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Review

Monster Harvest im Test: Ran an das Gemüse

Von Alex Jung am 10. September 2021. Getestet auf PS4. Zum Spiel hier klicken.

Ihr wolltet bei einem Farming-Spiel wie Harvest Moon abseits des öden Farmalltags schon immer einmal auch Monster züchten? Oder eure eigenen Pokémon einfach auf einem Feld anbauen? Dann könnte Monster Harvest etwas für euch sein. Denn Ende August erschien dieses Spiel, welches das Grundprinzip der beiden oben genannten Vorlagen in einem Paket vereinen möchte. Dabei bedient es sich einer ansprechenden Pixel-Optik und lässt uns die heruntergekommene Farm unseres Onkels wieder auf Vordermann bringen. Ob die Fusion aus Harvest Moon und Pokémon funktioniert, klären wir im Test.

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Eine briefliche Einladung

Wer kennt das nicht? Eben noch hängt man in der Stadt herum und weiß nicht, was man mit sich anfangen soll, da flattert doch just ein Brief unseres Onkels in unseren Briefkasten. Der alternde Wissenschaftler hat ein neues, revolutionäres Verfahren entdeckt, wodurch er sogenannte Pflanztiere erschaffen kann. Dank eines besonderen Schleims wird so beispielsweise aus einer simplen Kartoffel ein mutiges Tier, welches man natürlich in bester Pokémon-Manier als Kämpfer benutzen kann.

Da unser Onkel in seiner Forschungsarbeit voll eingespannt ist, bittet er uns, seine alte, heruntergekommene Farm zu übernehmen und wieder in altem Glanz erstrahlen zu lassen. Selbstverständlich machen wir uns freudestrahlend auf den Weg, um unserem Onkel zu helfen, welcher uns nach unserer Ankunft auch gleich in die Besonderheiten des Farmlebens einweist. Zudem gibt er uns etwas Schleim, mit dem wir direkt unser erstes Pflanztier erschaffen können. Außerdem erfahren wir etwas über die nahegelegene Stadt, in der wir diverse Geschäfte antreffen, die später noch nützlich sein sollen.

Am nördlichen Ende der Spielwelt befindet sich wie üblich auch ein Dungeon voller gefährlicher Geschöpfe, in den wir selbstredend todesmutig marschieren können. Wie gut, dass unser wirklich vielbeschäftigter Onkel dort immer anzutreffen ist. Also wirklich immer. Ob der gute Mann von dort aus im Fernkurs forscht oder heimlich sein Labor in einer Felsspalte untergebracht hat, erfahren wir allerdings leider nicht. Immerhin scheint er noch genug Zeit zu haben, um hobbymäßig als Yoda-Imitator zu arbeiten, denn der ein oder andere Übersetzungsfehler führt zu durchaus lustigen Satzstellungen.

Natürlich darf auch eine mysteriöse Firma nicht fehlen, die offensichtlich im Dungeon diverse Experimente durchführt. Monster Harvest bedient sich also ganz tief aus der Klischee-Kiste für Farming- und Rollenspiele.

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Schaffe, Schaffe, Häusle baue

Wenden wir uns zunächst dem Farmleben zu. Immerhin besitzen wir direkt ein befestigtes Haus, welches zwar nur rudimentär eingerichtet ist, uns aber wenigstens ein Dach über dem Kopf bietet. Das Haus sowie weitere Gebäude rund um die Farm können mit Geld und Rohstoffen ausgebaut werden. Während wir finanzielle Mittel für das Verkaufen von Dingen erhalten, müssen wir die Baumaterialien selbst abbauen. Als Kernrohstoffe gelten dabei Holz und Stein, welche wir zum Glück erst einmal reichhaltig auf unserem Acker vorfinden.

Weitere wertvollere Rohstoffe wie beispielsweise Eisen oder Gold können wir später im Spiel in den Dungeons abbauen. Jede unserer Aktionen kostet uns dabei etwas Ausdauer, welche in Monster Harvest quasi unsere Lebensenergie darstellt. Ist der Ausdauerbalken erschöpft, so können wir keinerlei Tätigkeiten mehr durchführen und werden aufgefordert, schlafen zu gehen.

