Metro Awakening im Test: Überzeugt der U-Bahn-Grusel in VR?
Nach Metro Exodus wird die beliebte Shooter-Reihe mit Metro Awakening fortgesetzt. Diesmal findet das Ganze allerdings exklusiv in der virtuellen Realität statt. Wie sich das Horror-Setting der Moskauer Metro auf der PSVR2 schlägt, verraten wir euch im Test.
Home, sweet home
Unser VR-Abenteuer beginnt in unserem beschaulichen Apartment in der Metro, das direkt mit der bekannten bedrückend melancholischen Atmosphäre der Reihe aufwartet und uns mit nachdenklichen Klavier- und Streicherklängen empfängt. Während wird den Gast vor unserer Tür, der vehement dagegen hämmert, erst einmal ignorieren, haben wir die Chance, die detailliert gestaltete und mit sehr viel Liebe eingerichtete Einzimmerwohnung zu erkunden und entdecken dabei zahlreiche Interaktionmöglichkeiten, die direkt die Vorteile einer VR-Umsetzung zeigen. So können wir überall Bücher greifen, in der Hand drehen und von allen Seiten betrachten. Wir dürfen Kisten öffnen und deren Inhalt zwischen unseren Fingern drehen, was sich dank der großartigen Bewegungserkennung der PSVR2-Controller äußerst realistisch anfühlt. Auch die Stimmung des Apartments, das von schwachem Licht beleuchtet, mit bis zur Decke voll gestopften Regalen ausgestattet und von einer morbiden Gemütlichkeit erfüllt ist, wurde grandios umgesetzt. Richtig toll fanden wir die Gitarre und das Klavier, die wir beide auch spielen können, wenn auch zumindest bei der Gitarre etwas umständlich. Beim Klavier hingegen zeigt sich eine weitere Stärke der PSVR2, denn dank der Fingererkennung der Controller merkt das Spiel, wie viele Finger wir am Controller haben und bewegt entsprechend auch einzelne Finger auf der Klaviatur. Ja, das Ganze ist noch nicht zu hundert Prozent ausgereift, macht aber definitiv schon richtig Spaß und zeigt, was mit fortschrittlichen VR-Technologien schon alles geht.
Der Fremde vor unserer Tür, dem wir dann endlich auch einmal Einlass gewähren, stellt sich als Evgeniy vor und ist gekommen, um uns für einen Termin bei Sergej abzuholen, den wir wenig später kennenlernen. Unsere eigene Figur hört auf den Namen Serdar, sodass wir das neue Metro Abenteuer mit einem frischen Protagonisten starten. Wir durchwandern die engen Gänge des Quartiers und dürfen dabei auch einen Blick auf andere Bewohner werfen, die wir zum Beispiel beim Essen oder Schlafen oder auch beim Musizieren oder im Dialog beobachten können. Die Enge der Umgebung ist dabei hervorragend eingefangen, nicht zuletzt aufgrund der sehr schön umgesetzten Einrichtung um uns herum. Alles schreit nach Vergangenheit, nach Verfall und auch nach Improvisation, sodass das Leben in der Metro, das die Überlebenden des Atomkriegs täglich vor neue Herausforderungen stellt, glaubhaft wiedergegeben wird, zum Beispiel mit amateurhaft zusammengeschusterten Wänden, eigentümlichen Käfig- und Wellblechkonstruktionen, wärmenden Feuertonnen oder alten Metrobänken, die aus den Waggons herausgerissen und in den Tunneln als Sitzgelegenheit platziert wurden. Wir erkunden die Umgebung aus der Egoperspektive heraus und dürfen uns, wenn wir uns für die entsprechende Einstellung im Menü entschieden haben, frei umsehen und auch frei im Raum bewegen, was der Immersion natürlich richtig gut tut. Wer Probleme mit Übelkeit in der virtuellen Realität hat, kann sich aber auch für eine eingeschränktere Bewegung mit Teleportationspunkten entscheiden, die der Motion Sickness entgegen wirkt. Spielen können wir übrigens auf Wunsch sowohl im Sitzen als auch im Stehen, je nach persönlichen Vorlieben und vorhandenem Platz in der eigenen Wohnung. Wenn wir an uns herunter schauen, sehen wir lediglich die Arme von Serdar, was wir dann doch etwas schade fanden, gerade in Anbetracht der ansonsten sehr gelungenen immersiven Erfahrung. So wäre es auch hier schön gewesen, wenn wir den Körper unseres Protagonisten hätten sehen können und nicht nur zwei frei in der Luft schwebende Arme.
