Fire Emblem Engage im Test: Mit Anime und Geistern gegen das Böse
Fire Emblem Engage nimmt sich im Gegensatz zum Vorgänger Three Houses wieder etwas zurück und geht klassischere Wege, was das Gameplay angeht. So müssen wir hier auf Alternativpfade durch mehrere Schulklassen verzichten und haben einen insgesamt kleineren Cast, aber das heißt nicht, dass wir weniger Spaß bekommen. An welchen Stellen Engage punkten kann, erfahrt ihr im Test.
Ein Drache, sie zu retten
Die Story ist zunächst wenig überraschend. Wir sind der Prinz/die Prinzessin eines Königreichs, das von einem anderen bedroht wird und ziehen deswegen los, Verbündete um uns zu scharen und das Unheil abzuwenden. Recht klassische Fire Emblem-Ausgangsstory also. Aber schon bei Backstory und Existenz des Hauptcharakters kommt der erste Kniff. Denn wir sind das Kind der legendären Wyrmgöttin Lumera und wir haben die letzten 1000 Jahre mit schlafen verbracht. Das bedeutet, wir sind ein mächtiger Drache in Menschengestalt und deutlich älter, als wir aussehen. Als wir erwachen, sind erstmal alle aus dem Häuschen und sehen es als großes Ereignis an. Leider gibt es zwei Probleme: das erste ist, dass wir uns an nichts erinnern können, das zweite, dass sich recht bald herausstellt, dass unser Erwachen wahrscheinlich mit der Rückkehr des Dämonendrachen zusammenhängt. Kurz nach unserem Erwachen wird das Königreich von Verdorbenen, das sind durch dunkle Mächte wieder erweckte Tote (aber deutlich fähigere als Zombies) überflutet und wir werden von unserer Mutter gerettet. Im Schloss lernen wir auch prompt den Prinzen eines Nachbarkönigreichs kennen, der uns um Hilfe bittet, da die Verdorbenen auch sein Land heimsuchen. Außerdem lernen wir von der Existenz der Emblem Ringe, das sind zwölf Ringe, die jeweils den Geist eines legendären Helden aus vergangenen Tagen beinhalten. Diese ermöglichen es Auserwählten, zeitweise mit ihnen zu verschmelzen und so Fähigkeiten von großer Macht zu erhalten. Der Ring, mit dem wir erwachen, beinhaltet zum Beispiel Marth, den Protagonisten aus dem ersten Fire Emblem, das ursprünglich nur in Japan erschienen ist. Als bei einem Großangriff auf das Schloss sich Lumera opfert, damit wir fliehen können, sind wir plötzlich auf uns allein gestellt. Obwohl wir weiterhin nicht alle unsere Erinnerungen haben, beschließen wir, dem Nachbarkönigreich zu helfen und die verteilten Emblem Ringe einzusammeln. Als Basis dient uns dabei die fliegende Insel Somniel, auf der wir alle Gebäude finden, die wir so zwischen Gefechten brauchen können. Welche Wendungen auf der Reise durch die fünf Königreiche noch auf uns warten, dürft ihr aber selbst herausfinden.
Alles beim Alten
Vom Gameplay her besinnt sich Fire Emblem Engage auf seine Wurzeln. Wir haben nun nicht mehr die Möglichkeit, aktiv mehrere Pfade (aka Schulklassen) zu wählen, sondern folgen wieder einer geradlinigeren Geschichte. Auch das Startaufgebot an Einheiten ist wieder klassischer, zum Beispiel haben wir gleich zu Beginn wieder einen Rittmeister an unserer Seite. Am eigentlichen felder- und rundenbasierten Kampf hat sich nichts geändert. Es gibt aber eine zusätzliche Angriffsart und diese ist Nahkampf. Dadurch hat sich das Waffendreieck zwar nicht verändert, aber wird um ein weiteres Vorteilsfenster erweitert. Denn Nahkampf ist stark gegen Bögen, Magie und Stäbe. Ein ausgelöster Angriff, mit einer Waffe im Vorteil, entwaffnet jetzt den Gegner und macht Gegenangriffe in der aktuellen Runde unmöglich. Auch wurden weitere Waffen hinzugefügt und das Infofenster für die Kampfübersicht weiter verfeinert. Die einzelnen Angriffe sind jetzt aufgeführt und können sogar unterschiedlichen Schaden und Genauigkeit haben. Des Weiteren gibt es Koop-Angriffe, die automatisch ausgelöst werden, wenn ein weiterer Verbündeter in der Reichweite des angegriffenen Gegners steht. Dafür fallen Kampffähigkeiten und Batallionsangriffe heraus. Es gibt jetzt mehr Hybridklassen, das heißt zum Beispiel, dass die bisher immer eher schwachen Heiler nun auch die Möglichkeit haben, anzugreifen. Dadurch ist keine Klasse mehr komplett schutzlos. Die ganzen kleinen Änderungen verbessern den taktischen Faktor des eh schon komplizierten Spiels noch weiter. Wer etwas (oder komplett) die Komplexität herausnehmen will, der kann sich die Ausrüstung jedes Charakters vor dem Kampf jetzt automatisch optimieren oder sogar die ganze Schlacht automatisch ablaufen lassen.
