Potion Permit im Test: Werdet zum Meister der Tränke
In Potion Permit schlüpfen wir in die Rolle eines Alchemiegenies, das nicht nur den Ruf seiner Zunft, sondern auch die Gesundheit der Einwohner von Mondburg wiederherstellen muss. Ob unser Job als Landarzt dem Genre neues Leben einhaucht, verraten wir euch im Test.
Ein rauer Start
Nachdem wir das Geschlecht und die optischen Merkmale unseres Alchemisten angepasst haben, finden wir uns in einem altmodischen Zug wieder. Dort treffen wir auf Nestor vom Alchemistenrat, der uns offiziell begrüßt und uns einen Einblick in unsere Aufgaben gibt.
Das Ziel der Reise ist das kleine Städtchen Mondburg, in dem wir den Rat repräsentieren sollen, um so die Erlaubnis zu erhalten, dort eine Zweigstelle zu errichten. Alle Hoffnung ruht also wieder einmal auf uns, und das, obwohl die anderen Alchemisten nicht gänzlich überzeugt von unseren Fähigkeiten sind – also bloß kein Druck.
In Mondburg angekommen, werden wir auch gleich vom Bürgermeister und seiner Frau in Empfang genommen. Die beiden haben uns eingeladen, um ihre kranke Tochter zu heilen, da der örtliche Quacksalber scheinbar versagt hat. Ganz rustikal werden wir in der örtlichen Schenke auch gleich den Einwohnern präsentiert und erfahrungsgemäß fällt das Zusammentreffen nicht gerade herzlich aus. Scheinbar haben die Bewohner keine guten Erfahrungen mit den Alchemisten gemacht und sind entsprechend nicht unbedingt begeistert davon, dass wir dem verschlafenen Nest einen Besuch abstatten. Wir halten uns also nicht lange mit der unfreundlichen Meute auf, sondern werden direkt zu unserer Unterkunft geführt, dem Haus des früheren Alchemiegenies, das einst auf der Insel gelebt hat. Zugegeben, viel macht die heruntergekommene Bleibe nicht her, aber man ist ja nicht wählerisch. Dort werden wir erst mal uns selbst überlassen, aber nicht, ohne die kryptische Andeutung, dass die Beziehung zum Rat der Alchemisten in der Vergangenheit ziemlich katastrophal verlaufen ist, aber davon hat uns natürlich vor unserer Ankunft niemand in Kenntnis gesetzt.
Unser neues Zuhause, das aus einem Schlafzimmer, einer verwahrlosten Küche und einer Werkstatt besteht, dürfen wir nach und nach mit neuen Möbeln dekorieren, auch wenn wir uns zu Beginn mit einem kaputten Sofa und einem zerrissenen Teppich zufriedengeben müssen. Außerdem muss unser Arbeitsbereich Stück für Stück repariert werden. Bevor wir uns aber daran machen, uns häuslich einzurichten, haben wir erst einmal die Gelegenheit, die Insel zu erkunden. Dabei merken wir schnell, dass ganz Mondburg schon bessere Zeiten gesehen hat. Auch viele Pflanzen wurden durch einen Unfall vernichtet, aber was es mit dem schlechten Zustand der Insel auf sich hat, will uns niemand so recht verraten. Wir müssen sogar froh sein, wenn die Einwohner überhaupt bereit sind, mit uns zu reden.
Unsere Aufgabe ist es also, die Bewohner von Mondburg besser kennenzulernen und ihre Wehwehchen zu heilen, um so ihr Vertrauen zu gewinnen. Damit starten wir auch direkt nach unserer Ankunft. Wir können mit ersten kleinen Quests die Stadt und den nahegelegenen Wald erkunden und dürfen uns hier an der niedlichen Grafik erfreuen, die stark an Stardew Valley erinnert. Mondburg und sein Umland sind insgesamt sehr hübsch ausgestaltet und bieten die friedliche und entspannte Atmosphäre, die die Entwickler versprechen. Besonders gelungen sind die flatternden Schmetterlinge und Tauben, die sich überall tummeln. Dazu bekommen wir einen hübschen und unaufdringlichen Sound spendiert.
