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Review

Payday 3 im Test: Für Gold und Geldbeutel

Von Nicolas Große am 18. Oktober 2023. Getestet auf PC. Zum Spiel hier klicken.

Kaum zu glauben, aber nachdem die berüchtigte Payday-Crew in Washington D.C. Sach- und Personenschäden in Höhe des Bruttoinlandsprodukts von Monte Carlo verursacht hat, wollten sich die alteingesessenen Panzerknacker nach den Ereignissen von Payday 2 eigentlich zur Ruhe setzen. Aber wie das im gesetzlosen Milieu oder in Der Pate 3 eben so ist – man wird einfach doch immer irgendwie wieder mit hineingezogen. Also müssen Hoxton, Chains, Dallas und Wolf die Hawaii-Hemden erstmal wieder in den Schrank legen und die Clownsmasken herausholen, denn Washington D.C. ist out und New York City ist in. Wie sich Payday 3 im Vergleich zu seinem Vorgänger schlägt, erfahrt ihr in unserem Test.

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Die Mechaniken der Diebstahlwirtschaft

Die Payday-Spiele sind Koop-Shooter, in denen bis zu vier Ganoven gemeinsam versuchen, Banken, Nachtclubs, Museen oder jeden anderen Ort zu überfallen, an dem aktuell zu viele Wertanlagen herumliegen. Bei den meisten Heists besteht die Möglichkeit, den Raubzug leise, also ohne entdeckt zu werden, oder laut und mit größtmöglicher Waffengewalt abzuschließen, wobei bei der letzteren Methode die örtliche Polizei noch ein Wörtchen mitzureden hat. Die findet den Gesetzlosen-Lifestyle nämlich gar nicht mal so cool und versucht, die Ganoven mit stetig anspruchsvoller werdenden Wellen exekutiver Gewalt zu stoppen. Hier kommen auch Sondereinheiten wie der Cloaker, der Taser oder der Bulldozer zum Einsatz, die das Shooter-Gameplay, das andernfalls etwas monoton ausgefallen wäre, auflockern und vielschichtiger gestalten. Hinzu kommt eine der großen Stärken von Payday: Die Individualisierung und Spezialisierung des Spielercharakters.

Waffen können an verschiedene Umstände angepasst und modifiziert, Panzerungen mit Vor- und Nachteilen gewählt werden, wobei Perks noch zusätzlich dabei helfen, den Loadout immer weiter auf den eigenen Spielstil zuzuschneiden. Egal, ob ihr einen Bullet-Sponge mit einem schier endlosen Vorrat an Munition, eine ungepanzerte Glass-Canon, die nichts aushält, aber unfassbar schnell rennt und doppelt so viel austeilt, oder einen Medic, der die Crew bei einem langen High-Level-Heist im Spiel hält, steuern wollt – ihr habt die Möglichkeit, einen nützlichen Character-Build zu kreieren, mit dem ihr Spaß haben könnt. Dazu kommt ein umfangreicher Fuhrpark mit verschiedenen Bleispritzen, bei dem für jeden Geschmack und für jeden Zweck etwas dabei sein sollte. Durch die Kombination dieser Versatzstücke entsteht ein Gameplay-Gerüst, das den Spieler ordentlich auf Trab hält und häufig in brenzlige Situationen wirft. All diese Aspekte werden dabei noch von hervorragendem Gunplay gestützt, das allen Waffen das richtige Maß an visuellem Feedback und Punch verleiht.

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Heists können im Übrigen auch solo gespielt werden, wir können aber gleich sagen, dass das den Spaß deutlich vermindert. Die in diesem Fall zur Verfügung gestellten KI-Kumpanen sind zwar bei Weitem nicht so nutzlos wie ihre Kollegen aus Payday 2, das muss aber nicht viel heißen, da diese nach wie vor dumm wie eine Scheibe Toastbrot sind. Sie helfen einem zwar, wenn man in einem Feuergefecht niedergestreckt wurde, platzieren hier und da mal Munition, Gesundheit oder Panzerplatten und schießen, wenn die Sterne richtig stehen, sogar auf Gesetzeshüter, rennen aber genauso oft in die Mitte eines Stoßtrupps und lassen sich dort niederschießen. Also am besten gleich mit richtigen Menschen spielen! Da kann all das zwar auch passieren, dafür aber mit einem ironischen Unterton.

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Einen Schritt vor und drei Schritte zurück

Wir haben also gutes Gunplay, eine tiefgreifende Individualisierung und eine Vielzahl interessanter Optionen in Bezug auf Level, Gegner-Varianz und Vorgehensweise als wichtigste Grundpfeiler von Payday’s Gameplay. Leider schafft es Payday 3 aber nicht, die gleichen Höhen seines Vorgängers zu erreichen, da beim Übergang von der Diesel Engine 2.0 zur Unreal Engine 4 einiges verloren ging. Klar, das visuelle Grundgerüst wurde ordentlich aufgebrezelt, aber leider musste das Gameplay darunter leiden. Von einer Spiele-Engine auf eine andere zu wechseln, ist nicht so einfach, wie einen Datei-Ordner in einen anderen zu ziehen und sich dann auf der Arbeit früher auszustechen. Manche Dinge funktionieren in einer bestimmten Engine sehr gut, dafür in der anderen überhaupt nicht, weswegen die neueste Iteration der Call of Duty IW-Engine immer noch einige Wurzeln im Spiel Quake 3 von 1999 hat. Findige Entwickler haben in diesem Fall mehrere Engines ausprobiert und sind zum Entschluss gekommen, dass für ihre Art von Spiel eine eigene Engine mit einer Codebasis in einem 90er-FPS immer noch am besten für ihre Art von Spiel funktioniert, die technischen Errungenschaften der verschiedenen CoD-Studios sprechen für sich.

