Pico 4 Ultra im Test: Ein Meta-Konkurrent mit High-End-Anspruch
Mit der Pico 4 Ultra hat Pico das Ziel erreicht, auf die nächste Stufe im VR- und MR-Bereich zu gelangen. Der Nachfolger der Pico 4 verspricht beeindruckende Verbesserungen in Sachen Leistung, Bildqualität und Nutzerfreundlichkeit. Durch den Snapdragon XR2 Gen 2 Prozessor und 12 GB RAM bietet die Pico 4 Ultra auf dem Papier eine beeindruckende Leistungssteigerung, doch die Frage bleibt: Kann sie wirklich mit der Meta Quest 3 mithalten?
Eine gelungene, aber nicht perfekte Lösung
Das Design der Pico 4 Ultra ist durch eine ausgewogene Gewichtsverteilung gekennzeichnet, die durch den hinteren Batterieblock erreicht wird. Dieses "Counterbalanced"-Design hilft, die Brille bequem zu tragen und den Druck auf das Gesicht zu reduzieren. Der Verzicht auf einen Silikon-Gesichtsschutz im Lieferumfang fällt allerdings negativ auf, denn das standardmäßig enthaltene Stoffpolster absorbiert Schweiß und ist schwer zu reinigen – ein Nachteil, besonders bei längeren VR-Sitzungen oder wenn das Headset mit anderen geteilt wird.
Innerhalb des Headsets wurde, wie bei der Pico 4, ein Lüfter integriert, der das Beschlagen der Linsen verhindern soll. Dies funktionierte in unserem Test sehr gut, führte jedoch ab und an zu einem etwas unangenehmen Luftzug an den Augen. Ein weiteres Detail der Brille ist die kontinuierliche IPD-Einstellung (Interpupilläre Distanz) von 58–72 mm, die eine präzise Anpassung ermöglicht und für ein klares Bild sorgt. So bleibt die Pico 4 Ultra bei diesem Aspekt auf dem aktuellen Stand der Technik und bietet mehr Flexibilität als einige Konkurrenzprodukte mit nur drei voreingestellten IPD-Stufen.
Display und Bildqualität: Fast fotorealistisch, aber mit Einschränkungen
Die Pico 4 Ultra beeindruckt mit einer Auflösung von 2.160 × 2.160 Pixeln pro Auge und Pancake-Linsen, die für ein scharfes Bild sorgen. In Spielen wie Red Matter 2 wird diese Auflösung voll ausgenutzt und die Brille bietet eine visuelle Klarheit, die nur knapp unterhalb der OLED-Qualität der PlayStation VR2 liegt. Der Nachteil: Der Bildbereich bleibt auf den "Sweet Spot" in der Mitte beschränkt. Am Rand der Linsen wird das Bild schnell unscharf.
In hellen oder kontrastreichen Szenen tritt zudem ein feines "Fliegengitter" (Screen-Door-Effekt) auf und es sind leichte Geisterbilder (Ghosting) zu sehen, besonders bei weißen Objekten auf dunklem Hintergrund. Diese Effekte sind in hektischen Spielen weniger störend, bei statischen Anwendungen oder Mixed Reality jedoch auffällig. Reflexionen an den Rändern bei starkem Lichteinfall von außen mindern zudem die Immersion, besonders, wenn das Headset nicht perfekt sitzt.
Performance und Mixed Reality: Solide, aber nicht bahnbrechend
Mit dem Snapdragon XR2 Gen 2 bietet die Pico 4 Ultra eine starke Basis für VR-Spiele und Anwendungen. Die meisten Anwendungen laufen flüssig und anspruchsvolle Spiele wie Blade & Sorcery und Arizona Sunshine 2 lassen sich ruckelfrei genießen. Die Leistung bei PC-VR-Streaming über USB-C oder Wi-Fi 7 ist ebenfalls zuverlässig und ermöglicht eine konstante Bildrate. In Mixed-Reality-Anwendungen zeigt die Brille dank der neuen 32-MP-Kameras eine verbesserte Darstellung der realen Umgebung. Diese Kameras ermöglichen klarere, weniger verzerrte Außenansichten, was es einfacher macht, die Brille in gemischten Anwendungen oder für leichte Interaktionen mit der realen Umgebung zu verwenden.
Dennoch bleibt die Pico 4 Ultra bei MR hinter der Apple Vision Pro zurück, welche preislich aber auch in einer ganz anderen Liga spielt. Die Kamerabilder wirken zwar klarer als beim Vorgänger, sind aber noch etwas körnig. Auch spezielle MR-Anwendungen fehlen. Das Gerät kann räumliche Fotos und Videos aufzeichnen, was ein nettes Gimmick ist, jedoch im Alltag nur begrenzt Anwendung findet.
