Have a Nice Death im Test: Rest in Paperwork
Have a Nice Death kombiniert Roguelite mit einer ordentlichen Portion schwarzem Humor. Ob diese Kombi funktioniert, klären wir in unserem Test.
Was macht der Tod, wenn ihm die Arbeit über den Kopf wächst? Richtig, er gründet eine Firma, die das Einsammeln und „Verarbeiten“ von Seelen in einem Prozess automatisiert. Für die Managementstellen werden kurzerhand Plagegeister erschaffen. Wir übernehmen in Have a Nice Death die Rolle eines CEO. Als der Schreibtisch aber erneut voller und voller wird, kommt uns der Verdacht, dass nicht alle Mitarbeiter sich an die Firmenrichtlinien, was das Einsammeln von Seelen betrifft, halten. Also müssen wir unseren Pflichten als guter Chef nachkommen und mal in den Abteilungen nach dem Rechten sehen. Die Plagegeister und ihre Untergebenen sind allerdings nicht so einsichtig und wehren sich mit aller Macht gegen eine Zurechtweisung. Wir müssen alle Kräfte, Flüche und Waffen, die uns als der leibhaftige Tod zur Verfügung stehen, aufbringen, um wieder Ordnung in der Firmenhierarchie herzustellen. Und damit die weltweite Todesrate wieder auf ein normales Maß zu senken.
Death Inc. ist kein sterbenslangweiliger Ort
Have a Nice Death überrascht während dieser Disziplinierungsmaßnahme mit vielen merkwürdigen, aber irgendwie auch liebenswerten Charakteren, einer Menge schwarzem Humor und einzigartigen Abteilungsdesigns. Das Spiel nimmt sich dabei selbst nicht immer ernst und durchbricht mit dem einen oder anderen Gag die vierte Wand. Was man zunächst nicht erwartet, ist, dass es sich bei Have a Nice Death um ein 2D-Roguelite handelt. Das heißt, wir haben es mit bockschweren Kämpfen, oder zumindest Bossen, chronischer Ressourcenknappheit, zufällig generierten Levels und der Gewissheit, dass wir mindestens ein paarmal sterben werden, bevor wir den nächsten Abschnitt erreichen, zu tun.
Have a Nice Death und der Loop des Todes
Ein typischer Gameplay-Loop startet immer im Büro des CEOs von Death Inc., also (ironischerweise) dem Tod. Dort treffen wir wechselnde Charaktere, die uns anfeuern, Tipps für den nächsten Run geben oder uns mit Upgrades unterstützen. Dann geht es mit dem Aufzug in die erste Etage, begleitet wird das mit guter Fahrstuhlmusik. Dort angekommen, ist unser Ziel, immer den nächsten Fahrstuhl zu erreichen, bis wir nach fünfmaligem Grooven zu Fahrstuhlmusik bei einem Boss ankommen. Die einzelnen Ebenen durchschreiten wir von links nach rechts, mit einem überraschenden Maß an vertikaler Bewegung, hier kann man leicht an „Dead Cells“ erinnert werden. Was nicht überrascht, da Sébastien Bénard, der Lead Entwickler von Dead Cells, dem Team von Magic Design Studios als Berater zur Seite stand. Natürlich wollen uns ganze Horden von Gegnern, bestehend aus fehlgeleiteten Mitarbeitern von Death Inc., am Erreichen des nächsten Aufzugs hindern. Am Lift angekommen, können wir wählen, in welches Geschoss wir fahren wollen. Die Art des Halts bestimmt sowohl Gegnertypen als auch mögliche Items und sonstige Belohnungen, hier lässt sich leicht „Hades“ als Vergleich nennen. In Shops können wir unsere gefundene Seelenmark investieren, und das sollten wir, denn am Ende unseres Runs ist diese eh verloren. Durch die Wahl am Fahrstuhl können wir Zwischenbossen aus dem Weg gehen oder die Herausforderung für eine zusätzliche Belohnung annehmen. Nach jedem Boss wechselt die Szenerie und wir betreten den nächsten Abschnitt beziehungsweise Abteilung.
Nicht nur ein Sensenmann
Auf unserem Weg finden wir immer wieder neue Waffen. Obwohl wir den klassischen Sensenmann verkörpern, sind Sensen bei weitem nicht die einzige Waffenart, die uns begegnen wird. Jede Waffe spielt sich dabei individuell und hat neben unterschiedlichem Schaden auch ein eigenes Kombo-Verhalten. Auch können wir an sich gleiche Waffen und unterschiedliche Güteklassen finden, was direkt den Schaden und sogar Zusatzeffekte beeinflusst. Ein häufiger Wechsel und etwas Experimentierfreude sind hier angeraten. Damit wir dafür ein Gefühl bekommen, können wir in unserem Hub nach Belieben alle freigeschalteten Waffen ausprobieren und an einer Puppe trainieren. Neben der Hauptwaffe kann unser magischer Mantel auch noch eine Nebenwaffe imitieren und wir finden Zauber. Diese sind mit einem Cooldown beziehungsweise Manakosten verbunden und können nicht dauerhaft eingesetzt werden, sind meist aber sehr mächtig. Es handelt sich hierbei nicht immer direkt um schadensausteilende Angriffe, sondern die Magie kann auch eine Giftwolke oder ähnliche Unterstützung darstellen. Unsere Fähigkeiten werden zu guter Letzt noch durch Flüche abgerundet. Entgegen dem Namen sind diese etwas Positives, denn es sind passive Fähigkeiten, die unsere anderen Aktionen verbessern oder mit zusätzlichen Effekten erweitern. Aufgeteilt ist das in Verbesserungen für Mantel, Hauptwaffe oder generellen Support. Manche Flüche stärken aber auch unsere Gegner oder haben andere Nachteile.