Leider kann das gleiche nicht von Payday 3 behauptet werden, da die Unreal Engine 4 legendär schlecht mit vielen KI-Instanzen, vielen Spielern und komplexen Leveln zurechtkommt, was in geringen Bildraten und hoher Latenz resultiert. Je nach Level treffen von diesen Problemen mindestens zwei auf Payday 3 zu, was in einer sehr stotterigen Performance auf dem PC resultiert, die dadurch mit einer hohen Latenz zu kämpfen hat, was wiederum zu schwammigem Gameplay führt. Des Weiteren reagieren KI-Kontrahenten viel zu langsam oder manchmal überhaupt nicht auf den Spieler, spawnen selten oder in zu geringen Zahlen, stehen nur doof rum und lassen sich dann ohne Widerstand abfrühstücken. So geht dem Gameplay leider schnell die Luft aus, da es sich nicht danach anfühlt, als ob man sich gegen eine Übermacht behauptet, sondern eher, als würde man ein paar Grundschülern Sand in die Augen treten. Die unsaubere Framerate ist kein großes Problem auf Playstation 5 und Xbox Series X, sogar die Xbox Series S schafft saubere 60 Bilder pro Sekunde im Performance Modus – trotzdem müssen die Konsolen-Fassungen mit dem gleichen, schwächeren Gameplay kämpfen wie die PC-Version. Und das ist nicht das einzige, was sich alle Versionen teilen.

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“Beraubt die gleiche Bank noch mal!”

Im Moment sieht es umfangstechnisch eher mau für Payday 3 aus. Insgesamt erwarten die Spieler acht Heists, 17 Waffen in allen Unterkategorien und sechs spielbare Charaktere, wobei uns die Progression der verfügbaren Waffen zäh und langatmig vorkam. Freischaltungen für neue Waffen und etwaige Waffenteile liegen weit auseinander und unterscheiden sich nicht fundamental voneinander. Zwar ist das Aufleveln und Freischalten neuer Teile eine willkommene Verbesserung zum furchtbaren zufallsbasierten System aus Payday 2, trotzdem bringen sie nicht genug Frische ins Gameplay, um sich belohnend oder erstrebenswert anzufühlen.

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Fazit

Es ist schwer zu glauben, aber ich habe mich eigentlich auf Payday 3 gefreut und einer neuen Möglichkeit entgegengesehen, wieder zu Tresorbohrer, Gummihandschuh und Shotgun zu greifen. Aber nachdem ich mich nun ausgiebig mit dem neusten Teil der Serie beschäftigt habe, macht sich bei mir eigentlich nur Ernüchterung breit. Nicht falsch verstehen, wir reden hier noch immer von einem grundsoliden Koop-Shooter. Trotzdem handelt es sich hier bei Weitem um keine Weiterentwicklung der Payday-Formel oder auch nur um eine willkommene Ablöse des Vorgängers, da es dafür einfach zu wenig Content bietet und sich obendrein in einigen Punkten schlechter spielt als Payday 2. Diejenigen, die trotzdem noch interessiert sind, sollten besser ein Jahr warten, bevor sie sich auf die Räuberhatz einlassen, allen anderen ist wahrscheinlich besser mit Payday 2 geholfen – das ist tatsächlich noch immer empfehlenswert.

Pro:
  • Gutes Sounddesign
  • Vielseitige Stealth-Optionen
  • Störendes RNG-Zufallssystem entfällt
  • Zeitgemäße Optik
  • Hervorragendes Gunplay
  • Tiefgreifende Individualisierung
Contra:
  • Unzuverlässiges Matchmaking
  • Schwankende Performance auf dem PC
  • Schwammiges Gameplay
  • Wenig Content (wenige Heists, Waffen, Gadgets, etc.)
  • Fragwürdige KI der Gegner und der Verbündeten
Gameplay:
2 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Grafik:
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Sound:
4 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Atmosphäre:
3 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Unsere Wertung: 6.0 / 10
Spiel getestet auf: PC
Nicolas Große

Nicolas Große

Nic wurde in seiner frühen Jugend auf den Dopaminkick gefixt, den eine neue mediale Erfahrung mit sich bringt. Um diese Sucht zu befriedigen, sucht er im Bereich der Videospiele das Ungewöhnliche, Exzentrische und Abgehobene. Zu seinen Lieblingen zählen die Metal Gear Solid - Serie, Max Payne 3, Mirrors Edge, Hunt: Showdown und Hotline Miami.

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