Software und Inhalt: Gutes Angebot, aber wenig Exklusivität
Ein wichtiges Kriterium bei VR-Headsets ist die Verfügbarkeit von Inhalten. Die Pico 4 Ultra hat im Vergleich zur Pico 4 einige neue VR- und MR-Anwendungen im Store, darunter beliebte Titel wie Bulletstorm VR, Vampire: The Masquerade – Justice oder Arizona Sunshine 2. Auch Klassiker wie Pistol Whip und The Last Clockwinder sind im Store verfügbar, was das Angebot für neue Nutzer recht attraktiv macht. Im Vergleich zur Quest 3 fehlen jedoch einige hochkarätige Exklusivtitel wie Assassin’s Creed und Batman Arkham Shadow, die Meta durch hohe Investitionen gesichert hat.
Das Fehlen einer großen Anzahl an Exklusivspielen ist zwar kein vollwertiges Manko, schränkt die Anziehungskraft für Hardcore-Gamer jedoch ein wenig ein. Eine nützliche Ergänzung ist die Möglichkeit, per Pico Connect PC-VR-Spiele über Steam VR zu streamen. Dies funktioniert in unserem Test sowohl kabelgebunden über USB-C als auch kabellos problemlos und sorgt für eine qualitativ hochwertige Bildübertragung – eine attraktive Option für Spieler, die zusätzlich auch PC-Spiele im VR-Modus erleben möchten.
Akkulaufzeit und Controller: Mehr Ausdauer, aber mit kleinen Schwächen
Die Akkulaufzeit der Pico 4 Ultra beträgt je nach Nutzung zwischen ein und vier Stunden. Das neue 5.700-mAh-Akkupaket bietet etwas mehr Kapazität als der Vorgänger und hält etwas länger durch als die Quest 3. Das Schnellladen mit 45 W ist ein Pluspunkt, da es bei intensiver Nutzung möglich ist, das Headset, bei Anschluss an eine leistungsstarke Stromquelle, gleichzeitig zu verwenden und die Akkureserven zu füllen. Ein passender Netzadapter ist jedoch nicht im Lieferumfang enthalten und muss separat erworben werden.
Die Controller der Pico 4 Ultra kommen ohne Tracking-Ringe aus und bieten ein solides, griffiges Design. In gut beleuchteten Räumen funktionierte das Tracking zuverlässig, doch in schwächerem Licht zeigten sich Probleme bei der Präzision – hier hinkt die Pico 4 Ultra der Quest 3 hinterher. Die Vibrationseffekte könnten stärker sein, um das Spielgefühl zu verbessern. Ein weiteres Highlight ist die Option, zusätzliche Bewegungstracker für die Füße zu verwenden, um eine „Full-Body-Immersion“ zu erreichen – ein nettes Extra, das aktuell nur wenige Headsets bieten.
Fazit
Die Pico 4 Ultra beeindruckt mit einem verbesserten Mixed-Reality-Erlebnis, guter Verarbeitung und solider Performance, die fast mit der Quest 3 von Meta mithalten kann. Die starke Hardware bietet klare, kontrastreiche VR-Darstellungen und flüssiges Gameplay in den meisten Anwendungen, insbesondere bei PC-VR-Streaming. Für alle, die Wert auf ein ausgewogenes, immersives VR- und MR-Erlebnis legen und sich nicht an der begrenzten Exklusivität im Spieleangebot stören, ist die Pico 4 Ultra eine attraktive Wahl.
Kleinere Schwächen wie die Randunschärfe bei den Linsen, die eingeschränkte Lichttoleranz der Controller und das Fehlen einiger VR-Blockbuster zeigen jedoch, dass Pico trotz der Hardwareverbesserungen noch nicht ganz an den Komfort und die Detailfülle der Quest 3 heranreicht. Alles in allem ist die Pico 4 Ultra jedoch eine starke Alternative für VR-Fans, die ein leistungsfähiges und zukunftssicheres Headset suchen.
- Hohe Auflösung und Pancake-Linsen für beeindruckende Bildqualität
- Verbessertes Mixed-Reality-Erlebnis mit 32-MP-Kameras
- Bequeme Gewichtsverteilung durch Batterie im Kopfband
- Leistungsstarker Snapdragon XR2 Gen 2 Prozessor und 12 GB RAM
- Solides Spieleangebot und Möglichkeit zum PC-VR-Streaming
- Kontinuierliche IPD-Einstellung für präzise Anpassung
- Lange Akkulaufzeit und schnelles Aufladen mit 45 W
- Optionale Bewegungstracker für Full-Body-Tracking
- Schwächen im Controller-Tracking bei schlechten Lichtverhältnissen
- Fehlende Exklusivtitel im Vergleich zur Quest 3
- Randunschärfe bei den Linsen und „Fliegengitter“-Effekt
- Lüfter kann bei längerer Nutzung störend wirken
- Stoff statt Silikon als Gesichtspolster
- Leichte Reflexionen bei Lichteinfall durch die Linsen
- Kein Netzadapter für Schnellladung im Lieferumfang
- Vibrationseffekte der Controller könnten intensiver sein
Webentwickler, Technik-Nerd und Gamer aus Leidenschaft seit der Kindheit, mit einem Faible für die komplette The Legend of Zelda- und Halo-Reihe. Dazu fast keine Konsolengeneration ausgelassen und auch sehr interessiert an Indie-Games.