Tour de France 2020Tour de France 2020
Review

Tour de France 2020 - neues Futter für Radsportbegeisterte

Von Daniel Walter am 15. Juni 2020. Getestet auf Xbox One. Zum Spiel hier klicken.

Mit Tour de France 2020 geht die Sportsimulation für Radsportfans in die nächste Runde. Ob es das offizielle Videospiel schafft, uns die sportarme Coronakrise zu versüßen, zeigen wir euch im Test.

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Ein Stück schöne heile Welt

Covid 19 hat die gesamte Sportwelt 2020 durcheinander geworfen. Nicht nur Olympia und die Fußball EM wurden verschoben, sondern auch der Start der jährlichen Frankreichrundfahrt findet nicht wie gewohnt statt. Ob 2020 noch eine Tour de France an den Start geht, steht aktuell in den Sternen. Umso schöner ist es, dass uns das jährliche Videogame in jedem Fall die Chance bietet, den offiziellen Kurs der Rundfahrt mitzuerleben, so wie er ursprünglich geplant war.

Startet direkt ins Geschehen

Wie jedes Jahr stehen auch 2020 mehrere Spielmodi zur Wahl. So können wir uns über den “Rennen”-Modus beispielsweise direkt ins Geschehen stürzen und die Frankreichrundfahrt ohne weitere Funktionen starten. Durch Levelaufstiege, die wir mit unserem Fortschritt in den anderen Spielmodi erreichen, schalten wir nach und nach außerdem die WM-Kurse aus Innsbruck, London und Brüssel frei, ebenso wie das Vlaandern Classic und das Kultrennen Paris-Roubaix. Neben den 21 Etappen der Tour de France warten mit dem Critérium du Dauphine und Paris-Nizza weitere offiziell lizenzierte Rundfahrten mit mehreren Streckenabschnitten auf uns. Außerdem stehen wie gewohnt zusätzliche Fantasierundfahrten wie La Route Course oder die Euro Tour bereit, da leider nach wie vor keine zweite große Landesrundfahrt mit Originalnamen mit dabei ist. Darüber hinaus dürfen wir uns in diesem Jahr über einen weiteren Klassiker freuen, nämlich das prestigeträchtige Eintragesrennen Lüttich-Bastogne-Lüttich, das, ebenso wie die Frankreichrundfahrt, sofort als Einzelrennen bestritten werden kann.

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Eine Tour nach unserem Geschmack

Zudem haben wir wie gewohnt die Chance, uns eine eigene Tour, genannt My Tour, aus den vorhandenen Etappen der anderen Rennen zusammen zu stellen. Dabei legen wir nicht nur den Schwierigkeitsgrad und die maximale Fahrerzahl pro Team fest, sondern auch das Trikot-Set, bei dem neben dem klassischen Tour-Set (gelb, grün, weiß und gepunktet) auch die Farbgebung der Leader-Trikots der Italienrundfahrt (mit rosa Führungstrikot) und der Spanienrundfahrt (mit rotem Führungstrikot) ausgewählt werden können. Außerdem entscheiden wir uns für eine Kadervoreinstellung der Teams und können unter anderem zwischen dem aktuellen Tour Line-up und legendären Fahrern der Vergangenheit wählen. Außerdem lässt sich die Stärke der Gegner hier mit einem Maximalwert begrenzen, um die perfekte My Tour für jeden Geschmack zu kreieren. Mit einem zweiten Controller ist es übrigens möglich, die Rennen im Koop- oder Versus-Modus zu bestreiten. Im Herausforderung-Modus warten mit Abfahrt und Sprint weitere Multiplayer-Features, in denen wir uns entweder lokal oder online über Bestenlisten mit anderen Spielern messen können, sowohl in verschiedenen Sprintvarianten, wie Massensprint und Kurzanstieg, als auch bei Abfahrten unterschiedlicher Längen.

