Super Woden GP IISuper Woden GP II
Review

Super Woden GP II im Test: Retro-Motorsport mit Pixel-Optik

Von Alex Jung am 12. August 2024. Getestet auf PS5. Zum Spiel hier klicken.

Mit Super Woden GP II zeigt sich ein weiterer Vertreter eines in den letzten Jahren stark zugenommenen Rennspiel-Subgenres. Die Rede ist natürlich von stimmungsvollen Indie-Rennspielen, die statt mit Hyperrealismus eher mit eingängigem Gameplay, comicartigem Design und meist isometrischer Perspektive auffallen. Namhafte Beispiele sind hier art of rally, Circuit Superstars oder jüngst New Star GP mit seinem enormen Retro-Charme. Bereits 2023 auf Steam erschienen, erwies sich Super Woden GP II als in allen Bereichen verbesserter Nachfolger des Erstlings aus dem Jahr 2021. Wie gut, dass das Sequel nun auch mit etwas Verspätung den Weg auf die gängigen Konsolen findet. Wir haben uns das Rennspiel einmal genauer angeschaut, und das selbstverständlich nicht nur aus der isometrischen Perspektive.

Gestatten: Iso- Gran-Turismo

Starten wir Super Woden GP II, so springt uns das grundsätzliche Retro-Thema des Rennspiels quasi aus dem Bildschirm an. Angefangen bei der grafischen Gestaltung der Menüs über die musikalische Begleitung versprüht das Spiel einen gelungenen 90er-/ Anfang 2000er-Charme, ohne dabei jedoch altbacken oder eingestaubt zu wirken. Im Hauptmenü angelangt drängt sich direkt ein unfreiwilliger Vergleich zu einer absoluten Genre-Größe auf. Damit kann eigentlich nur Gran Turismo gemeint sein, welches sein Hauptmenü stets als eine stilisierte Stadt-Übersicht präsentiert, in der verschiedene Icons unsere Garage, die Werkstatt, diverse Rennevents oder die Autohändler hervorheben.

Auch in Super Woden GP II setzt man auf eine solche Darstellung. Dreh- und Angelpunkt ist dabei zunächst einmal unsere Garage, in der wir eine Übersicht über unsere Fahrzeuge erhalten. In der Werkstatt wiederum können wir fleißig tunen und Werte wie Handling, Motorleistung oder Topspeed steigern, natürlich gegen einen entsprechenden finanziellen Obolus. Ganz im Sinne der Vorlage können wir an der Stelle sogar unser Auto waschen oder einen Ölwechsel vornehmen. Auch dies war ein Feature, welches primär eigentlich nur in der Gran-Turismo-Reihe anzutreffen ist.

Einen gewissen Wiedererkennungswert hat die Darstellung der verschiedenen Händler. Über die Stadt verteilt befinden sich acht fiktive Hersteller, welche jeweils ein Land und die dort beheimateten Autos abbilden. Hier fällt direkt auf, dass man sich zwar an diversen Vorlagen orientiert, jedoch keine Original-Lizenz besitzt. So heißt die Firma aus Italien beispielsweise Aalia, was unschwer als Alfa zu erkennen ist. Japanische Modelle wiederum firmieren unter dem Überbegriff Raven.

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Eine automobile Zeitreise

Auch wenn die Hersteller und Modellnamen fiktiv sind, so sind nahezu alle Modelle ganz klar zu erkennen. Während wir in Italien also ikonische Autos wie den Ferrari F40 JTC, Alfa GTV oder diverse Lancias finden, repräsentiert das deutsche Autohaus Cinder Marken wie Mercedes Benz, Opel oder BMW. In Japan wiederum finden sich die GT-typischen Klassiker von Honda oder Nissan wie Civic oder Skyline, in Frankreich wiederum Peugeot und Renault. Insgesamt erwarten uns um die 180 Fahrzeuge, die es zu sammeln gilt. Für ein vermeintlich kleineres Indie-Rennspiel also eine wirklich beachtliche Anzahl.

Getreu der Orientierung am allerersten Gran Turismo ist jedoch auch die Fahrzeugauswahl auf dem Stand der 90er geblieben. Die neuesten Modelle datieren gerade mal aus dem Jahr 1997. Wer also mit einem neuen Porsche 911 GT3 RS oder Ferrari F8 Tributo seine Runden drehen möchte, der schaut hier in die Röhre. Vielmehr liegt der Fokus auf absoluten Klassikern, sowohl bei den Straßen- als auch den Rennfahrzeugen. Klassen, wie die alte DTM mit dem Mercedes 190E Evo 2 und dem Alfa Romeo 155 oder die britische Tourenwagenmeisterschaft mit Honda Accord und Volvo S40, lassen so manches Rennfahrerherz höherschlagen.

