn im Kampf sehr anpassungsfähig und mächtig.

Laufen im Netz

Das Gameplay ist sehr gleichförmig über alle Teile und enthält in den neueren nur ein paar Quality-of-Life-Änderungen. Das zentrale Element ist, dass wir uns als Lan in viele Geräte „einklinken“ können. Dadurch landen wir als Mega Man in einem virtuellen Raum, der entweder nur eine kleine Plattform bietet (bei nicht internetfähigen Geräten) oder eben mit anderen Geräten verbunden ist. Dadurch entstehen ganze Labyrinthe und Highways von Wegen. Für die Rätsel und Kriminalfälle müssen wir uns meist in der realen und digitalen Welt umherbewegen und verschiedene Gegenstände einsammeln. Selbst die Antworten für Quizze liegen als einsammelbare Gegenstände versteckt in Bereichen. Alle Spiele haben gemein, dass ein gewisses eigenes Kombinationsgespür gefragt ist, es gibt nur eine Beschreibung des nächsten Schrittes und keine detaillierte Handlungsanweisung oder Questmarker.

Kämpfen wie auf dem Schachbrett

Während wir als MegaMan.exe unterwegs sind, können wir in den meisten Bereichen auf Viren treffen. Die Art, Anzahl und Stärke der Viren hängt dabei vom jeweiligen Bereich ab. Das sind Zufallsbegegnungen, die nicht vorher gesehen werden können. Der Kampf wird auf einem Brett von drei mal sechs Feldern ausgetragen. Dabei sind die linken drei mal drei Platten das eigene Territorium, während die rechte Hälfte den Viren vorbehalten ist. Es kann sich in geraden Schritten von Feld zu Feld bewegt werden, aber nur im eigenen Gebiet. Als Waffe dient Mega Man standardmäßig ein Blaster, der allerdings eher mäßig Schaden macht. An dieser Stelle kommen die Kampfchips ins Spiel, diese lösen auf Knopfdruck unterschiedliche Angriffe oder sonstige Fertigkeiten aus. Wir haben eine Art Deck, aus dem wir eine „Hand“ von fünf Chips ziehen und können in einer kurzen Auswahlrunde, während der der Kampf pausiert wird, ein paar davon an Mega Man schicken und haben die Möglichkeit, diese bis zur nächsten Runde zu benutzen. Welche und wie viel wir auswählen können, hängt sowohl von der Art als auch dem zugewiesenen Buchstaben ab. Wir können entweder gleiche Arten oder gleiche Buchstaben kombinieren. Das Chip-Menü lässt sich erst wieder öffnen, sobald eine Leiste am oberen Bildrand gefüllt ist. Neben direktem Schaden sind die Chips auch in der Lage, viele andere nützliche Effekte auslösen. Dazu gehören zum Beispiel Heilung, Verstärken anderer Chips, Zerstören oder „Klauen“ von Feldern oder Ändern der Feldtypen. Je nach Spiel gibt es hier noch weitere Features, wie das Verzichten auf Chips in einer Runde, um beim nächsten Mal eine größere Auswahl zu ziehen. Aber solche Mechaniken sind immer auf einzelne Teile beschränkt, sie wiederholen sich nicht und machen die Teile dadurch zumindest in kleinen Aspekten einzigartig.

Verwandlungen und Upgrades

Auch außergewöhnlich und je nach Spiel unterschiedlich sind die Verwandlungen und der Name für diese Mechanik. Teilweise sind diese zeitlich beschränkt oder lassen sich im Kampf über einen extra Knopf triggern. Die Effekte sind dabei sehr unterschiedlich, aber alle bringen uns im Kampf einen großen Vorteil. Sei es, weil die restlichen Chips verstärkt werden oder unser Standardangriff um ein Vielfaches mächtiger wird. Teilweise wirken sich die Verwandlungen auch außerhalb des Kampfes aus und werden benötigt, um Rätsel zu lösen, zum Beispiel um gewisse Barrieren aus dem Weg zu räumen. Auch ist es in jedem Teil möglich, Mega Man aufzuwerten, entweder mit einfachen Upgrades, die zum Beispiel das Leben oder den Schaden um ein paar Punkte erhöhen. Oder mit mächtigeren Programmchips, die nur in einer gewissen Logik zusammen funktionieren. Dadurch kann Mega Man auch „buggen“ und negative Effekte erhalten, wie beispielsweise einen konstanten Lebensverlust.

Die Grafik ist auch über alle Teile hinweg sehr ähnlich, was der zugrundeliegenden Hardware geschuldet sein sollte. Die Ansicht ist in der kompletten Spielwelt aus der isometrischen Perspektive und wechselt nur während der Kämpfe in eine seitliche 2,5D-Ansicht. Sprites werden mit dem Fortschreiten der Reihe zwar an manchen Stellen detaillierter, aber da die ROM Größe auf dem GBA sehr limitiert war, ist das nur bis zu einem gewissen Grad möglich. Und der neue Filter kann auch nur einen Teil der Kanten glätten (für das Originalfeeling kann dieser auch deaktiviert werden). Die Schrift wurde in dieser Neuauflage an den meisten Stellen aber durch eine hochauflösende Variante ersetzt, was das Lesen der Dialoge um einiges angenehmer macht. Cutscenes bestehen aus automatisch ablaufenden Dialogen und beinhalten keine eigentlichen Videosequenzen.

Fazit

Da die Battle Network Spiele damals unter den ersten meiner selbst gekauften GameBoy-Spiele waren, war diese Kollektion für mich die reinste Nostalgie. Die Spiele wurden nicht viel verändert, haben aber an den richtigen Stellen ein paar Modernisierungen spendiert bekommen. Dadurch ist für mich das Originalgefühl erhalten geblieben, aber lässt sich eben auch heute noch gut spielen. Dass alle Teile doch sehr ähnlich sind, ist mir erst jetzt beim „Back to Back“ Spielen aufgefallen. Das Tutorial ist (zumindest, was die Chips angeht) sogar über alle Titel komplett identisch. Genau diese wenigen Neuerungen sind die größten Kritikpunkte der späteren Einträge. Während in den ersten Teilen noch sinnvolle neue Aspekte und Erweiterungen eingebaut wurden, muss es in den späteren die Story rausreißen, was auch einigermaßen gut gelingt. Der Port ist gut umgesetzt und lässt nichts zu wünschen übrig und auch alle Titel sind immer noch gut, aber nicht mehr so bahnbrechend, wie es sich damals angefühlt haben. Dennoch kann ich die Mega Man Battle Network Legacy Collection jedem empfehlen, der sich nach Nostalgie sehnt oder das doch einstmals einzigartige Gameplay erleben will.