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Review

Kandagawa Jet Girls – Ab durch die Wellen

Von Alex Jung am 2. September 2020. Getestet auf PS4. Zum Spiel hier klicken.

Hierzulande noch reichlich unbekannt, liefern sich die Kandagawa Jet Girls im gleichnamigen Anime seit 2019 rasante Rennen in Tokios Wasserkanälen. Natürlich lässt ein entsprechendes Rennspiel zum Anime nicht lange auf sich warten. Nun erscheint auch bei uns im Westen das Videospiel zum neusten Projekt der Senran Kagura Macher. Schlagen sich die Jet Girls wacker oder erleiden sie dabei Schiffbruch? Wir haben uns für euch in die Fluten gestürzt.

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Willkommen in Tokio

Wer vom gleichnamigen Anime bisher noch nichts gehört hat, für den haben wir hier eine kleine Zusammenfassung:

Hauptprotagonistin Rin Namiki zieht nach Tokio, um dort ihrer berühmten Mutter nachzueifern, die einst eine der besten Jet Racerinnen der Stadt war. Da Rin natürlich nicht alleine ein Team bilden kann, beschließt sie die leicht mürrische Misa Aoi zur Zusammenarbeit zu überreden. Zusammen machen sich die beiden Damen auf, die Kanäle der Stadt unsicher zu machen und den titelgebenden Kandagawa Cup, die Rennmeisterschaft einiger renommierter Highschools und Frauenteams, für sich zu entscheiden. Natürlich treffen sie dabei auf diverse rivalisierende Teams, die es ihnen nicht  leicht machen wollen.

Das Jet Racing an sich lässt sich dabei am besten als eine Mischung aus Jet Ski und Wagenrennen à la Ben Hur beschreiben. Während der Jetter das Renngefährt durch die Kanäle Tokios bewegt, steht hinter ihm der Shooter, der mit einer Wasserkanone zum einen Hindernisse aus dem Weg ballert, zum anderen aber auch die Gegner auf Distanz hält. Das Spiel hält sich dabei grafisch sehr nah an der Anime-Vorlage und präsentiert sich in einem ansprechenden Cel-Shading-Look. Leider fällt gelegentliches Tearing etwas ins Auge, zudem sind die Ladezeiten mitunter recht lang. Dennoch ergibt sich ein stimmiges Gesamtbild, welches vom wirklich gelungenen Soundtrack mit vielen eingängigen Stücken gut getragen wird.

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Teams im Wettstreit

Herzstück des Spiels ist der Storymodus, in dem wir verschiedene Geschichten, im Spiel Arcs genannt, aus der Sicht der im Spiel enthaltenen Teams erleben. Während also Rin und Misa erst einmal zueinander finden müssen, haben die arroganten Möchtegern-Bösewichter vom Team Dress ein Problem mit der Fitness ihres Shooters. Und die beiden vermeintlich strunz doofen Püppchen von MKHU wollen zunächst einmal einfach nur reich und berühmt werden.

Die Arcs sind dabei in bis zu zwölf Kapitel unterteilt. Dabei wird die Story im Stile einer Visual Novel mit animierten Charaktermodellen in Spielgrafik, mit japanischer Sprachausgabe und englischen Untertiteln, fortgeführt. Hier sollte man natürlich keine allzu tiefgründigen Geschichten erwarten. Schließlich dienen die Dialoge nur als Aufhänger für die Rennen. Diese lassen einen doch manchmal schmunzeln, wenn die vermeintliche Lösung für jedes Problem natürlich nur ein Rennen sein kann. Und damit ist auch wirklich jedes Problem gemeint. Ein Beispiel? Die Pilotin eines Teams ist augenscheinlich schizophren. Die Lösung? Natürlich ein Rennen!

