

Wheel World im Test: Eine entspannte Hommage an den Radrennsport
Mit Wheel World bringt das kalifornische Entwicklerstudio Messhof ein Radrennspiel heraus, welches bereits 2023 noch unter dem ursprünglichen Namen Ghost Bike angekündigt worden war. Im Indie-Adventure bereisen wir dabei die namensgebende Wheel World, eine Welt, in der sich absolut alles um das Fahrrad dreht. Der Fokus liegt dabei neben entspannten Erkundungsfahrten auf durchaus rasanter Rennaction, so dass für jeden Geschmack etwas dabei sein sollte. Wir haben uns direkt auf den Drahtesel geschwungen, auch die steilsten Anstiege gemeistert und klären für euch im Test, ob Wheel World spielend zum Etappensieg rast oder ihm kurz vor dem Finale die Körner ausgehen.
Natürlich die Radfahrer
Wir erwachen als Protagonistin Kat in der unmittelbaren Nähe eines alten, verfallenen Schreins. Selbstverständlich wird sofort ihr Entdeckertrieb geweckt, so dass sie das Gemäuer inspiziert. Dort findet Kat ein altes, rostiges Fahrrad und einen schädelförmigen Dämon namens Skully. Dieser war offenbar auf einer wichtigen Mission, nämlich die große Schaltung vorzunehmen, damit die Welt sich weiterdrehen kann.
Doch aus irgendwelchen Gründen ist Skully nun hier gestrandet, ohne Fahrer für sein Rad und ohne spezielle Teile, aus denen sein Bike eigentlich bestanden hat. Kat wird gar nicht erst vor die Wahl gestellt, ob sie dem Dämon helfen will, sondern direkt rekrutiert. Gemeinsam machen sich die beiden Protagonisten auf, die Wheel World zu durchstreifen, immer auf der Suche nach den verschwundenen Komponenten. Schnell stellt sich heraus, dass die Teile über die ganze Welt verstreut wurden und nun im Besitz besonders starker Radrennfahrer sind, die damit natürlich einen ordentlichen Vorteil genießen. Es gilt also, die verlorenen Teile von Skullys legendärem Fahrrad zu finden, damit die große Schaltung eingeleitet werden kann.
Wheel World bietet somit eine schöne Rahmenhandlung, die sich nicht zu sehr in den Vordergrund drängt, aber den Spieler dennoch bei der Stange hält. Insgesamt ist das komplette Abenteuer je nach Spielweise in rund fünf bis sieben Stunden durchgespielt. Der Umfang fällt also letztlich eher überschaubar aus.
Tour de Wheel World
Gemeinsam durchstreifen Kat und Skully von nun an die Wheel World. Diese präsentiert sich dabei als schön gestaltete Open World, welche in unterschiedliche Biome eingeteilt ist. Von der malerischen Startinsel aus geht es über ein mächtiges Viadukt auf die größere Hauptinsel, glücklicherweise nicht ohne wunderschöne Panoramen auf die Spielwelt. Neben der großen Stadt Velo City erwarten uns dort beispielsweise noch ein Bereich voller Weinberge, eine bewaldete Gegend mit steilen Anstiegen und eine gemäßigte, eher flache Zone.
Einen Überblick erhalten unsere Protagonisten dabei an sogenannten Klingelschreinen, wo sie von anderen Dämonen erwartet werden. Nach Aktivierung hebt sich ein Schleier von der Karte, so dass nun alle Straßen ersichtlich sind und diverse Fragezeichen auf lohnende Orte hinweisen. Ein wenig erinnert dies an die berühmt-berüchtigte Ubisoft-Formel. Zwar verzichten die Entwickler auf Tag/Nacht-Wechsel oder unterschiedliche Witterungsbedingungen, der tollen Atmosphäre im Spiel tut dies jedoch keinen Abbruch.
Speziell wenn wir einfach nur die Gegend erkunden und recht gemütlich vor uns hin radeln, entfaltet Wheel World ein sehr chilliges und entspannendes Spielgefühl, bei dem man gerne mal etwas die Seele baumeln lässt. Viele andere Radfahrer sowie diverse Autos, die die Spielwelt durchstreifen, tragen das ihre zu einer belebten, aber nicht hektischen Erfahrung bei. Auf diese Art wird jede Fahrt im Spiel zu einer schönen Tour, so dass wir die obligatorische Schnellreisefunktion, die in Form von sporadisch aufgestellten, mobilen Sanitäreinrichtungen in Erscheinung tritt, kaum benutzen. Die Welt ist aber nicht groß genug, um sich wirklich gnadenlos zu verfahren, zumal eine nützliche Karte im Menü uns jederzeit unsere aktuelle Position und Richtung anzeigt. Da das grundsätzliche Gameplay recht arcadig ausgelegt ist, meistern wir auch Stock und Stein oder die Durchfahrt von größeren Hecken ohne gravierenden Geschwindigkeitsverlust. Dadurch verlieren wir selten den Flow, selbst wenn wir querfeldein auf Erkundung gehen.