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Beweist euch als Team-Leader

Auch 2020 bleibt das Tour de France Videospiel seinen Wurzeln treu und liefert mit dem “Pro Kapitän”- und dem “Pro Team”-Modus zwei große Karrieremodi. Während bei ersterem ein einzelner, selbst erstellter Spieler im Mittelpunkt steht, den wir durch das Erreichen verschiedener Herausforderungen nach und nach verbessern und spezialisieren, schlüpfen wir im “Pro Team” in die Rolle des Teamleaders. Hier ist es das Ziel, durch Erfolge wie Etappensiege, Rundfahrtsiege oder die Eroberung von Wertungstrikots und guten Platzierungen Punkte zu erlangen, um in der Teamwertung aufzusteigen und dadurch nach und nach für alle Rennen teilnahmeberechtigt zu sein. Hierfür erstellen wir unser eigenes Team und legen Teamname, Nationalität und das Trikotdesign fest, bevor es losgeht. Anschließend entscheiden wir uns für mindestens sechs Fahrer aus anderen Teams, die wir mit unserem zunächst recht knappen Budget verpflichten können. Dabei sollten wir uns über unseren Schwerpunkt im Klaren sein und entsprechend Allrounder, Sprinter und Kletterer auswählen, um unser Team zu spezialisieren. Dabei muss man sich zum Start natürlich keine Illusionen machen, denn weder hat man das Geld für einen der Top-Fahrer noch wollen diese dem eigenen Newcomerteam beitreten. An dieser Stelle sei übrigens gesagt, dass die Dichte an lizenzierten Fahrern und Teams in diesem Jahr wieder sehr hoch ist. So muss nur beim Deceuninck-Quick-Step und beim Cofidis Team auf die meisten echten Namen und teilweise auf die Portraits der Fahrer verzichtet werden, hier und da gibt es aber auch bei anderen Teams einzelne Ausnahmen. Das Ineos-Team um Chris Froome ist die einzige große Mannschaft, bei der sowohl Fahrernamen und Portraits als auch das Trikot und der Teamname entfremdet wurden. So müssen wir uns hier leider mit dem Team Inone sowie Fahrern wie K. Frime, G. Thomet oder I. Bernacle anfreunden. In der Vergangenheit mussten wir aber schon auf deutlich mehr Originalnamen verzichten.

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Noch intensivere Rennen

Während in den vergangenen Jahren die Änderungen weniger groß ausfielen, hat sich auf der Strecke dieses Mal einiges getan. Die grundlegende Steuerung ist natürlich nach wie vor dieselbe, sodass das Handling der Fahrer, der automatische Verfolgermodus oder auch das Festsetzen eines gleichbleibenden Leistungslevels wie gewohnt funktionieren, ebenso wie der Teamfunk, über den Fahrer gewechselt oder Abschnitte vorgespult werden können. Eine signifikante Neuerung fällt schon bei der Präsentation auf. So wurde das HUD optisch sichtbar überarbeitet und zeigt uns nun die aktuelle Geschwindigkeit auf einer Art Pulsuhr an. Auch das Design der Ausdauerleiste, des Angriffbalkens und die Anzeige der verfügbaren Energiegele wurde erneuert und wirkt nun größer und etwas aufgeräumter. Ein wenig eingewöhnen muss man sich aber dennoch. Auch auf der Minikarte gibt es eine kleine Veränderung. Während im vergangenen Jahr schon die Anzeige bei Anstiege angepasst wurde, folgen in diesem Jahr die Abfahrten, die nun eine eigene grafische Darstellung auf der Minimap besitzen. Dank der Überarbeitung lassen sich die Kurven jetzt frühzeitig erkennen, wodurch wir unser Tempo entsprechend regulieren können. Die größte Neuerung ist aber die wählbare Ego-Perspektive und die kann sich wirklich sehen lassen. Hier schauen wir aus den Augen des Fahrers und fühlen uns daher wirklich Mitten im Geschehen. Die Geschwindigkeit lässt sich aus dieser Perspektive sehr viel intensiver erleben. Dies gilt auch für die Anstrengung, denn wir hören deutlich das angestrengte Atmen unseres Fahrers. Schön ist auch, dass sich die Position der Hände ändert, wenn wir normal fahren, bremsen oder bergab unterwegs sind. Die neue Perspektive hätte noch etwas besser umgesetzt werden können, wenn man ein wenig mehr mit der Vibration des Controllers gearbeitet und dadurch ein noch realistischeres Fahrradfahr-Gefühl generiert hätte. Dennoch ist die Ego-Perspektive eine gelungene optionale Ergänzung, die die Immersion deutlich erhöht. Ebenfalls neu ist die sogenannte “Anhaltende Auslastung”. Diese bietet uns im Renngeschehen neue taktische Möglichkeiten und tut dem Realismus definitiv gut. Anders als der klassische Angriff, der die zugehörige Angriffsleiste sehr schnell leert, ist der neue Antritt weniger explosiv, sondern setzt eher auf stetiges Zermürben der Gegner. Dadurch ist der direkte Effekt geringer, die Angriffsenergie geht aber auch sehr viel langsamer zur Neige. Beim in der Vergangenheit immer etwas eintönigen Zeitfahren wurden ebenfalls Verbesserungen vorgenommen. Hier müssen wir nun nicht mehr nur auf die richtige Einteilung unserer Kraft achten. Es liegt zudem an uns, den Wechsel zwischen regulärer Haltung und aerodynamischer Zeitfahrhaltung manuell vorzunehmen, um immer bestmöglich im Wind zu liegen. Dabei gilt es, stets ein Auge auf die Tempoanzeige zu haben, denn für die Zeitfahrhaltung ist eine gewisse Grundgeschwindigkeit wichtig. Der exakte Wechsel zwischen beiden Haltungen erfordert Fingerspitzengefühl, sodass die Zeitfahren interessanter und anspruchsvoller werden.

