F1 2022 im Test: Ideallinie oder Crashkurs?
Jedes Jahr erscheinen die aktuellen Auflagen der EA-Sportspiele. Und jedes Jahr stellt sich die selbe Frage: „Lohnen die Neuerungen gegenüber dem Vorgänger den Kauf eines Vollpreistitels?“. Zumindest für Formel-1- Fans stehen dieses Jahr optisch veränderte Boliden ins Haus. Neuerungen im technischen Reglement des Sports zwingen die Teams, ihre Autos aerodynamischer zu gestalten und das schlägt sich im Aussehen der Autos so stark nieder wie selten zuvor. Auch die Felgengröße ist sichtbar von 13 auf 18 Zoll gewachsen. Aber was liefert F1 2022 außer der Implementierung der optischen Neuerungen und der Anpassung der Strecken- und Fahrerauswahl an die neue Saison?
Neue Boliden und neue Fahrphysik
Die angesprochenen Änderungen im technischen Regelwerk der Formel 1 bringen einige Veränderungen der Fahrphysik mit sich. Die Autos werden nun durch Anpassungen an der Unterseite der Karosserie stärker an den Boden gesogen. Das bedeutet vor allem, dass es nun möglich ist, Kurven schneller zu nehmen. Zudem haben einige vorgeschriebene Änderungen an der Karosserie zur Folge, dass nun ein dichteres Auffahren zum Vordermann möglich ist. Somit können Überholvorgänge jetzt einfacher gestartet werden.
Entwickler Codemasters konnte all dies umsetzen und so eine wirklich detailverliebte Rennsimulation anpassen und auf dem aktuellsten Stand halten. Die Fahrphysik ist (wie bei den Vorgängern) rundum gelungen und sorgt für eine Menge Fahrspaß am Controller. Darin liegt der große Reiz des Spiels: Alles ist möglichst realitätsnah abgebildet und authentisch umgesetzt. Hier leisten Codemasters ganze Arbeit!
Dass eine solch detailverliebte Simulation Einsteiger schnell überfordert, wurde hier gekonnt umgangen. Es wurde wirklich penibel darauf geachtet, den Schwierigkeitsgrad in vielen Kleinigkeiten anpassen zu können. So ist es möglich, auch als kompletter Neuling ein ebenso forderndes wie motivierendes Rennerlebnis geboten zu bekommen. Die Motivationskurve ist dabei stets hoch und die Rennen bleiben bei richtiger Einstellung durchweg spannend.
Wer sich schon etwas besser in der Reihe auskennt, der verzichtet auf Traktionskontrolle und jegliche Lenkhilfen. Das ist anfangs wirklich fordernd, weckt aber mit der Zeit die Motivation, sich richtig in das Spiel einzuarbeiten und das bestmögliche F1-Erlebnis aus dem Titel herauszuholen.
Immersiv und beeindruckend
Schon, wenn der Spieler das erste Mal die Ego-Ansicht in einem Cockpit genießt, wird eines klar: Immersion wird in diesem Spiel groß geschrieben! Der Motorensound ist wirklich beeindruckend und wenn man dann zum ersten Mal auf die Strecke gelassen wird, wird schnell klar, dass hier eine Vollblut-Simulation am Start ist. Man spürt die Eigenheiten jeder Autoeinstellung und jeder Beschaffenheit des Untergrundes. Fehler werden knallhart bestraft und jede noch so kleine Verbesserung an der eigenen Technik kann hier über Sieg und Niederlage entscheiden.
Hat man sich dann an die Eigenheiten der PS-starken Boliden gewöhnt, ist man schon fest im Bann der Aufholjagden und versucht, sich Runde für Runde um wertvolle Millisekunden zu verbessern. Selbst mit einem einfachen Xbox-Controller ist hier ein sehr immersives Fahrgefühl möglich. Der bislang nur auf dem PC enthaltene VR-Modus oder das haptische Feedback eines PlayStation 5 Controllers wären hier sicher auch interessante Faktoren für das Fahrgefühl.