Bei mancher Story wurden wir aber sogar positiv überrascht, was auch an den grundlegend sympathischen Figuren liegt. Und das, obwohl man sich hier munter aus der japanischen Klischee-Kiste bedient hat, natürlich inklusive quietschenden, nervtötenden Idols und sich geheimnisvoll gebenden Schreinmädchen. Wem das alles zu viel schrilles Anime-Gehabe ist, der kann die Zwischensequenzen aber auch jederzeit abbrechen.

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Leider stören immer wieder Bugs im Storymodus, bei denen die Dialogpartner nicht richtig geladen werden und dann plötzlich irgendwo jenseits des Bildschirmrandes ihren Standpunkt klarmachen oder auch mal plötzlich ziemlich klein sind. Auch wird oftmals die Protagonistin, die gerade am reden ist, überhaupt nicht angezeigt. Sämtliche Bugs sind zwar harmlos oder sorgen sogar für den ein oder anderen Lacher, allerdings wäre hier etwas mehr Feinschliff sicherlich nicht verkehrt gewesen.

Zu jedem Kapitel gehört dann wiederum ein Rennen, bei dem man dann gegen ein bestimmtes Team sowie vier weitere Lückenfüller-Teams antreten muss. Hier gilt es neben dem Sieg auch noch verschiedene Zusatzherausforderungen zu bestehen. So sollen wir beispielsweise eine gewisse Anzahl an Tricks ausführen oder möglichst viele verschiedene Waffensysteme nutzen. Freischalten lassen sich hier neben Verbesserungsmöglichkeiten für den Jet Racer auch diverse neue Kostüme und Accessoires, welche aber nur optische Anpassungen ermöglichen. Auch werden die im Spiel verfügbaren Strecken hier nach und nach freigeschaltet. Meist gibt es bis zu drei unterschiedliche Varianten einer Strecke, welche sich aber angenehm unterscheiden. Zudem sind auch Rennen am Abend oder in der Nacht und sogar bei Regen möglich. Später im Spiel enthalten die Kurse zusätzlich alternativen Routen, durch die wir uns unter Umständen einen kleinen Vorteil verschaffen können. Hat man die sechs Arcs der Hauptstory gemeistert, warten noch ein weiteres freischaltbares Team sowie zwei weitere Arcs auf uns, die die Hauptgeschichte dann abschließen. Zudem sind im Spiel als Bonus die beiden Charaktere Ryona und Ryobi aus der Senran Kagura-Reihe enthalten, die aber keine eigene Story besitzen und somit einfach nur da sind. Hier haben andere Spielereihen schon mehr aus ihren Gastcharakteren herausgeholt.

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Let the race begin

Zum Spieleinstieg kann man ein umfangreiches Tutorial bestreiten, welches einem die Feinheiten des Jet Racings näher bringt. Das System hinter den Rennen erweist sich hierbei als überraschend tiefgründig. So kann man beispielsweise etwas Zusatzgeschwindigkeit auf den Geraden heraus kitzeln, wenn man die Nase des Jet Racers nach oben zieht. Oder man driftet durch die Kurven und erlangt so einen kleinen Boost. Auch kann man nach einem Sprung bewusst ins Wasser eintauchen, was zwar Geschwindigkeit kostet, aber unsere EPD-Batterie auffüllt. Diese ist zuständig für einen zusätzlichen Booster, kann aber auch im vollen Zustand für eine mächtige Spezialattacke gegen die Gegner genutzt werden.

Ein absolutes Highlight des Spiels sind aber die schön designten Strecken. Zwar ist man weitestgehend, von einigen Sprüngen abgesehen, auf einer gleichbleibenden Ebene unterwegs, aber dafür machen die Kurse dennoch viel Spaß. Das liegt zum einen an der wirklich schönen Umgebungsgestaltung, durch die manchmal sogar richtiges Urlaubsfeeling aufkommt. Auch stehen überall am Streckenrand jubelnde Zuschauerinnen, die für weitere Atmosphäre sorgen. An dieser Stelle könnte sich sogar der eine oder andere große Rennspiel-Vertreter eine Scheibe abschneiden, bei dem nur stocksteife Klonzuschauer die Tribünen bevölkern. Aber halt, nur Zuschauerinnen? Richtig, kurioserweise gibt es in der Welt der Kandagawa Jet Girls anscheinend keinen einzigen Mann, von ein paar Nennungen in den Arcs einmal abgesehen.

