Ghost of YōteiGhost of Yōtei
Review

Ghost of Yōtei im Test: Zwischen Blut und Blütenmeer

Von Stephanie Walter am 12. Oktober 2025. Getestet auf PS5. Zum Spiel hier klicken.

Ghost of Yōtei war von vielen Gamern heiß ersehnt. Ob Sucker Punchs Japan-Epos dem Vorgänger Ghost of Tsushima das Wasser reichen kann, klären wir im Test.

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Ein intensiver Einstieg

Ghost of Yōtei fackelt nicht lange und wirft uns direkt in die Geschichte der Protagonistin Atsu. Das Mädchen steht mitten in den Flammen vor einer Gruppe maskierter Männer, die offensichtlich ihre gesamte Familie ausgelöscht haben. Ihr Gebieter, Fürst Saito, verlangt, dass ein Exempel an ihr statuiert werden soll und so rammt er ihr sein Schwert in die Schulter und nagelt Atsu damit regelrecht an einen großen Baum. Sie kann fliehen und ihre Wunden und Herausforderungen lassen sie stark werden. Dennoch begleiten sie die Bilder ihrer Vergangenheit auf ihrem Weg, wodurch sie sich selbst mit einem Onryo, einem rachsüchtigen Geist der japanischen Mythologie, identifiziert. Nach 16 Jahren kehrt Atsu als erwachsene Frau nach Ezo zurück, um Vergeltung an den Yōtei Sechs zu üben. Anschließend will sie selbst in den Tod gehen, um endlich wieder mit ihrer Familie vereint zu sein.

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Schon in dem beeindruckenden Intro zeigt uns Ghost of Yōtei, wo die Reise hingeht, denn optisch spielt der Titel wieder in der obersten Liga mit. Lodernde Flammen, ein wilder Wolf, die gruseligen Masken von Atsus Widersachern und die Haut unserer Protagonistin, auf der jede Pore und Narbe zu sehen ist, bilden von Beginn an in Kombination mit der gelungenen Soundkulisse eine ganz besondere Atmosphäre. Dazu trägt auch die Präsenz des DualSense-Controllers bei, der intensiv summt und uns die Zeichnungen, die uns von Atsus Geschichte gezeigt werden, an unseren Händen spüren lässt. Mit dem Touchpad schreiben wir dann auch die Namen unserer Feinde auf ein Stück Stoff. Von dieser Todesliste können wir die Schlange, den Oni, den Kitsune, die Spinne, den Drachen und Fürst Saito selbst mit ihrem eigenen Blut streichen.

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Die Schönheit und Macht der Natur

Ghost of Yōtei überzeugt uns von Anfang an mit seiner Dramatik und einem gewissen Pathos, den wir schon in Ghost of Tsushima geliebt haben. Bereits in der ersten Szene, in der wir in einer stürmischen Nacht in einem kleinen Dorf auf die Schlange treffen, ist die Natur in allen Facetten zu spüren und zu hören. Der Wind peitscht uns um die Ohren und bringt Gras, Wasser, Büsche und Stoffe zum Rascheln, während das Holz der Häuser knarzt. Zu dem rauen Wetter gesellen sich Glühwürmchen und weitere Geräusche der Nacht, die mit leichten düsteren Klängen und Stimmen untermalt sind. Mit dem Einstieg in die Open World entfaltet Ghost of Yōtei dann seine ganze Schönheit. Vor uns öffnet sich ein atemberaubendes Panorama mit grünen Ebenen, einem gelben Blütenmeer, tanzenden Blättern, aufflatternden Vögeln und Blick auf den Yōtei, einen Berg, der an den Fujiyama erinnert. Das Reiten durch die wilde Natur mit ihren Farbkontrasten und der großartige Score sorgen durchweg für Gänsehaut und machen unglaublich viel Spaß. Tag- und Nachtwechsel, gelungene Lichteinfälle und das Wetter, das von sonnig klarer Sicht bis zu Regen und Gewitter reicht, tun ihr Übriges, um die großartige Stimmung zu untermalen. Bei all der Schönheit ist die Open World der Szenerie des Vorgängers aber auch sehr ähnlich, wodurch sich die Umgebung sehr vertraut anfühlt.

