



Bleifuss Fun – im Original Ignition – ist einer dieser Racer, die man vielleicht jahrelang vergessen hatte, bis plötzlich Screenshots oder Videoclips eine ganze Ära wieder aufleben lassen. Das 1997 erschienene Spiel setzt nicht auf Simulationsrealismus, sondern auf knackige Arcade-Rennen aus der Vogelperspektive im Comic-Stil, bei denen Streckenkenntnis, Reaktionsvermögen und klug eingesetzter Turbo wichtiger sind als Fahrphysik.
Gespielt wird auf kompakten Rundkursen, auf denen zahlreiche teils unvorhersehbare Gefahren lauern, wie Gegenverkehr, Züge, Steinschlag, Sprungpassagen oder Blitze, die einen schnell ans Ende des Feldes katapultieren, wenn man erwischt wird oder das richtige Timing verpasst. Jeder Wagen verfügt über einen manuell auszulösenden Boost, der für eine kurze aber starke Beschleunigung sorgt, sich nach Verwendung aber erst wieder eine gewisse Zeit aufladen muss. Der Turbomodus kann in den entscheidenden Momenten eine gute Platzierung retten oder eigene Fehler ausbügeln, muss wegen der Anklingzeit aber auch taktisch eingesetzt werden. Außerdem gibt es auf nahezu jedem Kurs spezielle Abkürzungen, die man zum eigenen Vorteil nutzen kann, sobald man die Strecke verinnerlicht hat.
Zu Beginn stehen für uns insgesamt nur fünf Strecken und sieben Fahrzeuge bereit, doch über Meisterschaften in mehreren Schwierigkeitsstufen sowie einen äußerst fordernden gespiegelten Modus schaltet man nach und nach zusätzliche Inhalte frei – ein simpler und zeitloser Gameplay-Loop, der immer funktioniert. Gerade die Tatsache, dass man in den unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen genau gegen die Fahrzeuge als Hauptgegner antritt, die man im entsprechenden Modus am Ende auch freischalten kann, ist extrem motivierend. In der heutigen Zeit, in der Couch-Koop bei Racern leider immer seltener geworden ist, gehört natürlich auch der großartige Splitscreen zu den ganz großen Pluspunkten des Spiels, denn hier kann man sich mit seinen Freunden bis aufs Blut duellieren und epische Wettrennen austragen.
Die Fahrzeugflotte ist bewusst überdreht gehalten und wirkt wie ein Best-of schrulliger Kultkarossen. Der School Bus, basierend auf einem amerikanischen Schulbus der 70er, ist beispielsweise riesig, schwerfällig und wird durch den ikonischen Turbo-Sound zum unvergesslichen Fun-Fahrzeug. Dem gegenüber stehen leichtere Karren wie der Bug, ein VW Käfer, und der Coop, angelehnt an den klassischen Mini Cooper, die auf engen Kursen mit Wendigkeit statt Masse Punkten. Dies gilt auch für den Porsche-inspirierte Banana, den wir nach erfolgreichem Abschluss der Anfänger-Kampagne erhalten.
Wer es brachial mag, greift zur Sattelzugmaschine Smoke oder später zum freischaltbaren Monstertruck Monster, die die Gegner mit ihrem Gewicht leicht von der Strecke schubsen, aber präzise Kurvenfahrten zur Herausforderung machen. Als Belohnung für die schwierigste Meisterschaft und den anspruchsvollen Gespiegelt-Modus warten dann richtig schnelle und imposante Wagen auf uns, wie das an einen Dodge angelehnte Sportcoupé Vegas oder der NASCAR-artige Ignition, die sich bei hohen Geschwindigkeiten am wohlsten fühlen.
Die Strecken führen in einer Miniatur-Weltreise einmal um den Globus und halten kultige Orte auf insgesamt sieben Rundkursen bereit. In Moosejaw Falls in Kanada geht es zum Beispiel durch eine ländliche Szenerie mit Brücken und Gegenverkehr, während Gold Rush in den USA das Flair einer staubigen Western-Goldgräberregion einfängt. Snake Island in der Karibik setzt hingegen auf tropische Küstenabschnitte und geschwungene Kurven, die volle Konzentration bis zum Ziel fordern.
Besonders im Gedächtnis bleiben auch Yodel Peaks in Österreich mit seinem Alpen-Setting sowie die später freischaltbaren Kurse Cape Thor in Island und Tokyo Bullet in Japan, die jeweils typische regionale Klischees sowie knackige Herausforderungen mitbringen. Durch die Kameraperspektive von oben bleibt das Spiel dabei trotz teils fordernder Streckenführung stets übersichtlich.
Auch wenn Umfang und Präsentation aus heutiger Sicht klein wirken, macht die Kompaktheit des Racers auch seinen besonderen Retro-Reiz aus: ein paar abgefahrene Autos, eine Handvoll markanter Strecken und ein Spielprinzip, das jeder sofort versteht, aber immer wieder für „Noch eine Runde“-Momente sorgt. Dank der Wiederveröffentlichung auf Steam (unter dem internationalen Namen Ignition) kann dieses Stück PC-Gaming-Geschichte, das viele an ihre unbeschwerte Kindheit in den 90ern erinnert, auch heute wieder gespielt werden.
Daniel Walter
Ein begeisterter Konsolenspieler mit einem breit gefächerten Interessengebiet. Neben Shooter-Serien wie Battlefield oder Call of Duty gehören auch Action-Adventures wie klassische Assassin's Creeds, die Batman-Arkham-Reihe oder The Last of Us Part 1/2 zu den bevorzugten Titeln. Hinzu kommen Survival-Games wie ARK, Horror-Klassiker a la Resident Evil sowie Open-World-Abenteuer im Stile von Far Cry oder Red Dead Redemption. Sport-Franchises wie FIFA oder Tour de France erweitern das Interessenfeld, ebenso wie sämtliche Titel aus dem Star-Wars-Universum.