Indiana Jones und der Große Kreis im Test: Endlich selbst Schätze finden
Nach langer Zeit werden die Fans der ikonischen Filmreihe Indiana Jones wieder mit einem Spiel beglückt. Dieses Mal aber nicht in Form eines pixeligen Adventures, sondern im schicken Raytracing-Gewand und aus der Egoperspektive. Ob der ungewöhnliche Perspektivwechsel von MachineGames überzeugen kann und wie weit sich Indy an den Filmen orientiert, wird der Test zeigen.
Wo sind die Schätze
Indiana Jones und der Große Kreis entfaltet eine fesselnde Geschichte, die den legendären Archäologen auf ein neues und gefährliches Abenteuer schickt. Dieses Mal ist Indy auf der Spur des „Großen Kreises“, einem alten Geheimbund, der ein großes Geheimnis hütet. Die Handlung verwebt historische Legenden und mythische Elemente mit rasanter Action. Die Entscheidung, dafür in die Egoperspektive zu wechseln und nicht, wie von den anderen Genrevertretern gewohnt, aus der Third-Person-Perspektive zu spielen, kommt der Immersion nur zugute und lässt uns leicht in die Welt des Archäologen eintauchen.
Ausgangspunkt unserer Reise ist ein Einbruch in das Marshall-College im Jahr 1937, in dem Indiana Jones als Dozent der Archäologie wissbegierigen Studenten seine Kenntnisse vermittelt — bis sich eines Nachts ein Riese unerlaubt Zugang zu der Universität verschafft und das beschauliche Leben plötzlich stört. Als Indy den Eindringling zur Rede stellen will, wird er von dem Riesen plötzlich attackiert und zu Boden gestreckt. Nach einer kurzen Inspektion des völlig verwüsteten Ausstellungsraumes fällt unserem Protagonisten auf, dass eine alte Katzenmumie fehlt, der bis dahin kaum Aufmerksamkeit gewidmet wurde.
Dass dieser Raub den Filmhelden nicht kaltlässt, liegt dabei auf der Hand und so befinden wir uns schnurstracks auf einer aufregenden Reise rund um den Globus. Dabei erforschen wir uralte Krypten im Vatikan, erkunden längst vergessene Tempelanlagen tief im Dschungel Thailands oder machen einen Abstecher zu den weltberühmten Pyramiden in Ägypten. Das Spiel kann die Faszination dieser geschichtsträchtigen Orte gekonnt einfangen und wir kommen uns beinahe vor, als würden wir selbst durch uralte Katakomben schleichen und uns im schummrigen Kerzenlicht Spinnen vom Hals halten. Dicht auf den Fersen ist uns Doktor Voss, ein Erzfeind von Indiana Jones und Bösewicht im Dienst der Nationalsozialisten. Auch er will das Geheimnis lüften und dabei ist ihm jedes Mittel recht, das ihn näher an sein Ziel bringt.
Mit Hut und Peitsche
Ganz getreu der Filme, gilt es in Indiana Jones und der Große Kreis antike Rätsel zu lösen und wertvolle Artefakte zu entdecken. Das Gameplay ist eine Mischung aus Erkundung, Rätseln und Action mit einer Prise Slapstick.
Die Locations sind reich an Details und laden dazu ein, erkundet zu werden. Da jeder Schauplatz gespickt ist mit Nazis, sollten wir dabei idealerweise ungesehen bleiben. Als Stealth-Aspekte stehen uns meist alternative Wege über den Köpfen der Faschisten oder durch Gebüsche und Kistenlabyrinthe zur Verfügung. Auch finden wir immer wieder Verkleidungen, die uns einen offeneren Bewegungsradius einräumen. Bei genauerer Betrachtung durch höher positionierte Soldaten oder auch einfach durch zu große Nähe fällt unsere Tarnung allerdings schnell in sich zusammen. Wie in jedem guten Spiel mit Stealth-Elementen gibt es auch die Möglichkeit, solange wir noch unentdeckt sind, einzelne Gegner geräuschlos auszuschalten und dann den bewusstlosen Körper ungesehen verschwinden zu lassen. Indy scheut aber auch nicht davor zurück, handgreiflich zu werden. Sowohl mit Fäusten als auch mit allerhand um uns herum liegenden Gegenständen. Dabei gibt es klassische Elemente wie Ausweichen, Kontern und natürlich selbst Zuschlagen. Alle Bewegungen werden von unserem Ausdauerbalken bestimmt, den es stets im Auge zu behalten gilt. Da es aber schnell vorkommt, dass wir von der anrückenden Verstärkung überwältigt werden, sollte dieser Weg immer die letzte Option sein. Die ikonische Peitsche, das Allzwecktool von Indy, kann ebenfalls im Kampf eingesetzt werden, sei es, um Tiere zu vertreiben, Gegner in Nahkampfreichweite zu holen oder, um sie zu entwaffnen.