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Blick in die Vergangenheit

Wir beginnen unsere Reise in den Ruinen von Atsus Zuhause. Dort und an einigen anderen Stellen des Spiels haben wir immer wieder die Möglichkeit, in die Vergangenheit unserer Heldin zu wechseln. Dort erleben wir, wie Atsu mit ihrer Familie zusammengelebt hat, welche Werte ihre Eltern ihr mitgegeben haben und wie sie mit ihrem Zwillingsbruder Jubei trainiert hat. Dabei tauchen wir nicht nur tiefer in Atsus Geschichte ein, sondern eignen uns auch nach und nach das Kampfsystem an. Die Rückblenden bieten einen guten Kontrast zur brutalen Realität unter der Herrschaft von Fürst Saito und beinhalten viele leise Momente. Diese werden an zahlreichen Stellen von der sehr verspielten Verwendung des DualSense unterstützt. So schmieden wir mit der Bewegungssteuerung unser Katana oder grillen Essen am Lagerfeuer. Mit unserem Touchpad können wir Feuer entfachen, zeichnen oder Töne auf der Shamisen finden. Das traditionelle japanische Instrument hilft uns auch dabei, besondere Orte zu entdecken.

Besonders gut gefallen hat uns auch, dass wir, während Atsu lernt, das Doppelkatana zu führen, ihre Mühe durch den Controller spüren konnten. Sind die Tastenkombinationen anfänglich anspruchsvoll und mühsam, werden sie immer leichter, wenn sich Atsus Stärke ihres linken Schwertarms verbessert. Diese Liebe zum Detail hat uns definitiv abgeholt.

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Das Wolfsrudel wächst

Unsere Reise durch Ezo bleibt nicht komplett einsam, denn auf unserem Weg begegnen uns immer wieder Verbündete, die uns im Kampf zur Seite stehen, uns mit Ausrüstung ausstatten oder Atsu den Umgang mit neuen Waffen lehren. Dazu gehören zum Beispiel Ran die Bogenmacherin, der Waisenjunge Taro, der Leichen plündert, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen, oder eine wilde Wölfin. Letztere kann uns auch im Kampf unterstützen und unseren Feinden ordentlich zusetzen. 

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Während wir uns durch Ezo kämpfen und dem Weg der Hauptstory folgen, bieten sich uns jede Menge Möglichkeiten, uns die Zeit zu vertreiben. So können wir wieder beim Erkunden von Schreinen unsere Fingerfertigkeit unter Beweis stellen. Wenn wir die Kletterpassagen gemeistert haben, bei denen wir uns mit gezielten Sprüngen und unserem Enterhaken fortbewegen, werden wir mit einem Talisman und einer spektakulären Aussicht belohnt. An Bambusständen müssen wir uns bestimmte Tastenfolgen einprägen und das Holz schneiden, um Geistpunkte zu verdienen, mit denen wir uns im Kampf heilen oder spezielle Fertigkeiten einsetzen können. Kopfgeldaufträge spülen Geld in Atsus Kasse und wenn wir Altäre der Besinnung entdecken, erhalten wir dort die Gelegenheit, unsere Fähigkeiten zu verbessern. Um diese zu finden, können wir auch Karten bei einem Kartographen kaufen und die Bildausschnitte in unsere Landkarte einfügen. Die maximale Gesundheit erhöhen wir wieder an den heißen Quellen, in denen Atsu auch über ihre Reise sinniert.

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Außerdem haben wir auch wieder die Möglichkeit, an Gedenksäulen Schwertkits zu entdecken und feindliche Lager einzunehmen. Hier gibt es viele Rohstoffe zu plündern und wenn wir den jeweiligen Anführer ergreifen, kassieren wir dafür eine ordentliche Belohnung. Unsere Wolfsbegleiterin sorgt ebenfalls für Questmaterial. An ihren Bauten verfolgen wir das wilde Tier im rasanten Ritt und helfen ihm dabei, seine Freunde aus Lagern von Jägern zu befreien. Zum Dank stärkt sich das Band mit der Wölfin immer weiter und wir dürfen Fähigkeitspunkte für ihren Einsatz vergeben.

