METAL GEAR SOLID: MASTER COLLECTION Vol. 1 im Test: Schleichen für den Weltfrieden

Konami hat sich zum 35. Geburtstag der Serie entschieden, seine beliebte Taktik-Spionagereihe Metal Gear Solid nun auch auf den neusten Plattformen verfügbar zu machen. In diesem Bundle sind die ersten drei Teile (Metal Gear Solid, Metal Gear Solid 2: Sons of Liberty, Metal Gear Solid 3: Snake Eater) und Einiges an Bonusmaterial enthalten. Wie die „1“ am Ende aber schon vermuten lässt, wird noch ein weiteres Bundle erscheinen, das die restlichen Teile enthält. Die Spiele lassen sich auch einzeln kaufen und enthalten dann ihre spezifischen Bonusinhalte, beim Kauf der Collection bekommen wir aber noch ein bisschen mehr und auch exklusiv Metal Gear (nicht Solid) 1 und 2.

Wie zu erwarten war, werden uns nicht einfach nur die teilweise über 30 Jahre alten Spiele präsentiert. Stattdessen erwarten uns die bisher besten (und vollständigsten) Versionen, die es gibt — also die HD-Auflagen, die 2012 in der HD-Collection erschienen sind. Bei jedem Teil sind auch alle DLCs, Zusatzmissionen und andere Bonusinhalte wie ein Transkript der Story und das „Digital Master Book“ inklusive. Jedes Spiel ist in einer Vielzahl an Sprachen verfügbar, dabei sind die Saves aber zwischen den verschiedenen Regionen (Asien, Amerika, Europa) inkompatibel. Es handelt sich hier um die geporteten und leicht grafisch aufgewerteten Originalspiele, an denen sonst nichts verändert wurde. Es bleibt also bei einer Spielerfahrung, die relativ nah an der Version der Playstation 1 bzw. 2 ist — im Gegensatz zu Metal Gear Solid Δ (Delta): Snake Eater, das ein von Grund auf neu entwickeltes und modernes Remake von MGS3 sein und erst später noch erscheinen wird.

Metal Gear Solid 1

Das erste Metal Gear Solid ist der Beginn der beliebten Spielereihe und verliert nicht viel Zeit mit Einführungen, sondern wir starten direkt per Cutscene in eine Mission. Mit diesem Spiel setzte Hideo Kojima neue Maßstäbe in Sachen Storytelling, Charakterentwicklung und immersiven Gameplaymechaniken. Die Handlung ist auch, ohne von Anfang an komplett verständlich zu sein, fesselnd und überzeugt immer wieder mit unerwarteten Momenten.

Angesetzt in einer alternativen Realität, in der der Kalte Krieg sich noch bis in die 90er-Jahre weitergezogen und noch unzählige Waffen und Spionagesysteme hervorgebracht hat, spielen wir Solid Snake, einen legendären Spion, der eine von Terroristen besetzte Nuklearwaffen-Entsorgungsanstalt infiltrieren muss. Währenddessen befreit er verschiedene Geiseln, sabotiert die Waffen der Terroristen und stellt sich letztendlich immer wieder den Hauptakteuren der Terror-Organisation entgegen. Diese sind ihm erstaunlich vertraut und allesamt desertierte Spezialkräfte aus seiner ehemaligen Einheit.

Das Besondere war damals die Vermischung von Stealth-Elementen, Taktik und Action-Passagen. Da wir immer nur begrenzte Ressourcen zur Verfügung haben und Gegner immer misstrauischer werden, je häufiger wir gesehen werden, müssen wir meist versteckt agieren und Feinde nur im Notfall wirklich ausschalten. Taktische Positionierung und ein Ressourcen schonendes Vorgehen sind hier der Schlüssel zum Erfolg. Action kommt nur zum Tragen, falls wir entdeckt werden oder auch in manchen nicht vermeidbaren offenen Konfrontationen, wie zum Beispiel in Bosskämpfen. Hilfe erhalten wir von verschiedenen Personen über ein Intercom, also eine Art Funkgerät. Vorwiegend werden hier nur Tipps oder Storystückchen vermittelt, aber manchmal öffnet sich auch ein neuer Weg und selbst zum Speichern müssen wir eine bestimmte Frequenz anfunken. Die Geschichte mit dem zentralen Element Krieg, aber auch der menschlichen Natur, ist bis heute recht einzigartig. Die immer wieder überraschenden Kniffe und das Durchbrechen der vierten Wand sind in vielen Listen zu Top-Gaming-Momenten zu finden. (Solltet ihr noch nicht wissen, was ich meine, und das Spiel noch spielen wollen, dann schaut erst im Nachhinein in solche Listen!)

