

Borderlands 4 im Test: Grenzen waren gestern
DIE Blaupause für Loot-Shooter geht in die nächste Runde. Der nunmehr vierte Teil der Hauptreihe (der neunte, wenn man alle Spin-offs mitzählt) verspricht wieder neue Extreme. Allerdings wurde auch viel Feedback aufgenommen und auf Kritik eingegangen. Wie sich diese Neuerung der Formel schlägt, erfahrt ihr im Test zu Borderlands 4.
Kairos ist zeitlos
Der Start ist wieder sehr ähnlich zu allen Vorgängern. Eine bombastische Opening-Cinematic, gefolgt vom Auswählen unseres Kammerjägers und einem kurzen Tutorial-Level. Wir befinden uns auf Kairos, einem vom Zeitwächter genannten Diktator unterjochten Planeten. Mithilfe von Bolzen kontrolliert er fast die komplette Bevölkerung. Jeder, der einen Bolzen an seinem Hinterkopf montiert bekommen hat, kann jederzeit vom Timekeeper übernommen werden und so zu allen Handlungen gezwungen werden. Und als wäre das nicht schon genug, hat er auch noch seine Armee von humanoiden Robotern und willigen Mitläufern. Nachdem wir gleich nach der Wahl unseres Charakters in einen Gefängnisausbruch geraten, schließen wir uns kurzerhand der Rebellenbewegung Crimson-Widerstand an. Diese heißt nicht nur zufällig wie die Rebellen des zweiten Teils, sondern wird von niemand Geringerem angeführt als Clap-Trap. Dieser fraglich fähige (und immer noch stellenweise nervige) Anführer ist nach dem Erscheinen des Mondes Pandora über Kairos von diesem geflohen und hat in Erinnerung an seinen ehemaligen Kumpanen eine ähnliche Bewegung gestartet. Also ziehen wir unter neuem Namen durch die Weiten von Kairos, um die legendäre Kammer zu öffnen und das Geheimnis des Zeitwächters zu lüften.
Erkunden ohne Grenzen
Die erste große Änderung wird nach dem Tutorial sofort sichtbar, denn wir finden uns in einer echten Open-World wieder, die die kleinen schlauchartigen Abschnitte ersetzt. Die Spielwelt besteht nun aus vier großen und komplett zusammenhängenden Gebieten. Dadurch wurden nicht nur viele der Ladebildschirme eliminiert, sondern es wurde auch ein belebtes und glaubhaftes Ökosystem geschaffen. Nicht nur haben wir größere Gebiete, sondern auch einen dynamischen Tag-Nacht-Zyklus und ein Wettersystem. Wir können in Borderlands 4 auch erstmals schwimmen, was ganz neue Dimensionen des World-Buildings ermöglicht. Dadurch fühlt sich die Welt nicht nur größer, sondern auch lebhafter und interessanter an. Die Erkundung wird auch aktiv befeuert, indem wir überall in der Welt Collectibles, Quests und Schatztruhen finden können. Manchmal reichen auch schon die Kommentare unseres Charakters, um eine Höhlenerkundung lohnend zu machen. Nebenbei gibt es in der Welt auch zufällig spannende Bossgegner, die zwar einen hohen Schwierigkeitsgrad haben, aber auch mit begehrenswertem Loot locken.
Die neuen Siebenmeilenstiefel
Damit uns die Welt nicht erschlägt, müssen natürlich auch neue Bewegungsoptionen her. Die erste ist ein Greifhaken, der entweder uns an höher gelegene Orte oder zahlreiche Objekte, wie explosive Kanister oder Fische, zu uns ziehen kann. Als Zweites haben wir einen Gleiter, der uns fast vertikal über eine gewisse Distanz bringt, besonders gut, um durch zerklüftete Areale zu navigieren. Die dritte Option ist der sogenannte Digirunner, ein (fast) jederzeit herbeirufbarer Gleiter, der uns schnell durch die Weiten von Kairos bringen kann. Es ist zwar nicht mehr möglich, diesen mit mehr als einer Person zu fahren, aber da jeder Spieler jetzt einen hat und dieser nach Zerstörung nur kurz nicht nutzbar ist, ist es ein deutliches Upgrade zu vorherigen Teilen. Und natürlich dürfen auch die omnipräsenten freischaltbaren Basen nicht fehlen. Diese dienen als Schnellreiseziel, Startrampe für Erkundung und geben auch noch begehrte SDU-Punkte. Viele der Laufwege wurden abgekürzt, indem wir zum Beenden von Quests nicht mehr zum Auftraggeber zurück müssen, sondern die Belohnungen in unserem Inventar abholen können. Also wir erhalten diese nicht einfach, sondern können sie einlösen, wann immer wir wollen. Dadurch lässt sich ein überfüllter und unübersichtlicher Rucksack vermeiden. Leider fehlen ein paar Tutorials am Anfang des Spiels und so wird uns erst recht spät klar, dass gewisse Bewegungsoptionen existieren, der Luftsprint wäre hier ein Beispiel.