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Bei unserer Erkundung weist uns übrigens wieder der leitende Wind den Weg, mit dem wir uns orientieren können. Der dezente Wegweiser fügt sich perfekt in die Umgebung ein und macht auffällige Questmarker überflüssig, was es uns ermöglicht, noch tiefer in die Landschaft einzutauchen. Außerdem begegnen uns immer wieder NPCs, die unsere Hilfe benötigen oder uns Hinweise zu wichtigen Orten oder unseren Feinden geben. 

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Von diesen Quests gibt es sehr viele und es macht Spaß, alle Punkte auf der Karte zu entdecken. Trotzdem steht das Naturerlebnis in Ghost of Yōtei wieder im Zentrum und außerhalb der kleinen Dörfer und Lager begegnen uns in der Weite Ezos nur wenige Menschen. Gerade weil sich das Game so viel Zeit für die Erkundung lässt, waren manche Entscheidungen für uns aber völlig unverständlich. So müssen wir den mächtigen Yōtei, der das Zentrum der Karte darstellt, für eine Quest nicht vollständig erklimmen, sondern befinden uns nach einer Cutscene schon beinahe am Gipfel.

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Ein tödlicher Tanz

Das Kampfsystem in Ghost of Yōtei ist schnell und ästhetisch, unterscheidet sich aber in einem zentralen Punkt von seinem Vorgänger. Während wir in Ghost of Tsushima unseren Gegnern mit unterschiedlichen Techniken zu Leibe gerückt sind, gewinnen wir in Yōtei mit geschickter Waffenwahl die Oberhand im Kampf. Unser Katana ist beispielsweise gegen andere Katanas die bestmögliche Option. Gegnern, die einen Speer tragen, trotzen wir am besten mit einem Doppelkatana und unser Yari ist die ideale Wahl gegen Widersacher, die uns mit Sicheln angreifen. Zusätzlich erhalten wir im Lauf der Geschichte noch die Kusarigama, eine Kettensichel, und das Odachi, ein großes Schwert. Außerdem gehören auch ein mittlerer und ein langer Bogen, ein Gewehr, eine Pistole sowie Wurfmesser, Blendpulver und diverse Bomben zu unserem umfangreichen Waffenarsenal.

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Damit können wir uns wieder entscheiden, ob wir Kämpfe offensiv angehen, unsere Umgebung nutzen oder im Verborgenen agieren. Wir haben zum Beispiel die Möglichkeit, Attentate aus einem Versteck durchzuführen, Gegner mit zerbrechenden Sakekrügen anzulocken oder herumliegende Waffen auf sie zu schleudern. Außerdem bietet sich uns immer wieder die Gelegenheit, Feinde mit dem Bogen anzugreifen oder ganz offen herauszufordern und sie unter Umständen mit einem einzigen Schwertstreich zu eliminieren.

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Atsus Bewegungen im Kampf sind elegant, kräftig und dynamisch. Wir wechseln zwischen Blocken und Angreifen und müssen dabei genau auf das Timing achten, um im Kampf die Oberhand zu gewinnen. Um unseren Gegnern zuzusetzen, stehen uns harte Hiebe zur Verfügung, die Taumelschaden verursachen und uns dabei helfen, die Verteidigung unserer Gegner zu durchbrechen. Außerdem können wir schnelle, leichte Angriffe sowie Spezialfähigkeiten ausführen, die wir nach und nach erlernen. Gegner können uns entwaffnen und Angriffe ausführen, die wir parieren können oder eben nicht, was geschicktes Ausweichen durch einen Seitschritt oder eine Rolle erfordert. Das ist auch dann nötig, wenn uns Feinde mit entzündeten Waffen angreifen und wir uns selbst über das Abrollen löschen müssen. Der Schwertkampf macht durch die Schnelligkeit und den Wechsel der zahlreichen Waffen wirklich Spaß, die Möglichkeit im Verborgenen zu agieren oder offensiv in unsere Gegner zu stürmen, bieten uns viel Spielraum für den eigenen Spielstil.

