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Review

Persona 4 Golden – Fernsehdetektive am Werk

Von Tjark am 6. Juli 2020. Getestet auf PC. Zum Spiel hier klicken.

Nachdem der Großteil der Welt erst dieses Jahr eine erweiterte Version von Persona 5 erhalten hat, hat Atlus gleich noch mal nachgelegt: Am 16. Juli wurde ein Traum vieler Spieler erfüllt, denn mit dem Re-Release von Persona 4 Golden ist das erste Mal ein Teil der Persona-Reihe auch auf dem PC angekommen. Wie sich der ursprünglich 2009 erschienene Mix aus Ren’ai-Simulation und Dungeon-Crawler heutzutage schlägt, verrät euch unser Test.

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Ein neuer Anfang auf dem Land

Wir schlüpfen in die Rolle eines japanischen Jugendlichen, der wegen eines Wechsels in eine neue Oberschule aufs Land zieht. Dort werden wir von unserem Onkel aufgenommen und treffen in der Schule relativ schnell auf neue Freunde. Aber kaum haben wir uns ein bisschen eingelebt, tritt ein seltsamer Nebel auf und es kommt zu mysteriösen Todesfällen. Anscheinend hängt der „Mitternachtskanal“, bei dem man sich in einer Regennacht um Mitternacht alleine vor einen ausgeschalteten Fernseher setzen muss, mit diesen Vorfällen zusammen. Denn als wir und unsere neuen Freunde das ausprobieren, sehen wir das nächste Opfer schon in der Nacht vorher. Zufällig finden wir dabei heraus, dass wir die Möglichkeit haben, in diese Fernsehwelt einzutauchen, indem wir wirklich durch die Oberfläche des Bildschirmes in die gezeigte „Welt“ gehen. In dieser Welt werden die Menschen mit ihren verborgensten Gefühlen konfrontiert und müssen lernen, diese zu akzeptieren. Schaffen sie das nicht, dann werden sie von ihren eigenen Schatten verschlungen und sind für immer verloren. Wenn es ihnen aber gelingt, erhalten sie einen Schutzgeist, eine der namensgebenden Persona. Einzige Ausnahme bildet der Hauptcharakter, der mit vielen verschiedenen Personas eine Verbindung aufbauen und diese sogar fusionieren kann. Die Stärke und Verfügbarkeit wird hier durch unsere sozialen Bande bestimmt.

Bei einer genaueren Betrachtung der Schattenwelt wird schnell klar, dass irgendjemand Personen in den Fernseher, und damit diese Welt, schmeißt. Nachdem wir und unsere Freunde es geschafft haben, die Konfrontation mit den innersten Gedanken zu überstehen und dadurch eine Persona zu erhalten, beschließt unsere Gruppe, der Ursache auf den Grund zu gehen und den Schuldigen ausfindig zu machen. Dazu müssen wir immer wieder in die Dungeons der Fernsehwelt abtauchen und deren Ebenen auf der Suche nach den Opfern erkunden. Auf der Reise treffen wir immer wieder überraschende Charaktere und bauen so eine immer größere Gruppe von Verbündeten auf.

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Zeitmanagement ist hier wichtig

Der Spielfluss von Persona ist zweigeteilt. Wir haben auf der einen Seite eine Lebenssimulation, in der wir ein normaler Schüler sind und auf der anderen Seite einen Dungeon-Crawler mit rundenbasiertem Kampf. Diese Teilung ist allerdings nicht 50:50, sondern lässt sich frei wählen.

Während des normalen Schülerlebens orientiert sich das Spiel an einem gewöhnlichen Kalender eines Schuljahres und unterteilt jeden Tag in eine Morgen-, Nachmittags-/Nach-der-Schule- und Abend-Phase. Der Morgen ist meist durch Schule belegt. Aber am Nachmittag, Abend und an freien Tagen können wir uns die Zeit relativ frei einteilen. Dabei kann man für einen Schüler normalen Aktivitäten nachgehen. Entweder, man verbringt Zeit mit Freunden oder in Sportklubs, um hier soziale Bindungen aufzubauen, oder man verbessert seinen Charakter, indem man lernt, oder beim Karaoke seinen Mut aufbaut. Außerdem kann man sein Taschengeld mit einem Nebenjob aufbessern. Ganz normaler Schüler-Alltag also.

