Persona 3 Reload – Episode Aigis: The Answer im Test: Ein würdiges Finale für S.E.E.S.?
Mit dem DLC Episode Aigis: The Answer zu Persona 3 Reload bleibt sich Atlus wieder einmal treu. Schließlich haben die JRPG-Experten ihre Persona-Hauptspiele oft nach Release mit weiteren Inhalten versorgt oder gar in einer überarbeiteten Version noch einmal veröffentlicht, die neuen Content beinhaltete. Dies galt sowohl für die Golden-Variante von Persona 4 als auch für den Royal-Ableger zu Persona 5. Und ebenso erhielt das ursprüngliche Persona 3 mit der FES-Edition 2008 eine finale Version, die bereits damals die als Epilog gedachte Episode Aigis: The Answer enthielt.
Wie gut, dass auch Persona 3 Reload nun mit diesem zusätzlichen Inhalt in Form eines DLCs berücksichtigt wird. Wie bereits beim Hauptspiel erwartet uns eine komplett überarbeitete Version der damaligen Episode inklusive angepasster Grafik, Musik und Bewegungsanimationen. Grund genug für uns, erneut mit dem S.E.E.S.-Team loszuziehen und herauszufinden, welche Geheimnisse uns im Epilog zu Persona 3 Reload erwarten.
Und täglich grüßt das Schattentier
Episode Aigis: The Answer versteht sich als offizieller Epilog zu Persona 3 Reload. Dies bedeutet für den Spieler, dass es absolut sinnvoll ist, zunächst das Hauptspiel zu absolvieren, bevor man sich in das Zusatzkapitel stürzt. Der DLC nimmt dabei Bezug auf das True Ending des Hauptspiels und startet mit einem neuen Intro, welches uns sehr gut auf den kommenden Abschnitt einstimmt. An dieser Stelle möchten wir natürlich mögliche Story-Spoiler vermeiden und verweisen für eine grundsätzliche Übersicht über die Ausgangslage sowie das Kampfsystem gerne auf unseren umfangreichen Test zu Persona 3 Reload.
Wie gesagt ist Episode Aigis: The Answer der Epilog zum Hauptspiel. Während Persona-typisch meist ein ganzes Jahr als Handlungszeitraum dient, beschränkt sich die DLC-Episode zunächst einmal auf einen einzigen Tag, den 31. März. Somit setzt die Handlung direkt zum Ende von Persona 3 Reload ein. Die jungen Leute von S.E.E.S. haben bereits einige Schlachten geschlagen. Das Wohnheim, welches den Schülern als Heimat diente, ist in seiner Auflösung begriffen, die Möbelpacker stehen sozusagen bereits vor der Tür. Und die älteren Semester Mitsuru und Akihiko befinden sich vor ihrem Abschluss und damit dem Verlassen der Gekkoukan-Highschool. Es herrscht eine etwas wehmütige, melancholische Stimmung im Team, schließlich endet für alle Beteiligten ein wahrlich besonderer Abschnitt ihres Lebens.
Oder etwa doch nicht? Jedenfalls überschlagen sich am Abend des 31. März plötzlich die Ereignisse! Eigentlich war nur ein letztes, gemütliches Beisammensein geplant, doch um Punkt Mitternacht geschehen seltsame Dinge. Denn sämtliche Uhren im Wohnheim springen nicht wie erwartet um, sondern bleiben beim 31. März stehen. Und die mitternächtlichen Nachrichten im TV beginnen wieder von vorne. Schnell stellt sich heraus, dass unsere Helden in einer Zeitschleife gefangen sind. Doch das Gefängnis beschränkt sich nicht nur auf die Zeit, sondern auch den Raum, da das Wohnheim nun ebenfalls nicht mehr verlassen werden kann. Und zu allem Überfluss tritt die mysteriöse Metis auf den Plan, die augenscheinlich einen besonderen Bezug zu Androidin Aigis hat und unser Team ohne große Worte heftig attackiert.
Zusätzlich zum Erscheinen von Metis öffnet sich der Boden des Wohnheims und offenbart eine sonderbare Treppe. Diese führt hinunter in den Abgrund der Zeiten und zu einer Wüste der Türen. Bald ist klar, dass dieser Bereich, der unfreiwillig an den Tartarus des Hauptspiels erinnert, eine bedeutende Rolle bei der Lösung des Zeitschleifenrätsels spielt. Also hat unser Team keine andere Wahl, als das Geheimnis hinter den zahlreichen Türen zu lüften, um ihre Freiheit möglicherweise wiederzuerlangen.
Sister Act auf japanisch
Auch wenn Episode Aigis: The Answer den Epilog zu Persona 3 Reload bildet, so können wir nicht direkt mit einem voll ausgebildeten Team starten. Selbst wenn wir beim Start die Option wählen, unsere Daten aus dem Hauptspiel zu übernehmen, starten wir dennoch mit einem deutlich geschwächten Team ins Spiel. Scheinbar sind Ken, Mitsuru, Yukari und Co. seit dem Finale von Persona 3 Reload etwas eingerostet, jedenfalls beginnen alle Figuren zunächst auf Level 25 und dementsprechend mit relativ schwachen Angriffen.
