Old WorldOld World
Review

Old World im Test: Der neue Stern am Abendhimmel?

Von Felix Mager am 22. Juni 2022. Getestet auf PC. Zum Spiel hier klicken.

Old World ist ursprünglich im Juli 2021 erschienen, jedoch wurde es jetzt neben dem EPIC Games Store auch auf Steam veröffentlicht. Das haben wir uns zum Anlass genommen, das Spiel von Soren Johnson – dem Lead Designer von Civilization IV – einmal unter die Lupe zu nehmen. Old World vereint viele Elemente der Civilization- und Crusader-Kings-Reihe, doch kann es auch eigene Wege gehen?

Das Event-System

Die Story hat einiges zu bieten. Es gibt vielfältige Ereignisse und zahlreiche Kombinationsmöglichkeiten. Hier gilt es, Entscheidungen zu treffen, die verschiedene Elemente des Spiels beeinflussen können. Von besseren Stats für unsere Anführer und Leibeigenen bis hin zu verbesserten oder auch verschlechterten Beziehungen zu unseren Nachbarn und Krieg. Auch die bekannten Goody Huts sind in ihrer eigenen Form vertreten, bei denen wir Story-Ereignisse auslösen, die uns meist erhebliche Vorteile gewähren können. Erkundung ist ein absolutes Muss.

Allerdings wiederholen diese sich auch schnell, was generell der Nachteil an einem solchen System ist. Es braucht konstanten Input, um neu und aufregend zu bleiben. Eine Vertonung von (Schlüssel-)Ereignissen ist nicht vorhanden. So geht der Fokus auf die Geschichte schnell verloren, sobald man die gängigsten Ereignisse durchlaufen hat und direkt weiß, was man klicken muss. Zudem sollte man gerne lesen, um sich mittendrin zu fühlen und auch die richtigen Entscheidungen zu treffen. Womit wir gleich zum Knackpunkt des Spiels kommen.

Eure Dynastie, eure Entscheidungen

Jede Runde müsst ihr eine Vielzahl von Entscheidungen treffen, welche kleine oder große Auswirkungen auf den weiteren Spielverlauf haben können. Dadurch dauern die Runden entsprechend lange. Ihr spielt als König eines Volks, beispielsweise der Perser, wobei es immer das oberste Ziel ist, die Thronfolge zu gewährleisten. Schafft ihr es nicht, einen Nachkommen zu zeugen, so endet das Spiel. Auf diese Weise wird euer Stammbaum stetig erweitert und durch die Heirat mit verschiedenen Familien aus eurem oder anderen Königreichen nur noch komplexer. Eure gewonnenen Familienmitglieder und Angehörigen müsst ihr nun ausbilden und sie zu Königen oder Königinnen heranziehen, könnt sie als Botschafter oder Spione einsetzen und vieles mehr.

Das System ist umfassend und spannend gestaltet. Eure Entscheidungen, zum Beispiel wie ihr eure Nachkommen ausbilden wollt, haben einen starken Einfluss auf das weitere Spiel. Ihr müsst immer gut überlegen, was ihr als Nächstes tun wollt und dürft eure Ziele nie aus den Augen verlieren.

Old World ist brutal und echt. So könnt ihr beispielsweise andere Anführer ermorden lassen. Haben sie keinen Nachfolger, scheiden sie aus dem Spiel aus. Gleiches gilt natürlich auch für euch selbst. Zudem ist die Lebenserwartung auf höheren Schwierigkeitsgraden eher gering. Daher sind Vermählungen – teils auch mit mehreren Frauen – von ungeheurer Wichtigkeit. Nicht nur politisch, sondern auch um stets die Nachfolge zu gewährleisten.

Besonderheiten

Eine Besonderheit von Old World ist das Technologie-System. So werden die Techs von einem Kartenstapel immer zufällig gezogen und nicht gewählte werden abgeworfen, bis sie zu einem späteren Draw wieder zur Verfügung stehen.