Grafik und Sounddesign sind heute etwas veraltet und auch die „HD-Version“ kann heutigen Standards nicht mehr wirklich entsprechen, aber die Ursprünge der Serie sind hier gut zu erkennen und zum originalen Erscheinungsdatum war es ein bahnbrechendes Meisterwerk. Die Steuerung wurde auf heutige Controller angepasst. In diesem Teil sind alle Spezialmissionen enthalten und sogar eine bisher Japan exklusive kurze Zusatzkampagne.

Metal Gear Solid 2: Sons of Liberty

Ähnlich wie im ersten Teil beginnen wir auch in diesem wieder als Solid Snake, der sich mitten auf einer Infiltrationsmission befindet. Wegen alter Bekannter geht die Mission aber letztlich schief und Snake geht zusammen mit dem infiltrierten Tanker unter. Das hat zur Folge, dass wir diesen Teil in der Rolle von Raiden, einem deutlich jüngeren Agenten, erleben. Dieser wird auf eine Mission geschickt, um den von Terroristen entführten US-Präsidenten zu retten. Im Zuge dieses Auftrags treffen wir viele Charaktere (darunter auch bekannte) und enthüllen eine Verschwörung, die das Wohlergehen der gesamten Menschheit beeinflussen könnte. Auch hier ist die Geschichte sehr komplex, befasst sich diesmal aber eher mit den zentralen Themen Natur, Realität und der Frage, was Freiheit überhaupt ist.

Der nach der Jahrtausendwende erschienene Nachfolger konnte natürlich von den Verbesserungen der Hardware (das Spiel erschien auf der PS2 und nicht mehr auf der PS1) profitieren und so ist die erste Änderung, die auffällt, natürlich eine deutlich bessere Optik. Aber nicht nur verbesserte Charaktermodelle und Texturen kamen zum Einsatz, sondern die ganze Spielwelt ist deutlich interaktiver und lebendiger. Fenster zersplittern, Flüssigkeiten reagieren authentisch und auch andere Kleinigkeiten, die die Immersion deutlich verstärken, wurden mit eingebaut. Das Gameplay hat ebenfalls eine Evolution erfahren und bietet deutlich mehr Möglichkeiten. Zum Beispiel können Gegner jetzt aus der Deckung heraus gepackt werden, es kann sich an Wände gedrückt werden und man hat die Möglichkeit, erledigte Schurken in Kisten oder ähnlichem zu verstecken. Auch der zweite Teil kann mit einer tiefen Story, philosophischen Themen, einem gewissem Witz und spieltechnischen „Wow“-Momenten punkten. Er bildet zudem die logische Evolution der Reihe. Auch hier sind wieder alle zusätzlichen Missionen und Herausforderungen enthalten.

Metal Gear Solid 3: Snake Eater

Der dritte Teil ist zwar auf derselben Plattform (PS2) erschienen wie der zweite, aber fühlt sich nochmal deutlich moderner an. Wer die Spiele von Kojima kennt, der wird hier gleich wie gewohnt empfangen, nämlich mit fast einer Stunde an Cutscenes und einem an James Bond erinnernden Credit-Opening, in dem häufiger auch sein Name zu lesen ist.

Beim dritten Teil handelt es sich aber um keine Fortsetzung, sondern um ein Prequel, das die Geschichte von Naked Snake (dem Vorgänger von Solid Snake) während des Kalten Krieges im Jahr 1964 erzählt. In dieser politisch sehr angespannten Situation wird der Top-Agent nach Russland geschickt, um den sowjetischen Wissenschaftler Sokolov wieder in die USA zu überführen, nachdem dieser im Zuge eines Austausches in seine Heimat zurück musste. Allerdings erfährt er dort von der Superwaffe „Shagohod“ und soll diese selbstverständlich zerstören. Zu allem Überfluss wendet sich aber seine Mentorin, The Boss, gegen die USA und entführt zusammen mit dem sowjetischen General Volgin sowohl Sokolov als auch den „Shagohod“. Von inneren Konflikten zerfressen macht sich Snake an die Verfolgung seiner ehemaligen Mentorin und den von ihr ausgebildeten Spezialkräften. Die Geschichte ist hier deutlich emotionaler und mehr auf die Charaktere konzentriert. Durch den Prequel-Charakter treffen wir auf viele neue Figuren und bei den bereits bekannten werden die Verbindungen zu späteren Ereignissen deutlich klarer.