Immerhin können wir Nahrungsmittel zu uns nehmen, die etwas Ausdauer regenerieren. Diese finden wir entweder unterwegs oder wir bauen sie selbst an.

Auf unserem Acker können wir recht unkompliziert Beete vorbereiten und dort Samen pflanzen, welche wir bei Händlern erwerben oder in den Dungeons finden. Natürlich wollen die Gewächse auch einmal täglich gegossen werden, wobei dies aber entfällt, sollte es einmal regnen. Jedes Gewächs hat zudem unterschiedliche Wachstumszeiten, sodass wir uns hier meist etwas gedulden müssen. Warten wir zu lange mit der Ernte, verdirbt das Gemüse und unsere ganze harte Arbeit war umsonst.

Nördlich unserer Farm, nachdem wir ein kleines Waldstück passiert haben, befindet sich wie gesagt ein größerer Ort. Dort finden wir verschiedene Geschäfte vor, welche Gegenstände anbieten, die wir käuflich erwerben können. So gibt es im Saloon beispielsweise neue Möbel für unsere Behausung, während der Arzt Tränke bereitstellt, die unsere Ausdauer wiederherstellen. Beim Schleimer – ja, der heißt wirklich so – können wir drei Arten von Schleim erwerben, welchen wir für die Pflanztiere benötigen. Während die rote Art aus unserem Gemüse eine Kampfmaschine macht, verkürzt grüner Schleim die Wachstumszeit. Blau schließlich transformiert die Gewächse in Nutztiere, auf denen wir sogar reiten können. Dies funktioniert allerdings erst, wenn wir die benötigten Gebäude errichtet haben.

Durch jede Aktion gewinnen wir Erfahrungspunkte und steigen dann auch im Level auf. Dies ermöglicht uns, neue Gegenstände herzustellen, wobei manche Objekte lediglich der optischen Verschönerung unseres Anwesens dienen. Andere haben wiederum auch einen praktischen Nutzen. So umranden wir unsere Beete beispielsweise mit einem schicken, aber eigentlich unnötigen Zaun, oder wir bauen eine Truhe, um gefundene Rohstoffe einlagern zu können. Unser Platz im Rucksack ist nämlich begrenzt und füllt sich schneller, als uns lieb sein kann.

Im Dorf selbst können wir natürlich auch mit den dortigen Einwohnern reden, welche aber meist einfach nur etwas planlos in der Gegend herumlaufen. Außer einem Standardsatz zeigen sie sich zudem nicht sonderlich gesprächig. Ein Questlog oder Nebenquests, die man bei den Dorfbewohnern annehmen könnte, sucht man ebenfalls vergeblich. Hier wird leider einiges an Potenzial liegen gelassen.

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Willkommen im Fight Club

Während sich das Farm- und Dorfleben tagsüber abspielt, können wir am Abend endlich kämpfen gehen. Denn nur nach Sonnenuntergang ist die Höhle nördlich des Dorfes zugänglich. Dort betreten wir zufällig generierte Räume, bauen Rohstoffe ab und werden von diversen Monstern angegriffen. Obwohl wir stets ein Schwert mit uns führen, können wir uns nur durch unsere Pflanztiere gegen diese verteidigen.

Die Kämpfe laufen in klassischer RPG-Manier rundenbasiert ab, wobei immer abwechselnd unser Gegner und wir eine Aktion durchführen können. Dabei stehen uns für jedes Pflanztier nur wenige unterschiedliche Angriffsmöglichkeiten zur Verfügung, welche wir aber auch erst über Levelaufstiege freischalten müssen. Hier erhält zudem nur der Gefährte Erfahrungspunkte, der auch kämpft. Gleichzeitiges Leveln unserer in Reserve befindlichen Kämpfer entfällt somit komplett.

Jedoch können wir die Lebensenergie der Pflanztiere leider nicht im Dungeon regenerieren. So kann es durchaus passieren, dass einer unserer Gefährten das Zeitliche segnet. Passiert dies mit einem bereits gut aufgelevelten Begleiter, ist das natürlich richtig ärgerlich. Immerhin erhalten wir für gefallene Pflanztiere Herzen, mit denen wir den Boden unserer Farm aufwerten können. Dadurch ist die nachfolgende Generation an Gemüse direkt etwas höherwertiger.

