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Review

Poison Control im Test: Einmal durch die Hölle und zurück

Von Tjark am 26. Mai 2021. Getestet auf Switch. Zum Spiel hier klicken.

Wer in den Himmel will, muss manchmal auch einfach durch die Hölle gehen. Poison Control ist ein funkiger 3rd-Person-Shooter, in dem wir die emotionalen Krisen von jungen Mädchen bekämpfen müssen. Was das bedeuten soll, erfahrt ihr im Test.

Poison Control wirft uns direkt in die Geschehnisse, ohne, dass wir zuerst eine Einführung bekommen würden. Nach einer kurzen Charaktererstellung (Geschlecht, Name und Stimme) erwachen wir als kürzlich Verstorbener in der Hölle, wo uns prompt ein Monster angreift und unseren Körper besetzt. Das Monster entpuppt sich als eine quirlige und völlig überdrehte Poisonette, die von nun an unsere Seelenverbundene ist. Das heißt, wir teilen uns ein und denselben Körper und können diesen nur abwechselnd steuern. Das kommt mit dem Vorteil, das Poisonette unseren Arm in eine Waffe verwandeln kann, um damit Gift zu verschießen. Das Einzige, was unsere neue Seelenverwandte weiß, ist das sie in den Himmel will und dafür muss sie Sticker von Higan Radio sammeln. Deswegen braucht sie unseren Körper. Wenn man fünf dieser Sticker gesammelt hat, dann wird einem ein Wunsch erfüllt. Durch diesen Wunsch könnte Poisonette in den Himmel gelangen und wir könnten wieder in die Welt der Lebenden zurückkehren. Wir „reinigen“ von nun an mit unserer neuen Partnerin verschiedene „Poison Mires“, die durch emotionale Krisen von jungen Teenagerinnen, sogenannte Belles, entstanden sind. Als Belohnung erhalten wir die oben erwähnten Sticker von Higan Radio. Mit dem Begriff „Poison Mire“ ist nicht unbedingt ein Giftsumpf gemeint, sondern eher eine persönliche Hölle mit toxischen Gedanken und Überbleibseln solcher (auch wenn es dort trotzdem Giftpfützen gibt). Die Geschichte wird vorwiegend durch kurze Dialoge oder Cutscenes am Anfang und Ende der Missionen vorangetrieben. Dabei treffen wir immer wieder auf interessante Charaktere. Allerdings sind die Interaktionen des Spielerduos das Signifikanteste und tragen viel zur Stimmung bei. Die Dialoge sind meist voll mit Klischees und überspitzt, aber dadurch sehr sympathisch.

Der Aufbau der Hölle

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Die Hölle dient hier als Oberwelt und ist recht klassisch in verschiedene Höllenkreise eingeteilt. Die eigentlichen Level bestehen aus „Poison Mires“ beziehungsweise persönlichen Höllen. Diese Dungeons unterscheiden sich in ihrer Größe, Farbgebung und haben individuelle Elemente, die auf der jeweiligen Belle beruhen. Auch die Kleshas, also in den Höllen geborene Monster, in den Leveln unterscheiden sich je nach der Art der Krise, die die Belle durchlebt. Um unsere Mission abzuschließen, müssen wir der Belle beim Bewältigen ihrer Krise helfen und so den Giftsumpf auflösen. Dazu müssen wir herausfinden, was der Auslöser der Krise war und einen entsprechenden Tipp oder Gegenstand für die Belle bereitstellen, damit diese mit sich ins Reine kommen kann. Wir erhalten immer zu Beginn einer Mission von den beiden Radio-Moderatorinnen ein kurzes Profil der Belle und finden im Level Erinnerungsfragmente, die uns helfen, die Situation zu verstehen. Ansonsten müssen wir im Level Gebiete von Kleshas und/oder Gift reinigen, um Hinweise zu finden. Dabei wird ausgiebiges Erkunden mit Geld und manchmal auch zusätzlichen Waffen belohnt.

Gute Mechaniken, schlechte Mechaniken

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Poison Control ist ein Spiel, das aus mehreren zusammengeworfenen Gameplay Elementen besteht. Dieses Konglomerat funktioniert mal besser, mal schlechter und einige Mechaniken sind gut ausgearbeitet, während andere eher nur „so da“ sind. Das „Reinigen“ zählt zu den guten und spaßigen Elementen. Um einen Bereich vom Gift zu befreien, überlassen wir unseren Körper Poisonette und rennen dann mit ihr einfach durch die Giftpfützen. Allerdings kann unsere aufgedrehte Begleiterin immer nur für eine kurze Zeit unseren Körper benutzen, bis sie verschwindet und wir wieder die Kontrolle haben. Poisonette absorbiert die Stellen, an denen sie die Pfützen berührt, ähnlich einem umgedrehten Splatoon. Wenn wir es aber schaffen, einen Kreis zu unserem Originalkörper zu laufen, dann gilt das als Bannkreis und alles in diesem Kreis wird mit einem Schlag gereinigt. Es gibt Schmetterlinge, die sich von dem so gereinigten Gift ernähren und uns sobald wir sie genug gefüttert haben mit zusätzlichen Leben belohnen.

