Red Dead Redemption im Test: Begeistert das Western-Epos auch auf der Switch?
Mit Red Dead Redemption veröffentlicht Rockstar nach der GTA-Trilogie einen weiteren echten Klassiker auf der Switch. Wie sich der Port des Cowboy-Abenteuers auf Nintendos Hybridkonsole schlägt, zeigen wir euch im Test.
Ein Meisterwerk – jetzt auch to go
Für alle, die Red Dead Redemption noch nicht erlebt haben, und ja, die soll es tatsächlich geben, hier zunächst einmal ein grober Einblick in die Geschichte des Wild-West-Epos’. Der erste Teil spielt chronologisch nach Red Dead Redemption 2 und rückt mit John Marston einen Nebencharakter von RDR2 in den Mittelpunkt. Die wilde Zeit der Gesetzlosen, Outlaws und Cowboys neigt sich mit der Einkehr der Zivilisation und auch der zunehmenden Industrialisierung langsam aber sicher dem Ende entgegen und auch das ehemalige Gang-Mitglied Marston hat inzwischen den Colt an den Nagel gehängt und sich mit seiner Familie niedergelassen. Doch das beschauliche Landleben findet schon bald ein jähes Ende, als John von seiner Vergangenheit eingeholt, seine Ranch überfallen und seine Frau und sein Sohn entführt werden. Marston wird fortan von sogenannten Bundesagenten, die für den Übergriff verantwortlich waren, unter Druck gesetzt, damit er sich den ehemaligen Mitstreitern seiner Bande von Gesetzlosen annimmt und diese aus dem Verkehr zieht. Seine nun folgende Reise führt ihn quer durch den Wilden Westen, vom beschaulichen Armadillo, über die Industriestadt Blackwater, bis nach Mexiko. Dabei dürfen wir uns auf alles gefasst machen, was das Cowboy-Leben so hergibt, wie Schießereien und Prügelleien, Jagden mit Lasso und Gewehr oder auch Botengänge, Überfälle und Verfolgungsrennen mit Pferden und Kutschen. Hinzu kommt eine umfangreiche, lebendige und atmosphärische Umgebung, die sämtliche Wild-West-Klischees bedient und neben freundlichen NPCs und feindlich gesinnten Charakteren auch eine glaubhafte Tierwelt mit im Gepäck hat. Die Geschichte rund um den oftmals bedauernswerten und viel zu gutgläubigen Ex-Cowboy, der von allen Seiten manipuliert, gelenkt und ausgenutzt wird, gehört auch mehr als eine Dekade später noch immer zu den besten und gleichzeitig tragischsten und ergreifendsten Stories, die die Videospiellandschaft bisher gesehen hat. Wem dieses Meisterwerk also bis dato entgangen ist, der kann (und sollte) das Ganze nun bequem auf der Couch mit der Switch in der Hand nachholen.
Ein Port, der den Namen verdient
Schon in der Einführungssequenz macht Red Dead Redemption auf der Switch eine richtig gute Figur und kann mit überzeugenden Rauch- und Nebeleffekten, mit hübschen Spiegelungen und Lichteinfällen und auch mit ordentlichen Gesichtsanimationen und Bewegungen der Charaktere punkten, anders, als man es beispielsweise bei den teils wirklich gruselig überarbeiteten Visagen der GTA-Trilogie erleben musste. Hinzu kommen sichtbar optimierte Schattenverläufe, die merklich schärfer und damit auch realistischer daher kommen als im Ur-Spiel. Aber auch die immer noch äußerst detailliert und liebevoll gestaltete Spielwelt mit ihrer offenen Natur, ihren beschaulichen Wild-West-Städtchen und jeder Menge echtem Cowboy-Feeling weiß heute noch zu begeistern und lässt uns das Alter von mittlerweile stolzen 13 Jahren immer wieder vergessen. Alles in allem sieht Red Dead Redemption, auch In-Game, noch immer richtig gut aus und wirkt trotz der Tatsache, dass die Switch-Version nur ein leicht optimierter Port und kein vollständiges Remaster ist, auch 2023 noch überraschend frisch und modern. Auch der Weitblick mit vielen sichtbaren Details des Umlands, der stimmungsvolle Himmel mit authentischen Wolkenformationen oder die belebte und glaubhafte Umgebung zeigen auch heutzutage noch vielen anderen Titeln, wie es gemacht wird und sorgen für eine rundum stimmige Kulisse, die der Hardware der Switch