Das Kampfsystem an sich gestaltet sich in der Praxis leider ziemlich langweilig. Wie gesagt steht uns zunächst nur eine einzige Standardattacke zur Verfügung. Zwar können wir mehrere Pflanztiere unterschiedlicher Art mit uns führen, diese im Kampf jedoch nicht durchwechseln. Somit kämpft immer nur unser zuerst ausgewähltes Gemüse. Ein Wechsel des Startkämpfers ist leider nur umständlich im Menü möglich und empfiehlt sich dann, wenn unser erstes Pflanztier schon ordentlich eingesteckt hat.

 

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Durch dieses System verkommen die Kämpfe zu stupidem Knöpfe drücken und abwarten, wer zuerst zu Boden geht. Taktischer Anspruch, beispielsweise durch Wechseln des Kämpfers oder Kombinieren von Attacken entfällt komplett.

Unsere Gegner sind immer im Dungeon ersichtlich, meist aber zu flink, um ihnen zu entkommen, sobald sie uns einmal entdeckt haben. Immerhin können wir den Dungeon auch per Menüpunkt direkt verlassen. Hier gilt es also immer, Risiko und Nutzen gegeneinander abzuwägen. Wir können natürlich einen weiteren Raum erkunden und vielleicht noch mehr Rohstoffe abgrasen, da unsere Ausdauer dafür noch gut genug ist. Aber dann opfern wir beim nächsten Kampf womöglich unsere Pflanztiere, die bereits aus dem letzten Loch pfeifen.

Leider beginnen wir mit jedem Besuch der Höhle immer beim ersten Level, egal, wie weit wir uns das letzte Mal vorgearbeitet haben. Ein sichtbarer Fortschritt ist somit nicht erkennbar.

Erwischt es doch einmal all unsere Begleiter, werden wir in bester Pokémon-Tradition ohnmächtig und wachen im Dorf beim Arzt wieder auf. Zumindest unsere bis dahin gesammelten Gegenstände aus dem Dungeon dürfen wir aber behalten.

Doch Nintendos Vorzeige-Monster standen auch an anderer Stelle Pate. So finden wir in der Spielwelt zwei NPCs mit den Namen Ash und Misty. Entweder verstehen wir hier den Witz dahinter nicht, oder den Entwicklern gingen die Namensideen aus.

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Und täglich grüßt das Murmeltier

Optisch gibt sich Monster Harvest, von ein paar kleineren Grafikbugs abgesehen, für ein Spiel in Retro-Pixel-Optik keine große Blöße. Die Wasserspiegelungen sind sogar recht hübsch gestaltet. Die Hintergrundmusik wechselt je nach Tageszeit durch und dudelt mal mehr, mal weniger fröhlich vor sich hin. Eine Sprachausgabe sucht man vergeblich, was allerdings auch nicht weiter stört.

Deutlich mehr stört allerdings der gerade zu Beginn recht repetitive und langatmige Spielablauf. Wir wachen auf und holzen Bäume ab. Dann gehen wir wieder schlafen, da unsere Ausdauer nicht mehr für den Dungeon reicht. Entscheiden wir uns hingegen für den Gang in die Höhle, müssen wir zunächst bis zum Abend warten und dann den Weg zum Dorf bestreiten. Der ist zwar nicht übermäßig lang, und meist findet man unterwegs auch noch etwas Nützliches, aber da es kein Schnellreisesystem gibt, müssen wir immer und immer wieder den gleichen Weg zurücklegen. Das nutzt sich mit zunehmender Spieldauer ganz schön ab.

Weiter bestärkt wird dieser langatmige Ersteindruck dadurch, dass man gefühlt nicht wirklich Fortschritte verzeichnet. Man levelt zwar auf und kann neue Gegenstände herstellen, aber dafür ist die Anzahl an Rohstoffen, die man pro Tag abbauen kann und die man zur Produktion braucht, doch recht gering. Selbiges gilt auch für die nicht wirklich üppigen Einnahmen durch verkaufte Güter. Natürlich ist ein solches Spiel darauf ausgelegt, nicht alles an Tag Eins freizuschalten, das ist klar. Aber das Balancing von Monster Harvest fühlt sich hier einfach nicht rund an.

