Review

Pacific Drive im Test: Eine etwas andere Spazierfahrt

Von Daniel Walter am 29. Februar 2024. Getestet auf PS5. Zum Spiel hier klicken.

Mit Pacific Drive erwartet uns ein Survival-Spiel der etwas anderen Art, bei dem unser Auto als Dreh- und Angelpunkt fungiert. Ob uns der Ausflug in die düstere und verstrahlte apokalyptische Welt mit seinen speziellen Gameplay-Mechaniken gefallen hat, zeigen wir euch im Test.

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Ein Spielerlebnis nach unseren Vorstellungen

Bevor wir richtig loslegen, widmen wir uns zunächst dem Einstellungsmenü des Survival-Abenteuers, das uns zahlreiche Möglichkeiten bietet, um unser Spielerlebnis anzupassen. So dürfen wir zum Beispiel selbst entscheiden, ob das Spiel in den Menüs oder im Inventar pausiert und ob wir Schaden erhalten können, während wir selbige durchforsten, beispielsweise durch Umgebungsstrahlung. Eine weitere Option, um die Schwierigkeit zu variieren, ist die Anpassung der Auswirkungen einer fehlgeschlagenen Tour, sodass wir hier bestimmen dürfen, ob wir im Falle eines Todes die gesammelten Gegenstände behalten dürfen oder nicht. Darüber hinaus lässt sich auch die Länge der Nächte individuell einstellen, um es uns bei Bedarf etwas leichter zu machen und auch über den Einfluss des Wetters auf das Fahrverhalten, den Realismusgrad beim Austauschen der Fahrzeugteile oder den Schutz, den uns unser Auto bietet (z.B. nur bei geschlossener Tür oder nur dann, wenn das Fahrzeug noch Lebenspunkte besitzt), dürfen wir selbst entscheiden. Weitere grundlegende Details wie Autoschaden oder Spielerschaden können, wenn gewünscht, abgeschaltet werden, allerdings sorgt dies, im Gegensatz zu den oben erwähnten Anpassungsmöglichkeiten, dafür, dass wir keine Trophäen verdienen. Dank der zahlreichen Modifikationen, die das Spiel von sich aus mitbringt, kann jeder Spielertyp Pacific Drive auf die Art und Weise erleben, die er selbst bevorzugt - wahlweise mit knackigem, realistischem Schwierigkeitsgrad oder auch mit vielseitigen Hilfestellungen und Vereinfachungen. Die gewählten Einstellungen können im Übrigen auch im laufenden Spielgeschehen verändert werden, wenn wir nicht zufrieden sind.

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Ein atmosphärischer Einstieg

Die Story von Pacific Drive ist recht schnell umrahmt. So dreht sich alles um die Olympic Halbinsel in den USA, wo 1947 eine vielversprechende Technologie entdeckt wurde. Allerdings ging diese auch mit dem mysteriösen Verschwinden von Personen sowie mit Sichtungen übersinnlicher Vorkommnisse einher, was die Regierung im Jahr 1955 dazu veranlasste, den Zugang zur Halbinsel einzuschränken, eine Schutzmauer zu errichten und sie im nächsten Schritt gänzlich abzuriegeln und sich selbst zu überlassen. Nun, rund dreißig Jahre später im Jahr 1998, befinden wir uns mit unserem Protagonisten im Auto südlich der erwähnten Schutzmauer in direkter Nähe zur Sperrzone. Hier lernen wir nicht nur die grundlegende, klassisch gehaltene Fahrzeugsteuerung kennen, bei der übrigens auch die Funktionen des DualSense-Controllers zum Einsatz kommen - unter anderem in Form der adaptiven Trigger beim Beschleunigen und Bremsen oder auch der differenzierten Vibrationen während der Fahrt. Wir dürfen außerdem die stimmungsvolle Landschaft mit dichten Wäldern und wunderschönem Lichteinfall bewundern, durch die sich die schmale, von Felsen gesäumte Straße schlängelt. Vom Grafikstil her erinnert Pacific Drive, trotz der Ego-Perspektive, stark an Life is strange und kommt mit einem leicht stilisierten comichaften Look daher, der die realistisch gestaltete Landschaft etwas unwirklicher, aber auch sehr atmosphärisch wirken lässt. Der sichtbare Innenraum des Fahrzeugs ist dagegen recht schlicht gehalten und beschränkt sich auf das Lenkrad und einige dynamische Armaturanzeigen. Sehr schön ist hier, dass wir neben dem Hebel der Automatikschaltung, der gerade beim Parken essenziell wichtig ist, auch Scheinwerfer und Scheibenwischer manuell anschalten dürfen, was uns beim kurz darauf einsetzenden Regen spürbar hilft. Der Wechsel der Witterungsbedingungen ist dabei wirklich sehr gut eingefangen und nicht nur anhand der Tropfen und Schlieren auf der Windschutzscheibe, sondern auch im Hinblick auf die sich verändernde Atmosphäre der Umwelt um uns herum erkennbar. Weiterhin sorgt der getragene, teils orchestral, teils elektronisch gehaltene Soundtrack mit klagendem Gesang aus dem Autoradio für eine passende Stimmung, während wir uns den schemenhaften Schatten der Schutzmauer im Hintergrund immer weiter nähern.