Ballern, ballern, ballern
Neben der neuen Welt ist vieles gleich geblieben. Es gibt immer noch massenhaft „Auf-die-Fresse-Action“ mit völlig übertriebenen Fähigkeiten, Waffen, Monstern und coolen Sprüchen. Aber unter diesem ersten Deckmantel hat sich doch einiges (zum Besseren) verändert. Die Waffen sind nicht mehr so steif wie früher. Zwar ist jede Waffe immer noch primär von einem Hersteller, aber es besteht die Möglichkeit, eine Waffe mit einem lizenzierten Teil eines anderen Herstellers zu erhalten. Das spezifische Teil bringt dann alle Eigenschaften des Herstellers mit. Also die großen Magazine oder die schnelle Feuerrate von Tediore, oder die Elementareigenschaften von Maliwan. Dadurch lassen sich noch deutlich mehr und mächtigere Waffenkombinationen finden und Endgame-Grinds werden noch attraktiver. Beim Endgame finden wir hier auf jeden Fall eines der besten der Reihe.
Cell-Shading mit Aussetzern
Den ikonischen Look hat auch der neunte Teil der Serie nicht verloren. In der bekannten und der Serie ihren Wiedererkennungswert verleihenden Cell-Shading-Optik bewegen wir uns durch die jetzt noch detaillierteren Gebiete. Durch Wetter und Tag-Nacht-Zyklus entstehen verschiedenste Lichtstimmungen, die durch das Effektgewitter noch ausgeweitet werden. Das Wasser sieht deutlich realistischer aus und da wir auch das erste Mal schwimmen können, sehen wir erstmals auch unter der Wasseroberfläche etwas. Kleiner Funfact nebenbei: Da der Charakter von Claptrap in der Vergangenheit nicht immer nur positiv aufgenommen wurde, gibt es in den Sound-Einstellungen einen Regler nur für die Stimme dieses einen Charakters. Wir können uns das Erlebnis mit der liebenswerten Nervensäge also passgenau zusammenmixen.
Raytracing und verschiedenste Upscaling-Algorithmen dürfen hier natürlich auch nicht fehlen. Trotzdem ist die Performance, vor allem auf dem PC, einer der größten Kritikpunkte an Borderlands 4. Wenn man nicht unbedingt Top-Hardware hat, fällt es schwer, die 60-FPS-Marke zu knacken, und das unabhängig von den verwendeten Einstellungen. Selbst mit besserer Hardware kann es in effektgeladenen Sequenzen zu Einbrüchen kommen. Hier setzt sich die Reihe an von Unreal-Engine-5-Performance-geschädigten Spielen fort. Auf Konsolen ist die Leistung etwas besser, da auf genauestens bekannte Hardware optimiert werden konnte. Aber nicht nur grafisch gibt es hier noch einige Fehler, sondern auch gameplayrelevante. Manchmal laden wichtige Elemente wie Questgeber, Shops oder Bossgegner einfach nicht in die Welt und stören so den Spielfluss. Im Rucksack lassen sich Items einfach nicht richtig anwählen, was beim Ausrüsten, Markieren oder Verkaufen stört. Hier wird zwar mit Patches nachgearbeitet, aber leider treten immer wieder solch kleine Stolpersteine auf.
Fazit
Borderlands 4 wurde mit Spannung und Skepsis erwartet, aber es hat das Potenzial, der bis dato beste Teil der Serie zu werden. Die neuen und veränderten Aspekte bringen frischen Wind in die schon traditionsreiche Reihe. Dabei wurden gute Aspekte behalten und Schwach- und Kritikpunkte verändert. Allen voran natürlich die Strukturierung und Darstellung der Spielwelt. Die offenen Areale laden viel mehr zum Erkunden ein. Dadurch findet man häufiger Unverhofftes oder gerät in absurde Situationen oder Feuergefechte. Hier lohnt es sich auch, mit Freunden loszuziehen und den (wenig veränderten) Koop-Modus zu nutzen. Der Kampf ist durch zig verschiedene Skills, Waffenmodi und (ganz zufällig) überall herumliegende werfbare Explosionsfässer noch dynamischer und dadurch auch spaßiger. Die Waffen haben wieder ernstzunehmende Unterscheidungsmerkmale und zufällige Modifikationen, was die Suche nach dem (persönlich) perfekten Setup befeuert.
Natürlich muss man auch die Performance ansprechen, die vor allem beim Launch eher mäßig war. Die geforderte Mindesthardware auf PC ist schon sehr hoch gegriffen und wird den einen oder anderen daran hindern, überhaupt in den Genuss des Spiels zu kommen. Und selbst mit besserer Hardware müssen noch Abstriche gemacht werden. Allerdings ist mit den ersten Patches hier schon nachgebessert worden. Wie weit diese Reise noch gehen wird, ist aber nicht abzusehen.
Ich hatte auf der Gamescom schon die Möglichkeit, Borderlands 4 zu sehen und anzuspielen und spätestens danach war ich endgültig auf das Spiel gehyped, das für mich ohnehin schon ein Pflichttitel war. Fast alle meine Kritikpunkte wurden ausgemerzt oder zumindest irrelevant gemacht.
Und meiner Meinung nach liegt hier der beste Teil der Serie vor, der auch nur noch wenig Luft nach oben lässt. Wer also auf Shooter oder Loot oder sogar noch besser auf Loot-Shooter steht, der wird hier eine gute Zeit haben.
- Open-World statt linearer Abschnitte
- Schwimmen ist nun möglich
- Sinnvolle und vielseitige Waffenvariationen
- Verschiedene Bewegungsoptionen und Digirunner
- Performanceprobleme trotz potenter Hardware
- Teilweise flache Charaktere
- Schwankende Qualität von Quests


Hat seit dem Gameboy jede Handheld-Generation ausgiebig genutzt. Es stehen vorallem Coop- und Multiplayer-Spiele hoch im Kurs.