Crysis Remastered - Ist das Spiel gut gealtert?
Ein Remaster nach dem anderen flattert aktuell ins Haus. Dabei stellt sich immer wieder die eine große Frage: ist das betroffene Spiel gut gealtert und noch immer den geforderten Preis wert?
popcornkino im spielformat
Als Spieler findet man sich in Crysis als Teil eines fünfköpfigen US Special Forces Teams wieder. Die Mission: ein in Gefangenschaft der Nordkoreanischen Volksarmee geratenes Archäologenteam befreien. Dass diese Mission nicht so einfach wird wie gedacht, stellt sich wenige Spielminuten später heraus: mysteriöse Wesen stellen sich den Teammitgliedern in den Weg und so ist man schnell auf sich alleine gestellt. Nun gilt es, herauszufinden, welch erschreckenden Fund die Archäologen auf der fiktiven Insel, auf welcher Crysis spielt, ausgraben konnten, und warum genau es die Nordkoreanische Volksarmee auf eben diesen Fund abgesehen hat.
Was sich wie reißerisches Popcornkino liest, ist ebenso inszeniert. Dass eine solche Geschichte keinen Spieler mehr vom Hocker reißen kann, ist klar und das ist auch nicht weiter schlimm, denn Crysis will aus dem Status des Action-Reißers keinesfalls ausbrechen. Hier ergibt sich eine wenig überraschende, aber doch stimmig inszenierte Geschichte, die vor allem eines ist: zweckdienlich. Sie bietet den Hintergrund, vor dem sich die Action abspielt. Die Hauptrolle übernimmt so oder so der eigene Nanosuit und dessen ins Gameplay eingebundene Fähigkeiten.
der wichtigste begleiter
Schnell stellt sich heraus, dass der Nanosuit, in dem man steckt, zum größten Freund werden kann. Hier liegt dann auch die spielerische Eigenständigkeit von Crysis: der Anzug bietet vier Spezialfertigkeiten. Neben Panzerung, Stärke und Geschwindigkeit gibt es eine weitere zeitlich begrenzte Fähigkeit: ein Unsichtbarkeitsfeld.
Hier steckt die große Stärke im Spielprinzip von Crysis: die Level können auf unterschiedlichste Weise bezwungen werden – je nach Verwendung der Spezialfähigkeiten ist es dem Spieler erlaubt, verschiedene Spielstile zu kultivieren. Setzt man auf rohe Gewalt, pflügt man in typischer Action-Ego-Shooter-Manier durch die Gegner, will man aber eher den Stealth-Aspekt in den Vordergrund der eigenen Herangehensweise stellen, so empfiehlt sich das Unsichtbarkeitsfeld des Anzuges.
Die Level sind dabei gerade anfangs sehr weitläufig gehalten und bieten dem Spieler stets mehrere Optionen, sich durch die Areale zu bewegen. Wer sich keine Gedanken darüber macht, aufzufallen, nimmt eines der Fahrzeuge. Wer aber nicht gesehen werden will, pirscht sich langsam durch das Dickicht an die Gegner heran.
Auch hier wird das Rad nicht neu erfunden, jedoch entwickelt man schnell ein Gefühl für die eigenen Fähigkeiten und deren bevorzugte Einsatzfelder. So ist es nicht ausgeschlossen, dass man in einem Level verschiedene Passagen mit unterschiedlichen Herangehensweisen meistert.
Neben den Fähigkeiten des Nanosuits gibt es die für First-Person-Shooter typischen Waffenupgrades, wie Zielfernrohre oder Schalldämpfer. Da Munition rar gesät ist, lohnt es sich stellenweise, auf die grenzenlos vorhandenen Betäubungspfeile zu setzen. Deren Cooldown dauert allerdings relativ lange. So ist es ratsam, die eigene Spielweise passagenweise an die Ressourcen anzupassen. Spielerisch wird also Abwechslung geboten.
ein lohnendes remaster?
Wer die Story noch nicht kannte, der kann sicherlich zuschlagen beim 40 Euro teuren Remaster. Wie sieht es aber mit den Spielern aus, die bereits das Original besitzen?
Grafisch war Crysis 2007 die Benchmark in Sachen Grafik. Auch als Remaster kann sich das Spiel 13 Jahre später noch sehen lassen. Allen voran die gute Physik, die es erlaubt, Großteile der Umgebung zu zerstören. Die neuen Lichteffekte sind sehr schön gestaltet und geben der Spielwelt einen realistischeren Touch. Wasseroberflächen zum Beispiel spiegeln nun dank Raytracing eine Menge Umgebungsobjekte mehr und wirken dabei weitaus realistischer und lebendiger als noch im Original. Jedoch sind die Charaktermodelle sowie die Waffenskins wenig aufgewertet und damit nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit. Manchmal ergibt sich hieraus ein ungewollt lustiger Kontrast zu der aufpolierten Levelumgebung.
Die KI ist weniger gut gealtert, da Gegner in Gefechten selten zeitgemäß agieren. So kommt es zum Beispiel vor, dass man einen feindlichen Soldaten von der Seite erwischen kann und dieser so gar keine Notiz vom Spieler nimmt, auch nicht, wenn man nur noch wenige Zentimeter von ihm entfernt ist.
Auf den Multiplayer- und den Horde-Modus des Originals muss im Remaster verzichtet werden. Hier wird lediglich die Story-Erfahrung mitgeliefert.
Neues wird also nur in optischer Hinsicht geboten. War man großer Fan des Spiels, so wird man hier sicherlich seine helle Freude haben. Wer Crysis Remastered aber 2020 entdecken will, der wird vor allem am Gameplay Gefallen finden.
FAZIT
Wer ein leicht in die Jahre gekommenes, aber optisch angepasstes Actionfeuerwerk nochmal oder erstmals erleben will, wird mit Crysis Remastered einige nette Spielstunden haben. Leider wurde die KI nicht angepasst und viele der Dialoge wirken nach heutigen Standards zu hölzern und gestelzt. Kann man aber das Hirn ausschalten, darf man sich über ein sehr nettes und durch viele mögliche Herangehensweisen spannend gehaltenes Spiel freuen. Man merkt dem Grundspiel jedoch an, dass es langsam aber sicher altert, aber auch noch nicht gänzlich zum alten Eisen gehört. So siedelt sich Crysis Remastered irgendwo im oberen Mittelfeld aktueller Shooter an. Es ist definitiv einen Blick wert.
- Abwechslungsreiches Gameplay
- Nett präsentierte Story
- Schlechte KI
- Teilweise sehr hölzerne Dialoge
Leidenschaftlicher Zocker, der irgendwo zwischen Shootern, Plattformern, Action-Adventures und arcadigen Sportspielen zuhause ist. Zu den Lieblingsreihen gehören Resident Evil, The Last Of Us, Call Of Duty und GTA.