Kein langes Rumgerede
Bei Sergej angekommen, der es sich an einem Lagerfeuer an einem der Eingänge des Tunnelsystems bequem gemacht hat, nehmen wir zunächst an einem oberflächlichen Plausch teil, bei dem sich die anderen beiden Figuren über unseren Protagonisten lustig machen, da dieser wohl eher der künstlerische Typ ist, der sich die Zeit mit Büchern und Musik vertreibt, was in der rauen Umgebung der Metro wohl nicht unbedingt von allen nachzuvollziehen ist. Sehr gut gefallen hat uns dabei auch die typisch raue englische Synchronisation des Spiels, die mit starkem russischen Akzent daherkommt und daher auch für eine glaubhafte akustische Einordnung sorgt. Die Untertitel lassen sich auf Wunsch auf Deutsch hinzuschalten, damit wir nichts verpassen. Die Platzierung der Texte ist dabei nicht immer ganz sinnvoll, sodass wir manchmal den Kopf unangenehm drehen müssen, weil sich die Texte irgendwo am linken oder rechten Rand festgehängt haben, anstatt zentriert vor unseren Augen aufzutauchen. Dies ist aber nicht die Regel und dank der sehr klaren und gut verständlichen englischen Aussprach auch kein Drama.
Sonderlich tief geht das Gespräch im Übrigen nicht, denn bevor unser stummer Hauptcharakter etwas erwidern kann, schlagen umliegende Wachen Alarm, da die Basis von mutierten Kreaturen angegriffen wird. Wenig später finden wir uns an einem stationären Geschütz wieder, das wir durch die Bewegung unserer beiden Hände in Richtung der auf uns zu stürmenden riesigen Viecher lenken, während wir die Rücktasten gedrückt halten, um uns am Griff festzuhalten. Wenn die eindrucksvollen Werwolf-artigen Geschöpfe direkt auf uns zu rennen und dabei immer größer werden, merkt man mal wieder deutlich, wie Intensiv ein VR-Erlebnis sein kann, gerade in einer ohnehin unbehaglichen Welt wie in Metro Awakening. Daran ändert auch das recht detailarme Aussehen der Mutanten nichts, die wirklich nicht besonders schön gestaltet wurden. Ein mulmiges Gefühl machen sie uns trotzdem, wenn sie mit hohem Tempo in unsere Richtung rennen. Die Bewegungserkennung beim Zielen mit der Gatling-Gun funktioniert dabei übrigens tadellos und lässt uns das riesige Geschütz komfortabel steuern. Dank des Widerstands der adaptiven Trigger und der intensiven Vibrationen des PSVR2-Controllers wirkt das Ganze auch sehr realistisch und erzeugt insgesamt eine authentische Illusion. Das Schießen mit unserer Pistole geht später ebenfalls sehr intuitiv von der Hand und lässt uns den Umgang mit einer Schusswaffe authentisch nachempfinden. So greifen wir ein Magazin von unserer Brust, stecken es von unten in die Waffe, ziehen den Schlitten nach hinten und Zielen dann manuell über Kimme und Korn. Ist das Magazin leer, müssen wir auch hier manuell das Auswerfen erledigen, sodass wir den gesamten Ablauf mittels Bewegungssteuerung durchspielen. Das geht nach einiger Übung auch im Kampf sehr flüssig und natürlich von statten, sodass wir dem Spiel in Sachen Kampfsystem wirklich eine großartige Umsetzung attestieren können.