Grinden bis der Arzt kommt
Um uns das Wohlwollen der Stadtbewohner zu sichern, kursierende Krankheiten zu heilen und unser Haus sowie unsere Klinik zu erweitern, müssen wir zunächst die nötigen Materialien sammeln. Mit Sichel, Hammer und Axt ausgestattet, machen wir uns auf den Weg zum Sammeln von Ressourcen, wie Kräutern und Mineralien. Dabei begegnen wir immer wieder verschiedenen Monstern, die uns angreifen. Hier können wir mit unseren Werkzeugen kämpfen oder mit einer Hechtrolle ausweichen. Mit im Gepäck sind unser dicker Hund und ein medizinisches Journal, das uns einen Überblick über die verschiedenen Zutaten und Monster gibt und auch sonst nützliche Hinweise bereithält. Leider bietet Potion Permit hier relativ wenig Abwechslung. Wir schlagen stumpfsinnig auf Bäume, Felsen, Pflanzen oder Monster ein, bis unsere Ausdauer aufgebraucht ist und wir eine Pause brauchen. Besondere Angriffs- oder Abbaumöglichkeiten sucht man hier vergebens, was das Sammeln von Rohstoffen recht zäh macht. Zudem benötigen wir von besagten Ressourcen eine hohe Anzahl, um unsere Werkzeuge und Gebäude aufzuwerten. Allein, um das erste neue Areal freizuschalten, das uns das Sammeln neuer Werkstoffe ermöglicht, müssen wir uns tagelang durch den Wald schlagen. Gerade in den ersten Stunden eines Spiels ist es schon frustrierend, wenn es so langsam vorangeht und man sofort in der Endlosschleife des Grindens festhängt. Hier macht einem Potion Permit den Einstieg nicht gerade leicht. Zum Glück muss man dabei wenige langatmige Laufwege in Kauf nehmen, denn es ist sehr zügig möglich, überall in der Stadt praktische Schnellreisepunkte zu aktivieren. Dank der übersichtlichen Minikarte fällt die Orientierung für alle, die gerne einen virtuellen Spaziergang unternehmen oder auf dem Weg zu einer Quest sind, aber sehr leicht.
Ich hab da so ein komisches Gefühl…
Ein Schwerpunkt des Titels liegt natürlich auf dem Brauen von Heilmitteln und dem Behandeln von Patienten, die in unsere Klinik gebracht werden. Am eigenen Kessel können wir mit dem entsprechenden Rezept Tränke wie Kräuterbalsam oder Wundreiniger brauen. Dazu müssen wir die passenden Zutaten auswählen, die jeweils den vier Elementen Feuer, Wasser, Erde und Luft sowie einer Puzzleform zugeordnet sind. Starten wir den Brauvorgang, erscheint eine leere Puzzleform über dem Kessel, die wir mit unseren Zutaten füllen müssen. Haben wir das Puzzle gelöst und die erlaubten Elemente dabei verwendet, wird der Brauvorgang gestartet und das gewünschte Item hergestellt. Der Vorgang ist natürlich nicht sehr fordernd, es macht aber schon Spaß, in guter alter Tetris-Manier am Kessel zu stehen. Ab einer bestimmten Anzahl an gelungenen Rezepten können wir die Zutaten aber auch speichern und uns das Puzzeln sparen.
Wollen wir einen Patienten heilen und werden dabei mit einem unbekannten Symptom konfrontiert, müssen wir zuerst eine Diagnose durchführen, wenn jemand mit einem komischen Gefühl in unserer Klinik auftaucht. Dies geschieht in Form eines Minispiels, bei dem wir zum Beispiel eine bestimmte Abfolge von Tasten drücken müssen. Timing ist bekanntlich alles und je geschickter wir uns anstellen, desto zufriedener ist der Patient mit uns. Leider spielt es keine Rolle, wo am Körper wir eine Diagnose durchführen und um welche Art von Krankheit es sich handelt, der Ablauf von Diagnose und Heilung ist oft identisch, da die Auswahl an Minispielen nicht sehr groß ist. Etwas mehr Tiefgang wäre hier schön gewesen. Gleiches gilt im Übrigen für das Erforschen neuer Tränke, das von Zeit zu Zeit möglich ist.
Wir haben insgesamt eine bestimmte Anzahl an Tagen Zeit, um einen kranken Bewohner zu heilen, sonst wird er zur Konkurrenz gebracht, was unseren Ruf natürlich wieder schmälert. Nach erfolgreicher Behandlung werden wir dann auch mit Geld belohnt, das wir wiederum für Erweiterungen benötigen.