Zum anderen sind überall auf den Kursen besagte Hindernisse in Form von Wasserbällen oder knuffigen Hologramm-Tieren verteilt, aber auch Beschleunigungsstreifen, Power-up-Felder und Ringe, die unsere Batterie auffüllen. Quasi das Einmaleins der Funracer. Über die Sprünge können wir vier verschiedene Tricks ausführen, welche uns weitere kurzfristige Boni bescheren. Sogar an einen schick inszenierten, individuellen Signature-Trick pro Team ist gedacht worden. Bei den Power-up-Feldern können wir eine von acht verschiedenen Waffen aufsammeln, durch die wir dann auch in der Lage sind, rückwärts zu feuern. Wird man zu oft getroffen, dann bricht der Schild des Renners zusammen und man verliert kurzfristig fast die gesamte Geschwindigkeit. Im Eifer des Gefechts durchaus ein Nachteil.

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Ein Kinderspiel

Hier kommen wir aber auch schon zum nächsten großen Kritikpunkt am Spiel. Denn all die oben genannten Mechaniken sind eigentlich kaum nötig, um die Rennen zu gewinnen. Denn der Schwierigkeitsgrad in den Arcs ist manchmal schon fast lächerlich leicht. So gelang es uns einmal, das letzte Team der Gegner bei einem Rennen über gerade einmal zwei Runden fast zu überrunden.

Das liegt unter anderem daran, dass die gegnerischen Teams im Laufe unseres Fortschrittes kaum mit leveln. Wenn wir also eine Verbesserung in unser Vehikel einbauen, haben wir automatisch einen Vorteil gegenüber dem Rest des Feldes. Doch selbst wenn wir auf die Upgrades verzichten, fahren wir den gegnerischen Teams meist um die Ohren. Es dauert dann halt nur länger. Lediglich zu Beginn des einen oder anderen Arcs mussten wir uns mal etwas anstrengen. Aber um dann beispielsweise Ziele wie „Triff Gegner mit vier verschiedenen Waffen“ überhaupt abschließen zu können, bleibt uns nur, auf die anderen Teams zu warten. Ein wählbarer Schwierigkeitsgrad hätte hier definitiv geholfen, zumal dieser im Einzelrennmodus ja auch verfügbar ist. Das Geschwindigkeitsgefühl ist dabei zu Spielbeginn noch sehr niedrig, bessert sich aber mit fortlaufender Spieldauer und eingebauten Verbesserungen. Dennoch können die meisten Kurven quasi voll gefahren werden, wenn man sie richtig anfährt. Hier wäre definitiv noch Luft nach oben für eine etwas größere Herausforderung gewesen.

Im Spiel enthalten sind neben den Rennen auch noch vier mehr oder weniger simple Minispiele, die aber dennoch Spaß machen. So müssen wir auf einem Laufband unsere Geschwindigkeit regulieren, Tricks mit dem Jet Racer ausführen, die Dielen einer Hafenanlage schrubben oder unsere Rennmaschine saubermachen. Die Minispiele stehen dabei ebenfalls in drei verschiedenen Schwierigkeitsgraden zur Verfügung und sind angenehm kurzweilig.