Insert Coin

Um bei all diesen unterschiedlichen Modellen grundsätzlich eine Art Chancengleichheit zu gewährleisten, sind die im Spiel verfügbaren Cups in verschiedene PS-Kategorien unterteilt. Auch hier orientiert sich Super Woden GP II am Spielaufbau der Gran-Turismo-Reihe. Wir starten unsere Karriere also zunächst mit einem relativ schwachbrüstigen Serienfahrzeug, verdienen Geld für gute Platzierungen und schalten darüber neue Cups frei, über die wir Credits anhäufen. Zudem gibt es am Ende eines Events ein Auto zu gewinnen, welches uns wiederum neue Möglichkeiten eröffnet.

Ein zunächst also sehr eng gefasster Einstieg öffnet sich im weiteren Spielverlauf somit und erzeugt einen durchaus motivierenden und kurzweiligen Gameplay-Flow. Ein klein wenig Grind ist allerdings ebenfalls Teil des Konzepts. Denn so klein unsere verdienten Preisgelder zu Beginn ausfallen, so teuer sind neue Autos. Zwar können wir über die gewonnenen Vehikel meist direkt einen neuen Cup ansteuern, doch gerade am Anfang gibt es viele Markenpokale, die den Einsatz eines ganz bestimmten Autos erfordern. Hier hilft dann nur der Gang zum Händler, der allerdings meist ein ganz schönes Loch in unsere Kasse reißt.

Immerhin können wir nicht benötigte oder gewollte Fahrzeuge auch direkt wieder verkaufen. Da wir aber selten abschätzen können, ob das entsprechend Gefährt später nicht doch noch einmal zu gebrauchen ist, empfiehlt sich diese Maßnahme eher als letzte Option. Doch selbst wenn wir genug Geld für einen Supersportwagen zusammengekratzt haben, dürfen wir diesen meist nicht direkt einsetzen. Denn unser Fortschritt ist an Sterne geknüpft, welche wir für gewonnene Rennevents verdienen. Die wirklich potenten Klassen jenseits der 400 PS schalten wir also erst später im Spiel frei.

Glücklicherweise gestalten sich die Hürden gerade richtig, damit die Karriere nicht in Arbeit ausartet und wir uns zudem langsam an die Geschwindigkeitsunterschiede heranarbeiten können. Bei der PS-Einteilung gilt natürlich auch, dass man mit einem Auto am unteren Ende der Skala gegen die stärkeren Fahrzeuge schwer zu kämpfen hat. Knapp 100 PS Leistungsunterschied lassen sich nun einmal nicht so einfach ausgleichen. Abhilfe schaffen hier die Tuning-Optionen, die die Fahrzeugleistungen schon signifikant verbessern können.

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Onroad und Offroad

Bei all den Autos ist es gut, dass Super Woden GP II uns eine ordentliche Bandbreite an Motorsportvarianten zur Verfügung stellt. Wir bestreiten simple Einzelrennen, Meisterschaften oder Langstreckenrennen auf Stadtkursen und permanenten Rennstrecken und sind sogar auf Ovalen unterwegs. Und auch abseits befestigter Wege finden Events statt. Während Circuit Superstars noch auf launige Rallycross-Rennen mit Gegnern auf der Strecke setzte, geht Super Woden GP II einen anderen Weg. Hier gibt es klassische Pisten von A nach B, die wir allein bestreiten und in denen es primär in den Kampf gegen die Uhr geht. Sogar an Beifahreransagen wurde gedacht, während wir verschiedene Untergründe wie Schotter in Kenia oder sogar Eis und Schnee in Schweden unter die Räder nehmen.

Sowohl für die Straßenrennen als auch für die Rallyepisten gilt, dass sich unser Auto auf diesen sehr direkt und gut steuern lässt. Generell gestaltet sich das Fahrgefühl sehr eingängig mit einem klaren Hang zum Übersteuern. Wir driften also oft schön quer durch die Kurven, was für zusätzlichen Spaß sorgt. Ein besonderes Augenmerk liegt zudem auf dem Windschatten, der im Spiel recht großzügig greift und uns damit auf den Geraden einen nicht zu unterschätzenden Vorteil bringt. Aufgrund der isometrischen Ansicht erfordert das Spiel natürlich ein klein wenig Einarbeitungszeit, um mit der veränderten Perspektive klarzukommen. Speziell in Passagen, in denen wir auf die Kamera zufahren, hilft uns dann ein praktischer Kurvenwarner, der sich optional zuschalten lässt, jedoch die Kurve teilweise etwas früh ankündigt. Mit zunehmender Streckenkenntnis lohnt es sich also, diesen zu deaktivieren.

