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Review

Octopath Traveler II im Test: Geschichten einer Welt

Von Alex Jung am 13. März 2023. Getestet auf PS5. Zum Spiel hier klicken.

Für Fans von japanischen Rollenspielen mit rundenbasiertem Kampfsystem und einem klaren Retro-Touch entwickelte sich das im Jahr 2018 von den Rollenspiel-Experten Square Enix für die Nintendo Switch veröffentlichte Octopath Traveler zu einem echten Geheimtipp. Dementsprechend erfolgten dann auch Umsetzungen für die Xbox One und für PC via Steam. Überzeugen konnte das charmante RPG damals bereits mit acht spielbaren Hauptfiguren, von denen jede ihre eigenständige Geschichte besaß, sowie vor allem mit seiner schillernden Pixel-Optik, die gekonnt 16-Bit-Super-Nintendo-Grafik mit Polygon-Umgebungen und aktuellen Effekten kombinierte.

Durch den durchaus vorhandenen Achtungserfolg war ein Nachfolger natürlich nur eine Frage der Zeit. Glücklicherweise erscheint der am 24.02.2023 veröffentlichte zweite Teil nun auch direkt für die PlayStation 4 und 5, sodass auch Sony-Jünger nun auf den Geschmack kommen können. Wir haben uns das Spiel für euch einmal näher angeschaut.

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Acht Blickwinkel

Octopath Traveler II wartet mit ganzen acht eigenständigen Hauptfiguren auf. Und dieses eigenständig ist definitiv auch so zu verstehen, denn jede der Figuren hat eine eigene Hintergrundgeschichte und Motivation, ihre Ziele zu verfolgen und dafür in die Welt hinauszuziehen. Im Spiel verfolgen wir also nicht die bei RPGs allgemein durchaus übliche „Ein Team formiert sich, um die Welt zu retten“-Story, sondern erleben acht völlig unterschiedliche Handlungen, die tatsächlich recht wenige Berührungspunkte miteinander haben.

Angesiedelt in der Welt von Solitia, welche aus einem West- und einem Ostkontinent besteht, treffen wir auf die besagten acht Reisenden, die Protagonisten der Geschichte. Da wäre zunächst einmal die Tänzerin Agnea. Aufgewachsen in einem kleinen, beschaulichen Dorf zieht es die talentierte, junge Frau in die Welt hinaus, um auf den größten Bühnen der Welt ihre Tanzkunst darbieten zu können. Deutlich düsterer daher kommt die Hintergrundgeschichte der Diebin Throné. Als Angehörige der legendären Verbrechergilde der Schwarznattern möchte Throné nichts sehnlicher erreichen als ihre persönliche Freiheit. Nur leider sind die Schwarznattern kein harmloser Sportverein, aus dem man einfach so austreten kann, und so ist Ärger für die Diebin natürlich vorprogrammiert.

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Bei Weitem selbstlosere Ziele verfolgt der junge Händler Partitio. Er hat im Laufe seines Lebens beide Seiten kennengelernt: Überbordenden Reichtum und bittere Armut. Und so macht sich Partitio auf, die Ungerechtigkeit in der Welt zu bekämpfen, auf das nie wieder ein Mensch sein Leben in Armut verbringen muss. Ähnlich selbstlos ist auch die Motivation des Kriegers Hikari. Als Prinz der Nation Khu ist er ein Leben in Krieg und Kampf gewohnt. Doch obwohl er ein geübter Kämpfer ist, durstet es Hikari nicht danach, sondern nach einer Welt des Friedens.

Aus weit niederen Beweggründen handelt Osvald. Er verbrachte einige Jahre in einem eisigen Gefängnis für ein Verbrechen, das er nicht begangen hat. Dieses wurde ihm sogar vom eigentlichen Täter in die Schuhe geschoben. Und so ist Osvalds Ziel natürlich klar: Rache an dem Mann, der ihm alles genommen hat.

Auf einer Suche nach der Wahrheit befinden sich auch der Kleriker Temenos und die Apothekerin Castti. Während der überzeugte Geistliche Temenos in bester Pater-Brown-Manier mit seinen kriminalistischen Talenten in einem Mordfall innerhalb seiner Kirche ermittelt, trieb Castti einige Zeit bewusstlos auf einem Boot im Meer, bevor sie von Seefahrern gerettet wurde. Wieder bei Bewusstsein stellt sie fest, dass sie sich an fast nichts mehr erinnern kann. Ihr Gedächtnis wiederzuerlangen, stellt natürlich ihre Motivation dar.