Des Weiteren erledigen wir auch alltäglichere Dinge mittels Bewegungssteuerung, vom Drehen eines Ventils, über das Betätigen von Türklinken, bis hin zum Emporklettern einer Leiter. Bei Letzterem legen wir die Arme abwechselnd auf die Sprossen, wodurch ein sehr gelungenes Klettergefühl entsteht. An der einen oder anderen Stelle übertreibt es das Spiel dann aber vielleicht auch ein bisschen in Sachen Realismus, zum Beispiel, wenn wir umständlich mittels Handbewegung unseren Rucksack vom Rücken ziehen, die Ladevorrichtung für unsere Taschenlampe herausnehmen und dann noch mittels Kurbelbewegung aufladen müssen. Das Ganze klingt in der Theorie zwar recht cool, in einer stressigen Spielsituation mit schlechten Lichtverhältnissen und unter Umständen auch noch mit Gegnern um uns herum ist es dann aber vielleicht etwas zu viel des Guten und mit sehr hohem Frustpotenzial verbunden.
Der Horror der Metro funktioniert auch in VR
Nachdem der erste Angriff abgewehrt ist, erfahren wir, dass die Kreaturen an anderen Eingängen der Anlage durchzubrechen drohen, sodass es nun an uns ist, die Zugänge zu sprengen, um die Bewohner zu schützen. Die Aktion läuft natürlich auch alles andere als reibungslos ab, sodass wir von der Explosion erfasst und quer durch den Raum geschleudert werden, bevor uns unsere Verbündeten schließlich in Sicherheit bringen. Verwundet und ohne eigene Waffe sind wir hier zunächst einmal mehr oder weniger handlungsunfähig, wodurch wir unser Team nicht wirklich unterstützen können. Stattdessen schleppen wir uns zum nächsten Schutztor, schließen dieses mit letzter Kraft hinter uns und lassen unsere Freunde und Gefährten zum Sterben zurück, um uns selbst in Sicherheit zu bringen. So endet der Prolog des VR-Abenteuers, das insgesamt zwölf Kapitel für uns bereithält und damit für einen VR-Titel einen beachtlichen Umfang aufweisen kann. Nach einem Zeitsprung von zehn Jahren wird unsere Geschichte fortgesetzt. Hier ist unser Protagonist offenbar in einer anderen Gemeinschaft von Überlebenden untergekommen, wird aber nachwievor von Alpträumen geplagt, die ihn seine Vergangenheit immer wieder auf surreale Weise erneut erleben lassen. Die folgende Draisinenfahrt, die uns quer durch die Tunnel der Moskauer Metro bringt, ist mit großartigen klassischen Chören im Hintergrund nicht nur äußerst stimmungsvoll umgesetzt, sondern dürfte auch alle Half-Life-Fans ansprechen, die sich an das Intro des Klassikers erinnert fühlen sollten. Insgesamt muss sich die Geschichte von Metro Awakening in Sachen Inszenierung keinesfalls vor den anderen Titeln der Reihe verstecken und bietet uns vertraute und thematisch passende Kost, die einmal eine andere Figur in den Fokus rückt.
Selbstverständlich geizt auch die VR-Fassung von Metro nicht mit Schockmomenten und heftigen Szenen. So zucken wir jedes Mal heftig zusammen, wenn eine mutierte Kreatur wir aus dem Nichts ins Bild springt und sich vor uns aufbaut. Außerdem sorgt harter Tobak, wie getötete Frauen und Kinder, die wir wenige Augenblicke vorher noch bei ihrem Alltag beobachtet haben, oder zerfleischte Mitstreiter, die in ihrer eigenen Blutlache an der Wand sitzen und in ihren letzten Zügen liegen, für ein richtig beklemmendes Gefühl, denn in VR wirkt die ohnehin sehr heftige Thematik noch einmal realer und greifbarer. Wer Angst vor Spinnen hat, darf sich ebenfalls auf einige herausfordernde Momente einstellen, denn vor den achtbeinigen Monstern werden wir schon im Vorspann gewarnt, ohne dass das Spiel einen etwas entschärften Modus für Spinnenphobiker bereithält. Dieser soll allerdings zeitnah per Patch nachgereicht werden. Auch Serdars Traumszenen, in denen sich seltsam wabernde schwarze Gebilde ausbreiten und wir von verbluteten, erhängten und zerfleischten Leichen umgeben sind, gehören definitiv nicht zu den Wunschszenarien zart besaiteter Menschen, bringen den Metro-Horror aber sehr gut auf den Punkt.