In unserem täglichen Leben kommt es immer wieder zu Situation, in denen wir mittels Dialogoptionen Einfluss nehmen können, dabei sind einige Optionen nur bei entsprechend hohen Werten, zum Beispiel Charme, möglich. An manchen Tagen finden feste Events statt, die wir nicht beeinflussen können, wie zum Beispiel Prüfungen. Dadurch wird uns ein gewisses Zeitmanagement abverlangt, da wir eine Balance zwischen Selbstoptimierung, sozialen Bande knüpfen und Besuchen im Dungeon finden müssen.

Wir können uns aber auch entscheiden, unsere Zeit mit dem Besuch der Schattenwelt im Fernseher zu verbringen. Haben wir einmal die Schattenwelt betreten, dann können wir darin solange bleiben, wie wir wollen, in der Außenwelt vergeht immer ein Nachmittag. Es ist uns freigestellt, wann genau wir einen solchen Besuch machen, aber sollten wir die Opfer nicht vor der nächsten Nebelnacht gerettet haben, dann hat unsere kleine Truppe leider versagt. Der Nebel ersetzt dabei die Mondphasen, die aus anderen Teilen der Reihe bekannt sind.

Diese zweite Hauptsäule des Titels ist ein Dungeon-Crawler mit zufällig generierten Ebenen. Aber anders als in den meisten Titeln dieses Genres, findet der Kampf hier nicht in Echtzeit im eigentlichen Dungeon, sondern als rundenbasierter Encounter in losgelösten Arenen statt. Unsere Erkundungsgruppe kann dabei aus bis zu vier Mitgliedern bestehen, die wir relativ frei (der Hauptcharakter muss immer dabei sein) zusammenstellen. Jeder Charakter hat dabei, durch seine Persona, individuelle Stärken und Schwächen. Genau dieses ausgeklügelte Stärken- und Schwächen-System nutzt das Spiel im Kampf. Das Ausnutzen von Schwächen der Gegner bringt uns dabei einen sehr großen Vorteil und ermöglicht es einem unter anderem, mehrmals anzugreifen oder auch verheerende Großangriffe zu starten. Allerdings muss man aufpassen, da dieselben Mechanismen auch auf die Mitglieder unserer eigenen Kampftruppe zutreffen. Die Kämpfe sind nicht immer einfach und die Dungeons erfordern, wie bei JRPGs üblich, manchmal etwas Grinding. Wer aber vor allem die Story genießen will oder eine besondere Herausforderung sucht, der kann die Schwierigkeit des Spiels jederzeit im Menü anpassen.

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Alles nur Show?

Das Erscheinungsbild von Persona 4 ist recht einzigartig und schwer zu beschreiben. Einerseits ist es sehr funky und bedient sich an Farbschemas der 80er und 90er, auf der anderen Seite ist die Schattenwelt sehr düster und unheimlich gestaltet. Fast sämtliche Dialogfenster haben keine geraden Kanten, während das Hauptmenü komplett gerade und fast schon kastenförmig ist. Die japanische Kleinstadt, in der das Spiel angesiedelt ist, wird sehr realistisch dargestellt, vom kleinen Eckkiosk, über die Tankstelle bis zum Buchladen ist alles vorhanden, aber sämtliche Interfaceelemente haben diesen individuellen Stil, der gut zum Setting einer TV-Show passt. Sogar das Überspringen von Cutscenes ist dargestellt wie das Vorspulen einer Videokassette. Bei manchen Ereignissen kommen wir sogar in den Genuss von kompletten Anime-Sequenzen. Der starke Kontrast zwischen den beiden Welten beeinflusst die Atmosphäre und dadurch die Stimmung sehr gut. Die Musik unterscheidet sich mindestens genauso stark wie die visuelle Darstellung, mit teilweise funkigen, rockigen oder auch epischen Beats. Dabei bleibt sie aber immer stimmig und unterstreicht den Eindruck von einem Fernsehsender, der verschiedene Shows abspielt.