Zu guter Letzt gibt es da noch die junge Jägerin Ochette, welche auf einem Inselparadies aufgewachsen ist. Die dortige Idylle wird jedoch durch etwas Unheimliches bedroht, welches die komplette Existenz ihrer Heimat gefährdet. Ochette nimmt dies natürlich nicht einfach so hin und zieht in die Welt hinaus, um das drohende Unheil abzuwenden.

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Alle Wege führen nach…

Sämtliche Geschichten funktionieren sehr gut und schon nach den ersten Startkapiteln ertappen wir uns dabei, dass wir wissen wollen, wie es mit den Protagonisten weitergeht. Jedoch erfinden die einzelnen Handlungen das Rad nicht neu und sind teilweise doch schon recht vorhersehbar. Manchmal ergeben sich auch ein paar Logiklöcher in den Geschichten, die meist aber eher unfreiwillig komisch daherkommen. Immerhin können wir zu Beginn des Spiels unsere Startfigur völlig frei wählen, ohne hier zu einer Vorauswahl gezwungen zu sein. Alle anderen Startkapitel können wir bequem nachholen, ohne etwas zu verpassen.

Im Laufe der Geschichte gibt es dann auch noch Abschnitte, in denen sich die Wege kreuzen, also zwei Figuren aufeinandertreffen und für eine bestimmte Zeit eine gemeinsame Story erleben. Doch im Kern steht jede Handlung für sich. Somit ist über die komplette Spielzeit von rund 50 bis 80 Stunden selbstverständlich Langzeitmotivation und Abwechslung gegeben. Jedoch entsteht dadurch, trotz immer wieder stattfindender, kleinerer Dialoge im Spiel, lange Zeit kein Gemeinschaftsgefühl. Auch wenn wir mehrere der Charaktere aufgesammelt haben und als Gemeinschaft Seite an Seite kämpfen, bleibt die Gruppendynamik, die RPGs allgemein auszeichnet, klar auf der Strecke.

Aufgrund der vielen unterschiedlichen Hauptfiguren, die allesamt ihre Daseinsberechtigung haben, kann man natürlich schnell den Überblick verlieren, vor allem wenn wir im weiteren Spielverlauf immer wieder zwischen den Handlungssträngen wechseln. Dazu steht uns glücklicherweise ein aufgeräumtes Journal zur Verfügung, über das wir den aktuellen Fortschritt jedes einzelnen Charakters nachlesen können. Auch wenn wir also nach den Startkapiteln erstmal stundenlang andere Handlungen verfolgen, laufen wir kaum Gefahr, nicht mehr zu wissen, wer die anderen Figuren eigentlich waren und warum sie überhaupt die Welt bereisen möchten.

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Gar nicht mal so Retro

Starten wir Octopath Traveler II, so lässt sich eine Sache definitiv gleich festhalten: Das Spiel sieht von Beginn an einfach zauberhaft schön aus! Während die Charaktere und auch Teile der Umgebung mit ihrer charmanten Retro-Pixel-Optik direkt aus einem RPG der 90er entsprungen sein könnten, werden viele Elemente wie Wasser, Lichteinfall oder die Effekte beim Kampf in 3D dargestellt. Dies sorgt schon einmal für wunderschön beleuchtete Szenarien und dank des 3D-Effekts auch für eine grandiose Tiefenwirkung gerade bei Straßenzügen. Dank der dreidimensionalen Darstellung ergeben sich zudem in den Zwischensequenzen oder beim ersten Betreten von neuen Orten richtig schicke Kamerafahrten, trotz des prinzipiell immer gleichen Blickwinkels.

Zusätzlich zur beeindruckenden Optik kann die Spielwelt aber auch mit Abwechslungsreichtum punkten. Hier findet sich wirklich alles, was das Herz begehrt, vom verträumten Dorf mitten im Wald über die großen Metropole mit mehrstöckigen Häusern und Theater bis hin zu entlegenen Siedlungen in Eis und Schnee oder eine Wild-West-Stadt voller Staub und Bretterbuden.

Die Welt lädt förmlich zum Entdecken ein, zumal wir auch abseits der großen Siedlungen immer etwas Neues erleben. Zwischen den einzelnen Städten befindet sich sehr umfangreiches Umland, welches zum Erkunden anspornt. Zwar können wir meist nicht abseits der festgelegten Wege gehen, doch wir finden trotzdem immer wieder Abzweigungen mit versteckten Schatzkisten, Nebenquests oder Banditenlagern, welche es auszuheben gilt.

