The Berlin ApartmentThe Berlin Apartment
Review

The Berlin Apartment im Test: Eine Wohnung mit vielen Facetten

Von Till Eilert am 11. Dezember 2025. Getestet auf PS5. Zum Spiel hier klicken.

Mit The Berlin Apartment will uns btf Games einen interaktiven Zugang zu der ereignisreichen Historie Berlins und damit auch zu der deutschen Geschichte ermöglichen. Ob es dem Entwicklerstudio gelingt, uns auf eine spannende Reise in die Vergangenheit mitzunehmen, klären wir im Test.

Zwischen Trümmern und Mauern

Als Dilara besuchen wir gemeinsam mit unserem Vater Malik eine alte und runtergekommene Altbauwohnung in Berlin. Die Bude hat ihre besten Jahre hinter sich und soll nun von Dilaras Papa renoviert und auf Vordermann gebracht werden. Was zuerst wie ein langweiliger und alltäglicher Renovierungsjob aussieht, entpuppt sich für die junge Dilara schon nach kurzer Zeit als eine Reise in eine längst vergangene Epoche. Überall in der Wohnung wurden kleine Hinweise der vorherigen Bewohner hinterlassen. Seien es versteckte Zeichnungen hinter den Fliesen in der Küche, auffällige Bilder an den Wänden oder einfach nur alte Abdrücke der Möbel. Die Zeichen der Vormieter sind allgegenwärtig und wollen erforscht werden. Eine perfekte Gelegenheit für das neugierige Mädchen, dem öden Zuarbeiten für ihren Vater etwas Farbe zu verleihen und nebenbei noch ganz viel Geschichte mit aufzunehmen. Neben den gefundenen Hinweisen entsteht nach und nach ein vielschichtiges Bild derjenigen, die über die Jahrzehnte in dieser Wohnung gelebt haben. Jeder kleine Fund öffnet dabei ein neues Fenster in eine andere Zeit. Besonders gelungen ist, wie behutsam das Spiel den Übergang zwischen Vergangenheit und Gegenwart gestaltet: Oft reicht ein kurzer Blick auf ein verblasstes Foto oder ein bekritzeltes Fliesenstück, um unsere Protagonistin in eine Szene von früher zu versetzen. Diese Wechsel wirken nie aufgesetzt, sondern fügen sich organisch in die Erzählung ein und erhöhen mit jeder neuen Entdeckung die Neugier darauf, wer hinter den Spuren steckt und welches Leben sich hier abgespielt hat.

Berlin, du bist so wunderschön

The Berlin Apartment bietet eine faszinierende und authentische Atmosphäre, die durch die spannenden und emotionalen Geschichten der jeweiligen Bewohner getragen wird. Durch die die nachvollziehbaren Interaktionen der Menschen untereinander, hinterlassene Briefe und Bilder können wir einen starken Bezug zu den Charakteren aufbauen, die durch ihre alltäglichen Wünsche und Sorgen authentisch wirken. Dazu hat es btf Games geschafft, auch die dunkelsten Zeiten deutscher Geschichte sehr nah an uns heranzutragen und die Lebenswelt der Menschen auch zu späteren Zeitpunkten in der Berliner Geschichte nachzuvollziehen. Dabei wirken die Geschichten nie pathetisch oder belehrend, sondern werden auf eine authentische und einfühlsame Weise erzählt, die den Spieler in die komplexen Emotionen und Erfahrungen der damaligen Zeit eintauchen lässt.

Der Wohnung kommt dabei eine entscheidende Rolle zu und jeder Raum hat in den jeweiligen Epochen eine eigene Identität. Waren die Räume 1933 noch groß und lichtdurchflutet, sind sie kurz nach dem Krieg eiskalt und grau. Das Leben beschränkte sich in der Nachkriegszeit auf einen einzigen Raum, der im Winter zudem noch beheizt werden musste und Brennmaterial selten und teuer war. Während große Teile des Apartments aufgrund von Zerstörung unbewohnbar waren. Im späteren Verlauf werden die Schäden behoben, neue Wände eingezogen oder die Raumnutzung verändert sich. Ein zentrales Element ist auch der Blick aus dem Fenster. Dabei erblicken wir Ende der 80er Jahre direkt vor uns die Berliner Mauer mitsamt dem Todesstreifen und schussbereiten Wachsoldaten. Im starken Kontrast dazu ist die Stadt in der Gegenwart wieder voller Leben und bunter Farben und das quirlige Leben der Hauptstadt spielt sich vor unseren Augen ab. Die vielen kleinen Details laden immer wieder dazu ein, einen Blick auf die Straße zu riskieren und vermitteln einen lebendigen Eindruck vom Wandel der Hauptstadt.