Da wir in jedem Durchgang des Dungeons wieder von vorne anfangen, hält sich unsere Motivation, jeden Winkel zu erkunden, irgendwann doch stark in Grenzen. Das Gleiche gilt für das Aufleveln unserer Pflanztiere. Gerade der rote Schleim, welchen wir zum Erstellen unserer Kämpfer benötigen, ist zu Beginn rar gesät. Stirbt also unser hochgezüchteter Gefährte, fangen wir nahezu bei Null wieder an.

Insgesamt 72 unterschiedliche Pflanztiere lassen sich zwar erschaffen, aber bis wir überhaupt einmal über die mutierte Kartoffel hinauskommen, vergeht schon einige Zeit. Das Resultat ist eine Gameplay-Spirale, die auf Dauer leider nicht wirklich motiviert, da man kaum Fortschritte erkennt.

Ebenfalls etwas störend sind die teilweise viel zu kleinen Texte in unserem Menü. Überhaupt scheint Monster Harvest ursprünglich eher als PC-Spiel geplant gewesen zu sein. Die Navigation in den einzelnen Menüs sowie in der Spielwelt selbst funktioniert zwar auch mit dem Gamepad, allzu oft tippen wir aber daneben. So richtig rund wirken die Eingaben leider nicht.

Das gilt auch für die Inventarverwaltung, wo wir jedes Objekt einzeln verschieben müssen. Auch hier ist genaues Navigieren schwierig, da man oft nicht dort ankommt, wo man intuitiv hingesteuert hat.

Nach einigen Stunden Spielzeit hatten wir zudem einen richtig üblen Savegame-Bug, durch den wir unseren Spielstand nicht mehr laden konnten. Somit war ein kompletter Neustart des Spiels erforderlich. Sehr ärgerlich.

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Fazit

Monster Harvest versucht sich an einer durchaus interessanten Fusion aus Farming-Sim und RPG. Das klingt zunächst auch nach einer guten Mischung, scheitert allerdings daran, dass beide Seiten zu seicht abgehandelt werden. Für einen motivierenden Farm-Teil mit dem belohnenden Kreislauf aus Anbau der Pflanzen, Ausbau des Geländes und Verkauf unserer Güter ist das Geschehen zu langatmig, während wir im RPG-Teil unglaublich stumpfsinnige Kämpfe austragen müssen.

Die Spielwelt an sich bleibt blass und austauschbar, was auch an den nichtssagenden NPCs liegt, die letztlich einfach nur anwesend sind. Und trotz einiger Spielstunden hat man nie so wirklich das Gefühl, vorwärts zu kommen. Das ist schade, denn mit etwas mehr Tiefe in den einzelnen Bereichen, mehr Feinschliff im Gameplay oder einer nicht ganz so beliebigen Spielwelt hätte Monster Harvest definitiv das Zeug zu mehr gehabt.

Pro:
  • Grundsätzlich interessanter Ansatz
  • Ansprechende Pixel-Optik
  • Durchaus Ansätze einer motivierenden Gameplay-Spirale aus Sammeln und Züchten
Contra:
  • Repetitives, langatmiges Gameplay
  • Austauschbare Spielwelt
  • Nichtssagende NPCs
  • Keine Nebenquests
  • Wenige Tutorial-Optionen
  • Zu kleine Bildschirmtexte
  • Fummelige Bedienung in den Menüs
  • Vereinzelte Grafik- und Übersetzungsfehler
  • Savegame-Bug in unserer Testversion
Story:
1 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Gameplay:
2 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Grafik:
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Sound:
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Unsere Wertung: 4.0 / 10
Spiel getestet auf: PS4
Alex Jung

Alex Jung

Seit dem ersten Gameboy begeisterter Konsolenzocker. Neben Rennspielen, Action-Adventures und JRPGs sind auch Indie-Perlen gerne im Laufwerk gesehen. Zu den Lieblingsspielen gehören GTA Vice City, Metal Gear Solid, Overboard, Ys VIII, die Uncharted- und Forza-Horizon-Reihe sowie Gran Turismo 7.

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