Life of Delta im Test: Point & Click & Apokalypse
Mit Life of Delta erwartet uns ein typischer Vertreter des berühmten Point-&-Click-Genres, welches in den letzten Jahren eher ein Nischendasein fristete. Zurück greifen die Entwickler Airo Games aus der Slowakei dabei auf die (zumindest virtuell) allseits beliebte Postapokalypse und schicken ihren Helden, den Roboter Delta, durch ein verwüstetes Endzeitszenario mit starken Cyberpunk-Einflüssen. Zwar wurde das Spiel bereits im März 2023 veröffentlicht, doch für uns ist das natürlich kein Grund, uns das Point-&-Click-Adventure nicht noch einmal genauer anzuschauen. Film ab für Delta!
Echsen und Roboter
Life of Delta spielt in einem postapokalyptischen Szenario. Durch einen großen, nuklearen Krieg wurde die Menschheit vollständig ausgelöscht. Überlebt haben diese Katastrophe lediglich Maschinen in Form von Servicerobotern, die sich jedoch mittlerweile sehr menschenähnlich verhalten und nahezu alle Bandbreiten an Gefühlen abdecken. Sie sind sich bewusst, dass sie in einer Welt leben, die langsam aber sicher verfällt. Aus dem radioaktiven Niederschlag wiederum erhoben sich mutierte Tierwesen als neue, dominante Spezies. Diese betrachten sich mittlerweile als die uneingeschränkten Herrscher und behandeln dementsprechend auch die Roboter wie minderwertige Sklaven. Wie so oft ist also einfach kein friedliches Zusammenleben möglich.
In dieser Welt lebt Delta, ein kleiner, aufgeweckter Serviceroboter. Kurz vor seiner Vernichtung wird er von Joe, einem freundlichen Roboter mit Hawaiihemd, gerettet und bei sich untergebracht. Doch bevor Joe den angeschlagenen Delta wieder reparieren kann, wird er scheinbar willkürlich von einigen Soldaten verhaftet. Nun völlig auf sich allein gestellt beschließt Delta sofort, seinen neuen Freund zu retten. Es folgt eine Reise durch eine dystopische Welt, in der buchstäblich alles ums Überleben kämpft. Kann Delta seinen Kameraden finden und vor dessen womöglich finsteren Schicksal bewahren?
Die Postapokalypse von ihrer Schokoladenseite
Im Kern präsentiert sich Life of Delta als klassisches Point-&-Click-Adventure mit einer schicken 2,5-D-Welt. Wir steuern unseren kleinen Roboterfreund dabei nicht direkt, sondern müssen Orte oder Objekte anklicken, damit er sich dorthin bewegt. Zur Auswahl stehen uns dabei natürlich spielrelevante Gegenstände, aber auch andere Roboter oder Wesen, mit denen wir kurze Gespräche führen können.
Was im Spiel sofort auffällt ist die sehr schön designte Spielwelt. Die Umgebungen in Life of Delta strotzen nur so vor „verfallendem“ Charme. Vermodernde Flugzeugwracks und rostige Schrottplätze geben sich die Hand mit Neonlicht beleuchteten Hinterhöfen oder Cyberpunk-Wolkenkratzer-Panoramen. Denn auf seinem Weg zur Rettung von Joe durchstreift Delta nicht nur eine wüste Einöde, er besucht auch die nahegelegene Megacity. Hier kommen durch die Neonreklamen teils sogar leichte Ghost-in-the-Shell-Vibes auf. Ansonsten erinnerte uns die Welt aufgrund ihrer Roboter-Thematik auch ganz klar an das famose Stray. Dies alles sind also nicht die schlechtesten Vorlagen.
Könntest du mal bitte...?
Life of Delta ist komplett linear, das heißt es gibt keinerlei Entscheidungsmöglichkeiten. Typisch für ein Point & Click werden wir natürlich auch mit ganz vielen Aufgaben quasi bombardiert. So gewährt uns ein reisender Händler beispielsweise nur dann eine Passage auf dem Rücken seiner Transportkuh, wenn wir ihm vorher den Stoff einer Flagge besorgen, auf die er schon lange ein Auge geworfen hat. Natürlich ist der wehende Fetzen auch für uns zunächst unerreichbar. Abhilfe schafft eine Schleuder, die wir von einem anderen Roboter erhalten, der im Gegenzug aber etwas zum Vertreiben seiner Langeweile haben möchte. An anderer Stelle benötigen wir ein Ventil für eine Apparatur. Diese hat jedoch eine mutierte Kuh verschluckt. Von deren Besitzerin erhalten wir also wiederum den Auftrag, ein Brechmittel zu besorgen. Beim Trankmischer angekommen stellen wir fest, dass uns dieser natürlich auch nicht ohne Gegenleistung zu Diensten ist. Hier gilt es nun, dessen Radio zu reparieren, damit der gute Roboter etwas Abwechslung im tristen Alltag hat. In dieser Art sind nahezu alle Dialoge im Spiel aufgebaut. Lustigerweise wird dies von Delta auch irgendwann selbst ironisch kommentiert. Der kleine, sympathische Kerl ist sich also durchaus bewusst, dass er gerade nur jedermanns Laufbursche ist.