Bindungsängste gibts hier nicht
Die größte taktische Neuerung ist aber das namensgebende Engage (Bündnis) mit dem Heldengeist eines angelegten Emblem-Rings, dies ermöglicht uns drei Runden lang, mit dem Held zu fusionieren. Das bringt uns eine ganze Reihe von neuen Skills, verbesserte Werte und eine neue Waffe/Zauber. Welche Werte sich erhöhen und welche Waffe man erhält, hängt dabei vom jeweiligen Heldenring ab. Schon allein für den neuen ultimativen Angriff lohnt es sich immer, ein solches Bündnis zu aktivieren, denn dadurch kann die eine oder andere brenzlige Situation aufgelöst werden. Damit das Taktikspiel weiterhin fair bleibt, müssen wir die Bündnisleiste nach Benutzung durch Zeit oder bestimmte Aktionen wieder aufladen, wir können also nicht immer in den „Supermodus“ wechseln. Das Band zwischen Einheit und Held wird bei Benutzung immer weiter gestärkt und steigt im Level, durch das Steigern dieses Levels ist es uns möglich, gewisse Talente dauerhaft zu erlernen. Das heißt, sie sind auch verfügbar, wenn das Bündnis gerade nicht aktiv ist und sogar, wenn wir den Ring an jemand anderes geben. Durch DLCs und einen Expansion-Pass werden auch noch weitere Geister hinzugefügt und die Auswahl beschränkt sich deswegen nicht auf die zwölf aus der Hauptstory.
Alles Kawaii oder was?
Der Kampf läuft auch ohne die Zusatzeinheiten (genannt Bataillone) flüssig und sieht gut aus. Es werden statt epischen Schlachten detaillierte eins gegen eins Situationen dargestellt. Diese sind so gut gemacht, dass wir sogar sehen, dass Einheiten Zäune kaputtschlagen oder über Mauern hüpfen, um zum Gegner zu gelangen. Der ganze Stil ist aber deutlich mehr Richtung Anime gerichtet als die eher auf realistisch gemachten und düsteren Vorgänger. Das fängt schon bei der Haar- und Augenfarbe des/der Protagonist/in an, diese ist nämlich sowohl rot als auch blau. So etwas gab es zwar schon, aber nicht in der Dichte, die uns Engage bei den Charakteren bietet. Die Vertonung der Figuren ist entsprechend.
Die Insel im Himmel
Aber auch außerhalb des Kampfes gibt es einiges zu tun. Zunächst können wir nach jeder Schlacht noch einmal frei über das Schlachtfeld laufen und Items einsammeln oder mit unseren Verbündeten reden, um unsere Bande zu stärken. Auch können wir Tiere retten und in unseren Stall aufnehmen. Und dann gibt es noch die fliegende Insel Somniel, die uns nicht nur als Basis dient, sondern auch allerhand Aktivitäten für uns bereithält. Die Insel ist ein bisschen der Ersatz für die Akademie aus Three Houses, aber anders als dort, müssen wir nie auf Somniel gehen und haben auch keine Pflichtaktivitäten, wie Unterricht oder ähnliches. Trotzdem lohnt es sich natürlich, denn wir können uns durch Minispiele temporäre Buffs holen, unsere Einheiten trainieren oder ihre Unterstützungslevel erhöhen. Abgesehen davon können wir mit den Emblemgeistern interagieren und neue Ausrüstung kaufen. Es gibt jetzt auch die Möglichkeit, alle Charaktere individuell zu kleiden, leider ist das nur im Somniel aktiv, das macht es aber zu einem Ort, an dem man sich allen sehr verbunden fühlen kann. Der Tower of Trials dient dazu, online Kämpfe auszutragen, sowohl Koop als auch gegeneinander. Items werden dabei nicht verbraucht und Einheiten können auch nicht sterben, es ist allerdings ein Nintendo Online Abonnement erforderlich.
Fazit
Nach Fire Emblem Three Houses geht die Serie mit Engage wieder klassischere Wege. Die Geschichte ist weniger breit gefächert und hat einen „normaleren“ Ausgangspunkt. Das bedeutet nicht, dass das Spiel schlechter ist, in manchen Aspekten konnte sich so sehr auf Details konzentriert werden. Wir haben auch so auf jeden Fall genug mögliche Charaktere, die einem ans Herz wachsen können und wir haben zusätzlich noch die Emblemgeister, die zwar nicht eigenständig agieren können, aber eine eigene Persönlichkeit besitzen. Der Stil, der mehr in die Animerichtung geht, ist ein frischer Wind, aber zeitweise auch etwas übertrieben. Auch die Dialoge sind etwas lockerer und lustiger gestaltet, schlagen dabei aber auch mal über die Stränge. Mit Fire Emblem Engage erhalten wir einen runden und vollwertigen Teil der Taktikserie, den wir genauso anspruchsvoll erleben können, wie wir das wollen. An positiven Punkten mangelt es nicht und erst der direkte Vergleich mit dem Vorgänger zeigt ein paar Rückschritte auf, dennoch eine klare Empfehlung auch für diesen Teil.
- Neue taktische Bündnis-Mechanik
- Viele Quality-of-Life-Verbesserungen
- Neuer Stil
- Manchmal etwas over-the-top
- Einheiten sehr unterschiedlich stark
Hat seit dem Gameboy jede Handheld-Generation ausgiebig genutzt. Es stehen vorallem Coop- und Multiplayer-Spiele hoch im Kurs.