Malerisch, aber nicht fehlerlos
Prinzipiell bietet die Grafik und Sounduntermalung einen guten Flow, welcher jedoch von ein paar Stotterern unterbrochen wird. Zunächst sei gesagt, dass der gewählte Comic-Grafikstil sehr stimmungsvoll ausfällt und unter anderem an das ebenfalls mit Fahrrad-Fokus angelegte SEASON: A letter to the future erinnert. Die Texturen sind nicht allzu detailreich, bieten aber ein durchgängig gelungenes Bild. Trotz der recht einfachen Darstellung ergeben sich wunderschöne Szenarien und tolle Panoramen, während wir die Straßen erkunden.
Sehr gelungen präsentiert sich der Soundtrack des Spiels. So machen die Fahrräder permanent typische Geräusche wie das Quietschen der Bremse oder das Rattern der Kette, die zur Immersion beitragen. Auf eine Sprachausgabe verzichtet Wheel World leider völlig, dafür punktet es wiederum mit den Musikstücken, die sehr Retro ausfallen und so aus den 80ern oder 90ern stammen könnten. Dies passt sehr gut zum gewählten Grafikstil.
Im Fahrbetrieb fallen dann aber doch ein paar Fehler auf, die mit etwas mehr Politur sicherlich zu beheben gewesen wären. Bei schnelleren Richtungswechseln oder recht viel Betrieb auf den Straßen begleiten uns leichte Ruckler, die den Spielfluss stören und einfach unschön aussehen. Speziell in städtischen Gebieten, wenn zu den Kontrahenten auch noch zahlreiche Autos unseren Weg kreuzen, sorgt das für zusätzliche Schwierigkeiten. Ebenfalls fallen Pop-ups auf, durch die Objekte wie Bäume erst nach und nach im Blickfeld auftauchen. Dies begegnet uns vor allem bei vorgefertigten Kamerafahrten, aber teils auch während des eigentlichen Radelns.
Die leichten Stotterer machen außerdem vor der Musik nicht halt. Denn gerade im späteren Spielverlauf werden die Stücke manchmal nicht sofort geladen, so dass gerne mal eine Minute oder mehr gespenstische Stille herrscht. Während man bei der Erkundung noch prinzipiell darauf verzichten kann, stört die fehlende Musik bei den Rennen deutlich mehr. Hier wäre also im Nachgang noch ein klein wenig Optimierungsbedarf, um das Spielgefühl in Summe runder zu gestalten.
Rad an Rad
Außer der Erkundung der Spielwelt sind Rennen eines der Kernelemente des Gameplays. Skullys verlorene Teile befinden sich wie gesagt im Besitz prominenter Radrennfahrer, die diese natürlich nur dann abgeben, wenn wir sie im direkten Wettstreit besiegen. Um aber überhaupt eine Chance gegen die selbstverliebten Charaktere zu bekommen, benötigen wir Reputation, im Spiel kurz Rep genannt. Rep erhalten wir, indem wir andere Rennherausforderungen bestreiten. Insgesamt über 30 gibt es quer über die Wheel World verteilt, in denen wir gegen sieben andere Kontrahenten antreten, die sich in einem Team organisiert haben. Neben fahrenden Ärzten oder rüstigen Rentnern erwarten uns noch andere skurrile Figuren, die aber nicht unbedingt lange in Erinnerung bleiben.
Abseits weniger Etappen, die von A nach B zu bestreiten sind, finden sich hauptsächlich Rundkurse im Portfolio, die uns quer durch die Landschaft schicken. Die Strecken sind dabei schön abwechslungsreich und werden durch den nach wie vor fahrenden Autoverkehr auch manchmal durchaus herausfordernd. In jedem Rennen gilt es, vier Ziele zu erreichen, für die wir jeweils Rep erhalten. Zusätzlich zum Finish in den Top 3 oder gar dem glorreichen Sieg, müssen wir eine vorgegebene Rekordzeit unterbieten und unterwegs noch die drei Buchstaben K, A und T aufsammeln, die oft hinter Büschen oder Sprüngen versteckt sind. Tony Hawk lässt an der Stelle sehr schön grüßen.