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Bei den Shooter-Elementen lässt Poison Control allerdings merklich nach, diese sind wirklich nur sehr grundlegend ausgearbeitet. Es gibt einen extra Schussmodus, bei dem Poisonette unseren Arm in eine Waffe verwandelt und wir dann entsprechend schießen können. Wir können verschiedene Waffen ausrüsten, diese unterscheiden sich aber nur geringfügig. Zum Beispiel in der Schussfrequenz, Schaden oder der Darstellung der Projektile. Eine wirkliche Anpassung oder einzigartiges Waffengefühl gibt es nicht. Die Munition ist zwar begrenzt, kann aber doch häufig gefunden werden. Allerdings gibt es auch Waffen, die sich automatisch wieder aufladen, sobald das Magazin leer ist. Auch die Steuerung des Fadenkreuzes fühlt sich nicht sonderlich präzise an, immerhin gibt es hier Optionen, mit denen die Stärke der Zielhilfe bestimmt werden kann. Leider gibt es fast kein Trefferfeedback. Lediglich eine kleine Zahl, die den Schaden anzeigt und der Hinweis auf einen Guardbreak sind hier vorhanden. Die Waffen schießen nicht immer direkt an die Stelle des Fadenkreuzes, sondern haben eine gewisse Abweichung, sodass ab einer bestimmten Entfernung nur noch selten getroffen wird. Selbst wenn wir einmal Treffen, wird dies manchmal nicht richtig erkannt. Diese beiden Aspekte sorgen für viele vergeudete Schüsse. Die schlechte Trefferabfrage gilt auch für das Ausweichen gegenüber gegnerischen Angriffen. Häufig werden wir getroffen, obwohl wir laut der visuellen Darstellung außerhalb der Reichweite waren. Die geringe Render-Distanz (zumindest auf der Switch) lässt Gegner und Objekte schon ab einer relativ geringen Entfernung einfach verschwinden und sorgt so manchmal dafür, dass für uns ein Schuss einfach aus dem Nichts kommt oder, dass wir auf einmal vor einer Wand stehen.

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Poison Control ist vom Erscheinungsbild her klar ein japanisches Spiel, das stark an Titel wie Persona oder Danganronpa erinnert. Es gibt sehr viele stylische und quietschig farbige Elemente und besitzt starke Anime Parallelen, wenn es ums Charakterdesign geht. Es gibt sowohl Cel-Shaded 3D-Modelle als auch 2D-Charakterporträts, mit verschiedenen Emotionen (mit eigenen Brustanimationen), die für die Dialoge verwendet werden. Untermalt wird Poison Control von einem passenden, fetzigen Soundtrack, der sowohl die Kämpfe gut begleitet, als auch die Erzählmomente hervorhebt und das Ganze allgemein sehr Atmosphärisch gestaltet.

Fazit

Poison Control hat bei mir gemischte Gefühle hinterlassen. Zum einen werden die Level äußerlich sehr schnell eintönig und gleichen sich. Auch die Gegner und Waffen bieten wenig Abwechslung. Das „Reinigen“ ist an sich eine schöne Mechanik, wird aber in manchen Leveln so übertrieben benutzt, dass es sich eher wie „Arbeit“ anfühlt und wenig Nutzen bringt. Die oben erwähnte hakelige Zielsteuerung und mangelhafte Hit-Detektion machen die Kämpfe auch wenig attraktiv. Das Regenerieren der Munition dauert einen Tick zu lange und so habe ich viel Zeit damit verbracht, einfach nur auszuweichen. Allerdings sind die Kämpfe meist nicht mal eine Minute lang, bevor wir wieder zum Reinigen übergehen. Zum anderen ist die Story gut erzählt und die Charaktere meist sehr liebenswürdig. Die Geschichte macht Lust auf mehr und lässt mich das eher repetitive Gameplay in den Leveln locker hinnehmen. Hier beweist das Spiel auch eine gute Portion Selbstironie, wie zum Beispiel eine Anspielung auf die Ähnlichkeit innerhalb der kompletten Hölle. Auch ist die Story um einiges tiefgründiger als sie zunächst erscheint und die Themen der Belle-Höllen sind vielseitig. Hier werden vorwiegend ernste Themen angesprochen zwischen die aber auch immer wieder auflockernde sinnlose „Krisen“ gestreut werden. Wer also eine gute und einzigartige Story sucht und über gewisse Mängel in Steuerung und Level Design hinwegsehen kann, der ist mit Poison Control bestimmt nicht schlecht beraten. Noch zu erwähnen ist, dass das Spiel nur in Englisch verfügbar ist.

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Pro:
  • Selbstironie
  • Gute Dialoge
  • Spannende Story
Contra:
  • Shooter-Mechaniken wirken unpoliert
  • Geringe Renderdistanz
Story:
4 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Gameplay:
3 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Grafik:
3 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Sound:
5 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Atmosphäre:
4 von 5 BuddiesBuddyBuddyBuddyBuddyBuddy
Unsere Wertung: 7.0 / 10
Spiel getestet auf: Switch
Tjark

Tjark

Hat seit dem Gameboy jede Handheld-Generation ausgiebig genutzt. Es stehen vorallem Coop- und Multiplayer-Spiele hoch im Kurs.

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