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Geld regiert auch hier die Welt

Kurioserweise verdienen wir bei diesen Minispielen mehr Geld, als bei den eigentlichen Rennen. Und Geld haben wir auch bitter nötig, um die vielen freischaltbaren Dinge im Spiel auch zu erwerben. Neben den angesprochenen Upgrades für unseren Jet Racer können wir hier beispielsweise Lackierungen, Renneffekte oder Aufkleber freischalten. Ein Ausrüstungslimit zwingt uns dabei sogar, beim Ausbau unserer Rennmaschine taktisch vorzugehen. Bevorzugen wir beispielsweise  eine bessere Beschleunigung, oder wollen wir mehr Energie in die Batterie einspeisen, während wir fahren? Wie gesagt, das Rennsystem an sich ist durchaus tiefgründig genug, um einem länger bei der Stange zu halten.

Doch natürlich kommen auch die Damen nicht zu kurz. Die Anpassungsmöglichkeiten sind auch hier erfreulich umfangreich. So können wir quasi alle Kostüme und Frisuren munter tauschen, aber auch neue Haarschnitte und Accessoires freischalten. Während es für die Kostüme immer fünf voreingestellte Farbmuster gibt, können die Haare und die Augen sogar komplett frei eingefärbt werden. Und natürlich kann auch eine Menge Badebekleidung erworben werden. Und da kommen wir schon zum nächsten Kritikpunkt, denn mit dem Fanservice hat man es hier auch etwas gut gemeint. Klar, man hält sich hier natürlich an die auch nicht gerade prüde Anime-Vorlage. Dennoch müsste nicht jede zweite der Damen zwangsläufig eine Oberweite haben, dass man Angst bekommt, sie würde jeden Moment einfach nach vorne umkippen. Zusätzlich zu den Kostümen kann man noch den Soundtrack des Spiels freischalten, sowie einige gezeichnete Bilder der Protagonistinnen, die man im Laufe der Arcs zu sehen bekommt. Langzeitmotivation ist also durchaus gegeben, sofern man natürlich Lust hat, das alles auch zu sammeln.

Leider bietet Kandagawa Jet Girls für Mehrspieler nur den obligatorischen Online-Modus. Ein lokaler Splitscreen-Modus für die Rennen oder die Minispiele ist nicht enthalten. Ebenso fehlt die Möglichkeit, dass ein Spieler den Jetter übernimmt, während ein anderer den Shooter steuert. Das hätte sich bei einem derartigen Spiel ja geradezu angeboten.

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Fazit

Leider verhindern einige grobe Schnitzer, dass die Kandagawa Jet Girls so richtig durchstarten können. Neben den Bugs im Storymodus und kleineren technischen Problemen ist es vor allem der sehr seichte Schwierigkeitsgrad, der auf Dauer an der Motivation nagen kann. Demgegenüber stehen aber die insgesamt gelungene Präsentation sowie die umfangreichen Freischaltmöglichkeiten. Wer keine totale Phobie gegen quietschende Anime-Mädchen hat und einfach nur ein leichtes Spiel zum entspannen für zwischendurch sucht, der kann den Kandagawa Jet Girls dennoch mal eine Chance geben.

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Pro:
  • Hübsch designte Strecken
  • Viele freischaltbare Teile und Kostüme
  • Viele Anpassungsmöglichkeiten
  • Umfangreiches Tutorial
  • Eingängiges Spielsystem
Contra:
  • Im Storymodus viel zu leicht
  • Übertriebener Fanservice
  • Teilweise lange Ladezeiten
  • Stellenweise Tearing
  • Zahlreiche Bugs während der Story
  • Abseits Online-Modus keinerlei Mehrspieleroptionen
Story:
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Gameplay:
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Grafik:
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Sound:
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Unsere Wertung: 7.0 / 10
Spiel getestet auf: PS4
Alex Jung

Alex Jung

Seit dem ersten Gameboy begeisterter Konsolenzocker. Neben Rennspielen, Action-Adventures und JRPGs sind auch Indie-Perlen gerne im Laufwerk gesehen. Zu den Lieblingsspielen gehören GTA Vice City, Metal Gear Solid, Overboard, Ys VIII, die Uncharted- und Forza-Horizon-Reihe sowie Gran Turismo 7.

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