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Willkommen in der Sperrzone

Es kommt schließlich, wie es kommen muss: Unser Auto versagt den Dienst, wir stehen im Dunklen neben den Umzäunungen der Sperrzone mitten im Gewitter und beobachten wenig später undefinierbare rote Erscheinungen, die uns in einen bedrohlich anmutenden Strudel hineinziehen. Auf der anderen Seite finden wir uns dann zu Fuß in einer gänzlich surrealen Umgebung wieder, mit zahlreichen schwebenden Objekten, grell leuchtenden, offenbar verstrahlten Flächen sowie bedrohlichen Synthesizerklängen um uns herum. Wie wir zeitnah herausfinden, hat es uns nun hinter die Absperrung mitten in die Olympic Exclusion Zone verschlagen, die alles andere als freundlich auf uns wirkt. Auf der Suche nach einem geeigneten Schutz durchstreifen wir die unwirkliche Landschaft und stehen kurz darauf vor einem baufälligen Schuppen, aus dem ein alter Kombi herausragt. Bevor er uns als Fluchtfahrzeug dienen kann, müssen wir ihn allerdings zunächst mit einem frischen Rad ausstatten, das wir in der direkten Umgebung finden. Damit stellt uns das Spiel auch gleich eines seiner speziellen Gameplay-Elemente vor, nämlich die Wartung und Instandhaltung unseres Autos, wozu beispielsweise auch die Suche nach Sprit und das damit verbundene Anzapfen liegen gebliebener Fahrzeuge gehört. Endlich am Steuer erfahren wir per Funk von einem Fremden namens Tobias, dass es in der Zone wohl mehrere Schutzräume gibt, von denen wir einen nun direkt ansteuern - hierbei werden sofort Erinnerungen an Firewatch wach, das uns auf ähnliche Art und Weise durch die Spielwelt geführt hat. Auf dem Weg zum Schutzraum werden wir immer wieder mit plötzlich auftauchenden strahlungsverseuchten Arealen und anderen übernatürlichen Erscheinungen konfrontiert und es offenbart sich uns auch direkt, dass Pacific Drive, anders als vielleicht im Vorfeld erwartet, keine offene Welt, sondern ziemlich stark begrenzte Bereiche für uns bereithält, die wir mit unserem Fahrzeug durchfahren oder auch mal kurzzeitig zu Fuß durchwandern.

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Zuflucht in der Werkstatt

Als wir die gesuchte Safezone erreichen, präsentiert sich diese als alte verlassene Autowerkstatt mitsamt Tankstelle, die bei unserer Ankunft zunächst im Dunklen liegt. Nachdem wir den Strom angestellt haben, finden wir dort nicht nur einen Erste-Hilfe-Schrank, um unsere Wunden zu versorgen, sondern auch eines der wichtigsten Utensilien für unser Überleben in der Sperrzone - das Mechaniker-Headset. Dieses erlaubt es uns, verschiedene Baupläne rund um unser Auto aufzurufen und zu verfolgen, um unseren fahrbaren Untersatz Schritt für Schritt für die Herausforderungen der tödlichen Spielwelt zu rüsten und bei Bedarf zu reparieren. Zu den aus eingesammelten Ressourcen herstellbaren Elementen gehören neben Basics wie Motor, Tür oder Scheinwerfer zum Beispiel auch Stoßstangen oder Metallplatten, die unser Gefährt robuster machen, oder auch praktische Hilfsmittel wie ein Ersatzreifen. Wenn wir einen Bauplan auswählen und an unser HUD anheften, wird uns dort übrigens eine äußerst hilfreiche To-Do-Liste angezeigt, die uns genau auflistet, welche Materialien noch fehlen. Diese finden wir während unserer Touren durch die verseuchte Umgebung, beispielsweise indem wir Häuser durchsuchen, verlassene Autos aufbrechen und ihre Stauflächen begutachten oder einzelne Bauteile mittels tragbarem Verschrotter zerlegen - also klassisches Crafting mal anders. An der Werkbank der Autowerkstatt können wir dann aus den gesammelten Items neue Bauteile für unseren Wagen oder auch Nützliches wie Erste-Hilfe-Kits für uns selbst herstellen. Oberflächliche Schäden an der Karosserie lassen sich hingegen mit einem Reparaturkit beheben, was nicht nur die Optik, sondern auch den allgemeinen Zustand des Autos verbessert. Bei lockeren Schrauben, zum Beispiel an den Reifen, müssen wir wiederum auf ein Mechanikerkit zurückgreifen, um kleinere Fehler schnell zu beheben, ohne das entsprechende Autoteil direkt austauschen zu müssen.