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Bei all der tollen Optik kommt aber auch die Sounduntermalung nicht zu kurz. Jeder Spielabschnitt ist mit einer eigenen, sehr passenden Melodie unterlegt, die direkt ins Ohr geht und einen Wiedererkennungswert bietet. Auch bei der Vertonung der Charaktere, welche wahlweise auf Japanisch oder Englisch verfügbar ist, hat man alles richtig gemacht. Die Sprecher leisten in den Gesprächen sehr gute Arbeit und überzeugen unter anderem auch mit unterschiedlichen Dialekten, die ihren Herkunftsort direkt andeuten. So klingen beispielsweise die Bewohner der Westernstadt Erzrausch auch definitiv nach Wildem Westen.

Glücklicherweise wurden alle Texte im Spiel auch auf Deutsch übersetzt, doch hier ergibt sich tatsächlich ein Knackpunkt. Denn oftmals weichen die gesprochenen Dialoge von den Texten in den Sprechblasen ab. In Summe wird zwar ungefähr das gleiche vermittelt, jedoch bestehen hier klare Unterschiede bei der Vertonung. So wird beispielsweise eine Figur in der Sprechblase als Onkel bezeichnet, jedoch von unserer Figur klar förmlicher als Mister angesprochen. Auch ändern sich Aussagen von zweifelnden Tonlagen im Gespräch zu harmlosen „Ist ja alles in Ordnung“ im Text. Hier lohnt es sich also definitiv, den Sprechern zu lauschen, sofern man natürlich den Fremdsprachen mächtig ist. Vertont sind jedoch nicht alle Gespräche. Gerade die immer wieder optionalen Dialoge zwischen unseren Teammitgliedern oder auch die Texte der zahllosen NPCs im Spiel wurden nicht eingesprochen.

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Wo ist denn der Tag schon wieder hin?

Abseits der Hauptgeschichten bieten sich uns in der Welt natürlich noch eine Menge Nebenaufgaben. Auch hier gibt sich Octopath Traveler II durchaus Retro. Aufträge erhalten wir immer von NPCs, die in der Gegend herumstehen und eine orangene Sprechblase über ihrem Kopf haben. Meist beschränken sich diese Nebenquests jedoch auf typische Aufgaben wie „Mische die naheliegenden Banditen auf“ oder „Besorge mir X von Y“. Abwechslung generiert das Spiel hier jedoch durch zwei Faktoren.

Zum einen dürfen wir jederzeit frei zwischen Tag- und Nachtzeit wechseln. Sobald wir dies tun, ändert sich nicht nur die komplette Lichtstimmung, auch haben die Gegner nachts meistens mehr auf dem Kasten. Zudem treffen wir manche NPCs jeweils nur bei Tag oder bei Nacht an.

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Zum anderen verfügt jeder unserer acht Charaktere über jeweils zwei einzigartige Fähigkeiten, die sie oder er entweder am Tage oder eben des Nachts anwenden kann. Unsere Tänzerin Agnea zum Beispiel kann zu später Stunde vielen NPCs nützliche Items abquatschen, während sie tagsüber Leute bezirzt, um mit ihr mitzuziehen und sie im Kampf zu unterstützen. Diebin Throné wiederum klaut tagsüber die Items, die Agnea in der Nacht übriggelassen hat, schlägt dafür aber in der Dunkelheit Leute heimlich KO und kann somit Wege eröffnen, die andererseits durch den jeweiligen Wachposten verschlossen geblieben wären. Teils ergänzen sich die Fähigkeiten der Leute also, denn wo Jägerin Ochette Leute freundschaftlich überredet, wendet Partitio die alte Macht des Geldes an und kauft sich die Mitstreiter einfach dazu, das nötige Kleingeld natürlich vorausgesetzt.

Bei den meisten Nebenaufgaben ist tatsächlich zunächst nicht ganz klar, wo wir diese erledigen können. Umfangreiche Kartenmarkierungen, wie man sie aus moderneren Rollenspielen wie The Witcher 3 oder jüngst Hogwarts Legacy kennt, sucht man hier vergebens. Glücklicherweise steht uns eine praktische Schnellreisefunktion zur Verfügung, durch die wir zumindest die menschlichen Siedlungen immer direkt und ohne Umwege ansteuern können. Auch das Speichersystem ist absolut fair gelöst. Zwar können wir nicht frei speichern, jedoch stehen sehr großzügig überall in der Welt verteilte Säulen, bei denen wir unseren Fortschritt festhalten können. Praktischerweise finden sich solche Speichersäulen dann auch vor jedem Bosskampf, meist in Begleitung eines todesmutigen, fahrenden Händlers, der trotz der Bedrohung durch diverse Banditen, Monster, Wachleuten oder sonstigen Gegnern keine Mühen gescheut hat, um uns punktgenau vor dem Duell noch mit nützlichen Items auszustatten. Getreu dem Motto: Wo Blut fließt, fließt auch Geld.