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Grafisch gewohnte Höhen und Tiefen

Optisch muss sich Tour de France 2020 wahrlich nicht verstecken. Die Strecken wurden detailliert und abwechslungsreich gestaltet und Details wie individuell jubelnde Zuschauer und Teamfahrzeuge sorgen für den passenden Rahmen. Auch die Natur sowie die Dörfer und Städte, die passiert werden, sehen ordentlich aus und schaffen eine stimmungsvolle Kulisse für die Rennen. Was allerdings schon in der Vergangenheit immer für verständnisloses Kopfschütteln gesorgt hat, ist auch 2020 wieder mit von der Partie. So sehen die Gesichter sämtlicher Fahrer auch in der aktuellen Ausgabe absolut identisch aus. Wenn man schon nicht die originalen Gesichter nachempfinden möchte, kann oder darf, wäre es wünschenswert, wenn wenigstens ein paar unterschiedliche Gesichtsformen, Frisuren oder auch Bärte und Sonnenbrillen zu erkennen wären, wenn man am Start auf das Fahrerfeld blickt. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Detail im nächsten Jahr endlich angepasst wird, um dem in so gut wie allen anderen Belangen gelungenen Sportspiel auch optisch eine würdige Präsentation zu geben.

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Fazit:

Tour de France 2020 vertraut auf alte Stärken und bietet uns ein ebenso gelungenes Gesamtpaket wie in den vergangenen Jahren. Lobenswerterweise war man dieses Mal aber ein bisschen mutiger und hat einige signifikante Änderungen eingeführt. Gerade die Ego-Perspektive sowie die neue Angriffsfunktion tragen zum deutlich höheren Realismus bei. Auch das überarbeitete Zeitfahren kann sich sehen lassen, bedarf aber schon einiger Übung. Zu einer neuen Strecke und dann auch noch zu einem Klassiker wie Lüttich-Bastogne-Lüttich sagt man als Radfahrfan natürlich auch nicht nein. Leider bleiben zwei alte Kritikpunkte bestehen: Das Fehlen weiterer dreiwöchiger Rundfahrten, sowohl offiziell als auch fiktiv, sowie die wirklich störenden Einheitsgesichter der Fahrer auf der Strecke trüben nämlich auch 2020 ein wenig das Gesamtbild. Dennoch kann die aktuelle Ausgabe der Simulation jedem Radsportfan empfohlen werden.

Pro:
  • Lüttich-Bastogne-Lüttich dieses Jahr neu dabei
  • Neue Ego-Perspektive
  • Zusätzlicher Angriffsmodus
  • Überarbeitetes Zeitfahren
Contra:
  • Nach wie vor einige fehlende Lizenzen
  • Einheitsgesichter der Fahrer
  • Keine neuen Rundfahrten, weder lizenziert noch fiktiv
  • Realistischere Controller-Vibration wäre gerade bei Ego-Perspektive wünschenswert gewesen
Gameplay:
4 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Grafik:
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Sound:
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Atmosphäre:
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Unsere Wertung: 8.0 / 10
Spiel getestet auf: Xbox One
Daniel Walter

Daniel Walter

Ein begeisterter Konsolenspieler mit einem breit gefächerten Interessengebiet. Neben Shooter-Serien wie Battlefield oder Call of Duty gehören auch Action-Adventures wie klassische Assassin's Creeds, die Batman-Arkham-Reihe oder The Last of Us Part 1/2 zu den bevorzugten Titeln. Hinzu kommen Survival-Games wie ARK, Horror-Klassiker a la Resident Evil sowie Open-World-Abenteuer im Stile von Far Cry oder Red Dead Redemption. Sport-Franchises wie FIFA oder Tour de France erweitern das Interessenfeld, ebenso wie sämtliche Titel aus dem Star-Wars-Universum.

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