Ebenfalls anders ist die Art, wie wir unser Volk steuern. Es gibt eine Vielzahl an Ressourcen, darunter auch die Ordern. Mit Ordern können wir Einheiten bewegen und kämpfen, Verbesserungen bauen oder Gouverneure platzieren. So ziemlich jede Aktion kostet Orderpunkte, welche im Spielverlauf immer mehr zur Verfügung stehen und sich auf mehrere Weisen erlangen lassen. Das Besondere ist, dass wir ein wenig selbst entscheiden können, welcher Einheit wir die Macht geben. Zwar haben Einheiten auch nur begrenzte Aktionen zur Verfügung, jedoch können wir mithilfe von genügend Ordern eine längere Strecke zurücklegen oder ein Stück gehen, einen Wald roden und wieder weitergehen. Es verleiht dem Spiel mehr Flexibilität, was erfrischend ist.

Das Kampfsystem ist okay, aber auch nichts Aufregendes. Es kommt nur darauf an, dass ihr viele und gut ausgebildete Einheiten habt, dann gewinnt ihr die Kämpfe auch. Wie wir in Humankind gesehen haben, geht das auch besser und hier hätte ein ähnliches System gut gepasst, um mal etwas Neues zu wagen.  Interessant ist hingegen das Beförderungssystem. Mithilfe von bestimmten Militärressourcen lassen sich Einheiten hier einfach befördern, ohne dass sie die Erfahrung im Kampf sammeln müssen. So lassen sich gezielte Strategien zur Stärkung der Armee entwickeln.

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Generell sind die Ressourcen sehr umfangreich und lassen sich einerseits durch Gebäude und Verbesserungen erzeugen, andererseits geben die Anführer und Mitglieder des Rats diverse Boni. Das macht das Spiel sehr vielfältig und ist eine gelungene Neuerung. So gibt es drei verschiedene Hauptressourcen. Für Militär, Wachstum und zivile Einheiten, anstatt einer einzelnen Produktions-Ressource.

Harter Einstieg

Der Start ins Spiel ist langwierig, da es so viel zu beachten gibt. Viele Systeme, die ineinandergreifen und wenn man eins vernachlässigt, kostet das schnell die Führung, sofern man überhaupt in Führung lag. Es braucht schon einige Spielstunden und den Willen schnell zu lernen, um dann auch endlich erfolgreich zu sein.

Bugs und Performance Probleme

Die Grafik ist gut gelungen. Besonders die detaillierten Berge, bei denen man den Eindruck bekommt, dass keiner dem anderen gleicht, sind schön anzusehen. Insgesamt sind die Qualität, der Detailgrad und die Auflösung der Texturen – verglichen mit der Konkurrenz – aber eher schlecht. Dafür gibt es eine etwas bessere Performance, die im Verlauf des Spiels dann stark abnimmt. Höher auflösende Texturen und ein erhöhter Detailgrad für schnellere Computer wären schön.

Während des Tests sind uns leider auch Bugs wie dieser begegnet, als wir versuchten, Screenshots zu machen. Ein Jahr nach dem Release sollte das nicht mehr vorkommen.

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Grafik und Interface bringen keine Innovation

Auch sieht man den Civilization Look stark, der nicht schlecht ist, aber hier hätte man etwas mehr Zeit investieren können, um sich mehr abzugrenzen. Auf der einen Seite gibt es einen sehr rauen und realistischen Look in der Gestaltung der Hex-Felder. Auf der anderen Seite ist der Größenunterschied zwischen Gebäuden untereinander und zwischen Einheiten teils riesig. Natürlich möchte man so die wichtigen Gebäude und die Einheiten sichtbar machen. Das ist gängige Praxis, jedoch wirkt dadurch alles wie ein großes Spielbrett mit Figuren, was es im Prinzip ja auch ist, aber es zerstört ein wenig von der so sorgenvoll aufgebauten Immersion mit der Spielwelt. Es ist am Ende Geschmacksache, daher wäre ein Mod beziehungsweise eine Einstellung schön, mit der man kurzerhand alles auf die normale, eigentliche Größe setzen kann. Denn wozu gibt es sonst eine Zoom-Funktion? Der Steam Workshop wäre hier eine gute Lösung ohne viel Entwicklungsaufwand.