Optisch sieht das Spiel großartig aus, allerdings fallen hier einige Bugs negativ ins Gewicht. Besonders störend sind viele erst sehr spät aufpoppende Texturen. Das geht auf jeden Fall besser. Da das aber meist nur in den Zwischensequenzen und vor Rennstart auffällt, kann man da ein Auge zudrücken. Schade ist es trotzdem.
F1 Life
Der F1 Life Modus soll den Spieler hautnah in den Rennzirkus der Formel 1 einführen und so ein besonders immersives Erlebnis bieten. So weit, so gut. Hier witterte EA die Chance, ein paar In-Game-Käufe einzubinden. Da diese aber nur die Optik des eigenen Fahrers betreffen, können diese getrost ignoriert werden. Einen leicht faden Beigeschmack bekommt der Modus dadurch trotzdem.
Mit einer In-Game-Währung lassen sich dann edle Luxus-Karossen freispielen, die es dann auch in kurzen Fahreinlagen auszuprobieren gilt. Leider macht das nur wenig Spaß und hält vom eigentlich viel spannenderen Formel 1 Renngeschehen ab.
Auch die Innenausstattung der eigenen virtuellen Wohnung hätte man meiner Meinung nach nicht gebraucht. Da hier aber alles optional ist, trübt es den Spielspaß immerhin nicht.
Positiv hervorzuheben sind die vielen Modi, die das Spiel bietet. Von privaten Multiplayer-Matches bis hin zur selbst angepassten Karriere gibt es hier alles, was das Formel 1 Herz begehrt.
Für wen lohnt sich der Kauf des Spiels?
Zurück zur Ausgangsfrage: „Lohnt es sich, eine Neuauflage des Vorgängers zum Vollpreis zu holen?“. Die Antwort auf diese Frage gestaltet sich gar nicht so leicht, wie anfangs gedacht. Durch die technischen Änderungen der Formel 1 Boliden ergibt sich auch ein neues Fahrgefühl. Dies wurde sehr gut umgesetzt und so bieten sich hier schon einige Pluspunkte, die für den Kauf sprechen.
Wer allerdings nicht fanatischer Formel 1 Fan ist, der wird sicher die Neuerungen etwas zu dürftig finden und sich eventuell sogar daran stören, dass F1 2022 mehr Bugs hat als der Vorgänger.
Für alle Neulinge bietet sich hier eine rundum gelungene Rennsimulation, die sehr stark präsentiert wird und sofort die eigene Motivation anstachelt, lange am Ball zu bleiben und sich von Runde zu Runde zu verbessern. Dabei sind einige technische Mängel definitiv verschmerzbar, denn die Fahrphysik macht einiges wieder wett und sorgt für lang anhaltenden Spaß.
Fazit
F1 2022 ist eine sehr solide Formel 1 Simulation. Ein paar Neuerungen zum Vorgänger gibt es vor allem in der Fahrphysik. Ob das allerdings reicht, um einen Vollpreistitel zu kaufen, wenn man den Vorgänger besitzt, bleibt jedem selbst zu beantworten.
Natürlich wurden die neuen, generalüberholten Boliden, die dem neuesten Regelwerk der F1 unterliegen, in das Spiel übernommen. Hier liegt wahrscheinlich der größte Reiz für Besitzer des Vorgänger-Spiels.
Alle, die noch kein F1-Spiel im Schrank haben, können bei Codemasters neuestem Werk bedenkenlos zugreifen. Es bietet Spielspaß, Tiefe, solide Technik (wenn auch mit einigen Bugs) und macht über einen guten Zeitraum wirklich eine Menge Laune. Besonders positiv ist hervorzuheben, dass jeder Schwierigkeitsgrad in vielen Details angepasst werden kann, was dazu führt, dass für alle Erfahrungslevel ein spannendes und forderndes Spielerlebnis von Beginn an möglich ist.
- Sehr stimmige Präsentation
- Generalüberholte Boliden nach neuem Regelwerk eingebunden
- Spieltiefe bindet lange an das Spiel
- Technische Bugs stören immer mal wieder
- F1 Life hat noch einige Schwächen
Leidenschaftlicher Zocker, der irgendwo zwischen Shootern, Plattformern, Action-Adventures und arcadigen Sportspielen zuhause ist. Zu den Lieblingsreihen gehören Resident Evil, The Last Of Us, Call Of Duty und GTA.