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Review

Control im Test: Die Bürokratie gegen das Paranormale

Von Thomas Fleck am 19. September 2021. Getestet auf PC. Zum Spiel hier klicken.

Endlose Büroräume, toxische Mitarbeiter und eine trostlose Inneneinrichtung. Nur Letzteres wird man in Control nicht finden. Die ersten beiden erfährt Jesse Faden etwas zu verdreht und wortwörtlich genommen bei ihrem Besuch im Federal Bureau of Control, einer amerikanischen Agency für paranormale Ereignisse und Phänomene. Angetrieben durch die Suche nach ihrem Bruder und dem nicht mehr erreichbaren Ausgang aus dem Gebäude, begibt sie sich auf ein Abenteuer durch ein Labyrinth aus Büros, Korridoren, Papierkram, Kontrollverlust und Ereignissen der etwas anderen Art. Langeweile kommt in diesem Abenteuer allerdings nicht auf. Wer aber dem Spielgeschehen nicht aufmerksam folgt, kann schnell den Überblick verlieren.

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Bürokratie und Chaos

Nach längerer Suche hat sie es endlich gefunden: das Federal Bureau of Control. Hier erhofft Jesse Faden Antworten auf den Verbleib ihres Bruders zu finden. Frisch in der Eingangshalle angekommen ist allerdings alles menschenleer und ein interner Alarm flackert über die Monitore eines Sicherheitskontrollpunktes. Weiter im Inneren weist ihr ein schrulliger Hausmeister den Weg zum Jobinterview. Wer jetzt nicht mehr folgen kann, hat noch nichts verpasst. Es wird noch wirrer, aber es wird alles einen Sinn ergeben. Irgendwann…

Nach dem man vollends im Federal Bureau of Control angekommen ist und eher unfreiwillig die neue Stelle angenommen hat, muss man erst einmal mit dem dort herrschenden Chaos fertig werden. Akten sind im ganzen Gebäude verteilt und warten darauf gelesen zu werden, Mitarbeiter machen Ärger und müssen gefeuert werden und innenarchitektonische Veränderungen sind wieder zu normalisieren. Das klingt anstrengend und langweilig? Im Federal Bureau of Control laufen die Dinge anders: Die Akten sind im Stil von Geheimdienst Fallakten über paranormale Ereignisse geschrieben. Durch die teilweise geschwärzten und niedergeschriebenen Fälle und Aktengänge in der etwas anderen Behörde erhält der Spieler vage Einblicke in dessen Vorgänge. So wird beim fleißigen Leser seine Fantasie angestachelt und nicht selten seine Erwartungen übertroffen, wobei nebenbei eine komplexe und interessante Spielwelt aufgebaut wird. Manche Informationen aus den Akten geben dem Spieler aber auch unwissentlich Hinweise auf Geschehnisse, die für die Handlung wichtig sind und ihm helfen, die Story besser zu verstehen. Die schwierigen Mitarbeiter bringen Aktion in die Büroarbeit und werden hier auf recht alternative Weise gefeuert: Wer sich nicht an die Vorschriften hält und Jesse angreift, wird kurzerhand mit der Dienstpistole befeuert oder mittels paranormaler Kräfte ad acta gelegt. Warum die Kollegen sich so seltsam verhalten, gilt es nun zusätzlich zu ermitteln. Zwischendurch stößt Jesse immer wieder auch auf Videoaufnahmen des nerdig-sympathischen Dr. Darling. So erfährt sie mittels seiner Fortbildungsvideos mehr über die Funktionen und Aufgaben des Federal Bureau of Control. Etwa das AWEs (Altered world events, zu Deutsch: Weltverändernde Ereignisse) mal eben die physikalischen Gesetze neu ordnen können.

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Alternative Dienstwege – Spielprinzip

In Control wird ein bürokratischer Albtraum zum ernsten Abenteuer. Jesse eignet sich im Laufe des Arbeitsganges nicht nur Wissen über die geheimnisvollen Einsätze des Federal Bureau of Control an, sondern auch so manche paranormale Fähigkeit. Diese erfinden das Bürostuhlrad nicht neu, sind aber durchdacht und flüssig umgesetzt. Einige Fähigkeiten öffnen neue Wege, die manchmal etwas Backtracking erfordern. Dies führt dazu, dass man den neuen Arbeitsplatz besser kennenlernt und einem die Unwirklichkeit der weltverändernden Ereignisse in der Architektur gewahrer wird. Die angenehme und intuitive Steuerung wird von einem stellenweise fordernden Schwierigkeitsgrad begleitet. Dies sorgt aber eher dafür, dass der Spieler manchmal auch strategischer vorgehen und Fähigkeiten intelligent einsetzen muss, anstatt ihn zu frusten. Der anspruchsvolle Kampf bildet dabei einen Kontrast zu der Ermittlungsarbeit. Auf der Suche nach ihrem Bruder kann Jesse viele Informationen aus teilweise geschwärzten Akten erarbeiten. Dabei sind häufig wichtige Stellen aufgrund ihrer Klassifizierung geschwärzt und es ist dem Spieler überlassen, was er da hineininterpretiert. Wer richtig tippt, wird sich freuen, die verworrene Handlung besser vorauszuahnen oder ihr zumindest besser folgen zu können.