Treffen wir im Getümmel einmal einen Gegner oder die Streckenbegrenzung, so verzögert unser Vehikel nicht nur, wir nehmen auch Schaden. Ein richtiges Schadensmodell spart sich das Spiel zwar, dennoch ist nach einigen Einschlägen recht zeitnah defektbedingt vorzeitig Feierabend. Sauberes Fahren und möglichst korrekt platzierte Überholmanöver werden also in Summe belohnt. Gerade bei den längeren Rennen wäre die Option für Boxenstopps noch eine ganz nette Ergänzung gewesen, da diese gerne mal eine taktische Komponente ins Spiel bringen. Diese sind jedoch in Super Woden GP II leider sogar bei den Langstreckenrennen nicht vorhanden, was unter dem Strich schade ist.

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Das kommt mir doch irgendwie bekannt vor

Wie bereits festgehalten haben sämtliche Fahrzeuge zwar Fantasie-Namen, sind jedoch recht klar als reale Modelle erkennbar. Bei den Rennstrecken setzt sich diese Praktik quasi nahtlos fort, jedoch mit einem ziemlich coolen Twist. So sind im Spiel diverse Kurse, die extra für Super Woden GP II entworfen wurden, enthalten. Doch einige Layouts orientieren sich teils sehr stark an real existierenden Vorbildern. Neben Klassikern wie Suzuka, Brands Hatch und Laguna Seca findet sich beispielsweise auch der japanische Kurs Tsukuba im Spiel wieder, natürlich unter verfälschtem Namen.

Bei manchen Ecken der Fantasie-Kurse wiederum entdecken wir sogar Referenzen zu anderen Rennspielen aus den Zeiten der ersten PlayStation-Generation. Speziell der Einstieg in Denise Beach mit der gepflasterten ersten Kurve und der Steigung an einem Wasserfall vorbei in einen Tunnel erinnert ganz klar an den dritten Ridge-Racer-Ableger Rage Racer. Für Kenner des Originals also eine schöne Anspielung an längst vergangene Zeiten.

Die Rennen selbst gestalten sich kurz und knackig. Scheitern wir einmal, was angesichts des gerade im späteren Spielverlauf durchaus fordernden Geschehens auf der Strecke mal vorkommen kann, so ist ein Neustart stets schnell durchgeführt. Abstriche gibt es jedoch für die etwas umständliche Auswahl unseres Vehikels. Wie gesagt werden für fast alle Cups bestimmte Fahrzeugtypen gefordert. Haben wir den passenden Wagen gerade nicht ausgewählt, so müssen wir immer zurück zur Garage und diesen selektieren. Eine Schnellauswahl direkt im Menü der Cups hätte hier ganz gut getan.

Neben dem obligatorischen Karrieremodus dürfen wir im Time Trial auch noch auf Zeitenjagd gehen sowie in einem klassischen Arcade-Modus unser Glück versuchen. Auch an einen Couch-Koop wurde gedacht, der launige Rasereien mit bis zu vier Spielern per Splitscreen erlaubt. Leider stehen in diesem Modus jedoch keine Computergegner an der Startlinie, die für noch mehr Chaos und Rennaction gesorgt hätten. Die kompetitiven Online-Optionen wiederum beschränken sich auf einen weltweiten Vergleich unserer Bestzeiten mit der Konkurrenz. Im Multiplayer-Bereich wäre also noch ein wenig Verbesserungspotenzial vorhanden.

Isometrische Pixel-Optik

Aufgrund der isometrischen Ansicht kommt der grafischen Gestaltung natürlich noch einmal eine besondere Rolle zu. Schließlich lassen sich hier zahllose Details am Streckenrand einbauen, die für zusätzliche Atmosphäre sorgen. Super Woden GP II gelingt dies definitiv. Die Pisten sind gesäumt von pixeligen Zuschauern, überall sind Werbebanner erkennbar oder stehen parkende Autos, Krankenwagen und Sportwarte am Streckenrand. Auch wenn wir unsere Autos aus einiger Entfernung betrachten, so kann der Detailgrad überzeugen und lässt uns stets sofort erkennen, was wir da eigentlich genau bewegen. Rauch- und Staubfahnen in Bewegung sorgen für zusätzliche Racing-Atmosphäre.