In Summe dient die Geschichte von Life of Delta hauptsächlich als Rahmen, um die einzelnen Rätselabschnitte sinnvoll miteinander zu verbinden. Die Story an sich gewinnt leider keinen Originalitätspreis und macht aus der eigentlich spannenden Grundvorlage etwas zu wenig. Nach gut zwei bis drei Stunden Spielzeit ist der Spaß dann auch schon wieder vorbei und mündet obendrein in einem sehr offenen Ende, welches noch dazu recht plötzlich kommt. Wäre nun bereits ein Nachfolger fix angekündigt, so würde dies natürlich Sinn ergeben. Ohne entsprechende Pläne seitens des Entwicklers jedoch fühlt sich das Spielende leider etwas unbefriedigend an. Aufgrund des sehr linearen Spielablaufs gibt es wie gesagt auch keine Alternativrouten oder Entscheidungsmöglichkeiten. Nach Absolvieren der Story-Kampagne hält sich der Wiederspielwert von Life of Delta somit sehr stark in Grenzen.
Der Weg ist das Ziel
Kernelement von Life of Delta ist jedoch, dies sei klar gesagt, nicht unbedingt die Geschichte. Vielmehr sollen uns die vielen Rätsel unterhalten, auf die wir im Spielverlauf stoßen. Die Entwickler haben sich hierbei durchaus ordentlich Mühe gegeben. Wir reparieren Triebwerksysteme, verbinden Stromkreisläufe, bekämpfen Clitches, bereiten Sushi vor oder lösen kleinere Umgebungsrätsel. Dabei ist jeder Abschnitt im Spiel prinzipiell als eigenes Rätsel zu sehen, wobei diese meist in sich abgeschlossen sind.
Nahezu jeden Gegenstand, den wir im Spiel finden, müssen wir im Zuge eines Rätsels auch einsetzen. Dies überfordert uns somit zu keiner Zeit, auch wenn manchmal nicht ganz klar ist, was jetzt genau die Lösung des Problems sein soll. Selbst in den Trial-and-Error-Passagen des Spiels hilft uns logisches Denken oder wildes Ausprobieren meistens weiter. Hilfestellungen, abseits von kurzen, vagen Hinweisen der NPCs, suchen wir jedoch vergeblich. Für Neulinge im Genre bietet Life of Delta also einen guten, nicht zu fordernden Einstieg, während Veteranen hier sicherlich etwas unterfordert sein könnten. Denn letztlich müssen wir immer nur alles irgendwie kombinieren, was wir im Levelgebiet so finden. Unnötige Gegenstände oder rein kosmetische Items gibt es nicht, so dass wir hier auch nicht unnötig abgelenkt werden.
Aber ich wollte doch eigentlich...
Abgelenkt werden wir jedoch von der Steuerung an sich. Hier merkt man, dass Life of Delta im Kern eher ein Spiel für Maus und Tastatur ist, denn die Bedienung per Controller gestaltet sich manchmal etwas fummelig. So reagiert Delta öfters mal störrisch auf unsere Kommandos oder interagiert nicht mit Objekten, obwohl wir wie besessen darauf klicken. Abhilfe schafft eine Art praktischer Schnellauswahl der interaktiven Objekte, auch Hotspots genannt, welche wir per Schultertasten durchschalten können. Dabei fällt jedoch auf, dass die Abfrage hier teils nicht sauber vonstatten geht. Wählen wir beispielsweise manuell einen Eimer per Cursor aus, bleibt Delta stur stehen. Mit der Schnellauswahl wird unser Cursor etwas weiter oben am Eimer angebracht, und schon flitzt Delta dorthin.