Mit Gold wird alles leichter
Das Lite in Roguelite kommt durch das Verdienen von Gold. Im Gegensatz zu Seelenmark verlieren wir dieses nämlich nicht bei der Rückkehr ins Chefbüro. Zusätzlich erhalten wir je nach Performance noch einen Bonus an Edelmetall. Davon kaufen wir Upgrades beziehungsweise schalten Waffen und Flüche frei, die ab dann die Chance haben, in unseren Streifzügen zu erscheinen. Auch hier kommt uns das Spiel noch zusätzlich entgegen, da es auf Items Rabatte gibt, wenn wir bestimmte Meilensteine erreichen. Diese Ziele sind dabei sehr unterschiedlich, sie reichen von X-mal einen Boss besiegen, über X-Tode bis zu benutze diese oder jene Waffe X-mal (wobei X meist eine Zahl größer Null ist). Daneben gibt es aber auch direkte Verbesserungen von Items. Insgesamt werden die Runs dadurch einfacher und haben eine größere Chance, mit einem positiven Ergebnis zu enden.
Kaffee gegen den Tod
Bis wir allerdings an dem Punkt sind, an dem wir uns federleicht durch die Abteilungen bewegen, liegt ein langer Weg (und einige Tode). Zum Glück können wir unsere Versuche mit Heilung zumindest etwas verlängern. Wir können bis zu drei Chargen Heilung vorhalten. Diese können allerdings nur Wunden heilen, also die Menge Schaden, die wir zuletzt erhalten haben. Wenn wir erneut Schaden erleiden, dann geht dieses Leben zunächst unwiederbringlich verloren und wir erhalten eine neue Wunde. Treffer werden uns auch immer akustisch mitgeteilt, mit einem kurzen Scratchen des Soundtracks. Wenn wir aber alle Chargen haben und trotzdem eine Heilung einsammeln, dann wird eine Ladung aufgewertet und kann auch über eine Wunde hinaus Leben regenerieren. Und da alle in Death Inc. eine ungesunde Beziehung zu Kaffee haben, droppen sie gelegentlich einen Becher davon. Er ist unumstritten das beste Heilitem, da er alle Arten von Schaden heilen kann.
Die verschiedenen Ebenen sind durch ihre handgezeichneten Hintergründe klar voneinander unterscheidbar. Der Soundtrack passt sich dem schnellen Gameplay perfekt an, weswegen die kurzen Scratches bei Treffern umso mehr auffallen. Und auch die ganz andere, eher entspannende Fahrstuhlmusik passt perfekt ins Spielesetting. In den Momenten dieser Unterbrechung merkt man erst, wie dicht die Atmosphäre ist, die Have a Nice Death mit einfachen Mitteln aufbauen kann.
Fazit
Da die Waffen und Fähigkeiten unseres Mantels unseren Spielstil maßgeblich beeinflussen, ist kein Run wie der andere. Spätestens die zufällige Generierung der Areale macht das eh unmöglich. Bild und Ton zaubern eine stimmige Atmosphäre, die immer wieder von den absurden Gestalten und Dialogen aufgelockert wird. Lediglich das schwache visuelle Trefferfeedback und manchmal schwammige Hitboxen trüben etwas den Spielspaß. Aber nach den ersten paar Versuchen hat man hier so etwas wie einen sechsten Sinn und kann ungestört weiter auf Disziplinierungswallfahrt gehen. Have a Nice Death ist also durchaus ein würdiger Vertreter des Roguelite-Genres und somit jedem Fan bedenkenlos zu empfehlen. Wer zumindest Spaß an skurrilen Dialogen hat und das schon mal ausprobieren wollte, der hat hier vielleicht einen guten Grund, zum Fan zu werden.
- Dichte Atmosphäre
- Absurder Humor
- Wunderschöne handgezeichnete Grafik
- Viele Freischaltmöglichkeiten und dadurch einzigartige Runs
- Schwaches Trefferfeedback
- Teils schwammige Hitboxen
Hat seit dem Gameboy jede Handheld-Generation ausgiebig genutzt. Es stehen vorallem Coop- und Multiplayer-Spiele hoch im Kurs.