Die zweite wichtige Säule sind Rätsel — diese finden wir sowohl in der Hauptstory von Indiana Jones und der Große Kreis als auch immer wieder in der offenen Umgebung. Die Art und Schwierigkeit sind dabei sehr unterschiedlich, und das schlägt sich auch in den Belohnungen nieder. Die Rätsel der Hauptstory dienen in der Regel nur dazu, die Geschichte voranzutreiben, wohingegen die ganzen kleinen Rätsel mit Geld, Erfahrung oder Collectibles locken. Die Spannbreite reicht von Schalterrätseln über ausgeweitete, Level überspannende Sammelquests bis zu einfachen Höhlenbegehungen, deren Eingang einfach nur gefunden werden muss. Die Kamera, die wir ziemlich zu Beginn erhalten, dient uns dabei als Hinweisfinder. Immer wieder können wir durch Gespräche mit NPCs auch Nebenquests erhalten, die auch wieder Rätsel enthalten. Besonders aufgefallen sind mir Interaktionen, die man nur durch Hinhören im „Vorbeigehen“ mitbekommt, zum Beispiel, wenn sich zwei NPCs unterhalten und einer sich ein Foto einer bestimmten Location wünscht, kann man einfach das entsprechende Bild machen und diesem NPC geben, ohne dass es jemals einen Eintrag im Questlog oder ähnlichem gegeben hat. Das ist nur ein Beispiel für die gute interaktive Spielwelt von Indiana Jones und der Große Kreis. Ebenso auffällig sind die häufigen und teilweise recht ausgedehnten Cutscenes, die den Spielfluss immer wieder unterbrechen. Diese könnten häufig auch genauso in den Filmen des Franchise auftreten und sind gespickt mit Slapstick und teilweise sehr cringen Dialogen, aber genau dadurch tragen sie sehr zur Atmosphäre bei.
Kurz gehört, sofort erkannt
Beim Sounddesign wurde ebenso auf die filmischen Vorgänger geachtet. Es gibt zahlreiche Audioquellen, die eine dichte Atmosphäre schaffen. Die oben genannten Interaktionen zwischen einzelnen Bewohnern der Spielwelt oder auch zwischen Indy und den NPCs vertiefen diese Immersion noch. Je nach Setting ist auch ein deutlicher Unterschied bemerkbar: Die Weite der Wüste ist durch Abwesenheit von Geräuschen spürbar, während der Vatikan doch eher von regem Treiben geprägt ist. In Stealth-Passagen ist der Ton ebenso etwas ruhiger, um die Spannung aufrechtzuerhalten. Immer wieder kommen aber, vor allem in Action-Sequenzen, Teile des bekannten ikonischen Soundtracks des Franchise vor und sorgen so für hohen Wiedererkennungswert.
Opfer für den Grafikgott
Die grafische Umsetzung der Spielwelt von Indiana Jones und der Große Kreis überzeugt auf ganzer Linie und begeistert mit beeindruckenden Details sowie hochauflösenden Texturen. Dank der aktuellen Id Tech 7 Engine werden auch die Umgebungen realistisch ausgeleuchtet und mit Raytracing verfeinert. Besonders die Pathtracing-Implementierung dreht den Grafikregler nochmals in ungeahnte Höhen und lässt Kinnladen fallen. Das kostet enorme Hardwareressourcen und dementsprechend hoch sind auch die Mindestvoraussetzungen. Unter einer Nvidia Geforce RTX 2060 und einem AMD Ryzen 5 3600 geht nichts mehr. Dazu kommt, dass der aktuelle Zustand dieses Grafikfeatures stark verbuggt ist und zwischen 15, 25 und 80 FPS hin und herwechselt. Bis dato ist noch kein Patch in Aussicht, aber die Entwickler sind sich dieses Problems bewusst. Negativ aufgefallen sind auch die teilweise recht steifen Gesichtsanimationen in den Zwischensequenzen und gelegentliche Clippingfehler, die neben der pompösen Grafikpracht besonders auffallen.
Fazit
Indiana Jones und der Große Kreis überzeugt sowohl Fans der Filmreihe als auch Neueinsteiger mit einem packenden Abenteuer, das auf dem klassischen Indiana-Jones-Flair basiert. Die Mischung aus actiongeladenen Kämpfen, cleveren Rätseln und atmosphärischen Stealth-Elementen sorgt für ein kurzweiliges und abwechslungsreiches Erlebnis. Besonders die Entscheidung, das Spiel aus der Egoperspektive zu spielen, fördert die Immersion und lässt den Spieler noch tiefer in die Welt des Archäologen eintauchen.
Die grafische Umsetzung sorgt für stimmige visuelle Eindrücke, auch wenn die hohe Leistung der Engine auf leistungsstarke Hardware angewiesen ist und technische Probleme wie die schwankende Bildrate den Spielgenuss trüben können. Sounddesign und musikalische Untermalung aus den bekannten Filmen bieten zudem eine gelungene Atmosphäre, die das Indiana-Jones-Feeling gekonnt einfängt.
Dennoch sind es vor allem die charmanten Details, die das Spiel auszeichnen – von den interaktiven Dialogen über die humorvollen Cutscenes bis hin zu den liebevoll gestalteten Schauplätzen. Indiana Jones und der Große Kreis ist ein unterhaltsames Abenteuer, das sich sowohl in der Tradition der Filme bewegt als auch moderne Gameplay-Elemente integriert. Ein Muss für Entdecker und Indiana-Jones-Fans, auch wenn kleinere technische Mängel den Gesamteindruck etwas trüben.
- Schicke Grafik
- Ikonischer Soundtrack
- Packende Atmosphäre
- Spannende Story
- Orientierung an den Filmen
- Interaktive Spielwelt
- Hohe Systemvorrausetzungen
- Technische Probleme
- Steife Gesichtsanimationen
- Repetitiv über die verschiedenen Gebiete
- Teilweise absurde Rätsellösungen
Passionierter PC und Konsolenspieler. Fokus liegt auf Einzelspielererlebnissen