beachtlicherweise keinerlei Probleme zu bereiten scheint. Sowohl beim Erkunden der Umgebung, zu Fuß oder zu Pferd, als auch beim Übergang in die Sequenzen, beim Wechsel zwischen In- und Outdoorschauplätzen oder auch bei den packenden Feuergefechten haben wir keine Ruckler oder Performanceeinbrüche wahrnehmen können. Stattdessen lief Red Dead Redemption zu jeder Zeit während des Tests weich und flüssig, so als wäre es seinerzeit extra für die Switch entwickelt worden. Hier gibt Rockstar doch ein um Welten besseres Bild ab als bei der GTA-Trilogie und hat unsere anfänglichen Befürchtungen schon nach kurzer Zeit in Gänze widerlegt. Ja, beim schnelleren Reiten ploppen Texturen wie Büsche, Felsen, Gräser oder andere Dekorationen gerne einmal erst nachträglich auf, aber das Ganze hält sich definitiv im Rahmen. Und auch die gerade in weiterer Entfernung etwas verwaschenen Objekte sind in Anbetracht der rundum geschmeidigen Performance mehr als verschmerzbar. Weiterhin kann der Port auch mit sehr moderaten Ladezeiten punkten, die die Spielunterbrechungen beim Szenenwechsel in Grenzen halten, und auch steuerungstechnisch macht das Wild-West-Abenteuer eine richtig gute Figur. Überraschenderweise überzeugt die Switch hier auch in den Schießereien und muss sich in Sachen Zielgenauigkeit nicht vor dem Original verstecken – das haben wir auf der Nintendokonsole auch schon anders gesehen. Dabei fühlen sich die Schießeinlagen sowohl im regulären Kampfbildschirm als auch im DeadEye, dem Zeitlupen-Modus, sehr smooth an, sodass die bekannten Schwächen der Joy Cons überhaupt nicht ins Gewicht fallen.
Weitere Geschichten aus dem Wilden Westen
Wer nach der umfangreichen Kampagne mit ihrer riesigen offenen Welt voller Beschäftigungsmöglichkeiten noch nicht genug vom Wilden Westen hat, kann sich außerdem auf den (separat spielbaren) DLC Undead Nightmare freuen, in dem wir es an bekannten Schauplätzen mit Massen an Untoten zu tun bekommen und das frühe zwanzigste Jahrhundert einmal aus einer ganz anderen Perspektive erleben. Der Zombie-DLC setzt dort an, wo Marston nach Monaten der Abwesenheit zu seiner Familie auf die Ranch zurückkehrt und gerade dabei ist, sich an das ruhigere Leben zu gewöhnen. Allerdings lässt das verregnete gewitterige Wetter, das auch auf der Switch richtig gut zur Geltung kommt, schon in der Introsequenz nur wenig Gutes erahnen und auch die teils richtig derbe Sprache zwischen Vater, Mutter und Sohn unterscheidet sich doch stark von der weitaus harmonischeren Präsentation im Hauptspiel und gibt dem DLC eine ganz eigene, düstere Note, die die Erweiterung wirklich spielenswert macht. So sieht sich Marston schon bald einer gänzlich unbekannten Bedrohung gegenüber, als er in der Nacht von seinem Onkel und später auch vom Rest seiner Familie angegriffen wird, die sich in etwas Böses verwandelt hat. Die Geschichte mit ihrem übersinnlichen Ansatz gespickt mit Aberglaube und alten Erzählungen lässt die bekannte Cowboy-Welt mit ihren vertrauten Figuren in einem gänzlich anderen Licht erstrahlen, und zwar wortwörtlich, denn die Umgebung besitzt eine durchgehend schaurige und einnehmende Oldschool-Gruselatmosphäre. Beim Port des DLCs haben es die Verantwortlichen hier und da vielleicht sogar etwas zu gut gemeint mit der stimmungsvollen Postapokalypse, denn die Umgebung wirkt in manchen Momenten, gerade auch tagsüber, schon sehr dunkel, was zwar atmosphärisch ist, aber doch einiges an Übersicht nimmt und dadurch auch das eine oder andere Detail der Umgebung schluckt. Insgesamt ist aber auch Undead Nightmare perfekt auf die Switch zugeschnitten worden und liefert uns zusätzliche Stunden im Wilden Westen, die sich durch die Bank sehen lassen können. Der frühere Multiplayer-Part von Red Dead Redemption fehlt bei der Portierung allerdings vollständig, sodass wir uns auf die Soloinhalte beschränken müssen.