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Auch die Buttons beziehungsweise das Interface sind teilweise etwas groß geraten. Alles in allem ist es das altbekannte Problem: Je länger man spielt und je mehr Einheiten und Städte man hat, desto weniger sieht man von der eigentlich wunderschönen Spielwelt, weil alles zugekleistert ist mit Verbesserungen und Einheiten. Wenn man diese runterskalieren könnte, würde das gar nicht so auffallen. Auch wäre es schön, wenn eine Feld-Verbesserung, wie zum Beispiel eine Mine, nicht immer an genau derselben Stelle in der Mitte des Felds platziert werden würde und immer das ganze Feld in Anspruch nimmt. Gerade hier könnte man doch neue Wege gehen und für ein schöneres, realistischeres und weniger einheitliches Spielbild sorgen, indem man jede Verbesserung etwas anders aussehen lässt, sie anders platziert, sie der Größe anpasst etc. Hier wird die Verbindung zu Civilization abermals sehr deutlich.

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Musik bringt Leben in die Spielwelt

Der Soundtrack ist fantastisch. Hier hat Christopher Tin ganze Arbeit geleistet. Die Eigenheiten der verschiedenen Völker werden in den eigens komponierten Stücken wunderbar hervorgebracht. So fühlt man sich immer als wäre man mitten im Geschehen. Es wird eine starke Immersion aufgebaut, was auch nicht zuletzt für die sehr gelungene Atmosphäre von Old World sorgt.

Endscreen

Nach dem Sieg werden einem mehrere Optionen präsentiert. Man kann den Verlauf des Spiels noch einmal anhand eines Eventlogs nachvollziehen und auf der Karte beobachten oder auch die klassischen Statistiken in Form von Graphen anzeigen lassen. Natürlich kann man auch einfach weiterspielen. Besonders die Funktion, den Spielverlauf als GIF zu exportieren, möchten wir hier als nennenswerte Innovation hervorheben.

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Fazit

Old World macht vieles richtig und ist ein spannendes neues 4X im Zeitalter der Antike. Trotzdem gibt es noch Potenzial, aus diesem großartigen Spiel ein Meisterwerk zu machen. Gerade an der Grafik könnten die Entwickler noch schrauben, um sich mehr von anderen Spielen abzugrenzen und Neues zu probieren. Auch die Geschichte könnte noch besser hervorgehoben und verfolgt werden, um dem schönen Setting gerecht zu werden. Trotz meiner großen Kritik an der grafischen Umsetzung bleibt Old World ein großartiges Spiel, welches sich lohnt zu kaufen, gerade wenn man Fan von Spielen derart ist. Ich bin gespannt, ob und was sich in Zukunft mit weiteren DLCs noch ergeben wird.

Pro:
  • Eine Herausforderung für Enthusiasten
  • Perfekt für Liebhaber der Antike
  • Fantastischer Soundtrack
  • Gelungene Atmosphäre
Contra:
  • Schwer für Anfänger
  • Viele komplexe Systeme
  • Hohe Lernkurve
  • Ungenutztes Potenzial
Story:
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Gameplay:
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Grafik:
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Sound:
5 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Atmosphäre:
5 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Unsere Wertung: 8.0 / 10
Spiel getestet auf: PC
Felix Mager

Felix Mager

Leidenschaftlicher Gamer mit Vorliebe für gute Soundtracks. World of Warcraft Veteran seit 2007 und großer Fan von Simulatoren, 4X- und Strategiespielen. Mit über 1200 Stunden Spielzeit ist Civilization der Vorreiter meiner Steambibliothek. Außerdem interessieren mich gute Rollenspiele und Shooter wie Assasin's Creed und Far Cry, bei denen ich kaum einen Teil der beiden Reihen ausgelassen habe.

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