Das hält unsere Helden freilich nicht davon ab, die Wüste der Türen zu erkunden. Hauptfigur ist dabei ganz gemäß dem Titel nun die Anti-Schatten-Waffe Aigis, die aber weitere, unverhoffte Unterstützung erhält. Denn Angreiferin Metis bezeichnet sich selbst als Aigis‘ Schwester und stößt nach anfänglichen Vorbehalten recht schnell zu unserer Mannschaft dazu. Kämpferisch ist Metis dabei definitiv ein Gewinn, setzt sie doch neben enormen Schlagwaffen noch eine Art Overdrive-Modus als Spezialangriff ein, durch den sie einige Runden lang enormen Schaden verursacht, jedoch danach kurzzeitig überhitzt und somit außer Gefecht ist.
Auch wenn sie sich im Kampf als nützlich erweist, kann Metis storytechnisch auf Dauer etwas, nun ja, anstrengend sein. Sie nimmt den naiven, leicht weltfremden Part ein, den Aigis im Hauptspiel hatte, was an sich natürlich kein Problem ist. Vielmehr erlaubt sie somit als Außenstehende einen etwas anderen Blick in die Gruppendynamik von S.E.E.S., deren Teilnehmer sich ja bereits gemeinsam durch unzählige schwierige Situationen gekämpft haben. Durch ihre ständige, überaus schrille Betonung darauf, Aigis‘ Schwester und damit enorm cool, wichtig und besonders zu sein, zehrt Metis jedoch ganz klar am Geduldsfaden des Spielers. An die anderen, interessanten Figuren unserer Gruppe reicht Metis daher bei weitem nicht heran.
Wir sind S.E.E.S. und das ist unser Gebiet!
Haupthandlungsort von Episode Aigis: The Answer ist dieses Mal nicht die Schule, sondern das eigene Wohnheim, welches unsere Helden ja leider nicht mehr verlassen können. Damit unsere Streiter jedoch nicht verhungern müssen und sich mit dringend benötigter Ausrüstung eindecken können, entwickelt sich recht schnell ein überaus willkommener Abzweig, der ins beliebte Paulownia-Einkaufszentrum führt. Dort stehen uns dann diverse Locations aus dem Hautspiel offen, wie die Polizeistation oder die Apotheke. Zudem eröffnet der örtliche Blumenladen einen kleinen Stand, wo wir Samen für nützliche Gewächse erwerben und zur Zucht abgeben können.
Weiterhin finden im Wohnheim wenigstens ein paar soziale Interaktionen mit unserem Team statt, sofern wir im Abgrund der Zeiten diverse Gegenstände wie Bücher oder Items finden. Über Zeitmanagement an sich brauchen wir uns jedoch, anders als im Hauptspiel, keine Gedanken zu machen. Aufgrund der Zeitschleifen-Thematik und damit einhergehend des fehlenden, kontinuierlichen und limitierten Fortschritts im Kalender, können wir uns im Wohnheim stets genügend Zeit lassen. Der Hauptfokus von Episode Aigis: The Answer liegt, fast schon typisch für das Endgame eines JRPGs, auf den Kämpfen. Und davon gibt es definitiv reichlich zu absolvieren. Der Abgrund der Zeiten ist dabei ähnlich wie der Tartarus aufgebaut, führt uns jedoch nach unten anstatt nach oben. Auf jeder Ebene begegnen uns zahlreiche Gegner, mit denen wir es aufnehmen können.
Neben besonders starken Gegnern sowie den typischen Bosskämpfen am Ende eines Abschnitts erwarten uns auch wieder die Monad-Türen, die wir bereits aus dem Hauptspiel kennen. Neu ist hier jedoch zum einen deren pure Häufigkeit, denn gefühlt stolpern wir auf jeder zweiten oder dritten Ebene über neue Türen, was das an sich coole Feature leider abnutzt. Zum anderen haben wir nun immer die Wahl zwischen drei verschiedenen Toren, die wir betreten dürfen. Von links nach rechts steigert sich dabei sowohl die Anzahl der zu bewältigenden Gegner als auch die Belohnung, die wir aus den Monad-Türen abstauben können. Es lohnt sich also stets, das Risiko abzuwägen.
Neue Dungeons und ein altbekannter Velvet Room
Im Hauptspiel litt der Tartarus als maßgeblicher Dungeon ein wenig darunter, dass die Umgebungen sich zwar regelmäßig abwechselten, man bis dahin jedoch oft in den immer gleichen Locations unterwegs war. Oftmals verbrachte man rund 30 Stufen in einem Bereich, bevor wir eine neue Umgebungsgrafik bewundern durften. Episode Aigis: The Answer bietet im Abgrund der Zeiten zunächst einmal ein klein wenig mehr Varianz, denn hier ändern sich die Örtlichkeiten deutlich öfters. Da man zudem in komplett neuen Bereichen unterwegs ist, ist dies eine willkommene Abwechslung. Allerdings wiederholen sich letztlich dieselben vier bis fünf Bereiche relativ häufig, wodurch man im Spielverlauf erneut beginnt, sich satt zu sehen.