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Persona 4 ist auf Englisch, Japanisch, Koreanisch und Chinesisch spielbar und auf Japanisch und Englisch vollständig vertont. Dabei haben die Sprecher einen sehr guten Job gemacht und bringen die Emotionen der Charaktere authentisch zum Ausdruck. Die Hintergrundgeräusche und restlichen Soundeffekte sind ebenfalls sehr passend eingefügt.

Alles neu macht der Re-Release?

Diese Neuauflage wurde natürlich nicht völlig ohne Änderungen veröffentlicht. Die auffälligste ist wohl, dass das Bild nun auch in Full-HD-Auflösung zu sehen ist und zwar mit einer entsprechenden Framerate von 60 Hz, die auch stabil geliefert wird. Das war beides möglich, da moderne PCs eine um einiges bessere Leistung haben als die Originalhardware, auf der Persona 4 released wurde. Lediglich in den Cutscenes ist zu bemerken, dass an sich ein Spiel von 2008 (PS2) beziehungsweise 2012 (PS Vita) die Grundlage bildet. Die Animationen der Charaktere wirken auch trotz der neuen Texturen immer noch etwas steif und ungeschickt. Auch sind hier an einigen Stellen noch Spuren der Original-Auflösung zu finden.

Als Grundlage für dieses quasi „Remake“ wurde die PS Vita Version benutzt, da es sich hier bereits um die erweiterte „Golden“-Version handelt, die etwas mehr Inhalt bietet als das Originalspiel. Dazu gehören ein neuer Charakter, neue Events, ein komplett neuer Dungeon oder auch die Möglichkeit, in den Dungeons verschiedene Kostüme zu tragen. Die Kostüme haben zwar keine Auswirkung auf die Statuswerte, sind aber ein ganz nettes Gimmick.

Fazit

Mit dem ersten PC-Release eines Teils der Persona-Reihe hat sich wohl für einige Spieler endlich ein Traum erfüllt und andere werden wahrscheinlich deswegen auch mal in Versuchung kommen, es auszuprobieren. Ein Versuch kann auf jeden Fall nicht schaden, da man mit der für JRPGs üblichen langen Spielzeit einiges für sein Geld bekommt.
Ich habe leider weder die alte Hardware, noch eine ältere Version des Spiels, sodass ich keinen hundertprozentigen Vergleich der Versionen ziehen kann, aber auf mich wirkt der PC-Release wie ein sehr solider Port eines guten Spiels. Ich konnte lediglich kleinere Hänger in den Cutscenes feststellen, während das restliche Spiel bei einer stabilen Framerate lief.
Ich hatte sehr viel Spaß bei der virtuellen Detektivarbeit im ländlichen Japan. An dieser Stelle eine klare Empfehlung für den Titel, sowohl für Leute, die noch nie mit der Persona-Reihe oder diesem Teil in Berührung gekommen sind, als auch für solche, die einfach erneut dieses Abenteuer erleben wollen.

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Pro:
  • Guter Port
  • Lange, gut gefüllte Spielzeit
  • Durch selbst einteilbares Zeitmanagement einzigartiger Spieldurchlauf
Contra:
  • Animationen unbeholfen
  • Dialogoptionen manchmal etwas irreführend
Story:
5 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Gameplay:
4 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Grafik:
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Sound:
5 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Atmosphäre:
5 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Unsere Wertung: 9.5 / 10
TestingBuddies Award Silber
Spiel getestet auf: PC
Tjark

Tjark

Hat seit dem Gameboy jede Handheld-Generation ausgiebig genutzt. Es stehen vorallem Coop- und Multiplayer-Spiele hoch im Kurs.

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