Fazit:
Red Dead Redemption ist ein Meilenstein der Videospielgeschichte und dank eines wirklich hervorragend umgesetzten Ports nun auch unterwegs auf der Switch spielbar. Hier verliert das Spiel, im Gegensatz zur recht vermurksten GTA-Trilogie, auch nichts von seinem Charme und präsentiert sich in einem rundum flüssigen und optisch noch immer sehr ansprechenden Gewand, bei dem wir außer einigen trägen Texturen und verwaschenen Objekten in der Distanz eigentlich nichts bemängeln können. Der kultige Zombie-DLC Undead Nightmare rundet das Gesamtpaket ab und sorgt für zusätzlichen Spielspaß, wenn uns die umfassende Geschichte rund um John Marston nicht ausreicht. Trotz all des Lobs muss man an dieser Stelle dennoch klar und deutlich sagen, dass ein Preis von fast 50 Euro für ein 13 Jahre altes Spiel, bei dem im Vergleich zum Original nur sehr wenig verändert wurde, mehr als sportlich ist – und daran ändert auch die mitgelieferte Story-Erweiterung nichts. Wer Red Dead Redemption schon auf einer anderen Plattform sein Eigen nennt, wird für diesen Preis kaum erneut zuschlagen, wer das Western-Epos hingegen noch überhaupt nicht erleben durfte, erhält hier aber in jedem Fall eine rundum solide Fassung in sehr gutem Zustand. Aber auch hier stellt sich die Frage, ob das Warten auf den nächsten Sale nicht die bessere Wahl wäre, denn wenn wir gedanklich mal 10 bis 15 Euro abziehen, sieht die Geschichte schon wieder ganz anders aus. Dann könnten wir den Port für die Switch nämlich auch ohne schlechtes Gewissen und ohne jegliche Bedenken weiterempfehlen. Denn gespielt haben sollte dieses Meisterwerk eigentlich jeder Videospiel-Fan, egal, ob jung oder alt. Dennoch müssen wir die Höchstwertung, die das Spiel und auch der gelungene Port ohne Zweifel verdienen, ein Stück weit relativieren und in Bezug zum Preis setzen, der für uns einfach klar über das Ziel hinaus schießt.
- Tolle Atmosphäre und Präsentation auf der Switch
- Technisch nahezu makellos
- Eine der besten Videospiel-Geschichten jetzt auch to go
- Abwechslungsreiches Gameplay mit allen Cowboy-Klischees
- Ruckelfreie Performance mit kurzen Ladezeiten
- Stimmungsvoller Zombie-DLC mit an Bord
- Gelungene, aber dezente grafische Optimierungen
- Gut umgesetzte Steuerung mit Joy Cons
- In Anbetracht des Alters und der geringen Unterschiede zum Original zu teuer
- Objekte in der Ferne sichtbar verwaschen
- Merkliches Nachladen von Texturen beim schnellen Reiten
- DLC in Sachen Beleuchtung hier und da grenzwertig
- Kein Multiplayer
Ein begeisterter Konsolenspieler mit einem breit gefächerten Interessengebiet. Neben Shooter-Serien wie Battlefield oder Call of Duty gehören auch Action-Adventures wie klassische Assassin's Creeds, die Batman-Arkham-Reihe oder The Last of Us Part 1/2 zu den bevorzugten Titeln. Hinzu kommen Survival-Games wie ARK, Horror-Klassiker a la Resident Evil sowie Open-World-Abenteuer im Stile von Far Cry oder Red Dead Redemption. Sport-Franchises wie FIFA oder Tour de France erweitern das Interessenfeld, ebenso wie sämtliche Titel aus dem Star-Wars-Universum.