Insgesamt macht die äußerst detailliert umgesetzte und auch von der Steuerung her recht komplexe Wartung des Fahrzeugs in der Werkstatt wirklich Spaß - die etwas umständliche Menüführung und nicht immer ganz eingängige Tastenbelegung sorgen allerdings immer wieder für Frust. Die Werkstatt ist aber nur ein Teil des Grundgameplays des Spiels, denn hier rüsten wir uns lediglich für die herausfordernden Ausflüge in die deutlich weniger gemütliche Sperrzone. Um dort bestmöglich aufgestellt zu sein, gilt es nicht nur, das Auto immer gut in Schuss zu halten, zu betanken und die Batterie zu laden. Wir statten es außerdem mit nützlichen Erweiterungen wie Pappkartons zur Lagerung oder einer Werkmatte für kleinere Reparaturen unterwegs aus. Richtig wichtig ist außerdem das sogenannte Arc-Gerät, das auf unserem Beifahrersitz Platz findet, und unter anderem als Karte für die Sperrzone, aber auch als Not-Teleport dient, falls wir unseren Wagen einmal aufs Dach gelegt haben. Ein Ausflug in das Sperrgebiet beginnt immer am Routenplaner der Werkstatt, wo wir unser Ziel auswählen und uns im Anschluss zum markierten Punkt außerhalb der Werkstatt begeben, der uns an den im Vorfeld festgelegten Startpunkt bringt.
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Wir betreten die verstrahlte Wildnis

Mit dem Ziel, Material für eine Antenne zu besorgen, wagen wir uns ein erstes Mal freiwillig in die Evakuierungszone. Dabei gehören neben Fahrzeugen, Caravans und Behausungen jeder Art beispielsweise auch Industrieanlagen, Tankstellen und Hinterlassenschaften am Straßenrand zu unseren bevorzugten Anlaufstellen, um, je nach benötigten Komponenten, mit bloßer Hand, mit dem Impulshammer oder auch dem Verschrotter die gewünschten Rohmaterialien zu sammeln. Unser Auto dient dabei nicht nur als Transportmittel, sondern bietet, je nach gewählter Einstellung, auch Schutz vor den Bedrohungen, die uns beim Craften begegnen, wie der allgegenwärtigen Strahlung oder auch den gefährlichen Anomalien, die immer wieder auftauchen. Während unserer Ausflüge in die Sperrzone können wir übrigens nur sehr begrenzt die befestigten Straßen verlassen und sind dadurch schon sehr linear unterwegs. Dies fühlt sich dann nach längerer Spielzeit schon nach einer gewissen Einschränkung an, auch wenn die unterschiedlichen Areale, die von uns angesteuert werden können, insgesamt ausreichend Abwechslung bieten. Am Ende einer Tour sind wir dann auf das bereits erwähnte Arc-Gerät angewiesen, um zurück zur Werkstatt zu gelangen. Ein einfaches Zurückfahren ist aufgrund der sich stets ausbreitenden Anomalien nicht möglich. Bevor wir mit dem Arc allerdings ein hierfür benötigtes Portal öffnen können, müssen wir ihn an einem entsprechenden Ankerpunkt aufladen, von denen sich zahlreiche in der Spielwelt befinden. Hier lassen sich große Energiemengen auf das Gerät übertragen, indem wir uns dem Anker nähern, die hell leuchtende Kugel extrahieren und sie mit unserem Arc verbinden. Je nach Größe des Ankers muss diese Aktion mehrfach wiederholt werden, um das Gerät vollständig zu laden. Ist das Portal schließlich offen, fühlt sich das Ende eines Levels ein wenig nach Battle Royale an, denn die Umgebung zieht sich um uns herum zusammen und wir haben nur begrenzt Zeit, um mit dem Fahrzeug durch die Welt auf die riesige Lichtsäule zu zu rasen, um die rettende Werkstatt zu erreichen.