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Of monsters and men

Neben den Protagonisten und der Rahmenhandlung ist das Kampfsystem natürlich auch immer ein Pfeiler eines jeden guten RPG. Octopath Traveler Il macht hier zum Glück keine Ausnahme, sondern überzeugt sogar mit einem äußerst durchdachten, rundenbasierten System, welches sich als komplex und sehr taktisch erweist.

Zunächst einmal können wir bis zu vier Teammitglieder gleichzeitig in den Kampf werfen. Uns gegenüber stehen meist einige Gegner, welche uns ans Leder wollen. Prinzipiell hauen sich die Figuren nun Runde für Runde gegenseitig Angriffe, Zauber und Spezialattacken um die Ohren, bis eine Seite letztlich besiegt ist. Die Zugreihenfolge wird uns dabei am oberen Bildschirmrand jederzeit angezeigt.

Doch Octopath Traveler Il hat hier einige sehr spannende Kniffe in petto. Denn unsere Gegner verfügen immer über einen Schild, der unterschiedliche Trefferpunkte aufweist. Solange der Schild aktiv ist, verteilen wir zwar Schaden, doch dieser bleibt sehr überschaubar. Schaffen wir es, den Schild zu brechen, taumelt der Gegner und ist für die aktuelle sowie die folgende Runde aus dem Spiel genommen. Und zusätzlich auch noch stärker geschwächt, so dass wir ihm richtig zusetzen können.

Jedoch gelingt dieser Bruch nicht mit allen Attacken. Praktischerweise verfügt jeder Gegner aber über Schwächen, die wir nach und nach herausfinden sollten. Während ein Bandit etwa auf Dolchangriffe allergisch reagiert, benötigen wir bei einer Monsterameise eine Speerattacke, um den Bruch durchzuführen. Gut, dass manche unserer Charaktere direkt zwei unterschiedliche Waffen zur Verfügung haben. Händler Partitio kann zum Beispiel vor jedem Angriff zwischen einem Speer oder einem Bogen wechseln. Somit lassen sich, sobald man mehrere Charaktere ins Team aufgenommen hat, viele unterschiedliche Waffensysteme kombinieren, um möglichst immer eine Figur zu haben, die den Schwachpunkt des Gegners ausnutzen kann. Und als wäre dies nicht schon genug, kann jede Figur auch noch einen nützlichen Zweitjob lernen. Aus Tänzerin Agnea wird dann beispielsweise auf Wunsch noch eine Klerikerin, die dann auf weitere Fähigkeiten, Zauber und einen praktischen Stab zurückgreifen kann.

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Das System an sich macht schon richtig Spaß und sorgt für tolle Momente, wenn wir beispielsweise eine aufgeladene Spezialattacke eines mächtigen Gegners auf dem letzten Meter noch mit einem Bruch unterbrechen können. Oder wenn unsere Taktik so aufgeht, dass der Schild dann bricht, wenn als nächstes unsere stärkste Figur am Zug ist, um dem Gegner mal richtig schön Schaden mitzugeben.

Weiteres Salz in die Suppe bringt das Boostsystem. Vor jeder Runde erhält jeder unserer Kämpfer einen Boostpunkt, durch welchen wir unsere Attacken stärken können. Investieren wir den Punkt nicht, wird dieser für die Folgerunde gespeichert. Mit dem richtigen Management können wir so unsere Attacken in einer Runde mit bis zu vier Boosts versehen. Das heißt, bei einem Schwertangriff schlagen wir dann viermal zu, was dem Schild des Gegners meist überhaupt nicht gefällt.

Ergänzt werden unsere Angriffe noch durch die latente Fähigkeit. Dabei verfügt jeder Charakter über eine individuelle Spezialfähigkeit, welche wir mit aufgeladenem Latenzbalken nutzen können. Während Tänzerin Agnea dadurch ihre Spezialangriffe nicht nur auf einen einzelnen Gegner, sondern auf alle zusammen wirken kann oder Diebin Throné innerhalb ihres Zuges zweimal handeln darf, erhält Krieger Hikari Zugriff auf besonders mächtige Aktionen, die ihm sonst nicht zur Verfügung stünden.