Sämtliche Rennen werden dabei vorab nochmal in unterschiedliche Schwierigkeitsgrade unterteilt, die aber zunächst wenig über die eigentliche Herausforderung aussagen. So haben wir im ersten Anlauf trotz Sturz bei einem als „schwierig“ gekennzeichneten Lauf alle vier Ziele inklusive der Bestzeit erreicht, bei einem „einfachen“ Rennen aber partout nicht den Rekord geknackt. Hier ist das Balancing nicht hundertprozentig ausgereift. Unfair wird Wheel World allerdings sehr selten, obwohl unsere Konkurrenten auf der Strecke kaum Platz machen und uns gerne mal in die Kiste fahren. Speziell im letzten Spieldrittel kann es dann aber schon zu frustigen Situationen kommen, wenn wir zum Beispiel in voller Fahrt von einem anderen Biker in ein heranfahrendes Auto gedrückt werden.
Doch selbst bei einem Unfall lassen sich die Kontrahenten schnell wieder einholen, zumal wir recht großzügig von deren Windschatten profitieren. Über diesen sowie Sprünge oder knappe Vorbeifahrten an Hindernissen wie Autos laden wir zudem einen Boost auf, den wir ausgiebig einsetzen dürfen. Auf geraden Streckenabschnitten kann dies also durchaus den Unterschied ausmachen und uns wertvolle Meter verschaffen. Zusätzlich zu den vorgegebenen Rennen finden sich in der Spielwelt noch sogenannte Einsame Wölfe, die wir jederzeit zu einem Duell 1 gegen 1 auffordern können. Aufgrund der vorab nicht bekannten Routen bieten auch diese Herausforderungen eine spannende Unterhaltung.
Ausgewogen oder spezialisiert
Jenseits der spaßigen Rennen, die sicherlich das Kernelement von Wheel World darstellen, gibt es aber noch weitere Dinge zu entdecken. Da wären zum einen einige versprengte Mitglieder einer Radfahrergang, die es aufzuspüren gilt. Zum anderen lassen sich Coupons einsammeln, die uns bei den zahlreichen in der Spielwelt verteilten Händlern den Kauf von neuen Fahrradteilen ermöglichen.
Denn abseits von Skullys legendären Teilen bietet das Spiel noch eine ganze Fülle anderer Möglichkeiten. Kisten sind überall auf der Karte verstreut, in denen sich verschiedene Komponenten befinden. Vom Rahmen über Räder, Sättel oder Lenkstangen können wir sogar unterschiedliche Gangübersetzungen freischalten. Während das Standardbike lediglich über einen Gang verfügt, dürfen wir später sogar richtige Schaltungen installieren, bei denen wir je nach Bedarf die Gänge wechseln. Neben typischen Standard-Radteilen haben es aber auch ein paar kuriose Entwürfe ins Spiel geschafft, wie etwa ein fahrender Hotdog.
Für nahezu alle Teile, sogar die legendären von Skully, gilt jedoch, dass sie sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich bringen. Zum optischen Erscheinungsbild wirken sich die Komponenten dabei auf vier Segmente aus. Kraft steht für Beschleunigung sowie die Fähigkeiten am Berg. Wind wiederum bezeichnet die Höchstgeschwindigkeit, ein nicht zu unterschätzender Faktor. Die Lenkung und der Grip schlussendlich haben eine direkte Auswirkung auf die Steuerbarkeit des Vehikels, speziell wenn es ins Gelände geht. In der Zusammenstellung des Fahrrads lässt uns das Spiel viel Freiraum, denn absolut jedes Teil kann miteinander kombiniert werden. So ist der Rahmen eines Rennrades in Verbindung mit Offroad-Reifen und einem Bonanzalenker kein Problem.
Bei besonders schwierigen Rennherausforderungen empfiehlt es sich dann sogar, das Fahrrad etwas mehr zu spezialisieren. Ihr habt Probleme auf einem winkligen Geländekurs? Dann kann man den Topspeed sicherlich vernachlässigen. Oder die Gegner hängen euch auf einer Landstraße gnadenlos ab? In dieser Situation ist eine bessere Wendigkeit wohl nur sekundär. Das übersichtliche Menü gibt uns dabei jederzeit Auskunft über die Art unserer Veränderungen, so dass wir nie den Überblick verlieren. Schade ist jedoch, dass wir keine Presets erstellen und abspeichern dürfen. Das letztlich etwas mühsame Auswechseln von einzelnen Komponenten vor jedem Rennen wäre damit deutlich weniger aufwendig.