Da es sich hier wie gesagt um ein Prequel handelt, das deutlich früher angesiedelt ist, müssen wir auf viele technische Gadgets verzichten. Da sich das Setting aber vorwiegend nicht in modernen Umgebungen, sondern zum Beispiel im russischen Dschungel abspielt, gibt es ein neuartiges Tarnungssystem. Bei diesem kann beziehungsweise muss, je nach Untergrund, eine unterschiedliche Tarnung angezogen werden, um von Gegnern weniger schnell entdeckt zu werden. Zum Beispiel gibt es Flecktarn für hohes Gras, Rinde für dichte Wälder und schlichtes Schwarz für nächtliche Einsätze. Zusätzlich kann hier das erste Mal gejagt werden und wir müssen unsere erlittenen Wunden gezielt versorgen, um keine Einschränkungen zu haben. Das Nahkampfsystem wurde auch deutlich ausgebaut und man kann die Feinde jetzt auch im offenen Nahkampf überwältigen. Diese emotionale Reise durch die russische Wildnis ist insgesamt etwas langsamer, aber dafür sehr intensiv und büßt nichts vom Charme der Serie ein.

Master Collection

In dieser Collection sind wie gesagt die bisher besten Versionen der Spiele enthalten, allerdings ohne dass sie für diese Veröffentlichung nochmals bearbeitet wurden. Das heißt, alle Spiele sind auf dem Stand der „Metal Gear Solid HD-Collection“. Den Originalspielen wurden dadurch bessere Texturen, eine höhere Framerate, ein auf 16:9 angepasstes Bild, Trophäen und Erfolge sowie eine angepasste Steuerung hinzugefügt. Zudem basieren alle Spiele auf der „Substinence“-Version — das sind erweiterte Varianten mit zusätzlichen  Bonusmissionen. In dieser Collection sind außerdem noch weitere Bonusmaterialien wie Digital Artbooks, der Soundtrack und ein komplettes Transkript der Dialoge enthalten. Beim Erwerb der kompletten Collection (und nicht nur der einzelnen Spiele) kommt zudem noch ein Port der NES-Spiele Metal Gear 1 und 2 oben drauf.

Fazit

Jeder Teil hat eine tiefe und spannende Story, die immer ganz eigene Schwerpunkte setzt. Dabei werden viele politisch und philosophisch relevante Themen behandelt, die auch nicht immer ganz leicht zu verdauen und deswegen auch schnell mal verwirrend sind. Zudem hat jeder Teil das Stealth-Action-Genre aufs Neue revolutioniert. Dabei setzt jeder Teil seinen eigenen Fokus und unterscheidet sich merklich von den anderen. Selbst Personen, die noch nie ein Spiel der Reihe gespielt haben, haben sicherlich schon von einigen der ikonischen Charaktere gehört. Genauso sind die technischen Kniffe weit bekannt — diese sollen aus Spoilergründen hier aber nicht näher erläutert werden. Die Settings, die gezeichnet werden, sind intensiv und packend. Die Spiele waren zu ihrem Erscheinungszeitpunkt zudem immer auf dem neusten technischen Stand und haben neue Maßstäbe gesetzt, was Grafik und Interaktivität angeht.

Durch den eher hohen Schwierigkeitsgrad, der sich auch nur bedingt anpassen lässt (eigentlich gibt es nur in MGS3 einen wirklichen „easy“-Mode), sind die Spiele nicht unbedingt die einsteigerfreundlichsten. Man merkt es den Titeln außerdem an, dass sie einer großen Vision von Hideo Kojima entsprungen sind — das bedeutet stundenlange Zwischensequenzen, konfliktbehaftete Dialoge, bedeutungsschwangere Cliffhanger, aber auch ein hohes Maß an Qualität und Atmosphäre. Diese Collection enthält zweifelsohne richtig gute Spiele, ob sich der Preis für eine reine Portierung auf aktuelle Plattformen und etwas zusätzliches Bonusmaterial lohnt, muss jeder für sich selbst entscheiden. Für mich hätte es für Vollpreis gerne etwas mehr sein dürfen, was sich in meiner Finalwertung widerspiegelt. Wer aber die Ursprünge der Spieleserie erfahren will, der ist hier an der richtigen Stelle.