Und dann wären da ja noch die Begleiter, die wir unterwegs dazu überredet haben, mit uns zu kommen. Je weiter fortgeschritten wir sind, desto besser werden natürlich auch die NPCs, die uns im Kampf unterstützen. Während manche davon aktiv eingreifen und zum Beispiel den Schaden einstecken, den eigentlich unsere aktuell aktive Figur erlitten hätte, geben uns andere nützliche Buffs. So begleitet uns etwa eine rüstige, ältere Dame, die wir im Startdorf aufgegabelt haben, fleißig durch das Spiel, trommelt bei unseren Angriffen zur Unterstützung und regeneriert uns damit ein paar wertvolle Fähigkeitspunkte. Der Einsatz dieser NPCs sollte jedoch wohldosiert sein, denn jeder steht uns nur für eine bestimmte Anzahl von Angriffen zur Verfügung. Haben wir dieses Kontingent aufgebraucht, müssen wir uns natürlich einen neuen Begleiter suchen. Gerade vor Bosskämpfen lohnt es sich also, gegebenenfalls nochmal einen geeigneten neuen Mitstreiter zu rekrutieren.

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Grinden bis der Arzt kommt

Natürlich wäre Octopath Traveler II kein richtiges RPG, wenn es nicht auch noch eine ganze Menge Loot in der Spielwelt und bei Händlern zu finden gäbe. Neben den üblichen Heilitems gibt es so natürlich auch unterschiedlich starke Waffen, Rüstungen, Kopfbedeckungen und mehr, welche zwar nicht an der Figur sichtbar sind, unseren Charakter jedoch weiter stärken.

Und das ist in Summe auch bitter nötig, denn Octopath Traveler II ist sicherlich eines nicht: Zu einfach. Grund hierfür ist das recht strikte Levelsystem. So ist jedes Gebiet und jedes Kapitel einer Figur an einen bestimmten Gegner-Grundlevel gebunden, den wir partout nicht zu sehr unterschreiten sollten. Während bei den Standardgegnern meist noch ein oder zwei Figuren auf dem entsprechenden Level ausreichen, haben wir bei den Bossgegnern deutlich mehr zu kämpfen. Meist reichen schon zwei oder drei Level unterhalb der Mindestgrenze, dass wir mehr damit beschäftigt sind, unsere Leute wiederzubeleben, als Schaden auszuteilen.

Erschwerend hinzu kommt, dass die gegnerischen Einheiten nur einen groben Indikator für ihre verbliebene Lebensenergie besitzen. Einen Lebensbalken oder eine Anzeige für die verbliebenen Gesundheitspunkte suchen wir leider vergeblich. Wenn wir also seit gefühlt gut zehn Minuten Attacke um Attacke reiten, der Gegner aber nicht ansatzweise eine Schwäche zeigt, dann zehrt das gerade zu Beginn des Spiels, bevor wir die Mechaniken etwas verinnerlicht haben, schon etwas an der Motivation.

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In diesem Zusammenhang sei noch erwähnt, dass nicht aktive Partymitglieder nicht mitleveln. Wollen wir also das nächste Kapitel einer Figur bestreiten, die wir bisher nicht eingesetzt haben, so müssen wir diese erst einmal auf den entsprechenden Level bringen, um überhaupt konkurrenzfähig zu sein. Um die Story aller Figuren zu verfolgen, sind wir definitiv gezwungen, die Einheiten öfters mal durchzuwechseln und einiges an Zeit mit Grind zu verbringen, um überhaupt eine Chance zu haben.

Hierbei muss man auch noch beachten, dass ein Charakter, der bei Kampfende KO gegangen ist, ebenfalls keine Erfahrungspunkte erhält. Versuchen wir also, eine unterlevelte Figur mit Hilfe von drei deutlich stärkeren Kämpfern durchzubringen, müssen wir immer damit rechnen, dass diese bei jedem möglichen Gegnerangriff sofort zu Boden geht und dann leider nicht von unserem Sieg profitiert.