Neben der Heilung von Krankheiten bieten sich uns noch weitere Möglichkeiten, uns etwas dazuzuverdienen. So können wir überschüssige Tränke verkaufen, Nebenjobs annehmen oder Aufgaben für die Gemeinde übernehmen. Letztere sind recht simpel und beschränken sich ebenfalls auf das Sammeln von Gegenständen. Dies bringt ein wenig frischen Wind ins Gameplay, auch, wenn es etwas dubios wird, wenn das große Alchemiegenie über die Wiese des Bauernhofs rennt, um für den örtlichen Farmer Tierhaufen aufzusammeln.
Schweigen ist Gold
Die kleine Stadt Mondburg wirkt ingesamt recht lebendig. Die Einwohner haben ihren eigenen Tagesablauf und öffnen zu bestimmten Tageszeiten und Wochentagen ihre Läden. Außerdem grüßen sie uns oder machen auch mal ein Nickerchen auf einer Parkbank. Schade ist hingegen, dass Dialoge, die die Bewohner miteinander führen während wir in der Nähe sind, immer wieder von vorne anfangen. Auch wenn wir mit unseren Mitbürgern plaudern, haben sie nur eine kleine Auswahl an Sätzen auf Lager. Wenn wir allerdings Freundschaften schließen, was durch regelmäßiges Plaudern und Geschenke möglich ist, oder die Stadt erweitern, werden die Figuren immer komplexer. Da es eine große Zahl an Bewohnern gibt, hat man auch immer etwas Neues zu entdecken.
Während uns also die NPCs immer mehr über sich verraten, bleibt unser eigener Charakter leider völlig eindimensional, vor allem, da uns keine Entscheidungen oder Dialogoptionen zur Wahl stehen. Wir können noch nicht einmal mitlesen, was unsere Figur den anderen Bewohnern zu sagen hat, da wir ihre Gefühlswelt lediglich an Smileys ablesen können, die über ihrem Kopf auftauchen. Eine Identifikation wird so leider völlig unmöglich.
Fazit:
Anfänglich hatte ich wirklich die Befürchtung, dass Potion Permit außer dem langwierigen Sammeln von Ressourcen nicht viel zu bieten hat, da einem in den ersten Spieltagen nicht viel zu tun bleibt. Es lohnt sich aber doch, am Ball zu bleiben, da Mondburg immer lebendiger wird. Zwar bleibt das Grinden ein großer Part des Titels, aber das Heilen der Patienten und das Brauen von Tränken macht Spaß, auch wenn eine etwas komplexere Spielmechanik wünschenswert gewesen wäre. Außerdem ist es wirklich schade, dass der eigene Charakter sehr blass bleibt. Gut gefallen hat mir die Idee, verschiedene Tätigkeiten mit Minispielen zu verknüpfen.
Natürlich steht bei einem solchen Titel die Frage im Raum, ob er sich für Fans von Harvest Moon oder Stardew Valley eignet. Ich finde, das kommt ganz darauf an, welchen Spielaspekt am Genre man vor allem mag. Wer gerne auf der Farm unterwegs ist und den Acker bestellt, ist schlecht bedient, da das Farmen komplett außen vor ist. Alle, die die immer gleiche Story von der geerbten Farm und der gütigen Erntegöttin aber über haben und lieber sammeln und virtuelle Freundschaften schließen, finden hier einmal einen neuen Aspekt, der sich aber trotzdem vertraut anfühlt.
- Hübsche Grafik
- Frischer Wind durch Alchemiethematik
- Tränke brauen und Patienten behandeln
- Entspanntes Gameplay
- Schrullige, aktive Stadtbewohner
- Sehr viel Grinding
- Eigener Charakter bleibt leblos
- Spielmechanik dürfte komplexer sein
- Kampfsystem quasi nicht vorhanden
Leidenschaftliche Fantasy-Farmerin mit einem Faible für Japan-Rollenspiele der Marke Final Fantasy oder Persona. Als Sims-Fan gehören bei ihr aber auch nahezu alle Hauptspiele und Erweiterungen von EAs Personensimulation zum Standardrepertoire. Das Interessengebiet wird erweitert durch Shooter und Rollenspiele aus dem Star-Wars-Universum sowie durch Rätselspiele und Point-and-Clicks im Stile von Gray Matter oder Black Mirror.