Öffnen, Falten, Werfen

Wir steuern Dilara und die anderen Protagonisten aus der Egoperspektive und erforschen so die verschiedenen Spielabschnitte und Zimmer der Altbauwohnung. Viele kleine Minispiele lockern dabei das Spielgeschehen auf. Einmal müssen wir bei der Renovierung mithelfen und Fliesen von den Wänden klopfen, aber auch Koffer packen und Segelflieger basteln gehören zu unseren Aufgaben. Selbst einfache Handgriffe, wie etwa eine Schublade öffnen, einen Gegenstand drehen oder das Entfalten einer alten Notiz, tragen zur Handlung bei und bauen eine interaktive Brücke zwischen uns und der Story. Die Minispiele sind abwechslungsreich und dienen oft dazu, einen emotionalen Kontext zu vermitteln, statt nur Lückenfüller zu sein. So entsteht eine Art „spielerische Geschichtsrecherche“, die das Tempo entschleunigt, aber nie langweilt. The Berlin Apartment versteht sich klar als ruhiges Narrative Game, und spielt genau dort seine Stärken aus. Teilweise ist die Steuerung etwas hakelig und auch von Bugs blieben wir nicht verschont, die kleinen Macken und Eigenheiten sind aber nicht übermäßig frustrierend und haben den Spielspaß kaum beeinträchtigt.

Das bestimmte Etwas

Besonders positiv aufgefallen ist der Cel-Shading-Look von The Berlin Apartment mit seinen Pastellfarben. Die reduzierten Texturen und klaren Linien lenken nicht von der Erzählung ab, sondern ergänzen diese durch stimmig gesetzte Akzente. Die Darstellung der Berliner Mauer und des Todesstreifens wird durch scharfe Kanten und gedämpfte Farbtöne geprägt, während die Gegenwart mit kräftigen Farben und pulsierendem Leben aufwartet. Davon profitiert auch die Performance und die Playstation 5 kann die Szenen ganz entspannt mit 60 FPS auf den Fernseher bringen.

Der Klang der Großstadt

Die Erzähler machen einen großartigen Job und bringen nicht nur die Emotionen der Protagonisten authentisch rüber, auch die zeitlichen Unterschiede und der soziale Kontext schwingen in den Erzählungen und Dialogen mit. Der Soundtrack passt sich den jeweiligen Epochen an und kann sowohl mit klassischer Musik als auch Punkrock aufwarten. Die Musikschnipsel werden nur dezent eingestreut, um den narrativen Flow nicht zu stören und die Soundkulisse wird mit den typischen Geräuschen einer Großstadt untermalt. Der Titel liegt in deutscher und englischer Vertonung vor und bietet weitere Sprachen mit Untertiteln.

Fazit

The Berlin Apartment ist ein kurzweiliges Indie-Game, das es auf eindrucksvolle Weise schafft, die Höhen und Tiefen eines Jahrhunderts in Berlin sowie die Veränderungen der Stadt besser zu vermitteln als jede Geschichtsstunde. Durch die gelungene Synchronisation, den einzigartigen Look und das entschleunigte Gameplay entsteht eine historische Nähe, die ich in Spielen selten erlebt habe und die zeigt, wie gut sich Videospiele als interaktive Wissensvermittlung eignen. Wer sich von der etwas kurzen Spieldauer von drei bis vier Stunden und dem ruhigen Spielgefühl nicht abschrecken lässt, sollte bei diesem Kleinod unbedingt zugreifen.

Pro:
  • Schicker Artstyle
  • Gelungene Geschichtsvermittlung
  • Authentische Charakter
  • Gute Synchronisation
Contra:
  • Etwas kurz
  • Gelegentliche Bugs
  • Teilweise hakelige Steuerung
Story:
5 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Gameplay:
4 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Grafik:
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Sound:
4 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Atmosphäre:
5 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Unsere Wertung: 8.5 / 10
Spiel getestet auf: PS5
Till Eilert

Till Eilert

Passionierter PC und Konsolenspieler. Fokus liegt auf Einzelspielererlebnissen

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