Final ergänzt wird das Spiel dann noch durch zusätzliche Herausforderungen, die wir als Nebenaufgaben erledigen können. Hier erhalten wir nach Absolvierung bestimmter Ziele weitere Coupons. Viele der Aufgaben sind dabei an das Hauptspiel geknüpft, so dass sie sich bequem nebenher erledigen lassen. Alternative Listen wie die Nutzung der überall in der Spielwelt zu findenden Sprungrampen oder das Besiegen von Einsamen Wölfen runden das Tätigkeitsfeld gelungen ab.
Fehlende Gänge?
Auf einen Mehrspielermodus verzichtet Wheel World leider komplett, vom Vergleich der eigenen Etappenzeiten mit dem Freundeskreis einmal abgesehen. Ebenfalls schade ist, dass man die Rennen nicht aus dem Hauptmenü direkt anwählen kann. Dort sehen wir zwar eine praktische Übersicht, die uns aufzeigt, was uns noch fehlt, doch um eine Etappe erneut bestreiten zu können, müssen wir zwingend noch einmal dahin radeln. Natürlich unterstützt uns die Schnellreise bei zu weit auseinanderliegenden Punkten, und das gemütliche Cruisen macht auch im späteren Spielverlauf noch Spaß. Dennoch wäre eine direkte Auswahl gerade für Komplettisten ein Pluspunkt gewesen.
Falls wir uns für einen möglichen Nachfolger etwas wünschen dürften, so wäre dies auf jeden Fall noch ein Streckeneditor. Mit diesem könnte der Spielspaß über das Ende hinaus klar verlängert werden, da man sich spätestens nach Komplettierung aller Herausforderungen irgendwo sattgesehen hat. Widerspielwert bietet Wheel World daher nach dem etwas abrupt einsetzenden Ende leider recht wenig.
Fazit
Wheel World zeigt sich im Test als kleine, aber feine Indie-Perle, die eine Hommage an den Radsport darstellt, gespickt mit zahllosen Begrifflichkeiten rund um das Zweirad. Die grundsätzliche Geschichte um den Dämon Skully und die verlorenen Teile seines Spezialrads bieten einen schönen Rahmen, ohne jedoch zu ausgefallen zu werden. Leider endet sie dann doch recht abrupt, da wäre vielleicht noch mehr gegangen. Kernelement sind auf jeden Fall die Erkundung der malerischen Open World sowie die coolen Rennen, die beide dank des arcadigen Spielgefühls sehr eingängig sind und richtig viel Spaß machen. Unterstützt wird dies durch die sehr gut umgesetzte Upgrademechanik, mittels derer wir uns wirklich mit den Teilen auseinandersetzen müssen. Schließlich kommt es wie im echten Radsport auf jedes Detail an, wenn man siegreich sein will.
Leider fliegt Wheel World aber manchmal doch ein kleiner Stock zwischen die Speichen. Hier wären Ruckler bei schnellen Richtungswechseln oder viel Betrieb auf der Strecke zu nennen, aber auch nicht nachladende Musik, was bei den stimmungsvollen Retro-Stücken doch durchaus schade ist. Die Spielzeit von rund fünf bis sieben Stunden fällt überschaubar aus, sorgt aber dafür, dass das Spiel nicht langatmig wird. Bei einer deutlich längeren Spieldauer hätte sich ohne weitere Elemente wohl doch etwas Ermüdung eingestellt. In Summe bleibt mir persönlich Wheel World in sehr guter Erinnerung. Vor allem die Rennen und das gemütliche Cruisen durch die malerischen Landschaften sowie das Austüfteln der besten Komponenten für herausforderndere Etappen haben mir viel Spaß bereitet, so dass ich das Spiel trotz seiner technischen Schwächen auf jeden Fall allen Pedalradfans ans Herz legen kann.
- Sehr stimmungsvolle Open World
- Spaßige Rennen
- Upgrade-Mechanik mit Spezialisierungsmöglichkeiten
- Arcadiges Spielgefühl
- Ansprechender Grafikstil
- Gelungener Soundtrack
- Grundsätzlich fairer Schwierigkeitsgrad
- Schwierigkeitsgrad schwankt etwas, gerade im letzten Spieldrittel
- Leichte Ruckler, speziell bei Richtungswechseln
- Pop-ups
- Keine direkte Auswahl der Rennen aus dem Menü
- Kein richtiger Mehrspielermodus
- Musik wird manchmal nicht geladen

Seit dem ersten Gameboy begeisterter Konsolenzocker. Neben Rennspielen, Action-Adventures und JRPGs sind auch Indie-Perlen gerne im Laufwerk gesehen. Zu den Lieblingsspielen gehören GTA Vice City, Metal Gear Solid, Overboard, Ys VIII, die Uncharted- und Forza-Horizon-Reihe sowie Gran Turismo 7.