Natürlich feiert der ikonische Velvet Room sein Comeback in Episode Aigis: The Answer. Diesmal erhält die wehrhafte Androidin selbst die Möglichkeit, mehrere unterschiedliche Persona einzusetzen. Schön ist hierbei, dass wir sowohl ein neues Kompendium aufbauen als auch auf das Verzeichnis aus dem Hauptspiel zurückgreifen dürfen. Somit lassen sich zusätzlich die Persona reaktivieren, die uns bereits vorher gute Dienste geleistet haben, das nötige Kleingeld sowie den entsprechenden Level stets vorausgesetzt. Igors Gehilfin Elisabeth versorgt Aigis zudem wieder mit zahlreichen Aufträgen wie „Besiege 100 Schatten“ oder „Bringe mir einen Proteinshake“, die sich meist gut nebenher erledigen lassen und uns nützliche Items bescheren.
Die sozialen Interaktionen mit unseren Mitstreitern wiederum sorgen dafür, dass diese neue, passive Buffs oder sogar frische Theurgien (Spezialangriffe) lernen, die wir dann wiederum in den Kämpfen einsetzen können. Aufgrund einer recht hohen Dichte an Teleportern ist es uns im Abgrund der Zeiten oft möglich, zum Ausgang zurückzukehren und unser Team zu tauschen, damit wir die jeweiligen Angriffe gebührend und ausführlich ausprobieren können. Einziger Fixpunkt bleibt Aigis als Hauptfigur des DLC.
Leider ersetzen die kleineren Begleiter-Episoden jedoch nicht die Social-Links aus dem Hauptspiel. Somit fehlt in Episode Aigis: The Answer etwas der Ausgleich zu den Kämpfen, der die Persona-Reihe so besonders macht. In Summe sorgt dieses Ungleichgewicht dann tatsächlich dafür, dass sich die DLC-Episode mit zunehmender Spieldauer nach Arbeit anfühlt, auch wenn das grundsätzliche Kampfsystem natürlich nach wie vor extrem viel Spaß bereitet.
Fazit
Episode Aigis: The Answer ergänzt Persona 3 Reload um ein weiteres Kapitel, welches uns nach dem Ende des Hauptspiels ordentlich unterhält. Dabei ist es storytechnisch fast schon zwingend erforderlich, zunächst die eigentliche Geschichte zu absolvieren, bevor man sich an den DLC wagt, auch wenn wir dort grundsätzlich wieder recht niederstufig beginnen und somit noch einmal gut an die Spielmechaniken herangeführt werden. Neue Theurgien sowie Metis als neue Figur erweitern zudem unser Repertoire um frische Elemente, die es zu ergründen gilt, auch wenn die Androidin als Charakter bisweilen etwas anstrengend sein kann.
Betrachten wir Persona 3 Reload mit dem DLC als Gesamtheit, so bietet Episode Aigis: The Answer eine schöne Fortführung der Story, die gerade genügend neue Fragen aufwirft, um nicht vollends zu verwirren, aber die Geschichte an sich zu einem runden Abschluss führt. Anstelle des Tartarus erwartet uns nun der Abgrund der Zeiten, welcher zwar deutlich häufigere Umgebungswechsel bietet, jedoch trotzdem auf Dauer nicht mit übermäßiger Abwechslung glänzen kann. Durch den deutlich höheren Kampfanteil und den weitestgehend fehlenden Alltag artet der DLC jedoch auch im Laufe der rund 20 bis 30 Spielstunden deutlich stärker in Arbeit aus, als es noch im Hauptspiel der Fall war. Dennoch ist Episode Aigis: The Answer natürlich eine schöne Möglichkeit für ein Wiedersehen mit den liebgewonnenen Charakteren von S.E.E.S. und aufgrund des grundsätzlich spaßigen Gameplays und des großen Umfangs eine sehr gute Ergänzung zum Hauptspiel.
- Führt die Story des Hauptspiels weiter
- Gewohnt gelungenes Kampfsystem
- Neue Dungeons in der Wüste der Türen
- Je nach Spielweise rund 20 bis 30 zusätzliche Spielstunden
- Neue Theurgien (Spezialangriffe) für die Figuren
- Zugriff auf das Persona-Kompendium des Hauptspiels
- In Summe sehr kampflastig
- Fühlt sich etwas mehr nach Fleißarbeit an
- Dungeons wiederholen sich oft
- Übermäßiger Einsatz der Monad-Türen
- Metis als neuer Charakter storytechnisch etwas anstrengend
Seit dem ersten Gameboy begeisterter Konsolenzocker. Neben Rennspielen, Action-Adventures und JRPGs sind auch Indie-Perlen gerne im Laufwerk gesehen. Zu den Lieblingsspielen gehören GTA Vice City, Metal Gear Solid, Overboard, Ys VIII, die Uncharted- und Forza-Horizon-Reihe sowie Gran Turismo 7.