Im Vergleich mit Circuit Superstars sieht Super Woden GP II etwas altbackener aus, was aber ausdrücklich nicht als Manko zu werten ist. Während die Konkurrenz auf einen glatten, recht modernen Comic-Look setzt, gestaltet sich Super Woden GP II etwas pixeliger. Dies passt jedoch zur generellen Retro-Ausrichtung des Spiels und sieht sowohl als Standbild als auch in Bewegung richtig gut aus.

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Fazit

Allein schon aufgrund der isometrischen Perspektive drängt sich direkt ein Vergleich zwischen Circuit Superstars und Super Woden GP II auf. Schließlich war Circuit Superstars bereits im Frühjahr 2022 in unserem Testlabor und wurde dort auf Herz und Nieren geprüft. Kommen wir also zunächst zu den Stärken von Super Woden GP II. Da wäre direkt einmal der sehr große Umfang zu nennen. Obwohl keine Original-Lizenzen verwendet werden, so können dennoch sowohl die Fahrzeug- als auch die Streckenauswahl überzeugen. Zwar hat man bei den Autos den Fokus auf alle möglichen Gefährte gelegt, die vor den 2000er-Jahren herausgebracht wurden, dem Spielspaß tut dies dennoch keinen Abbruch. Im Gegenteil verstärkt sich somit noch das allgemein sehr gelungene Retro-Spielgefühl mit einem gehörigen Einschlag des ersten Gran Turismo.

In Sachen Abwechslung sind neben den klassischen Rundstreckenrennen mit Straßen- oder Rennfahrzeugen gerade die zahlreichen Rallye-Stages ein echtes Highlight. Auch auf der grafischen Seite zieht sich dieser Nostalgie-Gedanke mit der gelungenen Pixel-Optik durch. Dabei läuft das Spielgeschehen stets sehr flüssig und rund, selbst im engsten Getümmel. Ein paar kleinere Schwächen hat Super Woden GP II jedoch. Störend empfanden wir dabei beispielsweise die etwas umständliche Fahrzeugauswahl, die uns immer in die Garage zurückführt. Zusätzlich wird der Multiplayer trotz 4-Spieler-Splitscreen eher stiefmütterlich behandelt und hätte definitiv noch Verbesserungspotenzial besessen. Dinge, wie die fehlenden Original-Lizenzen, fallen wiederum kaum ins Gewicht, da die Autos dem geneigten Kenner ohnehin meist sofort klar ersichtlich sind. Auf unserem Wunschzettel fände sich vielmehr noch die Option, Boxenstopps wahrzunehmen, denn diese hätten das Gameplay nochmal zusätzlich bereichert.

Kommen wir zurück zum direkten Vergleich mit Circuit Superstars. Hier hat Super Woden GP II am Ende allein schon aufgrund des deutlich größeren Umfangs ganz leicht die Nase vorne. Ansonsten geben sich beide Spiele nicht viel. Wer also bereits mit Circuit Superstars Spaß hatte oder generell ein Faible für Indie-Rennspiele oder nostalgischen Motorsport hat, der kann Super Woden GP II definitiv auf die Liste setzen.

Pro:
  • Große Auswahl an Fahrzeugen und Strecken
  • Unterschiedliche Disziplinen (Rundkurs, Oval, Rallye)
  • Flüssige Darstellung
  • Eingängiges Arcade-Gameplay
  • Stimmiger Comic-Look mit Pixel-Touch
  • Viele Details am Streckenrand
  • Schön eingestreute Referenzen
Contra:
  • Gerade zu Beginn etwas grindlastig
  • Keine Original-Lizenzen
  • Fahrzeugauswahl umständlich
  • Durchaus fordernde Abschnitte
  • Keine Computergegner im Multiplayer
  • Keine Boxenstopps
Gameplay:
4 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Grafik:
5 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Sound:
5 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Atmosphäre:
5 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Umfang:
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Unsere Wertung: 9.0 / 10
TestingBuddies Award Silber
Spiel getestet auf: PS5
Alex Jung

Alex Jung

Seit dem ersten Gameboy begeisterter Konsolenzocker. Neben Rennspielen, Action-Adventures und JRPGs sind auch Indie-Perlen gerne im Laufwerk gesehen. Zu den Lieblingsspielen gehören GTA Vice City, Metal Gear Solid, Overboard, Ys VIII, die Uncharted- und Forza-Horizon-Reihe sowie Gran Turismo 7.

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