Grafisch kann der VR-Ableger problemlos mit Metro Exodus mithalten und nutzt die Power der PSVR2 für eine realistische und äußerst atmosphärische optische Präsentation. Egal, ob es um Lichteinfälle und Spiegelungen geht, ob wir die Darstellung von metallischen Objekten betrachten oder, ob wir einen Blick auf den stimmungsvollen Einsatz von Licht und Dunkelheit blicken, die Welt von Metro Awakening kann in allen Bereichen punkten. Auch, wenn die Umsetzung der Gesichter und der Mimik im Speziellen hier und da etwas steif wirkt, kann sie insgesamt durchaus überzeugen und transportiert Emotionen erstaunlich gut, gerade auch dann, wenn man auf die in der Metro-Historie eher schwachen Gesichtsanimationen blickt. Insgesamt kann die Optik der VR-Welt also durchaus flächendeckend überzeugen und zeigt, dass auf der PS5 auch dann wirklich realistische virtuelle Umgebungen möglich sind, wenn sie nicht von Sony direkt stammen.
Fazit
Mit Metro Awakening schafft es das Metro-Universum in die virtuelle Realität. Dabei überzeugt das Spiel mit einer hervorragend umgesetzten Endzeit-Stimmung in der Moskauer U-Bahn, die der Hauptreihe in Nichts nachsteht. Auch die Story, die Charaktere und vor allem auch die typischen VR-Mechaniken wie Klettern, Tür Öffnen oder Ventile Drehen konnten uns durchgehend überzeugen, ebenso wie die wirklich herausragende Umsetzung des Schießsystems. Wenn man die etwas detailarm dargestellten Kreaturen, die teils etwas zu umständliche Bewegungssteuerung (z.B. beim Laden der Lampe) oder auch die immer wieder recht wild platzierten Untertitel außen vor lässt, bekommt man hier auf jeden Fall ein hochwertiges VR-Erlebnis in zwölf Kapiteln geboten, das sich als würdiger Vertreter in die Hauptreihe eingliedert.
- Metro-Stimmung hervorragend umgesetzt
- Detailverliebte Schauplätze mit vielen VR-typischen Interaktionen
- Gelungene Griff- und Bewegungssteuerung, sowohl bei der Fortbewegung und Untersuchung als auch im Kampf
- Wahlweise freie Bewegung oder Teleportationspunkte
- Sehr gute englische Synchronisation
- Stimmungsvoller melancholischer Soundtrack
- Emotionen der Figuren werden gut transportiert
- Überzeugende Schießmechanik mit realistischen Bewegungen
- Gut umgesetzte Fingererkennung sowie stimmiger Einsatz von adaptiven Triggern und Vibrationen des PSVR2-Controllers
- Bisher kein entschärfter Modus für Spinnenphobiker
- Nur frei schwebende Arme statt eigenem Körper
- Kreaturen insgesamt recht detailarm und zu eintönig
- Untertitel manchmal sehr unpraktisch platziert
- Teilweise wieder richtig harter Tobak
- Mimik der Figuren teilweise etwas steif
- Hier und da haben es die Entwickler mit dem Realismus etwas zu gut gemeint
Ein begeisterter Konsolenspieler mit einem breit gefächerten Interessengebiet. Neben Shooter-Serien wie Battlefield oder Call of Duty gehören auch Action-Adventures wie klassische Assassin's Creeds, die Batman-Arkham-Reihe oder The Last of Us Part 1/2 zu den bevorzugten Titeln. Hinzu kommen Survival-Games wie ARK, Horror-Klassiker a la Resident Evil sowie Open-World-Abenteuer im Stile von Far Cry oder Red Dead Redemption. Sport-Franchises wie FIFA oder Tour de France erweitern das Interessenfeld, ebenso wie sämtliche Titel aus dem Star-Wars-Universum.