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Die Gesetze des Immersion – Grafik und Akustik

Control war eines der ersten Spiele, die für die hervorragende Anwendung von Ray-Tracing bekannt wurde. Jede Scheibe spiegelt die verlassenen Arbeitsplätze realistisch wider. Jede Lichtquelle setzt die staubige Bürowelt in Szene. Eine grafisch realistische Spielwelt wird präsentiert, die von paranormalen Weltereignissen kontrastiert wird. Die Farbgebung ist dabei dunkel und schwer gehalten, wobei Akzente besonders mit rot an wichtigen Stellen und Objekten gesetzt werden, die zu einem Kontrast von Realität und Paranormalem setzt. Für schwächere Computer wurde bei einigen wenigen Elementen, wie zum Beispiel Bildern und Schildern, die Detailgenauigkeit heruntergesetzt, doch sobald Jesse diese in den Focus nimmt, werden diese nachgeladen und detailreich. Das stört nur bedingt den Realismus, da man aus dem Augenwinkel eh nicht darauf achtet.

Dahingegen kontrolliert der Sound die Spielwelt auf beeindruckende Weise. Eine umfassende und authentische Soundkulisse bei normalen Aktionen, wie ein Quietschen der Schuhsohlen bei einem abrupten Stopp und Schrittgeräuschen je nach Untergrund, bauen subtil auch akustisch eine realistische Spielwelt auf. Die Atmosphäre wird von abstrakten Klangspielen bestimmt, die entweder passiv im Hintergrund oder prägnant bei Aktion und paranormalen Ereignissen die Agenda vorgeben. Jeder Sound und Dialog ist klar und gut abgestimmt zur restlichen Soundkulisse, sodass auch die gut synchronisierte englische Sprachausgabe einfach zu verstehen ist.

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Fazit

Langeweile kommt in dem Büroabenteuer nie auf, aber wer nur auf Aktion und Geballer setzt, verpasst den halben Spaß. Die verstreuten Informationen in Fallakten bilden auf interessante Weise eine packende Spielwelt und gestalten das Einarbeiten der unfreiwillig neuen Agentin Jesse erstaunlich spannend für Papierkram und befriedigen den Wissensdurst des Spielers. Diese Kombination aus Aktion und eigener Detektivarbeit führen den Spieler in eine grafisch und akustisch beeindruckende Welt voller Geheimnisse, von denen es eines zu lösen gilt.

Mich hat Control hinsichtlich des subtilen Storytellings und Weltaufbaus durch die verstreuten Akten sehr überrascht. Normalerweise werden Handlungen und Informationen in Spielen durch Dialoge oder kurze Texte vermittelt, um ein mühsames Durchlesen einer Textwand zu verhindern. Ich habe die vielen Akten aber nie als lästig empfunden, sondern war immer begierig neue Informationen aus den Fallakten zu erfahren. So hat mich die Detektivarbeit mehr gereizt als das gute Kampfsystem, welches aber für mich auch eine passende Abwechslung und Kontrast in das Spielgeschehen brachte und es so abgerundet hat.

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Pro:
  • Aufregend gestaltete Spielwelt die durch viele Hintergrundinformationen belebt wird
  • Grafisch und akustisch sehr gut und atmosphärisch
  • Sympathische Charaktere
  • Interessante Story
Contra:
  • Kaum Wiederspielwert wegen dann bereits bekannter Story
  • Kein Spiel für zwischendurch, wenn man der Story folgen möchte
Story:
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Gameplay:
4 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Grafik:
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Sound:
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Atmosphäre:
5 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Unsere Wertung: 9.5 / 10
TestingBuddies Award Silber
Spiel getestet auf: PC
Thomas Fleck

Thomas Fleck

Spieleentusiast der sich für keine Herausforderung zu schade ist. Zu den Lieblingsspielen gehören TES: Oblivion, Dark Souls, Subnautica, Phasmophobia, Control und Pokémon Emerald.

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