Ebenfalls Einfluss auf das Kampfgeschehen haben die unterschiedlichen Rüstungen, die wir im Laufe des Spiels weiterentwickeln und auch farblich anpassen dürfen. Je nach Spielstil gewähren sie uns unterschiedliche Vorteile, wodurch wir abwägen sollten, welche Rüstung wir tragen und welche Fähigkeiten wir weiterentwickeln, um zu einer wahrhaft tödlichen Kriegerin zu werden.

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Alles aufgewärmt?

Das alles klingt sehr stark nach Ghost of Tsushima? Richtig. In den zentralen Gameplayaspekten und der grundlegenden Atmosphäre sind sich beide Titel unglaublich ähnlich, sodass sich Yōtei wie eine Erweiterung seines Vorgängers anfühlt. Das Kampfsystem spielt sich ebenfalls ähnlich, auch wenn im neuen Teil mehr Wert auf die Waffenausstattung gelegt wurde. Vieles kommt uns also bekannt vor, aber Atsu ist uns als Protagonistin stärker ans Herz gewachsen als Jin Sakai in Ghost of Tsushima. Sie ist stark, impulsiv und auch, wenn ihr Rachedurst sie dazu treibt, Entscheidungen zu treffen, die man nicht immer gut heißt, spüren wir ihre Emotionen, ihre Trauer, ihren Konflikt und ihre weiche Seite. Außerdem kommt Ghost of Yōtei technisch sehr viel sauberer daher, sodass uns ärgerliche Bugs weitestgehend erspart bleiben.

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Fazit

Ghost of Yōtei begeistert wie sein Vorgänger mit atemberaubenden Naturdarstellungen, einer hervorragenden Soundkulisse und einem Kampfsystem, das mit seiner Schnelligkeit ordentlich Spaß macht. Die spezielle und melancholische Poesie sorgt dafür, dass wir in der Welt versinken und jeden Winkel von Ezo erkunden wollen. An vielen Stellen fühlt sich Yōtei an, als würde man in eines seiner Lieblingsspiele zurückkehren, während man auf dem Pferd galoppiert und um uns herum Vögel aufflattern und Blätter tanzen. Der Titel erfindet die Reihe nicht neu und ist seinem Vorgänger wirklich sehr ähnlich, dafür bietet Ghost of Yōtei aber auch alles, was ich an Ghost of Tsushima geliebt habe. Die klassische Rachestory ist nicht die komplexeste, das Eintauchen in Atsus Vergangenheit und der starke Fokus auf die Masken unserer Widersacher fand ich allerdings sehr gelungen. Begeistert hat mich auch die gute Verwendung des DualSense, die mit der Bewegungssteuerung für viele kleine Details sorgt. Kurz: Wer Ghost of Tsushima gefeiert hat und kein Problem damit hat, in ein sehr ähnliches Setting zurückzukehren, darf sich Ghost of Yōtei ebenfalls nicht entgehen lassen.

Pro:
  • Atemberaubende Naturdarstellung
  • Schnelles Kampfsystem
  • Hervorragende Verwendung des DualSense
  • Viele liebevolle Details
  • Nebencharaktere gut gezeichnet
  • Viel zu entdecken
  • Gelungener Pathos
Contra:
  • Klassische Rachestory nicht sehr innovativ
  • Hebt sich nicht übermäßig von seinem Vorgänger ab
Story:
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Gameplay:
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Grafik:
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Sound:
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Atmosphäre:
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Unsere Wertung: 9.0 / 10
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Spiel getestet auf: PS5
Stephanie Walter

Stephanie Walter

Leidenschaftliche Fantasy-Farmerin mit einem Faible für Japan-Rollenspiele der Marke Final Fantasy oder Persona. Als Sims-Fan gehören bei ihr aber auch nahezu alle Hauptspiele und Erweiterungen von EAs Personensimulation zum Standardrepertoire. Das Interessengebiet wird erweitert durch Shooter und Rollenspiele aus dem Star-Wars-Universum sowie durch Rätselspiele und Point-and-Clicks im Stile von Gray Matter oder Black Mirror.

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