Grind ist somit wie bereits im Vorgänger ein klares Spielelement. Wer dies mag, wird hier seine wahre Freude haben, jedoch gestaltet sich das Spiel an sich dadurch auch etwas zäher in seinem Handlungsfortschritt. Wir wollen wissen, wie es bei unseren Level 18-Kleriker Temenos weitergeht, aber Kapitel 3 verlangt einen Level von 30? Dann müssen wir erst einmal fleißig kämpfen gehen, um überhaupt diese Stufe zu erreichen.

Während wir bei manchen Kapiteln auf unsere gesamte Party zugreifen können, erfordern andere wiederum den Solo-Einsatz der eigentlich für diesen Abschnitt vorgesehenen Hauptfigur. Dadurch, dass man dann nur mit einer einzigen Figur kämpft, gestalten sich die dortigen Kämpfe, insbesondere die gegen Bosse, manchmal doch ein wenig zäh und langatmig.

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Fazit

Octopath Traveler II punktet in unserem Test zunächst einmal mit seiner wunderschönen Optik, die gekonnt Pixel-Figuren mit 3D-Hintergründen und Effekten kombiniert. Auch die Sounduntermalung weiß zu überzeugen, wobei vor allem die wirklich tolle Hintergrundmusik in den einzelnen Gebieten heraussticht.

Glücklicherweise steht auch das Kampfsystem dem in nichts nach und bietet unter anderem dank der Boost-Mechanik durchweg spannende Duelle auch gegen Standardgegner. Dank Ausrüstung, erlernbarer Zweitjobs, rekrutierbaren Begleitern, dem Tag- / Nachtwechsel und noch vielen weiteren Faktoren bietet das eigentlich simple, rundenbasierte System eine enorme Tiefe.

Punkten kann das Spiel zudem mit seinen acht völlig unterschiedlichen Hauptfiguren, deren Schicksale durchweg toll präsentiert werden und die trotz teilweiser Vorhersehbarkeit und des ein oder anderen Logikfehlers absolut unterhaltsam sind. Die Nebenaufgaben können dieses Niveau jedoch nicht ganz halten und bieten abseits von typischen Fetch-Quests leider recht wenig Abwechslung.

Da nur ein einziger Schwierigkeitsgrad zur Verfügung steht, kommt man zudem nicht darum herum, seine Figuren durch Grind aufzuleveln, um im Spiel weiter fortzuschreiten, denn die Levelgrenzen für die jeweiligen Kapitel sind teils schon recht hoch gegriffen. Da unsere inaktiven Teammitglieder zudem nicht mitleveln, kommen wir um Backtracking in bereits besuchten Gebieten nicht herum. Dies muss einem definitiv bewusst sein, da man ohne den entsprechenden Level oftmals kein Land mehr sieht.

Wer also in einem Rollenspiel gerne eine Aufgabe nach der anderen abarbeitet und die Hauptquests gerne möglichst direkt ohne große Verzögerungen angeht, der könnte hier ein Problem haben. Ihr habt jedoch ein Faible für umfangreiche RPGs mit toller Spielwelt, vielen unterschiedlichen Protagonisten, einem tiefgründigen und taktischen Kampfsystem und scheut auch spielrelevanten Grind nicht? Dann ist Octopath Traveler II euer Spiel!

Pro:
  • Wunderschöne Optik mit Mix aus Pixel- und 3D-Grafik
  • Ansprechend gestaltete Spielwelt
  • Durchdachtes, taktisches Kampfsystem
  • Tolle Musikuntermalung
  • Großer Umfang
  • Spannende Mechanik mit jederzeit ausführbarem Tag- / Nachtwechsel
  • Interessantes Konzept mit acht individuellen Stories
  • Viele sehr gut vertonte Dialoge
Contra:
  • Einstieg je nach Charakterwahl etwas zäh
  • Grind zum Spielfortschritt erforderlich
  • Bei Nebenaufgaben oft nicht ganz klar, wo und wie man diese erledigen kann
  • Keine klare Gesundheitsanzeige bei Gegnern
  • Abweichung zwischen gesprochenem und geschriebenem Wort
Story:
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Gameplay:
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Grafik:
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Sound:
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Atmosphäre:
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Unsere Wertung: 8.5 / 10
Spiel getestet auf: PS5
Alex Jung

Alex Jung

Seit dem ersten Gameboy begeisterter Konsolenzocker. Neben Rennspielen, Action-Adventures und JRPGs sind auch Indie-Perlen gerne im Laufwerk gesehen. Zu den Lieblingsspielen gehören GTA Vice City, Metal Gear Solid, Overboard, Ys VIII, die Uncharted- und Forza-Horizon-Reihe sowie Gran Turismo 7.

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