The Plane Effect im Test: Feierabend mit Hindernissen
Wer möchte nicht nach der Arbeit einfach nach Hause gehen und sich gemütlich auf die Couch flenzen? Unser Protagonist in The Plane Effect würde das bestimmt auch gerne tun, wäre da nicht seine Familie verschollen und sein Arbeitsweg etwas länger. Ob uns die Rettung unserer Liebsten gelingt, erfährst du im Test.
So wandelte ich im dunklen Tal
The Plane Effect baut eine ganz besondere Stimmung auf, in die wir uns nach kurzer Zeit verlieren. Die Kombination aus atmosphärischer Musik, ruhigen Passagen und dem minimalistischen Art Style zieht uns schnell in den Bann. Das entspannte Spielen wird aber leider allzu häufig von Minispielen unterbrochen, in denen unsere Geschicklichkeit gefragt ist und uns aus dem schön-schaurigen Setting reißen. Viel Freude bereiten die abwechslungsreichen und schön gestalteten Schauplätze, die häufig völlig abstrakt anmuten. Gerade waren wir noch im normalen Büroalltag und machen das Licht aus und plötzlich finden wir uns im Bauch eines riesigen Wurms wieder und müssen daraus entkommen.
Steuerung, setzen 6!
Das Spiel lebt Minimalismus: kein Inventar, kein HUD, keine Tutorials. Die Steuerung auf der PlayStation beschränkt sich auf Gehen, Springen, Sprinten und Aktivieren. Eine willkommene Abwechslung von den so häufig völlig überfrachteten und vor Menüs strotzendem Spieleeinerlei. Jedoch kämpft The Plane Effect stark mit seiner Herkunft. Einerseits wirkt es wie ein sehr dystopisches Kunstwerk, andererseits möchte es auch viele Spielegenres in sich vereinen und dadurch eine gewisse Abwechslung aufbauen. Die behindern den Spielfluss aber eher, anstatt ihn zu bereichern. Die Steuerung möchte uns die Behäbigkeit unseres Protagonisten näher bringen und reagiert so zum Beispiel beim Sprinten verzögert. Das beißt sich jedoch, sobald wir Geschicklichkeitspassagen wie in Frogger bestreiten müssen. Das mündete nur allzu häufig in Frust und Unverständnis. Auch der Rätselspaß, eine der großen Vorteile von The Plane Effect, wird stellenweise durch unlogische oder zu einfache bis zu schwere Rätsel getrübt. Wir finden uns in dem vermeintlichen Haus des Protagonisten wieder und müssen dort eine versteckte Tür finden und nebenbei ein Ventil schließen, aus dem heiße Luft strömt. Wenn wir den Strom in Gang bringen, können wir weitermachen und auch gleich das Ventil bedienen, dass augenscheinlich überhaupt nichts mit dem Stromkreislauf zu tun hat. Dann wiederum können wir meist ohne nachzudenken viele Rätsel einfach im Vorbeigehen lösen, da es eh keine andere Möglichkeit gibt. Da den Entwicklern diese Diskrepanz wohl bewusst war, haben sie uns gleich drei verschiedene Spielmodi mitgegeben, in denen wir je nach persönlicher Frustrationsgrenze durch das Spiel geleitet werden können.
Schicke düstere Welt
Der Art Style von The Plane Effect ist im Noir Stil gehalten und bietet hier und da schöne Farbtupfer, die die Tristesse auflockern. Die klaren Linien, dunklen Farben und der generell sehr reduzierte Stil fallen sofort ins Auge und wirken sehr stimmig umgesetzt. Wir steuern unser Alter Ego aus der Isometrischen 3-D Ansicht, was leider nur allzu häufig in einer problematischen Übersicht mündet. Am nervigsten sind die Stellen, an denen wir dann auch noch Treppen ohne Geländer erklimmen müssen und nie wirklich absehen können, wann wir denn abstürzen. Auch verdecken häufig Gebäudeteile die Spielfigur und wir starren ins Leere. Zwar kann man mit dem linken Stick noch ein wenig nachjustieren, das geht aber nur zäh von der Hand und ist auf wenige Grad begrenzt.
Eine klangliche Offenbarung
Klanglich spielt The Plane Effect tatsächlich wieder in einer eigenen Liga. Selten hörten wir so klare und reduzierte Klänge, die gerade in einem Dolby Surround System erstaunlich gut zur Geltung kommen. Einzelne Sounds wie das Laufen auf Betonboden klingen wunderbar plastisch und auch der Soundtrack unterstützt die Atmosphäre enorm. Einen wirklich bleibenden Eindruck hat dabei eine Szene im Road Trip Stil hinterlassen, auf der man in der Dunkelheit auf gerader Strecke zu wunderschöner Synthi Wave Musik entlangcruist. Mitten in der Nacht nur die Straße und ich. In diesem Teilaspekt kann das Spiel voll und ganz überzeugen und wirkt einmal mehr wie ein Kunstwerk. Dennoch muss dazu gesagt werden, dass dieses Spiel keinerlei Sprachausgabe oder Texte mit sich bringt. Da dies aber im Sinne der Erzähler ist, können wir uns damit gut arrangieren und die nicht vorhandene Vertonung tut dem Spielfluss keinen Abbruch.
Verdammt, was passiert hier?
Es reicht eigentlich ein Wort, um das Spielgeschehen zusammenzufassen: Bizarr. Und das im positivsten Sinne. Aufgrund der völlig abstrakten Level und dem Verschmelzen verschiedenster Handlungsstränge, bei denen nur die Entwickler wissen können, weshalb sie zusammenkommen, entfaltet sich ein Sog aus Neugierde, dem wir kaum entrinnen können. Die Level sind schön detailliert und erzählen ihre ganz eigenen kleinen Geschichten. Aufgrund der fehlenden Texte und Vertonungen müssen wir uns selbst zusammenreimen, was mit der Familie des Protagonisten passiert ist. Das Spiel findet dabei eine gute Balance zwischen künstlerischem Anspruch und einer spannenden Welt die wir gerne erkunden.
Fazit
The Plane Effect hat im künstlerischen große Ambitionen und weiß diese auch umzusetzen. Nur hatte ich immer wieder das Gefühl, dass es das falsche Medium für dieses Kunstprojekt ist. Als Spiel ist The Plane Effect leider zu unausgereift und hakelig. Auch wirken die Masse an Minispielen leider teilweise arg aufgesetzt und die Rätsel stellenweise zu unlogisch. Man muss den Entwicklern jedoch zugute halten, dass es für diesen Fall den geführten Storymodus gibt. Wer die spielerischen Mängel ausblenden kann und Spaß an abgedrehten Indie Games hat, sollte trotzdem mal einen Blick riskieren. Vergessen wird man dieses Spiel so schnell wohl nicht mehr.
- Schöner Art Style
- Toller Soundtrack
- Packende Atmosphäre
- Teilweise schöne Rätsel
- Völlig verdrehte Story
- Fehlende Übersicht
- Hakelige Steuerung
- Teilweise unlogische Rätsel
- Unpassende Minispiele
Passionierter PC und Konsolenspieler. Fokus liegt auf Einzelspielererlebnissen