Unterstützt wird dies noch dadurch, dass wir auch mit den aus unserem Inventar ausgewählten Gegenständen recht präzise das Einsatzgebiet treffen müssen. Verfehlen wir die genaue „Hitbox“, wird unser Objekt aus dem Cursor gelöscht und wir denken unweigerlich, dass die Kombination falsch ist. Weiteres, planloses herumraten ist dann die Folge, obwohl wir die Lösung eigentlich schon hatten, das Spiel diese jedoch nur nicht erkannt hat. Scheitern wir einmal im Zuge eines Rätsels, so werden wir an den Anfang des Gebietes zurückgesetzt. In Folge müssen wir dann teils einige Dinge erneut kombinieren, bevor wir wieder an der Stelle unseres Scheiterns ankommen. Da die Abschnitte in Summe jedoch recht kurz ausfallen, hält sich der Frust hier in Grenzen.
Elektrische Klänge
Beim Soundtrack überzeugt Life of Delta mit einem dem Szenario sehr angemessenen, elektronischen Grundthema in jedem Abschnitt. Dieses sorgt für zusätzliche Atmosphäre und ist wirklich gut eingesetzt. Bei der Sprachausgabe wiederum unterhalten sich sämtliche Roboter und Bewohner in einer Fantasiesprache, die die Fremdartigkeit des Szenarios aber auch weiter betont und daher definitiv passend ist. Glücklicherweise stehen uns immer Bildschirmtexte zur Verfügung, die komplett lokalisiert wurden. Sehr gut ist hierbei, dass wir diese Texte auch größenmäßig skalieren können, womit alles jederzeit gut lesbar ist. Durch die Hochskalierung der Texte kommt es jedoch manchmal vor, dass diese über den Bildschirmrand hinausragen und wir somit nicht alles lesen können. Hier wäre ein klein wenig mehr Feintuning sicherlich noch wünschenswert gewesen, wenn man eine solche Option schon anbietet.
Fazit
Prinzipiell mache ich um Point-&-Click-Spiele eigentlich einen großen Bogen, da diese einfach nicht mein Genre sind. Dystopische Szenarien mit Cyberpunk-Einflüssen wiederum mag ich, daher war Life of Delta für mich trotzdem einen Blick wert. Überrascht wurde ich dabei von den teils wirklich sehr coolen Rätseln, speziell die Hacks der Computersysteme. Auch fand ich Hauptfigur Delta sympathisch sowie die Spielwelt an sich sehr gelungen. Von Mad-Max-artigen Wüstenszenarien bis zur Cyberpunk-Stadt werden wirklich viele ansprechende Schauplätze geboten. Die Rahmenhandlung verbindet die einzelnen Rätsel sinnvoll, verschenkt jedoch auch ein wenig ihr Potential.
Klare Abzüge gibt es allerdings für zwei Dinge. Da wäre zum einen die etwas hakelige Steuerung, die nicht immer erkennt, wenn wir ein Objekt angeklickt haben. Einige Male hatten wir die Lösung eines Rätsels eigentlich schon herausgefunden, aber das Spiel ließ uns die entsprechenden Items nicht richtig miteinander kombinieren. Erneutes Grübeln und Probieren war die Folge. Zum anderen ist das größte Manko von Life of Delta jedoch ganz klar die geringe Spielzeit. In gut zwei bis drei Stunden ist man durch, selbst wenn man bei einigen Rätselabschnitten ein paar Laufwege hat oder auch mal länger überlegen muss. Und leider wird die Story-Kampagne auch sehr abrupt beendet und lässt uns mit einem absolut offenen Ende zurück, das geradezu nach einer Fortsetzung schreit. Da das Spiel zudem vollständig linear ausfällt, hält sich der Wiederspielwert stark in Grenzen. In Summe ist Life of Delta sicherlich ein gutes Spiel für einen Abend zuhause, lässt aber leider auch einiges an Potential liegen.
- Schöne, stimmungsvolle Leveldesigns
- Teils sehr gelungene Rätsel
- Interessante Hintergrundgeschichte
- In Summe moderater Schwierigkeitsgrad
- Manchmal auch zum Schmunzeln
- Guter Soundrack
- Mit zwei bis drei Spielstunden sehr kurz
- Offenes, abruptes Ende
- Steuerung teils un- oder übergenau
- Bei manchen Rätseln Trial and Error
- Keinerlei Wiederspielwert
Seit dem ersten Gameboy begeisterter Konsolenzocker. Neben Rennspielen, Action-Adventures und JRPGs sind auch Indie-Perlen gerne im Laufwerk gesehen. Zu den Lieblingsspielen gehören GTA Vice City, Metal Gear Solid, Overboard, Ys VIII, die Uncharted- und Forza-Horizon-Reihe sowie Gran Turismo 7.