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Fazit

Pacific Drive ist definitiv eines der außergewöhnlichsten Survival-Spiele, die ich jemals gesehen habe - und ich habe wahrlich schon einige gespielt. Gerade die gelungene düstere Atmosphäre, die durch die Kombination aus stilisierter Grafik, sehr gut umgesetzten Wettereffekten und einem sehr speziellen, fast wehmütigen Soundtrack entsteht, ist ein echtes Highlight. Aber auch das Gameplay, das klassisches Survival-Crafting mit der ständigen Wartung und Reparatur des Wagens verbindet, hat mir richtig gut gefallen. Da sich das Spielerlebnis dank zahlreicher optionaler Modifikationen hervorragend an die eigenen Bedürfnisse und Wünsche anpassen lässt, wird das Spiel auch nie zu schwer, was es in seiner Grundkonfiguration für Gelegenheitsfans des Genres ohne Zweifel ist. Die stimmungsvolle Werkstatt als Dreh- und Angelpunkt sowie als Stückchen Heimat in der bedrohlichen Umgebung wurde ebenfalls sehr passend gewählt, wie auch die Firewatch-artigen Funksprüche, die dem Ganzen einen gewissen Storyrahmen geben. Zwei große Kritikpunkte haben wir aber dennoch. So ist die Menüführung, gerade beim Herstellen der Fahrzeugkomponenten, aber auch im Hinblick auf das Inventarmanagement und Crafting alles andere als übersichtlich und lässt uns immer mal wieder wie wild auf den Knöpfen herumdrücken, weil wir einfach nicht dort landen, wo wir hin wollen. Darüber hinaus fühlt sich die räumlich stark begrenzte Spielwelt an vielen Stellen wie eine echte Einschränkung an, denn auch, wenn ich in letzter Zeit etwas übersättigt von offenen Welten bin, hätte Pacific Drive definitiv eine vertragen können - gerade da wir mit unserem fahrbaren Untersatz ja im Vergleich zu vielen anderen Survival-Games richtig flott vorankommen. Nichtsdestotrotz hat mir dieser außergewöhnliche Genre-Vertreter sehr viel Spaß gemacht und mich mit seinem innovativen Ansatz abgeholt, vor allem auch damit, dass ich meine persönlichen Frust-Trigger mit den passenden Voreinstellungen quasi komplett eliminieren kann. Wer Spaß an Survival hat, sollte hier auf jeden Fall einmal reinschauen und die strahlungsverseuchte Sperrzone mit dem klapprigen Kombi erforschen.

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Pro:
  • Innovativer Gameplayansatz verbindet klassisches Survival-Crafting mit Fahrzeugwartung
  • Intensive Atmosphäre, vor allem dank großartiger Wettereffekte
  • Stilisierte, leicht comicartige Grafik lässt die Spielwelt leicht surreal wirken
  • Firewatch-artige Funksprüche stecken den Storyrahmen
  • Sehr detailliertes Schrauben am Wagen möglich
  • Zahlreiche Anpassungsoptionen verhindern Frust-Momente
Contra:
  • Stark begrenzte Spielwelt
  • Offene Welt wäre wünschenswert gewesen
  • Teils unübersichtliche Menüführung
  • In Standardkonfiguration in Sachen Schwierigkeit hart an der Grenze
Story:
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Gameplay:
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Grafik:
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Sound:
5 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Atmosphäre:
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Unsere Wertung: 8.0 / 10
Spiel getestet auf: PS5
Daniel Walter

Daniel Walter

Ein begeisterter Konsolenspieler mit einem breit gefächerten Interessengebiet. Neben Shooter-Serien wie Battlefield oder Call of Duty gehören auch Action-Adventures wie klassische Assassin's Creeds, die Batman-Arkham-Reihe oder The Last of Us Part 1/2 zu den bevorzugten Titeln. Hinzu kommen Survival-Games wie ARK, Horror-Klassiker a la Resident Evil sowie Open-World-Abenteuer im Stile von Far Cry oder Red Dead Redemption. Sport-Franchises wie FIFA oder Tour de France erweitern das Interessenfeld, ebenso wie sämtliche Titel aus dem Star-Wars-Universum.

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